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Trennungs- und Abstraktionsprinzip

A. Einführung

Im Zivilrecht beginnt man in einem Gutachten häufig damit, zu prüfen, ob ein Vertragsschluss vorliegt. Hierbei sind zwei Prinzipien zu verstehen und zu beachten: Das ,,Abstraktionsprinzip‘‘ und das ,,Trennungsprinzip‘‘.
 

B. Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Das Trennungsprinzip bedeutet, dass zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft unterschieden werden muss.

Verpflichtungsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, die (häufig) gegenseitige Verpflichtungen begründen.

Das Verfügungsgeschäft meint ein Rechtsgeschäft, welches ein Recht (bspw. das Eigentum an einer Sache) überträgt, aufhebt, inhaltlich verändert oder belastet.

Beispiel: Justus geht in eine Bäckerei und sagt zum Verkäufer: ,,Ich hätte gerne ein Brötchen.‘‘ Daraufhin nickt der Verkäufer, packt das Brötchen in eine Tüte und legt diese auf den Tresen. Justus legt das Geld auf den Tresen, nimmt die Tüte und fährt nach Hause.

Hier wurden ein Verpflichtungsgeschäft und zwei Verfügungsgeschäfte abgeschlossen. Denn: Justus und der Verkäufer schließen einen Kaufvertrag. Dadurch verpflichtet sich Justus, dieses zu bezahlen und der Verkäufer verpflichtet sich dazu, das Brötchen zu übergeben und zu übereignen. Indem Justus das Geld auf den Tresen legt und der Verkäufer es annimmt, einigen sich beide darauf, dass das Eigentum an den Münzen und/oder Scheinen übergehen soll (= Verfügungsgeschäft).

Indem der Verkäufer das Brötchen auf den Tresen legt und Justus es an sich nimmt, einigen sie sich darauf, dass das Eigentum an dem Brötchen übergehen soll (= Verfügungsgeschäft).

Mit der Übergabe des Geldes und des Brötchens wurde das Eigentum gem. § 929 S. 1 BGB dann auch tatsächlich übertragen und das Verpflichtungsgeschäft ist erfüllt.

Das Abstraktionsprinzip bedeutet, dass das Verpflichtungsgeschäft und das Verfügungsgeschäft unabhängig voneinander wirksam sein können.

Beispiel: Nathalie möchte von Max für zehn Euro ein Mathebuch kaufen. Sie verspricht sich aber und sagt: „Deutschbuch“. Max gibt Nathalie ein Deutschbuch, Nathalie gibt Max zehn Euro. Sie sind sich darüber einig, dass das Eigentum an dem Buch auf Nathalie übergehen soll, das Eigentum an dem Geldschein soll auf Max übergehen. Später merkt Nathalie, dass es ich bei dem Buch nicht um ein Mathebuch handelt. Sie ficht den Kaufvertrag erfolgreich an.

  • Ein Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag über das Deutschbuch):

    • Nathalie muss 10 € zahlen und Max muss das Buch übergeben und übereignen (s. § 433 BGB).

    • Der Kaufvertrag ist nach der Anfechtung von Anfang an unwirksam (§ 142 Abs. 1 BGB).

  • Zwei Verfügungsgeschäfte:

    • Die Verfügungsgeschäfte, die erforderlich sind, um die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zu erfüllen, liegen in der Übertragung des Eigentums an dem Detuschbuch (von Max an Nathalie) und der Übertragung des Eigentums an dem Geldschein. § 929 S. 1 BGB: Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

Merke: Auch bei Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts bleiben die Verfügungsgeschäfte wirksam!

 

C. Werkzeuge

Trennungsprinzip

Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft sind zu unterscheiden.

Abstraktionsprinzip

Grundsätzlich ist die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes von der Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes unabhängig.

Verpflichtungsgeschäft

Die zwischen Parteien aufgrund einer Einigung herbeigeführte schuldrechtliche Bindung.

Verfügungsgeschäft

Ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht übertragen, aufgehoben, inhaltlich verändert oder belastet wird.


D. Wiederholungsfragen

Frage 1: Was bedeutet das Trennungs- und Abstraktionsprinzip?

Frage 2: Wird die Käuferin durch den Kaufvertrag Eigentümerin?