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08/17 - Robert Budras

Alumnus Robert Budras
Foto: Katharina Golze
Nach seinem Studium der Volkswirtschaft hat sich Robert Budras der Statistik verschrieben.

Wie wichtig verlässliche und transparente Daten, insbesondere in Zeiten von Fake News und alternativen Fakten, sind, weiß Alumnus Robert Budras. Der 28-jährige Volkswirt arbeitet seit Oktober 2015 im Amt für Statistik Berlin-Brandenburg  im Referat „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen“ und baut dort das Sachgebiet „Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen“ (GGR) auf.


Sie beschäftigen sich täglich mit Gesundheitsdaten: Warum sind diese plötzlich so relevant?
Egal, womit man es misst: Ob man die Beschäftigten des Gesundheitswesens relativ zu allen Beschäftigten sieht, oder ob man die Bruttowertschöpfung – also was in der Gesundheitsbranche erwirtschaftet wird –  in Relation zum Bruttoinlandsprodukt misst, überall sieht man eine starke Steigerung. Die Gesundheitswirtschaft hat an Bedeutung gewonnen, auch in der medialen und wirtschaftlichen Aufmerksamkeit. Mit den „Gesundheitsökonomischen Gesamtrechnungen“ bringen wir die wirtschaftlichen und die gesundheitlichen Zusammenhänge mittels dreier Rechenwerke zusammen.

2008 gründete sich die „Arbeitsgruppe Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen der Länder“, Berlin-Brandenburg schloss sich 2015 an. Wurden zuvor keine gesundheitsökonomischen Daten erfasst?
Auf der Bundesebene wurden die einzelnen Rechenwerke der GGR zwar mit abgebildet. Aber das, was wir machen, ist ein eigener Ansatz, der aus einem Forschungsprojekt entstanden ist. Bisher sind zehn Bundesländer und das Statistische Bundesamt an den Berechnungen beteiligt. Ab diesem Jahr können wir alle 16 Bundesländer abbilden.

Forschungsinstitutionen und Ministerien fragen vermehrt diese Daten an. Doch kann auch der Normalbürger einen Nutzen daraus ziehen?
Wie mit allen Wirtschaftsstatistiken ist es interessant zu erfahren, wo es viele Arbeitsplätze gibt. Wenn man in der Gesundheitspersonalrechnung sieht, wie die Beschäftigung in der Gesundheitswirtschaft wächst, kann man sich dort beruflich orientieren. Zudem sagen die Gesundheitsausgaben der Krankenkassen und privaten Haushalte etwas darüber aus, wie viel ich privat tun muss und wie viel über das soziale Sicherungssystem geleistet wird.

Hat jedermann Zugang zu diesen Daten?
Ja, der große Vorteil der amtlichen Statistik gegenüber anderen Untersuchungen ist, dass die Daten online frei verfügbar sind und dass die Methodik offen liegt. Wenn Fragen kommen, leisten wir telefonisch und per Mail Unterstützung.

Jetzt weiß man, mit welchen Daten Sie arbeiten. Aber wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?
Mein Arbeitsalltag ist sehr veröffentlichungsgetrieben. Das fängt damit an, dass meine Kolleginnen und ich Berechnungen durchführen, diese dann prüfen und mit Abschluss der Prüfung die Veröffentlichung vorbereiten: Wir veröffentlichen die Daten im Statistischen Bericht, gleichzeitig verfasse ich eine Pressemitteilung. Wenn keine Veröffentlichung ansteht, arbeiten wir an den längerfristigen Aufgaben, zum Beispiel an der Verbesserung einer Methodik. Dadurch, dass die GGR so neu ist, werden noch viele Grundsatzentscheidungen getroffen. Ich beteilige mich an diesen Abstimmungen und besuche Tagungen.

Ihren Bachelor in Volkswirtschaftslehre (VWL) haben Sie an der Freien Universität Berlin (FU) absolviert und für das Masterstudium nach Potsdam gewechselt. Was hat Sie nach Griebnitzsee gelockt?

Der Potsdamer Prüfungsmodus hat mir besser gefallen. An der FU besteht der Masterstudiengang zum Großteil aus Klausuren. In Potsdam war die VWL viel stärker auf Hausarbeiten eingestellt. Das empfinde ich forschungs- und anwendungsnäher. Forschung passiert nicht in Klausuren, sondern in Aufsätzen.

Geforscht haben Sie auch als Student im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung sowie nach dem Studium in der Wirtschaftsberatung Prognos AG. Wollten Sie schon immer Statistiker werden?
Nein, denn ich interessiere mich neben Wissenschaft, auch  für Politik und Wirtschaft. Über meine ehrenamtliche politische Tätigkeit und Praktika habe ich die Chance genutzt, in alle drei Bereiche hineinzuschauen. Ich finde das wichtig, weil man durch Schule und Studium allein nicht die Eindrücke bekommt, was man beruflich machen könnte. Meine jetzige Stelle ist spannend, weil sie mit meinem Studium tatsächlich etwas zutun hat. Das ist bei Volkwirten nicht immer der Fall.

Sie kennen also beide Seiten: Politik und Statistik. Wie wichtig ist eine gut funktionierende Zusammenarbeit?
Sie ist wichtiger, als sie in der Praxis häufig umgesetzt wird. Gute Daten, gute wissenschaftliche Aufbereitung und die politische Nutzung dieser sind drei Schritte, die viel stärker auf Politik wirken sollten. Und ich bin ein Glied in dieser Kette, nämlich der Ersteller dieser Daten. Auch in meinem politischen Ehrenamt setze ich mich dafür ein, dass Daten, die existieren, genutzt werden.

Was halten Sie als Statistiker von der Einstellung „Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe“?
Das ist ein unzulässiges Vorurteil. Amtliche Statistiken werden sehr unabhängig und so exakt wie möglich erstellt. Doch durch fehlendes Fachwissen werden die Daten oft fehlinterpretiert. Daher sollten wir alle mehr Statistikgrundwissen erlernen. Gegen schlechte Statistiken kann man sich nur durch gutes Fachwissen schützen. Zudem haben wir keine besseren Methoden, um allgemeine Aussagen zu treffen. Denn ob es dem Gesundheits- oder Wirtschaftssystem gut geht, können wir aus unserer Alltagserfahrung kaum beurteilen. Wir brauchen Daten über die Welt, um gesellschaftliche Entscheidungen zu treffen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Text und Foto: Katharina Golze I Alumni-Team
Veröffentlicht: August 2017