Religionswissenschaft in Potsdam
Die Religionswissenschaft widmet sich der geistes- bzw. kulturwissenschaftlichen Erforschung von Religionen und Religiosität und hat zum Ziel, der Komplexität religiöser Phänomene in ihren spezifischen Kontexten gerecht zu werden. In Potsdam stehen dabei Geschichte und Traditionen des Judentums, Christentums und Islams sowie Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen religiösen Bewegungen und zwischen Religiosität und Säkularität im Mittelpunkt.
Religionswissenschaft ist attraktiv, weil sie kein konfessionsgebundenes Fach ist, sondern mit kulturwissenschaftlich-kritischem Blick sowohl Selbstdarstellungen als auch Außenperspektiven auf religiöse Phänomene untersucht. Dafür müssen in der Regel verschiedene Zugänge kombiniert werden: verschiedene Formen der Erhebung und Analyse von Quellen, ihre Kontextualisierung, kontrolliertes Vergleichen und interpretierendes Verstehen. Als Quellen kommen nicht Texte jeglicher Art, teilnehmende Beobachtungen, Befragungen sowie Objekte, Bilder und Videos bzw. jegliche Formen digitaler Präsenz in Betracht.
Die Themen unseres Studiengangs erstrecken sich von der Antike bis zur Gegenwart und betreffen vielschichtige Aspekte von Religion: Religion in Bezug zu Politik, zu Philosophie, zu Literatur, Kunst oder Massendmedien. Ausgehend von religiösen Traditionen (Lehren und Lebensformen) werden sowohl historische Zusammenhänge (u. a. sephardisches Judentum im Kontext von Kolonialgeschichte, deutsch-jüdische Geschichte, Lehrentwicklungen im Christentum, Religionskontakte in Mittelalter und Neuzeit, historische Formen von Toleranz, aktuelle Schriftauslegungen, Wandel von Ritualtraditionen) als auch religionssoziologische Perspektiven (Funktionen von Religion, Religiosität als Identitätsaspekt von Einzelnen und von Gruppen, Vergemeinschaftungs- und Abgrenzungsprozesse, Verhältnisse zwischen religiösen und nichtreligiösen Bereichen der Gesellschaft, Säkularisierung und Pluralisierung). Darüber hinaus widmen sich Studierende und Lehrende religionsphilosophischen (Gottesvorstellungen, Verhältnisbestimmungen von Glaube und Vernunft, Vielfalt von Vor-/Parallel-/Nachwelten) und Debatten rund um ökologische Gerechtigkeit, Geschlechterkonzepte oder religiöse Aufrufe zu Gewalt. Dabei werden immer wieder vergleichende Perspektiven gewählt, um die Eigenlogik religiöser Systeme und Spezifika verschiedener Kontexte herauszuarbeiten, aber auch Ähnlichkeiten in Veränderungen, Problemlösungen oder Transferprozesse zu erkennen. Mithilfe begründet hergeleiteter Definitionen, Charakteristika, Typenbildungen und entsprechender Beispiele können Phänomene angemessen beschrieben und erklärt werden.