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[Biographie] [Zitierhinweis]

David Oppenheimer - Plan zur Errichtung einer Krankenwärterschule

Eine digitalisierte Version des Artikels von David Oppenheimer finden Sie auf den Seiten der Universität Bielefeld.

aus: Neue Berlinische Monatsschrift, Bd. 2 (1799), S. 205-223.

Eine digitalisierte Version des Artikels von David Oppenheimer finden Sie auf den Seiten der Universität Bielefeld.

Plan zur Errichtung einer Krankenwärterschule

Wer nur einigermaßen von den natürlichen Kräften des menschlichen Körpers unterrichtet ist, wird, wenn er öfter Kranke gesehn hat, bald bemerken, wie äußerst häufig sich Unwissenheit und Nachlässigkeit in Absicht ihrer Pflege findet. – Ein starker Mann liegt an einem heftigen Entzündungsfieber, klagt über Hitze und Zerschlagenheit der Glieder; es wird ihm von seinem Nachbar oder seiner Frau eine kräftige Fleischbrühe mit Klößen (wohl auch mit Krebsbutter), dargereicht: er verschluckt sie, obschon ohne Appetit, als Arznei; und tödtet sich dadurch, statt daß ein tüchtiger Aderlaß ihm seine Kräfte wieder gegeben hätte. Ein Anderer liegt im Rasen; der Arzt kommt und fragt nach den Abgängen. Nein, ist die Antwort, er hat schon seit acht Stunden nicht das mindeste Bedürfniß zu befriedigen verlangt. Der Arzt hebt das Deckbette auf, und findet den Kranken ganz in seinen Unreinigkeiten [S.206] eingehüllt. Ein Dritter laborirt bereits mehrere Tage am kalten Fieber; und der Arzt muß bei dem Berichte hören, wie dem Kranken zwar gestern der Aal recht gut geschmeckt, aber sehr übel bekommen sei. Noch ein Fieberkranker leidet 8 Tage an Schlaflosigkeit; er bekommt endlich einen ruhigen Schlaf: und man weckt ihn, weil die Zeit Medizin zu nehmen eintritt. Bei einem Gelb- oder einem Wassersüchtigen, fragt der Arzt nach der Beschaffenheit und dem Aussehn des Wassers; aber Niemand ist auch nur auf den Gedanken gerathen danach zu sehn, oder es stehn zu lassen. – Dies sind Begebenheiten, die jedem praktischen Arzte täglich vorkommen, und nur zu deutlich zeigen, wie sehr noch im Allgemeinen Vorurtheile und Mängel in Absicht der Krankenpflege herrschen. Die Folgen sind um so gefährlicher, da sie der angehende Arzt nicht einmal vermuthen und daher auch keine Vorkehrungen dawider treffen kann; und da der erfahrnere aber gewöhnlich mehr beschäftigte Arzt selten die Zeit hat, in jedem Hause einen so vollständigen Unterricht über die Krankenpflege zu ertheilen, um allen Fehlern zuvor zu kommen. – In den vornehmern und höhern Ständen, welche zum Theil [S.207] gebildeter, zum Theil durch öfteres Kränkeln mit den diätetischen Regeln in Krankheiten bekannter sind, trifft man solche Unkunde schon seltener. Aber bei dem Handwerker und kleinen Kaufmann, kurz bei den mittlern Ständen, welche doch bei weitem die größte Anzahl der Menschen ausmachen; selbst bei den Reicheren dieser Klassen, muß der Arzt solche Erfahrungen leider täglich machen.

Doch selbst in gebildetern und höhern Ständen, wo die Unwissenheit in Absicht der Krankenpflege keine so nachtheilige Folgen bringt, wird oft der fast gänzliche Mangel an Personen, die sich der Wartung der Kranken als einem Geschäfte widmen, sehr schädlich. Haben solche Kranke Familie und nahe Verwandte; so übernehmen diese mehrentheils das mühsame Geschäft, und ersetzen gewöhnlich durch Eifer und vermehrte Aufmerksamkeit das was ihnen an eigentlichen Kenntnissen abgeht. Sind aber Einzelnlebende oder Fremde so unglücklich, recht krank zu werden; so ist ihr Tod schon wegen Mangel einer Person die ihrer wartet, wahrscheinlich. Wer selbst nur einmal eine Woche lang bettlägerig war, und die gehörige Pflege erhielt, wird gewiß erfahren ha- [S.208] ben, wie viel diese zur Wiederherstellung seiner Gesundheit beigetragen. Ja ich erkläre: daß es Fälle gibt, wo der geschickteste Arzt ohne einen guten Krankenwärter nichts zu thun im Stande ist; wo er nur durch diesen, der den Kranken beständig unter Augen hat, von der wahren Beschaffenheit der Krankheit das gehörige Licht erhalten kann.

Es ist also äußerst auffallend, wie man in einem Staate wo die Heilkunde in so manchem Zweige sich ihrer Vollkommenheit nähert, noch ganz und gar nicht auf den Gedanken gekommen ist, Personen in der Krankenpflege zu unterrichten und sie besonders dazu zu autorisiren. An Subjekten die sich diesem Geschäfte widmen, kann und wird es wahrlich nicht fehlen, sobald es dem Staate nur Ernst ist einige dazu aufzufordern, und sobald die Belohnung dafür nur ansehnlich genug durch eine öffentliche Taxe bestimmt wird. Ich werde in der Folge eine ganze Klasse von Menschen dazu in Vorschlag bringen, welche von dem Staate unterhalten werden ohne etwas dafür zu leisten. Hier will ich zuförderst die Vortheile aus einander setzen, welche durch das Dasein gebildeter Krankenwärter entstehn würden. [S.209]

1. Das ganze Heer der Afterärzte, der Quacksalber, und der klugen Frauen, würde dadurch in sein Nichts zurückfallen. Diese Personen, welche noch immer so viele Menschen hinopfern, und der vernünftigen Ausübung der Heilkunde so manche Hindernisse in Weg legen, können nur im Dunkeln ihr Wesen treiben. Ihre Art zu verfahren ist gewöhnlich diese: sie suchen gegen Alles was gerade und vernünftig ist, Mißtrauen zu erwecken, sie bringen das Kostspielige und Langwierige bei der Behandlung des Arztes in hohen Anschlag; und dann ertheilen sie ihre Vorschläge und ihre Medikamente mit so zuversichtlichen Versprechungen, daß der Kranke, wenn er nicht ganz fest in seinem Zutrauen zu dem Arzt, oder völlig von allen Vorurtheilen entfernt ist, sich ihnen bald in die Arme wirft. Diesem Unwesen wird vorgebeugt, wenn der Kranke im Stande ist einen unterrichteten Krankenwärter zu halten. Jener wird alsdann gleichsam von diesem bewacht; und es ist leicht zu vermuthen, daß der Letztere, wenn er erst einmal durch Erfahrung von der Wirkung der wahren und vernünftigen Medizin überzeugt ist, sich eher für den Arzt als für die kluge Frau interessiren werde. [S.210]

2. Für die Kunst selbst entsteht dadurch der größte Gewinn. Der Arzt kann den Kranken nicht beständig vor Augen haben, er mag ihn auch noch so fleißig besuchen, noch so ämsig nach Allem fragen. Dies leistet hingegen der Krankenwärter, der nur immer diesen einen Kranken, und zwar von der Entstehung des Uebels an bis zu dessen gänzlicher Entscheidung, besorgt. Es ist bekannt, daß die alten Aerzte vorzüglich deshalb solche richtige und genaue Beobachter waren, weil sie immer nur einen Kranken behandelten, und diesen gleichsam stets bewachten. Wir würden also dadurch noch viele Aufschlüsse in Absicht der Symptome, der Krisen, und des gewöhnlichen Ganges der Krankheiten erhalten: über welche Punkte wir bekanntlich noch bei weitem nicht aufs Reine sind.

3. Jeder einzelne Kranke gewinnt ungemein dabei: daß in seiner Diät keine Fehler vorgehn; und daß der Arzt über Alles was ihm in seiner Behandlung zum Leitfaden dienen kann, die gehörige Auskunft erhält: statt daß ißt ohne unterrichtete Krankenwärter dem Arzte bisweilen unter zehn Fragen die er wegen der Umstände des Kranken an die Umstehenden [S.211] thut, kaum eine richtig und bestimmt beantwortet wird.

4. Es ist schon an sich wichtig genug, jemand der mit Kranken umzugehen weiß, immer haben zu können. Wer so oft die Verlegenheit der Kranken hierin wahrnimmt als ein Arzt; wer wegen Mangels solcher Personen schon höchst wahrscheinlich Mehrere hat sterben sehn: der wird gewiß den menschenfreundlichen Wunsch zuäußern sich nicht enthalten können, daß doch der Staat diesem Mangel aufs baldigste abhelfen möge. Vorzüglich nützlich und hülfreich können aber bei Melancholischen und Wahnsinnigen gescheidte Krankenwärter werden: hier kömmt es fast einzig auf die Art und Weise an, wie man diese Personen behandelt. Das Beispiel des Königs von England wird noch Jedem erinnerlich sein; dieser wurde vorzüglich durch die vernünftige und angemessene Behandlung des Doktors Willis, nicht durch Medikamente, wieder hergestellt.

Es wäre also unstreitig von der größten Wichtigkeit, wen wir mit gut unterrichteten Krankenwärtern beiderlei Geschlechts versehen wären. Ich will also jetzt näher zu bestimmen suchen: welche Personen wohl dazu am [S.212] tauglichsten wären; auf welche Art dieser Unterricht geschehen könnte; welche Regeln bei deren Anstellung zu beobachten sein mögten, um jeden Nachtheil und Mißbrauch zu verhüten.

Zu männlichen Krankenwärtern schlage ich zuförderst einige Gattungen von Invaliden vor. Es giebt nehmlich mehrere derselben, die in ihren besten Jahren bloß wegen eines steifen Arms, wegen Mangel der Vorderzähne, wegen eines Bruchs, u.s.w. zum Soldatendienst untauglich sind, und also dem Staate zur Last fallen. Diese könnten, wenn sie nur sonst die Eigenschaften besitzen, welche für Alle, um zum Unterricht aufgenommen zu werden, mehrwendig festzusetzen sind, als Krankenwärter unterrichtet, und eigentlich zu diesem Geschäft autorisirt werden. Sie würden alsdann ihr reichliches Auskommen haben, und der Staat brauchte nicht mehr für ihren Unterhalt zu sorgen. Ich glaube daß dadurch im ganzen Preußischen Lande, um wenig zu sagen, mehrere Hunderte von Invaliden versorgt werden könnten.

Bei der Annahme der Personen welche sich zum Unterricht in der Krankenpflege meldeten, wäre meines Erachtens folgender maßen zu verfahren. 1) Ueber 50 und unter 25 Jahren, [S.213] müßte Keiner zugelassen werden. Denn unter dem 25sten Jahre, kann man so leicht Keinem zutrauen, daß er sich diesem mühsamen und widerlichen Geschäfte ganz hingeben, und es mit gehöriger Treue und Redlichkeit verwalten wird; und über das 50ste Jahr hinaus, ist sowohl die Gelehrigkeit des Menschen schon zu sehr vermindert, als auch die Zeit in welcher er von seinen Kenntnissen Gebrauch machen kann, für ihn und den Staat zu beschränkt, um noch eine neue Laufbahn mit ihm anzufangen. Indeß können Ausnahmen Statt finden, die aber jedesmal von den Einsichten des Lehrers abhängen müssen.

2) Nur solche Personen werden zum Unterricht angenommen, deren bisheriges Betragen in Ansehung der Rechtschaffenheit und Geradheit untadelhaft war. Hierbei ist die größte Behutsamkeit nöthig. Wenn Invaliden zu diesem Geschäft gebraucht werden sollen, müssen sie von ihren Regimentschefs vollgültige Zeugnisse über ihre Ehrlichkeit beibringen.

3) Sie müssen mäßig, vorzüglich in Absicht des Trunks, keine leidenschaftliche Tabaksraucher, und weder in der äußern Gestalt noch in [S.214] andern Rücksichten ekelhaft sein. Fänden sich deutliche Spuren dieser Fehler an ihnen, so könnten sie nicht aufgenommen werden.

Der Unterricht dieser Personen muß nicht von der Theorie und der eigentlichen Lehre, sondern von der Beobachtung und dem Anschauen ausgehn. Sie müssen zuvor eine Zeitlang Kranke mehrerer Gattungen sehn, sie bewachen, ihnen Hülfe leisten; wozu die Gelegenheit sich freilich am besten in großen öffentlichen Lazarethen anbietet. So könnten in der hiesigen Charité allein jedesmal 14 bis 16 solcher Menschen zu Krankenwärtern vorbereitet, und zum eigentlichen Unterricht tauglich gemacht werden. Allein, bei dem öftern Abwechseln der Personen in großen Anstalten, steht der nicht zu berechnende Schaden zu befürchten, daß die Wärter das Opfer von ansteckenden Krankheiten werden mögten. Bleiben immer dieselben Krankenwärter in denselben Lazarethen, so zeigt eine ganz bekannte Erfahrung, daß die Gewohnheit sie gleichsam gegen alle Ansteckung abhärtet: haben sie Anfangs eine solche Krankheit, besonders das Lazarethfieber, überstanden, so werden sie in den folgenden Dienstjahren so [S.215] leicht nicht wieder von dergleichen Uebeln ergriffen. So nützlich es also für die Vorbereitung der Wärter auch ist, zuvor viele und mannichfaltige Kranke zu sehn; so wäre ihre Anstellung auf eine Zeitlang in großen und fast überladenen Lazarethen doch nicht rathsam. Wohl aber kann es in den kleinern, namentlich in den Regimentslazarethen geschehn, deren wir hier mehrere haben. Auch ginge es an, daß mehrere Aerzte zusammen träten, und solche Personen bei ihren Privatkranken unterbrächten; sie könnten, wenn sie sich die Sache recht angelegen sein lassen wollten, dafür sorgen daß dieselben Wärter nicht immer bei einerlei Krankheiten, sondern nach und nach bei ganz verschiedenen gebraucht würden.

Hat nun einmal ein solcher Lehrling mehrere und vielfache Sieche gesehn und gewartet, ist er von dem Arzte angeleitet worden, auf das zu achten was von jedem Kranken zu wissen für den Arzt wichtig und nöthig ist; alsdann kann erst der eigentliche Unterricht, und die Vorlesung durch einen eignes dazu bestellten Lehrer, den Anfang nehmen. – Hr Carrere hat ein Handbuch für Krankenwärter [S.216] geschrieben*). Allein dies hat meines Erachtens zwei wichtige Fehler. Erstlich setzt der Unterricht welchen Er ertheilt, schon weit gebildetere Leser und Zuhörer voraus, als man erwarten kann daß diejenigen sein werden, welche sich diesem Geschäfte widmen; um einen solchen Unterricht zu fassen, müßte der Krankenwärter schon helle Begriffe von der Physik und der Physiologie haben. Zweitens, lehrt Hr. C. die Wärter, Mittel – zwar nur hausmittel – bereiten, die sie bei verschiednen Vorfällen selbst anwenden sollen; auch theilt er ihnen Vorschriften mit, wie sich sie beim Erbrechen, bei Ohnmachten, beim Frost, u. s. w. zu verhalten haben. Dies ist aber, wie mir scheint, der Weg um solche Menschen zur Empirie zu verleiten; und der Schaden daraus dürfte vielleicht gar sehr den Vortheil aufwiegen, den man durch [S.217] Anstellung unterrichteter Krankenwärter beabsichtigt. Nur zwei Stücke bestimmen, meiner Meinung nach, genau die Gränzen, innerhalb welcher dieser Unterricht sich einschränken muß. Die Diät und Pflege, die einem jeden Kranken besonders nach Verschiedenheit seiner Zufälle zukömmt; und die Symptome und Veränderungen, welche wegen ihrer Wichtigkeit und Bedeutung bei jedem Kranken von dem Wärter genau bemerkt und dem Arzte hinterbracht werden sollen: diese müssen die einzigen Gegenstände seines Wissens, diese den ganzen Umfang seiner Kenntnisse ausmachen. Hienach müßte also eine eigene Anweisung, in den einfachsten und allgemein verständlichen Ausdrücken, entworfen werden. Indeß könnte der Verfasser immer das Carrere’sche Werk dabei zum Grunde legen, auch die Ordnung in welcher dort die Gegenstände vorgetragen sind, zum Leitfaden nehmen. Es steht aber zu erwarten, daß wenn der ganze Vorschlag, wie zu wünschen ist, zur Ausführung kommen sollte, die Abfassung dieser Schrift einem Manne anvertraut werden wird, der der Arbeit vollkommen gewachsen ist**). [S.219] Nun kömmt es noch auf Maaßregeln an, damit weder für die Krankenwärter selbst noch für das Publikum Nachtheile oder Mißbräuche entstehn. Dazu müssen Anstalten getroffen werden: daß sie nicht so leicht von ansteckenden Krankheiten leiden; daß alle Empirie und das eigene Mediziniren von Seiten der Krankenwärter verhütet werde; und daß sie genau die Vorschriften des Arztes befolgen, und das höchst mögliche Interesse an dem Wohl des Kranken nehmen.

Einen wichtigen Theil der ersten Aufgabe glaube ich bereits im vorhergehenden gelöst zu haben, indem ich festsetzte daß der empirische Theil ihres Unterrichts, ihre Praxis, mit der sie eigentlich ihren Lehrkursus beginnen sollen, nicht in gar zu großen Lazarethen geschehn soll, wo gewöhnlich viele ansteckende Kranke zugegen sind, und wo die Luft selbst schon wegen der vielen Elenden die sich da aufhalten, vergiftet ist. Auch die Reinlichkeit und Mäßigkeit, welche ich als nothwendige Eigenschaften der Krankenwärter fordere, sind bedeutende Verwahrungsmittel gegen die Ansteckung. Indeß ist nicht zu läugnen, daß die Gefahr dennoch nicht ganz zu entfernen steht; und es wird da- [S.220] her nöthig sein, alle Mittel welche man sowohl in ältern als besonders in neuern Zeiten durch den Zuwachs in der Chemie und Physik kennen gelernt hat, anzuwenden. Die genauere Ausführung muß eigentlich ein wichtiges Kapitel in dem Handbuche für die Krankenwärter ausmachen; auch hat Hr Carrere schon einiges dahin Gehörige geliefert. Doch kann ich nicht unterlassen, ein paar nach meiner Meinung sehr wirksame Mittel in Vorschlag zu bringen. Nehmlich: 1) die Vermeidung aller warmen und hitzigen Getränke; weil sie die äußern Poren so erweitern, daß diese fähig werden Krankheitsmaterie aufzunehmen, und den Säften nach innen zuzuführen. 2) Den Gebrauch des Tabaks, sowohl zum Rauchen und Kauen, als zum Schnupfen; weil dadurch vorzüglich die Theile des menschlichen Körpers gereinigt und abgespült werden, wo aller Wahrscheinlichkeit nach, die in der Luft schwebenden ansteckenden Stoffe am ersten sich ansetzen und von da den übrigen Säften beimischen: die Höhle der Nase und des Mundes nehmlich, die beständig mit einem zähen Schleim überzogen sind, welcher die Krankheitsstoffe so leicht festhält. 3) Tägliche, oder wenigstens öftere, Reinigungs- [S.221] bäder; welche sowohl die Krankheitsgifte die sich etwa äußerlich ansetzen könnten, abspülen, als auch die Haut, das große Organ wodurch die Natur alle Fäulniß aus dem Körper entfernt, gesund erhalten, und zu ihren Verrichtungen tauglicher und kräftiger machen.

Die zweite Aufgabe wird nach meiner Meinung am besten gelöst: wenn zuförderst die Krankenwärter bei ihrer Anstellung durch einen Eid sich anheischig machen, nie einem Kranken nach eigenen Einsichten Arzeneimittel anzurathen; und wenn sodann bei einem Uebertretungsfall die Ahndung gegen solche Personen weit härter, als gegen jeden andern Pfuscher oder Quacksalber, durch die Gesetze bestimmt wird. Vorzüglich aber, wenn die Aerzte sowohl bei ihrem Unterrichte als bei ihren Besuchen Maaßregeln nehmen, daß die Krankenwärter nie auf den Gedanken gerathen können, als besäßen sie nun eigene Einsichten in der Kunst zu heilen; wenn jene bei allen Gelegenheiten zu verhüten suchen, daß die Krankenwärter nicht die geringste Kenntniß von Arzeneimitteln, weder dem Namen noch der Wirkung nach, erlangen. [S.222]

Was die letzte Aufgabe betrift, so glaube ich, sie durch folgende Vorschläge beantworten zu können. Man verpflichte die Krankenwärter bei ihrer Anstellung recht feierlich, daß sie jedesmal den Verordnungen des Arztes genau nachkommen, und die Kranken mit so viel Fleiß und Wachsamkeit behandeln wollen, als nur in ihren Kräften steht. Man bestimme ihnen ferner, außer ihrem taxenmäßigen Gehalte, welcher ungefähr für Tag und Nacht 16 Groschen sein könnte, noch eine besondere Belohnung für jeden gefährlichen Kranken der genest, nach Verhältniß der Gefahr desselben, und der Mühseligkeiten welche sie bei seiner Pflege hatten; um so das Interesse des Kranken mit dem Interesse des Wärters genau zu verweben, und diese Menschen durch einen kleinen und wohlverdienten Gewinn zum Guten zu leiten.

Dies sind die Vorschläge, wodurch, wie mich dünkt, wenigstens die Hauptschwierigkeiten gehoben werden, die sich bei der Ausführung des Entwurfs zur Errichtung einer Krankenwärterschule zeigen könnten. In ein genaueres Detail mich einzulassen, und auf Hebung auch der kleinern Hindernisse Rücksicht zu nehmen, habe ich hier nicht rathsam gefunden. – [S.223] Ich wünsche nun, daß der ganze Vorschlag von Seiten derer die ihn realisiren können, beherzigt werden, und daß die Ausführung desselben zum Wohl der Menschheit recht bald geschehen möge.

Berlin. Oppenheimer.

*) Das französische Original kam 1780 heraus. Es wurden damals sogleich in jeder Provinz des Königreichs, durch die Intendanten derselben, mehrere hundert Exemplare des Buchs unentgeldlich an das Landvolk ausgetheilt. Eine Deutsche Uebersetzung erschien zu Strasburg 1787, unter dem Titel „Handbuch zur Krankenpflege“. B[iester].

**) Auch das Lehrbuch des Hrn Mai (Manheim, 1784), welches ich erst nach Vollendung dieser Aufsatzes durch die Güte der Hrn Bibl. Biester kennen lernte, hat meines Erachtens den wichtigen Fehler, daß es bei den zu unterrichtenden Personen zu viel Bildung voraussetzt. Doch verdient es bei weitem den Vorzug vor dem Carrere’schen. Rezepte und Arzeneimittel enthält es gar nicht, und die andern Vorschriften sind darin weit vollständiger und ausführlicher mitgetheilt. O[ppenheimer]. (Von dem Krankenwärterinnen-Institut des Hrn Mai in Manheim, steht eine Nachricht in der Berl. Monatsschrift 1785 August, S. 164. B[iester].)

Zitierhinweis:

David Oppenheimer: Plan zur Errichtung einer Krankenwärterschule (1799), in: haskala.net. Das online-Lexikon zur jüdischen Aufklärung / hg. von Christoph Schulte, URL<>, letzter Zugriff [Datum, Uhrzeit].