Zum Hauptinhalt springen

Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Lindow (Mark)

Foto: Anke Geißler
Tafel am Eingang des Jüdischen Friedhofs in Lindow (Mark)

Der Jüdische Friedhof in Lindow wurde 1824 angelegt, nachdem Juden bereits neun Jahre in der Stadt lebten. Die Initiative ging aber offenbar vom Kaufmann Michaelis aus, dessen Familie bis heute das Grundstück als Privateigentum besitzt. Außergewöhnlich ist, dass der Friedhof im Stadtzentrum liegt – gleich neben dem städtischen Begräbnisplatz an der heutigen Harnackstraße. Es scheint naheliegend, das dies mit der gesellschaftlichen Stellung der Michaelis’ zu tun hat.

Es gibt einige Hinweise dafür, dass der Gute Ort in der Folgezeit einmalig auf die heutige Fläche erweitert wurde. Zur Einfriedung erhielt er eine umschließende Mauer aus rotem Ziegelstein. Neben dem Eingang entstand ein kleines Gebäude, das einem Bestattungsfahrzeug als Unterstellmöglichkeit diente. Im Jahr 1889 ging der Friedhof per Eintragung ins Grundbuch in Eigentum des Lindower Kaufmanns Lesser Michaelis über. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn sich die Jüdische Gemeinde Lindow 1910 auflöste und sich der Gemeinde in Neuruppin anschloss. Beerdigt wurde in Lindow aber weiterhin, mindestens bis 1938.

Die NS-Zeit überstand der Jüdische Friedhof in Lindow unbeschadet! Bis 1970 waren die komplette Mauer und das Torhaus intakt, ebenso standen noch die zahlreichen Grabsteine.  1988 begonnene Recherchen und Befragungen der Bevölkerung zu jüdischen Friedhöfen im Gebiet der DDR belegten die sukzessive Zerstörung des Lindower Friedhofs zwischen den Jahren 1970 und 1988. Innerhalb dieser 18 Jahre wurde das Torhaus abgerissen, die Vordermauer abgebaut und durch einen provisorischen Zaun ersetzt. Grabsteine waren zum Teil für Bauzwecke weiterverwendet, andere komplett zerschlagen worden. Einen Großteil der Steine fand man in einer Ecke des Friedhofs aufgestapelt – ob zum Abtransport oder zum Errichten einer Gedenkstätte ist unklar.

Aufgrund des Engagements einer lokalen kirchlichen Bürgerinitiative und dem politischen Eigeninteresse der DDR-Regierung wurde der Friedhof zum 50. Jahrestag der Pogromnacht im Jahr 1988 grundlegend restauriert: Viele Grabsteine wurden wieder aufgestellt oder aus Bruchstücken unter Aufsicht eines Steinrestaurators neu zusammengesetzt. Außerdem tauchten im Zuge dieser Arbeiten verschwunden geglaubte Grabsteine wieder auf. Eine neu erbaute Ziegelstein-Mauer an der Vorderseite erhielt ein Holztor als Einfahrt, ergänzt um eine seitlich angebrachte Hinweistafel. Einige der ganz großen Grabsteine lehnen seitdem an der Innenseite der Mauer. Fehlendes Geld dürfte hierfür nicht der alleinige Grund sein.

Mit dieser Restaurierung bekam der Friedhof sein ursprüngliches Aussehen zurück und wurde unter Denkmalschutz gestellt. Die Arbeiten waren so gut, dass sie sogar im politischen Umbruchjahr 1989 Preise für denkmalpflegerische Arbeit erhielten. Schon vier Jahre später wurde der Jüdische Friedhof nochmals Ziel von Schändungen. Seit 1998 wird er aber mit einer Pflegepauschale aus öffentlichen Geldern gepflegt. Außerdem kümmert sich um ihn die ortsansässige Evangelische Gemeinde.

Susann Schober