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Vortragsreise von Christian E. Rieck nach Argentinien

Lehre in der Führungsakademie.
Foto: Christian Rieck
Lehre in der Führungsakademie.
Militärgeschichte an der Universidad de Buenos Aires.
Foto: Christian Rieck

Vom 29. März bis zum 19. April 2025 verbrachte Christian E. Rieck drei Wochen in Buenos Aires, wo er insgesamt zwölf spanischsprachige Fachvorträge und Vorlesungen an Partnerhochschulen der Universität Potsdam hielt. Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung sprach Dr. Rieck zunächst in Montevideo dann in Buenos Aires vor Journalisten, Diplomaten, Politikern, Think Tankern und Professoren des CARI, der argentinischen Denkfabrik für internationale Beziehungen, zu den Themen Zeitenwende in Deutschland und Europäische Verteidigungspolitik. Nicht überraschend war, dass sich der Blick auf den Krieg in der Ukraine zum Teil stark vom deutschen unterschied. Die argentinischen Eliten fühlen sich – wie anderswo im globalen Süden auch – vielleicht als Wertepartner der Europäer, doch sicher nicht als Verbündete mit gleichlaufenden Interessen. Folgerichtig wird dort das Multi-Alignment als
rationale und interessenmaximierende Strategie betrachtet, die in einer multipolaren Welt mit allen Großmächten konstruktive Verbindungen unterhält. Es folgte ein Vortrag vor dem Abschlussjahrgang der – einst als antinationalsozialistische Bildungseinrichtung gegründeten – Deutschen Pestalozzi-Schule zum Aufstieg der extremen Rechten in Deutschland.

Die zweite Woche stand ganz im Zeichen der deutschen Militärhistoriographie: Am renommierten Forschungsinstitut für argentinische Geschichte der Universidad de Buenos Aires UBA – dem Instituto Ravignani – hielt Dr. Rieck eine dreiteilige Vorlesungsreihe zum Thema „Entwicklungslinien der deutschen Militärgeschichtsschreibung“, die einerseits Sönke Neitzels These von der „Kriegsgeschichte ohne Krieg“ einem spanischsprachigen Publikum näherbrachte und andererseits seine eigenen Desiderate in Bezug auf die Europäisierung der Militärgeschichte sowie die Geschichtsschreibung der neuesten Einsatzgeschichte der Bundeswehr wie auch der Multinationalität in NATO und EU als „Gewaltgeschichte der Gegenwart“ formulierte, die dringend mit einer Wiederentdeckung der Technik- und Operationsgeschichte einhergehen müsse. Wenig verwunderlich, aber doch interessant zu sehen, war, wie sehr sich die
Entwicklung der Militärgeschichte in der Bundesrepublik und in Argentinien (zeitverzögert) seit dem Ende des letzten Krieges ähneln – wobei die Historiographie seit der Kriegsgeneration schrittweise eine Entideologisierung aber auch eine Entleerung des Kriegsbegriffs erlebt. Damit in der Militärgeschichte das Verständnis für die Eigenlogiken, Traditionsbestände und Binnendynamiken der Streitkräfte nicht verloren gehe, plädierte er für „kritische Empathie“, um weder in einen neuen Heldenkult noch in einen moralischen Antibellizismus zu verfallen.

Militärgeschichte an der Universidad de Buenos Aires.
Foto: Christian Rieck

Zur Zukunft von NATO und EU vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der neuen Regierung in Washington trug Dr. Rieck schließlich an der Universidad Nacional de San Martín UNSAM vor. Seine These war, dass die NATO auch die zweite Amtszeit von Donald Trump überleben werde, aber dennoch die europäische Verteidigungspolitik einen starken Schub erfahren, der auch eine technologische und nukleare Komponente aufweisen werde. Zuletzt sprach er in der Führungsakademie der argentinischen Streitkräfte vor Soldaten und Zivilisten zur jüngsten Einsatzgeschichte der Bundeswehr sowie zur Europäisierung der Militärgeschichtsschreibung. Hier interessierte besonders der Erfahrungsschatz des Auditoriums über multinationale Friedensmissionen der argentinischen Streitkräfte (Haiti, Zypern).


Die Reise wurde aus KoUP-Mitteln der Universität gefördert und war ein großer Erfolg. Besonders erfreulich ist, dass die hier angestoßene Partnerschaft noch im SS25 in eine Erwiderung des Besuchs durch die Leiterin der militärhistorischen Forschergruppe der UBA, Prof. Dr. María Inés Tato, münden wird, die mit einem dreimonatigen Forschungsstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung an den Lehrstuhl Militärgeschichte kommen wird.

Tigre
Foto: Christian Rieck
Tigre