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Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG

A. Einführung

Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistet mit der Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit insgesamt fünf eigene Grundrechte. Dies sind die sog. Kommunikationsgrundrechte. Nach Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zählt die Meinungsfreiheit zu den „vornehmsten Menschenrechten überhaupt“ und ist von „schlechthin konstituierender Bedeutung“ für eine Demokratie. Eine Demokratie ohne freie Meinungsäußerung und freie Berichterstattung durch die Presse ist nicht vorstellbar. Vielmehr stellt eine offene gesellschaftliche Kommunikation, welche politische Meinungsbildung und auch Kritik ermöglicht, den zentralen Punkt einer Demokratie dar.

Doch auch über die politische Funktion hinaus nimmt Art. 5 Abs. 1 GG eine wichtige Funktion ein. Art. 5 Abs. 1 GG dient der Persönlichkeitsfindung und Selbstdarstellung; gerade die Meinungsfreiheit umfasst dabei die Entfaltung jedes Einzelnen, die sich nicht in politischen Themen erschöpfen muss.

 

B. Art. 5 Abs .1 GG

I. Meinungsfreiheit

1. Schutzbereich

Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG schützt das Recht des Einzelnen, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (positive Meinungsäußerungsfreiheit). Eine Meinungsäußerung stellt dabei ein Werturteil jeder Art dar, also eine Stellungnahme oder Beurteilung, welches dazu dienen soll, innerhalb einer geistigen Auseinandersetzung eine Überzeugung zu bilden. Diese können politische, unpolitische, öffentliche oder private Angelegenheiten betreffen. Auch auf die „Vernünftigkeit“ des Werturteils kommt es nicht an. Die Grenze des Grundrechtsschutzes ist jedoch die sog. Schmähkritik, bei welcher es nur noch um die gezielte Verächtlichmachung einer Person geht. An diese Ausnahme sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen.

Geschützt wird auch die negative Meinungsäußerungsfreiheit, also das Recht, sich nicht zu äußern und seine Meinung nicht zu verbreiten.

Von den Werturteilen zu unterscheiden sind die sog. Tatsachenbehauptungen. Tatsachenbehauptungen sind Beschreibungen von Zuständen der Gegenwart oder der Vergangenheit, welche dem Wahrheitsbeweis zugänglich sind. Sie sind also entweder wahr oder falsch. Werturteile dagegen können nicht in wahr oder falsch unterteilt werden. Sie stellen vielmehr subjektive Empfindungen dar, die sich auch auf die Zukunft beziehen können.

Während der Schutzbereich grade Werturteile erfasst, wird bei den Tatsachenbehauptungen diskutiert, ob diese auch durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Das Bundesverfassungsgericht differenziert: Es komme darauf an, ob die Äußerung einer Tatsache eine notwendige Voraussetzung für eine Meinungsbildung ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass Werturteile für sich gesehen meist wenig Sinn ergeben und deshalb häufig mit Tatsachenbehauptungen untermauert werden müssen. Diese Tatsachenbehauptungen müssen dann wiederum aber auch von Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG geschützt sein. Erst wenn die Tatsachenbehauptung nichts mehr zur Meinungsbildung beitragen kann, also weder mit Werturteilen verbunden noch für die Bildung von Meinungen relevant ist, fällt sie nicht mehr unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit (z.B. Angaben im Rahmen statistischer Erhebungen). Auch die erwiesenen oder bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen genießen nicht den Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (z.B. „Auschwitzlüge“ als erwiesen unwahre Tatsache). Eine erwiesen unrichtige Information ist aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts kein schützenswertes Gut. Die Meinungsäußerung und -verbreitung kann nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG durch Wort, Schrift und Bild erfolgen. Die Kundgebung kann also verschiedene Formen haben. Dies stellt jedoch nur eine beispielhafte Aufzählung dar.

Bei der Meinungsfreiheit handelt es sich um ein sog. Jedermannsrecht. Träger können alle natürlichen Personen sowie gem. Art. 19 Abs. 3 GG auch inländische juristische Personen sein.

 

2. Eingriff

Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit ist ein Verbot bestimmter Äußerungen, jede Behinderung der Grundrechtswahrnehmung sowie das Knüpfen nachteiliger Folgen an eine bestimmte Meinungsäußerung.

 

3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

a) Schranken

Die Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG sind nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern finden ihre Schranken gem. Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre (sog. Schrankentrias).

Die wichtigste dieser drei Schranken sind die allgemeinen Gesetze. Die Frage, die sich zwangsläufig stellt, lautet: Wann ist ein Gesetz „allgemein“? Für den Begriff der Allgemeinheit reicht es noch nicht aus, wenn das Gesetz abstrakt-generell formuliert ist. Für die Bestimmung des Begriffs sind unterschiedliche Ansätze entwickelt worden:

Noch zu Zeiten der Weimarer Reichverfassung wurde die sog. Sonderrechtslehre vertreten. Demnach sollten solche Gesetze allgemein sein, die nicht eine Meinung als solche verbieten bzw. die sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richten. Allgemein war hiernach ein meinungsneutrales Gesetz. Nach der ebenfalls zu dieser Zeit vertretenen Abwägungslehre sollten demgegenüber solche Gesetze allgemein sein, die ein Rechtsgut schützen, das bei einer Güterabwägung höher zu gewichten ist als die Meinungsfreiheit. Die Feststellung, ob ein Gesetz allgemein ist, ist demnach eine Abwägungsfrage. Das Bundesverfassungsgericht hat schließlich in der Lüth-Entscheidung (BVerfGE 7, 198, 209) eine sog. Kombinationsformel entwickelt, die diese beiden Ansätze vereint. Demnach sind Gesetze i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG allgemein, „wenn sie sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes dienen.“ Das Bundesverfassungsgericht prüft folglich beide oben genannten Formeln, wobei die Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen.

Gesetze zum Schutze der Jugend sind Regelungen, durch welche für die Jugend drohende Gefahren abgewehrt werden. Hierunter fallen z.B. die Bestimmungen im Jugendschutzgesetz, das u.a. die Verbreitung jugendgefährdender Schriften beschränkt. Dies sind vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit aufrufende, Verbrechen oder den Krieg verherrlichende Schriften. Beim Ehrenschutz war früher zu differenzieren: Die strafrechtlichen Schutzbestimmungen (namentlich die Beleidigungsdelikte gem. §§ 185 ff. StGB) wurden dem Ehrenschutz zugeordnet, während die zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 1004, 823, 12 BGB) als „allgemeine Gesetze“ gewertet wurden. Diese Differenzierung wurde inzwischen aufgegeben. Nach neuerer Rechtsprechung müssen jedoch auch Gesetze zum Schutz der Ehre und der Jugend „allgemeine“ Gesetze sein, wodurch diese beiden Tatbestandsmerkmale praktisch funktionslos geworden sind.

 

b) Schranken-Schranke

aa) Wechselwirkungslehre

Die Kommunikationsgrundrechte sind, wie vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung festgestellt, von schlechthin-konstituierender Bedeutung für eine Demokratie. Deshalb ist das einschränkende Gesetz mit Blick auf die wertsetzende Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG seinerseits im Sinne der Meinungsfreiheit anzuwenden. Auf dieser Ebene ist bei Art. 5 Abs. 1 GG insb. die sog. Wechselwirkungslehre von Bedeutung. Diese stellt eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Das Bundesverfassungsgericht verlangt eine Wechselwirkung in dem Sinne, dass die allgemeinen Gesetze zwar ihrem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Weise selbst wieder eingeschränkt werden müssen. Ob und inwieweit die Kommunikationsgrundrechte den Vorrang vor dem durch das jeweilige allgemeine Gesetz geschützte Rechtsgut haben, kann nur im Rahmen einer umfassenden Güterabwägung anhand der Umstände des Einzelfalls erfolgen. Aus dieser Wechselwirkung ergibt sich der Grundsatz der meinungsfreundlichen Auslegung. Ist die Aussage der Interpretation zugänglich, so ist immer die Auslegung zu wählen, die für den Äußernden am günstigsten ausfällt. Die Wechselwirkungslehre ist auch bei den übrigen gewährleisteten Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG einschlägig.

 

bb) Zensurverbot, Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG

Gem. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG findet eine Zensur nicht statt. Mit diesem Zensurverbot gilt für die Kommunikationsgrundrechte (mit Ausnahme der Informationsfreiheit) eine spezielle Schranken-Schranke. Zensur meint ein präventives Verfahren (z.B. ein behördliches Verfahren oder das Erfordernis einer Genehmigung) vor dessen Abschluss ein Werk nicht veröffentlicht werden darf. Die sog. Nachzensur, d.h. die Reaktion auf eine erfolgte öffentliche Verbreitung, fällt demgegenüber nicht unter das Zensurverbot.

 

II. Informationsfreiheit

Die Informationsfreiheit wird in Art. 5 Abs. 1 S. 1, Alt. 2 GG geschützt. Auch in Bezug auf dieses Freiheitsrecht hat das Bundesverfassungsgericht dessen Bedeutung für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung mehrfach betont. Ein demokratischer Staat könne nicht ohne freie und möglichst gut informierte öffentliche Meinung bestehen. Die Gewährleistung zur Verschaffung von Informationen ist zwingende Voraussetzung für den Meinungsbildungsprozess. 

 

1. Schutzbereich

Gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1, Alt. 2 GG hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Informationsquellen sind zum einen jeder denkbare Träger von Informationen, zum anderen der Gegenstand der Information selbst, also Ereignisse. Dies sind z.B. Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsendungen oder Naturkatastrophen als Ereignis selbst. Allgemein zugänglich ist die Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen. Nicht allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle folglich dann, wenn es sich um individuell adressierte Informationen handelt.

Positiv geschützt wird die Unterrichtung aus den allgemein zugänglichen Informationsquellen, d.h. der passive Empfang sowie das aktive Beschaffen. Allerdings ist der Staat nicht verpflichtet, dem Bürger verfügbare Informationen zu beschaffen und zu präsentieren. Es besteht also kein allgemeiner Anspruch des Bürgers auf Verschaffung von Informationen oder Eröffnung einer Informationsquelle. Daneben wird auch die negative Informationsfreiheit geschützt, d.h. der Schutz vor unentrinnbar aufdrängenden Informationen.

 

2. Eingriff

Eingriffe in die Informationsfreiheit liegen vor, wenn staatliche Stellen den Zugang zu den Informationsquellen verweigern oder zeitlich verzögern, die entweder allgemein zugänglich sind oder zugänglich sein sollten. Auch die Vorenthaltung bloß einer Informationsquelle greift in das Grundrecht ein, weil dadurch das ebenfalls geschützte Auswahlrecht bezüglich mehrerer Quellen beschränkt wird. Keinen Eingriff bildet die Erhebung eines Entgelts zur Nutzung einer Informationsquelle, insbesondere die Rundfunkgebühr oder Eintrittspreise bei staatlichen Archiven oder Museen.

 

3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Auch für die Informationsfreiheit gelten die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Im Fall der Informationsfreiheit sind insb. die Datenschutzgesetze allgemeine Gesetze, soweit sie zu Eingriffen in die Informationsfreiheit ermächtigen.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts soll das Zensurverbot gem. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG nicht für die Informationsfreiheit gelten. Grund sei der Schutzzweck des Verbots. Geschützt werden soll nur der Hersteller eines geistigen Werkes, nicht hingegen dessen Bezieher und Leser.

 

III. Pressefreiheit

Die Pressefreiheit wird in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG geschützt und stellt ebenfalls ein zentrales Grundrecht für eine Demokratie dar. Wenn der Bürger politische Entscheidungen treffen soll, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen, die andere sich gebildet haben, kennen und gegeneinander abwägen können. Für die Meinungsbildung ist also gerade die Existenz einer freien Presse von besonders großer Bedeutung.

 

1. Schutzbereich

Der Begriff der Presse ist weit auszulegen. Er erfasst nicht nur die Erzeugnisse der Buchdruckpresse (z.B. Zeitungen, Zeitschriften, Bücher), sondern alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Vervielfältigungen (z.B. Flugblätter, Handzettel, Aufkleber, Plakate) sowie Informationsträger, wie z.B. Ton- und Videobänder, CD oder DVD. Die Druckerzeugnisse können periodisch über einen längeren Zeitraum oder auch nur einmalig erscheinen. Geschützt werden ferner nicht nur allgemein zugängliche Druckerzeugnisse, sondern auch gruppeninterne Publikationen.

Positiv schützt die Pressefreiheit die Wahrnehmung aller naturgemäß mit der Pressearbeit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Diese erstrecken sich von der Verschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung unter Einbeziehung der presseinternen Hilfstätigkeiten. Insbesondere geschützt wird das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form frei zu bestimmen. In negativer Hinsicht schützt die Pressefreiheit vor Pflichten zur Veröffentlichung bestimmter Inhalte.

Zum einen hat die Pressefreiheit die Funktion eines klassischen Abwehrrechts, das vor staatlichen Eingriffen und Einflussnahmen schützen soll. Daneben gewährleistet sie jedoch auch eine objektiv-rechtliche Komponente. Daraus leitet das Bundesverfassungsgericht die Gewährleistung für das Institut der freien Presse ab. Daraus folgt wiederum z.B. die Gewährleistung für eine freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen oder Auskunftspflichten der Behörden.

Grundrechtsberechtigt sind alle im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen (z.B.  Verleger, Herausgeber, Journalisten, Redakteure).

Zu beachten ist, dass die Pressefreiheit keinen Spezialfall der Meinungsfreiheit darstellt. Für den Schutz von Meinungsäußerungen bleibt es, auch wenn sie in der Presse veröffentlicht werden, bei der Maßgabe nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG.

 

2. Eingriff

Ein Eingriff in die Pressefreiheit liegt vor, wenn die technischen, organisatorischen und institutionellen Voraussetzungen der Pressearbeit beeinträchtigt werden. Zudem stellen alle Beeinträchtigungen des Pressebetriebs an sich sowie Sanktionen, die an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen, einen Eingriff dar.

 

3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Auch die Pressefreiheit unterliegt der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG. Ein Gesetz ist im presserechtlichen Kontext dann allgemein, wenn es sich nicht speziell gegen die Presse richtet, sondern dem Schutz eines anderen Rechtsgutes dient.

 

IV. Rundfunkfreiheit

Die Freiheit der Rundfunkberichterstattung gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GG schützt jede an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete, drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Gedankeninhalten durch physikalische Wellen. Der Rundfunk umfasst den Hörrundfunk und den Fernsehrundfunk. Geschützt ist der gesamte Vorgang von der Recherche von Informationen bis zur Ausstrahlung.

An dieser Stelle gilt die Besonderheit, dass auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten grundrechtsberechtigt sind. Sie sind als juristische Personen des öffentlichen Rechts Grundrechtsverpflichtete und damit ist ihre Grundrechtsberechtigung grundsätzlich zu verneinen. Nach dem Bundesverfassungsgericht gilt von diesem Grundsatz jedoch eine Ausnahme, „wenn die betreffende juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist.“ In diesem Fall ist die Ausnahme einschlägig. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten haben eine grundrechtsdienende Funktion und sind nach ihrem Aufgabenbereich gerade dazu geschaffen, Rundfunk im Interesse Einzelner zu veranstalten.

Grundrechtsberechtigt sind ferner Private, die Rundfunk veranstalten. Die Rundfunkfreiheit steht grundsätzlich jedem zu, der Rundfunk veranstaltet oder auch erst veranstalten will und sich um die erforderliche Rundfunklizenz bewirbt. Nicht grundrechtsberechtigt sind dagegen die Rundfunkteilnehmer, also die Zuhörer/ Zuschauer. Ihr Schutz ergibt sich aus der Informationsfreiheit.

Ein Eingriff liegt insbesondere dann vor, wenn die technischen, organisatorischen und institutionellen Voraussetzungen die Rundfunkveranstalter für sich geschaffen haben, beeinträchtigt werden bzw. in die laufende Redaktionsarbeit von staatlicher Seite eingegriffen wird.

In Bezug auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung gelten auch für die Rundfunkfreiheit die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG sowie die genannten Schranken-Schranken.

 

V. Filmfreiheit

Die Filmberichterstattung ist in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 3 GG geschützt. Film meint jede Übermittlung von Gedankeneinheiten durch Bilderreihen, die zur Projektierung bestimmt sind. Geschützt ist die Tätigkeit des Filmemachers vom Verfassen des Drehbuchs über die Herstellung bis hin zur Werbung. Für die Inhalte des Films ist jedoch die Meinungsfreiheit vorrangig, sofern nicht ohnehin die Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG greift.

Grundrechtsträger können natürliche und inländische juristische Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG sein, die auf irgendeiner Stufe der Filmproduktion tätig sind (Drehbuchschreiber, Filmproduzent, Verleiher etc.). Die Zuschauer werden nicht über die Filmfreiheit, sondern von der Informationsfreiheit geschützt.

Eine Beeinträchtigung ist in diesem Fall jede Behinderung der geschützten Tätigkeiten durch staatliche Gebote oder Verbote.

Bzgl. der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung gilt das zu den anderen Kommunikationsgrundrechten bereits Gesagte.

 

C. Werkzeuge

Meinung

Werturteil jeder Art, also eine Stellungnahme und Beurteilung, welches dazu dienen soll, innerhalb einer geistigen Auseinandersetzung eine Überzeugung zu bilden.

Tatsachenbehauptung

Eine Aussage, die dem Wahrheitsbeweis zugänglich – und damit entweder wahr oder falsch – ist.

Informationsquelle

Informationsquellen sind zum einen jeder denkbare Träger von Informationen, zum anderen der Gegenstand der Information selbst.

Allgemeine Zugänglichkeit

Allgemein zugänglich ist die Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.

Presse

Alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten periodisch oder einmalig erzeugten Druckerzeugnisse.

Rundfunk

Rundfunk ist jede an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete, drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Gedankeninhalten durch physikalische Wellen.

Film

Film meint jede Übermittlung von Gedankeneinheiten durch Bilderreihen, die zur Projektierung bestimmt sind.

 

D. Anwendung

Beispielfall:

Beim Besuch eines Fußballspiels trug der B eine schwarze Weste auf der großflächig in weißen Buchstaben der Ausdruck „ACAB“ aufgedruckt war. Nach dem Spiel verließ B das Stadion auf einem Weg, der an einigen Polizisten vorbeiführte, von denen einer Anzeige gegen B erstattete.

B wurde daraufhin vom zuständigen Amtsgericht wegen Beleidigung gem. §§ 185, 193 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Strafgericht stützt seine Entscheidung darauf, dass es allgemein bekannt sei, dass die Buchstaben „ACAB“ eine Abkürzung für den Satz „all cops are bastards“ darstellten. Die Bezeichnung eines Polizeibeamten als „Bastard“ sei zweifelsfrei ehrverletzend. Die Annahme einer straflosen Kollektivbeleidigung lehnte das Gericht mit dem Argument ab, dass in der konkreten Situation eine hinreichende Individualisierung auf einen abgegrenzten Personenkreis stattgefunden habe. Die Äußerung sei konkret gegen die Polizisten gerichtet gewesen, die im Rahmen des betroffenen Fußballspiels im Einsatz waren.

B legte gegen dieses Urteil Berufung ein, welche jedoch durch das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen wurde. Das Landgericht bestätigte im Wesentlichen die Entscheidungsgründe des Amtsgerichts. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG sei das Verhalten des B strafbar gewesen. Er sei sich bewusst gewesen, dass er sich im Stadion einer Vielzahl von Polizeibeamten gegenübersehen und einzelnen von ihnen begegnen würde. Damit würde die Äußerung hinreichend konkret gegenüber individualisierten Personen kommuniziert.

Daraufhin legte B gegen das Urteil vom Landgericht Revision ein, welche jedoch vom Oberlandesgericht letztinstanzlich als unbegründet verworfen wurde.

B, der sich in seiner Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG verletzt sieht, erhob in Folge dessen form- und fristgerecht Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht.

Hat die Verfassungsbeschwerde des B Erfolg?

Lösung:

Die Verfassungsbeschwerde des B hat Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit

Die Verfassungsbeschwerde müsste zulässig sein.

I. Zuständigkeit des BVerfG

Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i. V. m. §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG.

II. Beschwerdefähigkeit

B müsste beschwerdefähig sein. Gem. § 90 Abs. 1 BVerfGG ist „jedermann“ beschwerdefähig. Voraussetzung dafür ist, dass der Beschwerdeführer überhaupt in seinen Grundrechten verletzt sein kann. B ist als natürliche Person Träger von Grundrechten und kann in diesen verletzt werden. Damit ist er beschwerdefähig.

Ferner handelt es sich bei B um eine volljährige, geschäftsfähige Person, sodass er auch prozessfähig ist.

III. Beschwerdegegenstand

Es müsste ein tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegen. Gem. § 90 Abs. 1 BVerfGG ist jeder Akt der öffentlichen Gewalt – und somit jede Maßnahme der Legislative, Judikative oder Exekutive (vgl. Art. 20 III GG) – ein möglicher Beschwerdegegenstand. Vorliegend richtet sich die Beschwerde des B gegen das letztinstanzlich erlassene Urteil des Oberlandesgerichts, mithin um eine Maßnahme der Judikative. Dies stellt einen tauglichen Beschwerdegegenstand dar.

IV. Beschwerdebefugnis

Ferner ist zu prüfen, ob B beschwerdebefugt ist. Gem. § 90 Abs. 1 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer behauptet in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein. Aus seinem Vortrag muss sich die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergeben. Durch das Urteil wird es B untersagt, die Buchstaben „ACAB“ als Aufdruck zu tragen. Es erscheint möglich, dass das Tragen der Parole eine Meinung des B zum Ausdruck bringt. Mithin kommt die Möglichkeit einer Verletzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG in Betracht.

Zusätzlich muss B selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen sein. B ist möglicherweise in eigenen Grundrechten betroffen (= selbst), es ist kein weiterer Vollzugsakt mehr nötig (= unmittelbar) und B ist aktuell noch (= gegenwärtig) betroffen. Folglich ist B beschwerdebefugt.

V. Form und Frist

B hat die Verfassungsbeschwerde form- und fristgerecht eingereicht.

VI. Rechtswegerschöpfung

B ist gegen das Urteil erfolglos in allen gerichtlichen Instanzen vorgegangen, sodass er den Rechtsweg vollumfänglich ausgeschöpft hat.

VII. Zwischenergebnis

Die Verfassungsbeschwerde des B ist zulässig. 

B. Begründetheit

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit B als Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn in den Schutzbereich des Grundrechts eingegriffen wird und dieser Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann.

I. Schutzbereich

Bei der Meinungsfreiheit handelt es sich um ein Jedermann-Grundrecht, sodass für B der persönliche Schutzbereich eröffnet ist.

Die Äußerung der Parole „All Cops are Bastards“ müsste auch unter den sachlichen Schutzbereich des Grundrechts fallen. Gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Eine Meinungsäußerung stellt dabei ein Werturteil jeder Art dar, also eine Stellungnahme und Beurteilung, welches dazu dienen soll, innerhalb einer geistigen Auseinandersetzung eine Überzeugung zu bilden. Meinungen genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird. Die Parole „All Cops are Bastards“ bringt eine allgemeine Ablehnung gegenüber der Polizei und der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck und stellt damit ein Werturteil dar. Auf die Begründung oder den Wertgehalt kommt es wie gesagt nicht an. Folglich ist der sachliche Schutzbereich eröffnet.

II. Eingriff

In diesen Schutzbereich müsste eingegriffen worden sein. Nach dem modernen Eingriffsbegriff liegt ein Eingriff in jedem stattlichen Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht. Infolge seines Handelns wurde B angezeigt und strafrechtlich verurteilt. Diese Verurteilung stellt einen Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung dar.

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Zu prüfen ist, ob dieser Eingriff auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Der Eingriff ist gerechtfertigt, wenn er von den Schranken der Meinungsfreiheit gedeckt wird.

1. Schranken

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken, die sich aus den allgemeinen Gesetzen sowie den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre ergeben (sog. Schrankentrias). Gesetze sind allgemein, wenn sie sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes dienen. Die Beleidigungsdelikte gem. §§ 185 ff. StGB richten sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen einzelne Meinungen. Durch sie soll die Ehre einer Person geschützt werden. Die Ehre von Personen kann gegenüber der Meinungsfreiheit Vorrang haben. Damit ist § 185 StGB ein allgemeines Gesetz und geeignet, der freien Meinungsäußerung Schranken zu setzen.

2. Schranken-Schranken

Diese Schranke muss jedoch ihrerseits wiederum mit Blick auf die Bedeutung der Meinungsfreiheit für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung eingeschränkt werden. Dies erfolgt durch Heranziehung der Wechselwirkungslehre. Gesetze, die in die Meinungsfreiheit eingreifen, müssen so interpretiert werden, dass der prinzipielle Gehalt dieses Rechts in jedem Fall gewahrt bleibt. Es findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die Schranken zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Grenzen setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen. Erforderlich ist eine Güterabwägung anhand der Umstände des Einzelfalls. Vorliegend ist die Meinungsfreiheit des B gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG betroffen. Dagegen steht die persönliche Ehre der Polizisten, welche durch § 185 StGB geschützt werden soll. Laut den Gerichten habe in der konkreten Situation eine hinreichende Individualisierung auf einen abgegrenzten Personenkreis stattgefunden, sodass keine straflose Kollektivbeleidigung vorläge. Die Äußerung sei konkret gegen die Polizisten gerichtet gewesen, die im Rahmen des betroffenen Fußballspiels im Einsatz waren. Zwar kann unter bestimmten Umständen bei herabsetzenden Äußerungen gegen ein Kollektiv ein Angriff gegen die persönliche Ehre einzelner Mitglieder angenommen werden. Erforderlich ist allerdings, dass die einzelnen Mitglieder des Kollektivs persönlich betroffen sind. Diese persönliche Betroffenheit wird schwächer, je größer das Kollektiv ist. Vorliegend fehlt es grade an einer solchen personalisierten Zuordnung. Es ist nicht erforderlich, dass B die Namen der einzelnen Einsatzkräfte kennt. Damit eine solche personalisierte Zuordnung angenommen werden kann, ist es aber nicht ausreichend, dass B das Fußballspiel in dem Bewusstsein besucht hat, dass vor Ort Einsatzkräfte der Polizei anwesend sein würden. Ferner gibt es keine konkreten Angaben dazu, dass B sich bewusst und zielgerichtet in die Nähe der Einsatzkräfte begeben hat, um diese mit der Parole zu konfrontieren. Mithin fehlt es an einer persönlichen Betroffenheit einzelner Mitglieder. Eine hinreichende Individualisierung liegt entgegen der Ansicht der Fachgerichte hier nicht vor. Aus diesen Ausführungen folgt, dass dem Schutz der persönlichen Ehre der Einsatzkräfte an dieser Stelle kein Vorrang einzuräumen ist. Das Recht des B auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG tritt nicht zurück. Somit ist der Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

IV. Zwischenergebnis

B ist durch das Urteil in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG verletzt. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.

C. Ergebnis

Im Ergebnis ist die Verfassungsbeschwerde des B zulässig und begründet. Sie hat Erfolg.

 

 

E. Widerholungsfragen

1. Frage: Was ist der Unterschied zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen?

2. Frage: Fallen Tatsachenbehauptungen auch unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG?