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Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Prenzlau

Postkarte mit der nicht mehr vorhandenen Synagoge in Prenzlau
Foto: Klaus-Dieter Alicke / akpool.de
Postkarte mit der nicht mehr vorhandenen Synagoge in Prenzlau

Eine Urkunde des Marktgrafen Waldemar belegt, dass bereits 1309 Juden in Prenzlau gelebt haben. Für 1321 ist die Existenz eines „Joden Dorpe“ (Judendorf) in Prenzlau belegt. Dabei handelte es sich um eine Siedlung im Nordwesten der Stadt, welche sich innerhalb der Stadtmauern befand.

In der Zeit nach 1571, als sich offiziell keine Juden in der Mark Brandenburg aufhalten durften, war der einzige bezeugte jüdische Einwohner Brandenburgs der Geldverleiher Löwenhagen in Prenzlau. Erst 1671 erlaubte der „Große Kurfürst“, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, die Ansiedlung von 50 wohlhabenden jüdischen Familien in der Mark Brandenburg.

Bereits 1698 gab es wieder eine jüdische Gemeinde in Prenzlau. Und das trotz der Klagen des Prenzlauer Magistrats über den geschäftsschädigenden Einfluss jüdischer Händler. Gewerblich betätigten sich die Prenzlauer Juden vor allem im Tabak- und Lederhandel. Waren es 1728 noch sieben jüdische Familien, stieg ihre Zahl bis 1743 auf 24 Familien in Prenzlau.

1752 errichteten die Prenzlauer Juden ihre Synagoge. Sie befand sich vor der Wasserpforte, im Süden der Stadt. Erster Rabbiner wurde 1760 Joseph Elias Ben Abraham, welcher dieses Amt bis zu seinem Tod 1766 innehatte. Durchgehend bis 1934 hatte die Gemeinde Prenzlau einen eigenen Rabbiner. Die Gemeindeleitung oblag jedoch fünf Ältesten, die alle drei Jahre von der Gemeinde gewählt wurden. Zudem wurden drei Gemeindevorsteher gewählt. Diese stammten aus angesehenen Familien und vertraten die Gemeinde gegenüber dem Staat. Auch unter den fünf Landesältesten der kurmärkischen Judenschaft waren häufig Prenzlauer vertreten.

Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Prenzlauer Synagoge so baufällig, dass sie abgetragen und durch einen größeren Neubau ersetzt werden musste, der 1832 eingeweiht wurde. Diese Synagoge stand in der Prinzenstraße 595, an der Ecke zur Tempelstraße, vor der Wasserpforte. Weiterhin verfügte die jüdische Gemeinde Prenzlau über eine eigene Elementarschule und ein Wohnhaus in der Prinzenstraße, sowie bis in die 20ger Jahre des 20. Jahrhunderts über eine Mikwe in der Lindenstraße 790b.

Die offizielle Gründung der Prenzlauer Synagogengemeinde fand am 27.7.1847 statt. Sie gehörte zum Regierungsbezirk Potsdam, umfasste die Städte Prenzlau, Brüssow und Strasburg und zählte bei ihrer Gründung 434 jüdische Mitglieder. Von diesen stammten 360 aus Prenzlau.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder jüdische Mitglieder im Prenzlauer Stadtrat. Wie andernorts auch, nahmen jüdische wehrfähige Männer aus Prenzlau am Ersten Weltkrieg teil. Sechs Mitglieder der jüdischen Gemeinde Prenzlau fielen, ihre Gräber sind auf dem Friedhof am Süßen Grund zu sehen.

Seit 1933 fanden SA-Boykotte gegen jüdische Geschäfte in Prenzlau statt, welche zu einer allmählichen Abwanderung jüdischer Einwohner führten. Gab es 1932 hier noch 174 Juden, so waren es 1934 nur noch 86 und 1935 nur noch 75 Juden in der Stadt. 1934 ging der Prenzlauer Rabbiner Dr. Oskar Bähr, der dieses Amt seit 1885 innehatte, in den Ruhestand. Nach seiner Verabschiedung blieb die Stelle unbesetzt und die Gemeinde  wurde bis 1939 von Kantor Hermann Spier geleitet.

1935 kam es zu weiteren antisemitischen Ausschreitungen in Prenzlau bei denen die Fensterscheiben von sieben jüdischen Geschäften zertrümmert wurden. Die Abwanderung setzte sich fort, sodass 1936/37 nur noch 49 und 1937/38 nur noch 40 Juden in Prenzlau gemeldet waren. Im Zuge der reichsweiten Novemberpogrome von 1938 wurden auch in Prenzlau jüdische Geschäfte demoliert. Die Synagoge wurde geplündert und aufgrund ihrer freistehenden Lage in Brand gesteckt. Anschließend bekam die Synagogengemeinde die Auflage, die Kosten für die Beseitigung der Verwüstungen zu tragen. Darüber hinaus wurden im Zuge dieser Ausschreitungen einige jüdische Männer ins KZ Sachsenhausen verschleppt.

1940 musste die Synagogengemeinde ihre Grundstücke verkaufen, um das Geld zur Beseitigung der Synagogenruine aufzubringen. 1942 wurden die letzten 30 in Prenzlau verbliebenen Juden nach Theresienstadt deportiert. Nur drei „in Mischehe“ verheiratete Juden überlebten diese Zeit.

Rolf Blase

 

Quellenund Literatur :

BLHA 3512 Rep. 2A I Pol Nr. 2010
BLHA 3512 Rep. 2A I Pol Nr. 2011
StA Prenzlau Bd. 8 Nr. 595
StA Prenzlau Bd. 22 Nr. 69


Blase, Rolf, Die jüdischen Friedhöfe in Prenzlau als Zeugnisse jüdischer Stadtgeschichte, in: Mitteilungen des Uckermärkischen Geschichtsvereins zu Prenzlau, (22) 2015, S. 32-53.

Brilling, Bernhard, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Prenzlau (1698 – 1942), in: Heimatkreis Prenzlau (Hrsg.), Prenzlau - Hauptstadt der Uckermark 1234 – 1984. Hamburg 1984.

Brocke, Michael/ Ruthenberg, Eckehart/ Schulenberg, Kai Uwe, Stein und Name – Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland, Berlin 1994.

Kegel, Gerhard, Prenzlau, in: Diekmann, Irene; Schoeps H. Julius (Hrsg.), Wegweiser durch das jüdische Brandenburg, Berlin 1995.

Knufinke, Ulrich, Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland, Petersberg 2007.

Kohn, Gerhard, Prenzlau, in: Diekmann, Irene (Hrsg.): Jüdisches Brandenburg – Geschichte und Gegenwart, Berlin 2008.

Stern, Selma, Der preußische Staat und die Juden (3 Doppelbände), Tübingen 1962/1971.

Weißleder, Wolfgang, Der Gute Ort – Jüdische Friedhöfe im Land Brandenburg, Potsdam 2002.

Alicke, Klaus-Dieter, Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, in: www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/p-r/1594-prenzlau-uckermark-brandenburg [letzter Aufruf: 21.7.16]

Infotafeln Gedenkstätte Jüdischer Friedhof im Stadtpark.

„Jüdischer Friedhof ist heute Gedenkstätte“, in: „Freie Erde", vom 10. November 1979.