Professur für Militärgeschichte / Kulturgeschichte der Gewalt
Aktuelles
Eine neue sicherheitspolitische Strategie der Bundesregierung
Am 8. Juni 2023 fand um 17:00 Uhr eine hochrangig besetzte Diskussionsrunde zum Thema „Eine neue sicherheitspolitische Strategie der Bundesregierung?“ in Haus 9, Raum 1.12 auf dem Campus Neues Palais der Universität Potsdam statt.
Seit dem 24. Februar 2022 führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Zugleich hat sich das Verhältnis zwischen der westlichen Welt und China verschlechtert. Intensiv wird folglich darüber debattiert, wie sich die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik ändern muss, um auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren. Die Bundesregierung hat eine neue Nationale Sicherheitsstrategie für 2023 angekündigt. Sie soll auf einem „breiten Sicherheitsbegriff“ aufbauen. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen: – Was sind die außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands? – Wie wird ein „breiter Sicherheitsbegriff“ definiert? – Was bedeutet dies für die Bundeswehr? – Welche Rolle will Deutschland im Rahmen der NATO spielen, welche in der gemeinsamen Sicherheitspolitik der Europäischen Union?
Lebhaft diskutierten Michael Scharfschwerdt, Leiter des Planungsstabes im Auswärtigen Amt, Generalleutnant Kai Rohrschneider, Abteilungsleiter Führung Streitkräfte im Bundesministerium der Verteidigung, Knut Abraham, Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Bundestages und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Die Gesprächsführung oblag Prof. Dr. Sönke Neitzel, Inhaber der Professur für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam. Stephan Raabe, Landesbeauftragter für Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung, eröffnete die Diskussion.
Leider war die Strategie zum Zeitpunkt der Veranstaltung noch nicht veröffentlicht. Während alle Podiumsteilnehmer Defizite in der strategischen Vorausschau bzw. der „Strategiefähigkeit“ der Bundesregierung wahrnahmen, stellte besonders Scharfschwerdt auf den Institutionalisierungsprozess ab, den diese erste sicherheitspolitische Strategie der Bundesregierung auslösen solle. Er hoffte, dass die Bundesregierung einmal pro Legislaturperiode eine Aktualisierung dieses „Dachdokuments“ vornehmen könne. Das würde einen strategischen Diskurs institutionalisieren und zu mehr Kohärenz zwischen den Strategieprozessen auch der einzelnen Ressorts führen. Rohrschneider betonte, dass auch die Bundeswehr „kein strategiefreier Raum“ sei, denn strategische Entscheidungen würden auch jenseits der hochpolitischen Ebene getroffen. Abraham begrüßte den Strategieprozess ausdrücklich, sorgte sich aber um eine Verwässerung des Sicherheitsbegriffs, wenn zu viele Politikfelder jenseits des Zivil- und Katastrophenschutzes unter den erweiterten Sicherheitsbegriff fallen sollten.
Ausgerichtet wurde die Veranstaltung vom Lehrstuhl für Militärgeschichte der Universität Potsdam gemeinsam mit dem Politischen Bildungsforum Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung und in Zusammenarbeit mit der Sektion Potsdam der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, der Deutschen Atlantischen Gesellschaft sowie der Landesgruppe Brandenburg des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr.
Die Professur stellt sich vor
Die Professur ist der Militärgeschichte sowie der Kulturgeschichte der Gewalt gewidmet. Sie ist die einzige ihrer Art in Deutschland und ist ein zentraler Ort der Vernetzung von universitärer und außeruniversitärer Forschung zur Militärgeschichte, von verschiedenen methodischen Ansätzen dieses vielgestaltigen Faches sowie des Wissenstransfers im nationalen und internationalen Rahmen. Wir wollen dazu beitragen, Potsdam mit seiner Geschichte und seiner Zukunftsorientierung als Zentrum der interdisziplinären Militärforschung international sichtbarer zu machen.
Der Lehrstuhl beschäftigt sich mit der Militärgeschichte und der Kulturgeschichte der Gewalt von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Untersucht werden die Gründe, Dynamiken und Folgen von gewaltsamen Konflikten auf der nationalen wie der internationalen Ebene. Über interdisziplinäre Zugänge analysiert der Lehrstuhl wie Staat, Gesellschaft und Streitkräfte interagieren. Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei im 19. und 20. Jahrhundert.
Angesiedelt sind bei der Professur darüber hinaus zwei in Deutschland einzigartige Studiengänge im Masterbereich FAQ. Beide sind interdisziplinär, international und praxisorientiert angelegt: Der MA War and Conflict Studies ist ein Single Degree an der Universität Potsdam, in dem vorwiegend deutsche und europäische Studierende in Kleingruppen Geschichte und Gegenwart von Gewaltphänomenen erforschen. Der MA International War Studies ist ein Double Degree-Programm mit dem University College Dublin, das Studierenden die Möglichkeit bietet, sich stärker in der angelsächsischen Welt der War Studies zu vernetzen und sich vor allem an ein internationales Publikum richtet.
Beide Studiengänge verbindet die Ambition, das Kriegs- und Konfliktthema in Vergangenheit und Gegenwart aus einer Vielzahl an unterschiedlichen fachlichen und nationalen Perspektiven zu ergründen. Dabei sollen neben konkreten bewaffneten Konflikten die Wechselwirkungen beleuchtet werden, die zwischen Krieg und Gewalt, Sicherheit und Stabilität, Konflikt und Entwicklung existieren. Unser Lehrangebot bietet folglich eine breite Auswahl an Kursen aus der Geschichte, der Politikwissenschaft, der Soziologie und dem Völkerrecht: von Clausewitz zum Cyberkrieg.
Die Arbeit des Lehrstuhls profitiert dabei enorm von einer Vielzahl an Partnern, die in Potsdam selbst als auch im nahen Berlin angesiedelt sind. Zu den wichtigsten wissenschaftlichen Partnern zählen das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) ebenso wie das Bundesarchiv und dem dazugehörigen Militärarchiv. Auch zur Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sowie zum Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik oder der hauseigenen Beratungsagentur der Bundeswehr bestehen gute Arbeitsverbindungen. Denkfabriken, politische Stiftungen und die Hauptstadtpresse unterstützen uns aktiv bei Lehrveranstaltungen und Praktika. Ausgezeichnete Verbindungen bestehen weiterhin zum Bundesministerium der Verteidigung, aber auch zum Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die sich dem Kriegs- und Konfliktthema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven nähern.
Die Internetpräsenz der Professur soll die ganze hier beschriebene thematische Breite der Arbeit des Lehrstuhls abbilden. Zögern Sie nicht, bei Interesse auf uns zuzukommen.
