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Marcus Elieser Bloch

(1723 bei Ansbach – 06. August 1799 Karlsbad), Arzt, Ichthyologe, Naturforscher

Biographie

von Ariadne Böttig

„So manchem Fisch gabst Du den Namen, // Du bied’rer Mann aus Abrams Samen. // Doch seltsamer Kontrast! Ein Thier mit kaltem Blut // Ist Dir so werth, und doch Dein Herz voll Glut! // Denn fragtest Du wohl jemals nach dem Namen, // Ob Jud’, ob Christ, wenn Kranke zu Dir kamen?“[1]

orangener Fisch mit schwarzen Sprenkeln
Foto: Universitätsbibliothek Heidelberg
Goldschley, aus: Bloch, Allgemeine Naturgeschichte der Fische (Tafeln) — Berlin, [circa 1784].

Markus Elieser Bloch wurde in einer kleinen Gemeinde bei Ansbach als Sohn eines Toraschreibers geboren.[2] Er bekam die traditionell jüdische Ausbildung und wurde in Hebräisch und Literatur unterrichtet. In Hamburg bekam er mit 19 Jahren eine Anstellung als Hauslehrer bei einem jüdischen Wundarzt. Dort lernte er Deutsch und Latein[3] und bekam erste Kenntnisse in Anatomie. Später fing er ein Medizinstudium in Berlin an und bekam seinen Doktor im Mai 1762 in Frankfurt an der Oder für seine Abhandlung über Hautausschläge verliehen. Danach arbeitete er als praktischer Arzt in Berlin und wurde sehr erfolgreich. Seine erste Frau Breinche (oder auch: Braunchen) heiratete Bloch 1765 in Berlin. Breinche war das erste Kind des Schutzjuden Ruben Joseph Rintel (1699–1765?) und hatte nach dessen Tod das Privileg des ständigen Wohnsitzes in Berlin geerbt. Durch die Heirat wurde auch Bloch ein dauerhaftes Bleiberecht zu teil. Mit 22 Jahren verstarb Breinche 1769. Der aus dieser Ehe entstammt Sohn starb mit etwa 21 Jahren auf einer Reise in Paris,[4] die dieser im Auftrag des Vaters unternahm, um weitere Subskribenten für Blochs Naturgeschichte der Fische zu gewinnen und seinem Vater noch fehlende Fischarten zu besorgen. Der Adress-Kalender der Königl. Preuß. Haupt- und Residenz-Städte Berlin verzeichnete 1773 nur Marcus Elieser Bloch und Benjamin de Lemos (1711–1789) als approbierte jüdische Mediziner in Berlin.[5]

1774 ging Bloch die zweite Ehe mit Cheile ein, der Tochter des Bankiers Joseph Veitel Ephraim (verm. 06.05.1775–19.04.1807). Aus dieser Ehe ging die Tochter Rose hervor, die 1799 den Arzt Wolf Davidson (1772–1800) heiratete, der sich u.a. durch seine Abhandlung Ueber den Schlaf einen Namen machte. Marcus Elieser Bloch war zu dieser Zeit schon ein angesehener Arzt und Bürger Berlins, der seinen Wohlstand mit einer Kutsche, die auf dem Bock ein Bildnis eines Mohren zeigte, zum Ausdruck brachte. Auch seine zweite Frau verstarb früh. 1784 heiratete Bloch dann ein weiteres Mal: Rahel – die siebzehnjährige Tochter des Vorstehers des Jüdischen Armenvereins Jeremias Bendix (1735 –1790).[6] Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: ein Sohn Bendix, eine Tochter Rebecca (1786–1819) und eine Tochter Marianne (1797–1820).

Zusätzlich zu seinem Beruf als Arzt, beschäftigte sich Bloch mit naturwissenschaftlichen Themen. 1774 erschienen Medicinische Bemerkungen, Nebst einer Abhandlung vom Pyrmonter Sauerbrunnen. 1782 folgte seine Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweidewürmer und den Mitteln wider dieselben. Er begann sich für die Erforschung der Fischwelt und ihre Systematisierung zu interessieren. Bloch wurde der „Begründer der modernen Fischforschung“ (R. Lesser). Die Grundlage für Blochs Arbeit war die Sammlung seiner Fischpräparate, die aus etwa 1.400 Exemplaren bestand und von denen heute etwa 800 Exemplare noch vorhanden sind.[7] Diese sind zum Großteil im Museum für Naturkunde in Berlin zu sehen und stellen die größte Sammlung der Ichthyologie aus dem 18. Jahrhundert dar. Viele der Fische verdanken Bloch ihre lateinischen Bezeichnungen, wie z.B. der Goldfisch, der den lateinischen Namen Cyprinus gibelio bekam.

Um seine Fischsammlung zu erweitern, ließ Bloch sich auch Fische aus der gesamten Welt liefern, was zu seiner Zeit nicht leicht war. Die Kontakte, die er hatte, reichten von Indien über China bis nach Nordamerika.[8] Einige einheimische Arten beschaffte sich Bloch selbst. Er untersuchte die Fische, um sie dann zu beschreiben und zu präparieren. Akribisch beschrieb er das Vorkommen, die Lebensweise, die Fangart bis hin zur Verwertung der einzelnen Fischarten. Dabei legte Bloch auch Wert auf die genaue Zeichnung der einzelnen Fische. Die ersten Buchdrucke seiner Arbeit zahlte er aus eigener Tasche (das Geld stammte u.a. aus dem Vermögen seiner drei Ehefrauen). Der Verkauf lief allerdings erst zögerlich an. Durch seinen größer werdenden wissenschaftlichen Bekanntheitsgrad wurden aber schnell mehr Bücher an Universitäten, Akademien, Könige und Fürsten verkauft. Das „Bloch’sche Cabinet“ wurde nach seinem Tod an die Königliche Akademie der Wissenschaften verkauft.[9] Von dort gelangte die Sammlung später an das Museum für Naturkunde in Berlin. 1782 bis 1784 kamen die Bücher zu der Naturgeschichte der Fische Deutschlands auf den Markt und zwischen 1782 und 1795 erschienen die Bände zu der Naturgeschichte der ausländischen Fische.

Bloch war Mitbegründer der 1773 gegründeten Berlinischen Gesellschaft Naturforschender Freunde. Darüber hinaus war er Mitglied in mehreren wissenschaftlichen Gesellschaften in Europa. Zudem gehörte er zu dem Kreis der Aufklärer um Moses Mendelssohn (1729–1786). Bloch war Hausarzt und zugleich ein inniger Freund Mendelssohns. Am 6. August 1799 starb Bloch während eines Kuraufenthalts in Karlsbad an einem Schlaganfall und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Lichtenstadt beerdigt.

Die zwölfbändige Allgemeine Naturgeschichte der Fische ist sein Hauptwerk; es wurde ins Französische übersetzt und war lange das Kompendium der Ichthyologie schlechthin. Einige seiner Werke ließ Bloch in Kommission drucken, so auch sein ab 1782 erschienenes Werk Oekonomische Naturgeschichte der Fische Deutschlands, das 37 Kupfertafeln enthielt. Zu seinen Subskribenten gehörten u.a.: die Königin von Preußen, der Kronprinz von Preußen, die Prinzen Ludwig und Heinrich von Preußen, der Erbprinz von Sachsen–Coburg, die Könige von Dänemark, Schweden und Polen, die Bibliothek der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Moses Mendelssohn und der Hofbanqieur Isaac Daniel Itzig.

1782 wurde Bloch nur zufällig auf die Ichthyologie aufmerksam, wozu zu seiner Zeit kaum Forschung existierte. Eine ihm mitgebrachte Maräne konnte von ihm nach Linnaeus Systema Naturae nicht identifiziert werden und so beschrieb Bloch sie als eine neue Art. Blochs größtes Werk wurde Systema Ichthologia, dass nach seinem Tod von seinem Freund Professor Johann G. Schneider aus Frankfurt an der Oder fertig gestellt wurde. Schneider ließ 1800 die ersten 80 Seiten des Systema Ichthologia als Vorabdruck herstellen, bis er 1801 das komplette Werk herausgab.[10]

Die gesamten Werke Blochs haben eine Seitenanzahl von mehr als 2700 Druckseiten.[11] Dazu kamen noch 432 kolorierte Kupferstiche. Zirka 500 Fischarten wurden von Bloch beschrieben, von denen 267 in der Wissenschaft des 18. Jahrhunderts als neu beziehungsweise als neu benannt galten. Viele von Blochs Namen von Fischarten gelten noch heute oder sind noch heute in Gebrauch. Das gleiche gilt für 19 Gattungen.

Literatur

Lesser, Richard: Dr. Marcus Elieser Bloch. Ein Jude begründet die moderne Ichthyologie. In: Das Achtzehnte Jahrhundert - Haskala. Die jüdische Aufklärung in Deutschland 1769–1812, Wolfenbüttel: Wallenstein 1999.

Paepke, Hans–Joachim: Bloch’s Fish Collection in the Museum für Naturkunde der Humboldt Universität zu Berlin – An Illustrated Catalogue and Historical Account, A.R.G Gantner Verlag 1999.

Behm, Britta L.: Moses Mendelssohn und die Transformation der jüdischen Erziehung in Berlin: eine bildungsgeschichtliche Analyse zur jüdischen Aufklärung im 18. Jahrhundert, in: Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland, Bd. 4. Münster: Waxmann 2002.

Leder, Christoph Maria: Die Grenzgänge des Marcus Herz- Beruf, Haltung und Identität eines jüdischen Arztes gegen Ende des 18. Jahrhunderts, Münster: Waxmann 2007.

orangener Fisch mit schwarzen Sprenkeln
Foto: Universitätsbibliothek Heidelberg
Goldschley, aus: Bloch, Allgemeine Naturgeschichte der Fische (Tafeln) — Berlin, [circa 1784].

Anmerkungen

[1] Autor unbekannt. Das Gedicht wurde 1799 nach Marcus Elieser Blochs Tod veröffentlicht. Zit. nach: Paepke, Hans–Joachim: Bloch’s Fish Collection in the Museum für Naturkunde der Humboldt Universität zu Berlin – An Illustrated Catalogue and Historical Account, A.R.G Gantner Verlag 1999. [2] Die Familie wurde vom Trödelladen der Mutter ernähert. [3] In seiner Familie wurde traditionell Jiddisch gesprochen. [4] M.E. Bloch reiste selbst wenig. Er kannte die Ostsee und trat 1789 eine Reise nach Leipzig an, wo er den Apotheker Linck besuchte. Die einzig große Reise machte er 1797 nach Frankreich und Holland. [5] Benjamin de Lemos war Leiter des Jüdischen Krankenhauses in Berlin und Vater von Henriette Herz. [6] Behm, Britta L.: Moses Mendelssohn und die Transformation der jüdischen Erziehung in Berlin: eine bildungsgeschichtliche Analyse zur jüdischen Aufklärung im 18. Jahrhundert, in: Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland, Bd. 4. Münster: Waxmann 2002. [7] 58 Prozent der Fische aus der Sammlung Blochs sind noch erhalten. Von der Ursprünglichen Sammlung bestanden 73 Prozent aus Alkoholpräparaten. Die anderen waren getrocknete Fische. Das Zoologische Museum, in dem die Fischsammlung untergebracht war, katalogisierte seine Bestände ab 1860 verbindlich und gab jedem Präparat eine ZMB-Nr.. Leider waren bis zu diesem Zeitpunkt schon 35 Prozent der Fischsammlung verloren gegangen. Drei Exemplare befinden sich im Jüdischen Museum Berlin. [8] Zu diesen Kontakten gehörten u.a. Kollegen wie P.E. Igert (in Westafrika) und J.G. Koenig (in Indien) und die Theologen C.S. John und J.P. Rottler (in Indien). [9] Am 24. Mai 1802 kaufte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen für 4.500 Reichstaler Blochs Sammlung und schenkte sie an die Preußische Akademie der Wissenschaften. Als die Königliche Universität gegründet wurde kam die Fischsammlung 1810 in den Besitz des dazugehörigen Zoologischen Museums (heutige Naturkunde Museum Berlin). [10] Es wurde von ihm überarbeitet und noch mit weiteren Fischarten versehen. [11] Die französischen Übersetzungen sowie die Oktavausgabe (weitere 370 Kupferstiche) seines Werkes Allgemeine Naturgeschichte der Fische und Vorabdrucke nicht mit einbezogen.

Zitierhinweis: Ariadne Böttig: Marcus Elizer Bloch. Biographie, in: haskala.net. Das online-Lexikon zur jüdischen Aufklärung / hg. von Christoph Schulte, URL<>, letzter Zugriff [Datum, Uhrzeit].