Modellprojekt „Starke Lehrer*innen – starke Schüler*innen“ in Brandenburg
Ausgangspunkt
Provokante diskriminierende, demokratie- und fremdenfeindliche Äußerungen durch Schüler*innen gehören nicht selten zum Alltag von Berufsschullehrkräften. Häufig befürchten Lehr*innen eine Eskalierung der Unterrichtssituation und fühlen sich unsicher, gerade wenn beispielsweise rassistische, antidemokratische Erklärungsmuster oder Verschwörungsmythen spontan geäußert werden. Genau hier knüpft das Projekt an.
Was soll das Projekt erreichen?
Ausgehend von den spezifischen Herausforderungen des jeweiligen Schulalltags vermittelt "Starke Lehrer*innen – starke Schüler*innen" den Teilnehmer*innen das notwendige fachliche und methodische Basis- und Hintergrundwissen. Durch die Auswertung realer Unterrichts- und Schulsituationen werden mit den Lehrkräften passgenaue Hilfestellungen für Konfliktsituationen im eigenen Fachunterricht und der Schulgemeinschaft entwickelt. Die teilnehmenden Lehrkräfte vernetzen sich dabei untereinander und reflektieren ihre Erfahrungen. Zudem werden Vernetzungstage angeboten, an denen außerschulische Bildner*innen ihre Expertise zu antidemokratischen Positionen und Einstellungen weitergeben. Auf intolerantes, antidemokratisches Verhalten in Unterricht und Schulalltag soll zeitnah reagiert werden. Langfristig zielt das Projekt auf ein positives Schul- und Arbeitsklima der Lehrkräfte an einer Schule.
Die fünf Säulen des Projektes
1. Ausgangspunkt - Schulpraxis
Jeweils drei bis vier Lehrkräfte aus einem teilnehmenden Oberstufenzentrum nehmen am Projekt teil. Insgesamt werden 20 Lehrer*innen und Sozialarbeiter*innen aus sechs Brandenburger Oberstufenzentren ihre Erfahrungen einbringen.
2. Kollegiale Fallberatung und Supervision
Auf der Basis fachlicher- und kollegialer Fallberatung werden Möglichkeiten zur Reflexion und zur Verbesserung der eigenen Strategien angeboten. Dadurch kann die eigene Präventions- und Reaktionsarbeit zeitnah ausgewertet und angepasst werden. Im Fokus steht die Entwicklung und Reflexion passgenauer Strategiemuster für die eigene Klasse und die Einbettung in das System der eigenen Schule vor Ort sowie die kontinuierliche Steigerung der Sicherheit im eigenen Handeln. Die kollegiale Fallberatung übernehmen Schulberater*innen der RAA Brandenburg und freiberufliche Berater*innen mit jeweils langjähriger Praxiserfahrung. Zusätzlich gibt es für die Berater*innen inhaltliche Qualifizierungsworkshops, auf denen sie sich zu Handlungsstrategien gegen antidemokratische Positionen und Einstellungen austauschen und weiterbilden. Der nächste Qualifizierungsworkshop findet am 11. November 2021 an der Universität Potsdam statt. Für Lehrer*innen und Berater*innen stehen Supervisor*innen mit pädagogischem Professionswissen zur Verfügung.
3. Fachliche Qualifizierung
Angepasst an die individuellen Problemlagen und Berührungspunkte der Lehr*innen mit antidemokratischen Positionen und Einstellungen an den Schulen werden Fachinhalte sowie Erkenntnisse aus der aktuellen Forschung in thematischen Fortbildungen angeboten. Themenfelder wie „Menschenverachtende und demokratiefeindliche Vorurteile“, „Jugendkultur in antidemokratischen Bewegungen“, das Konzept „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ sowie Phänomene wie “Hate Speech” und “Fake News” werden in unterschiedlichen Qualifizierungsworkshops behandelt. Ausgehend von den Erfahrungen der Lehrer*innen mit Konfliktsituationen und Provokationen werden darüber hinaus Fachkennnisse zum Konfliktmanagement vermittelt.
4. Vernetzung
Innerhalb der Vernetzung haben die Berufsschullehrer*innen die Möglichkeit, ihre Projekterfahrungen und Erlebnisse aus der schulischen Arbeit mit den Kolleg*innen der anderen Projektschulen zu teilen, praktische Hinweise zu erhalten und gegenseitige Unterstützung zu praktizieren. Neben der Vernetzung untereinander werden zudem gezielt Träger, Vereine oder Initiativen der außerschulischen politischen Bildungsarbeit und der Zivilgesellschaft eingeladen. Die Schulen und politischen Bildner*innen vernetzen sich somit kontinuierlich, sodass den involvierten Kollegien auch über das Projekt hinaus themenspezifische außerschulische Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen.
5. Verstetigung der Ergebnisse in die Regelstrukturen
Während und nach der Projektzeit werden die entwickelten Handlungs- und Reaktionsstrategien für Kollegien und Schulöffentlichkeit aufbereitet. Dabei werden insbesondere die Projektteilnehmer*innen und die Berater*innen zu Multiplikator*innen befähigt – mit dem Ziel, antidemokratische Organisationsstrukturen aufzudecken und eine demokratische Schulkultur zu stärken.
Antidemokratischen Diskriminierungsformen und abwertenden Äußerungen kann nur dann langfristig entgegengewirkt werden, wenn die Regelstrukturen des Landes Brandenburg kontinuierlich gegen diese arbeiten. Das Modellprojekt unterstützt diesbezüglich – in Kooperation mit dem MBJS - auch über die Qualifizierungsmaßnahmen der Projektzeit hinaus die Konzeption weiterer Fortbildungsangebote und Workshops.
Koordination und Evaluation
Das Modellprojekt wird am Lehrstuhl für Politische Bildung der Universität Potsdam koordiniert und durch die Universität Eichstätt-Ingolstadt evaluiert. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Vorgängerprojekt, das bereits 2015 von der Robert Bosch Stiftung und der TU Dresden gemeinsam mit dem sächsischen Kultusministerium modellhaft umgesetzt wurde, werden aufgegriffen und um weitere Untersuchungen in Brandenburg ergänzt. So können erprobte Handlungsstrategien für die teilnehmenden Schulen und für weitere Lehrkräfte außerhalb des Projektes praxisnah aufbereitet und weiterentwickelt werden.
Kooperationspartner
Kooperationspartner des Projekts „Starke Lehrer*innen – starke Schüler*innen“ in Brandenburg sind neben dem Lehrstuhl für Politische Bildung der Universität Potsdam das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (MBJS), die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und die Robert-Bosch-Stiftung (RBS).