Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Beeskow

Aus einer überlieferten Tabelle des Jahres 1720 wird ersichtlich, dass die wenigen Beeskower Juden ihre Toten ins 33 km entfernte Frankfurt (Oder) bringen mussten. Hier nahmen sie auch an Gottesdiensten teil, hier saß der für sie zuständige Rabbiner.
Spätestens nach Erlass der Bestimmung des Königlichen Allgemeinen Polizeidepartements vom 20. Mai 1814, aus hygienischen Gründen jüdische Verstorbene innerhalb einer preußischen Meile [= 7,532 km] zu beerdigen, mussten sich die Juden in Beeskow einen eigenen Friedhof anlegen. Das entsprechende Grundstück fand man im südwestlich der Stadt gelegenen Stadtforst abseits der Chaussee nach Kohlsdorf. Überliefert ist, dass zwischen 1817 und 1855 drei Tote aus Friedland hier beerdigt wurden, die wahrscheinlich zum Verwandtenkreis der Beeskower Juden gehörten.
Am 22. Dezember 1841 erschien im Beeskower Wochenblatt eine Ankündigung der Jüdischen Gemeinde zu Beeskow, all jenen eine Belohnung auszuzahlen, die Hinweise über Schändungen ihres Friedhofs geben können. Denn zuvor wurden zum wiederholten Male Steine aus der Friedhofsmauer herausgebrochen und gestohlen. Auch wurden Türschlösser gesprengt, um Vieh hüten zu können. Hierbei dürfte es sich vor allem um die Erweiterungsfläche im Norden gehandelt haben, die heute von einer Ziegelsteinmauer umgeben ist und überhaupt keine Grabmale erkennen lässt.
Aber erst 1910 wurde die Synagogengemeinde Beeskow-Buchholz als Eigentümerin des Friedhofs im Grundbuch eingetragen. Auch wenn sich die Gemeinde schon acht Jahre später auflöste, fanden hier noch mindestens zwei Beerdigungen statt: für die Witwen Adele Nachmann und Anna Hirsch im Februar bzw. im März 1928 an den Seiten ihrer Ehemänner. Ob auf dem Friedhof auch Theodor Lewin und Hugo Brauer beerdigt wurden, die 1942 im „Jüdischen Arbeitsheim“ Radinkendorf festgehalten wurden, kann nur vermutet werden.
Der Friedhof überstand die NS-Zeit relativ unbeschadet. In der Folgezeit verwaiste er und es wuchs im Sinne des Wort Gras über die gesamte Bestattungsfläche. Seine abgeschiedene Lage prädestinierte ihn aber für ungestörte Schändungen. So verwüsteten Jugendliche den Friedhof um das Jahr 1960 komplett. Laut Monika Schmidt gab es Ende 1964 eine Ortsbegehung durch den Bezirksreferenten für Kirchenfragen und den Sekretär der SED-Kreisleitung, der zugleich Bürgermeister in Friedland war. Mit großer Empörung stellten sie fest, dass die Friedhofsmauer zwar im Wesentlichen in Ordnung, der Friedhof selbst aber in einem katastrophalen Zustand sei. Das sei für die DDR beschämend: das schmiedeeiserne Tor fehlte seit Jahren, die Friedhofsfläche war komplett verwildert und wirkte ungepflegt. Auch seien „alle Gedenksteine, wahrscheinlich schon seit längerer Zeit und ohne Zweifel von antisemitischen Kräften umgeworfen und teils unter Gestrüpp kaum sichtbar“.
Sowohl der Kreissekretär als auch der neue Bürgermeister von Beeskow erhielten die Empfehlung, diesen Zustand umgehend zu verändern: durch die Beseitigung des Bewuchses, das Anbringen einer Scherengitterpforte sowie das „Aufrichten und Einzementieren der Grabsteine sowie Reinigung derselben.“ Der Referent für Kirchenfragen sah sich veranlasst, diese Instandsetzung zu kontrollieren und dies auch bei anderen jüdischen Friedhöfen zu tun – in engem Kontakt mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden. Daraufhin begann man, die am besten erhaltenen und umherliegenden Stelen in der linken Mitte des Friedhofs zu einer rechteckigen, pyramidenförmigen Gedenkanlage zusammenzustellen. Das Innere füllte man mit Grabstein-Fragmenten und Beton auf. Obwohl gut gemeint, gingen durch diese Maßnahme viele wertvolle Informationen verloren, die für genealogische und historische Forschungen nötig wären.
In Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Pogromnächte mit einer geplanten Ehrung auf dem Jüdischen Friedhof in Beeskow gab es im Oktober 1988 eine erneute Ortsbegehung. In Dokumenten der Bezirksverwaltung Frankfurt (Oder) wurde festgehalten, dass der Friedhof gepflegt werde. Intern vermerkt wurde aber, dass er sehr ungepflegt sei und es etliche Hakenkreuzschmierereien gegeben habe, zu denen sowohl die Bezirksverwaltung als auch die Kreisdienststelle Beeskow des Ministeriums für Staatssicherheit ermitteln.
Nach der politischen Wende, im Mai 1991, bot sich dem Besucher ein zwiespältiges Bild. Die Friedhofsmauer war im Eingangsbereich ausgebessert und in einem guten Zustand; das Tor war unverschlossen. An der zum Teil beschädigten und ausgebesserten Feldsteinmauer hatte man einige der älteren Grabsteine angelehnt, andere Steine standen noch oder lagen. Die Gedenkanlage war inzwischen beschädigt; zwei Grabsteine waren herausgebrochen. Offenbar hatte man zudem mehrere dieser Stelen mit schwarzer Farbe bestrichen, um sie dunkler erscheinen zu lassen. Die rechts des Eingangs befindliche Fläche präsentierte sich als gemähte Blumenwiese.
Im Oktober 2003 wurde der Friedhof abermals geschändet, indem die Friedhofsmauer und Grabsteine mit antisemitischen Aussagen beschmiert wurden.
Obwohl der Jüdische Friedhof unter Denkmalschutz steht, befindet er sich weiterhin in einem unwürdigen Zustand, der dringender Änderung bedarf. Das Tor steht offen und ermöglicht einen leichten Zutritt. Außerdem weist die umstrittene Gedenkanlage inzwischen weitere Zerstörungen auf: die Oberteile von vier Stelen sind herausgebrochen und die Innenfüllung ist nur noch rudimentär vorhanden. Ein einziger Grabstein steht in situ. Alle anderen Grabsteine und Fragmente liegen zum Teil verdeckt entlang der südlichen Einfriedungsmauer.
Anke Geißler-Grünberg