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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Das Erasmus+-Programm ist mir aus dem Bachelorstudium bekannt und seitdem plante ich auch schon einen weiteren Auslandsaufenthalt während meines Masterstudiums. Ich informierte mich im Herbst/Winter 2023 zum Bewerbungsablauf und zu den Universitäten sowie angebotenen Studiengängen/Kursen, die mich interessierten. Dafür nahm ich auch an einer Online-Infoveranstaltung teil und studierte die Webseiten des International Office. Dank meines institutsübergreifenden Masters „Linguistik im Kontext“ kamen die Kooperationen aller philologischen Institute für mich in Frage. Gleichzeitig hatte ich meine Wahl selbst auf Italien eingegrenzt, da ich Italienisch lernte und ich meine Masterarbeit im DaF-Bereich auf italienischsprachige Deutschlernende ausrichten und in Italien beginnen wollte. Im Januar 2024 entschied ich mich für zwei Bewerbungen über die Romanistik und Germanistik. Im Februar folgten die Zusagen und ich hatte glücklicherweise die „Qual der Wahl“ zwischen Palermo und Bologna. Am Ende überzeugten mich die vielen positiven Erfahrungen zu Bologna, von denen andere Kommiliton:innen berichteten.

Nachdem ich den Platz annahm und im April an der Universität nominiert wurde, erhielt ich sehr kurz darauf direkt eine Bestätigung und Zugangsdaten für die Registrierung von der Universität Bologna. Tatsächlich waren also keine weiteren Bewerbungsunterlagen oder Sprachnachweise notwendig (die Universität Bologna empfiehlt lediglich Italienischkenntnisse auf A2-Niveau für Erasmusstudierende). Die Registrierung beinhaltete persönliche Daten und den Upload eines Passfotos für den Studierendenausweis. Nach erfolgter Registrierung wurden mir meine personalisierten Zugangsdaten gesendet, mit denen ich die Portale und Dienste der Universität Bologna nutzen konnte. Den „Check-In“ bzw. die Einschreibung konnte ich schon vorab online durchführen, wobei ich kurz meine Identität mit meinem Pass nachweisen musste. Dann war nur noch ein Nachweis meiner Einreise nötig und ich erhielt neben dem Certificate of Arrival einen QR-Code, mit dem ich in den ersten Tagen meinen Studierendenausweis an einem der Automaten der Universität drucken konnte.


Studienfach: Linguistik im Kontext: Erwerb – Kommunikation – Mehrsprachigkeit

Aufenthaltsdauer: 02/2025 - 07/2025

Gastuniversität: Università di Bologna

Gastland: Italien

Studium an der Gastuniversität

Das Studiensystem an der Universität Bologna erwies sich als sehr vielfältig, wobei sich die Semesterzeiten von denen in Potsdam unterschieden. Das Sommersemester begann bereits im Februar und endete Mitte Mai, gefolgt von einem Prüfungszeitraum bis Ende Juli. Die einzelnen Studiengänge wiesen zum Teil sogar unterschiedliche Starttermine für die Lehrveranstaltungen auf. Auch diese variierten in Hinblick auf Formate, Zeiträume und Semesterwochenstunden, häufig erstreckten sich Kurse über mehrere Wochentage. Meine Veranstaltungen in den Bereichen Sprach- und Erziehungswissenschaften (Master in Lingua e cultura italiane per stranieri und Pedagogia) reichten von umfangreichen Seminaren mit 8–9 ECTS, die sich über den gesamten Vorlesungszeitraum zogen, bis hin zu kleineren Praxisseminaren, die nur vier Wochen dauerten und an drei Tagen pro Woche stattfanden. Einen individuellen Kursplan zu erstellen war daher nicht ganz einfach, da Überschneidungen häufiger vorkamen. Bei der Kursbelegung oder späteren Wohnungssuche sollte man gut auf den Campus achten, da die Universität Bologna mehrere Standorte in umliegenden Städten, z. B. Forlì, hat, die teilweise eine Stunde Zugfahrt von Bologna entfernt sind.

Viele Veranstaltungen wurden parallel in zwei Varianten angeboten – für Studierende, die regelmäßig in Präsenz teilnahmen, und für abwesende Studierende, die in der Regel umfangreichere Prüfungsleistungen erbringen mussten. Diese Flexibilität erleichterte es, mit Terminüberschneidungen umzugehen. Die Prüfungsleistungen für abwesende Studierende waren aber meist sehr „leselastig“ und umfassten das Lesen mehrerer Monografien. Für die Präsenzteilnahme gab es dagegen sehr unterschiedliche Prüfungsformate, etwa Präsentationen, mündliche Prüfungen, Hausarbeiten oder Kombinationen daraus. Seminare hatten häufig einen vorlesungsartigen Charakter, in meinen Fachbereichen wurde jedoch auch Wert auf Austausch und Anwendung gelegt. In meinen Lehrveranstaltungen wurde sich an das akademische Viertel gehalten, diese Praxis erschien mir aber nicht einheitlich, sondern eher individuell von den Dozierenden festgelegt.

Das Studienklima empfand ich als angenehm. Die Dozierenden waren gut erreichbar und zugänglich; angesprochen wurden sie üblicherweise mit „professore“ oder „professoressa“. Obwohl mir vorab von einem eher förmlichen und hierarchischen Umgang berichtet wurde, nahm ich dies in meinen Kursen nicht so stark wahr. In kleineren Kursen wurde ich ganz gut integriert, sofern ich selbst den ersten Schritt machte und andere Studierende ansprach. Auch in größeren Lehrveranstaltungen erlebte ich Gruppenarbeiten als offen und freundlich. Die Dozierenden standen auch nach dem Kurs oder per E-Mail für Fragen zur Verfügung, und der Studierendenservice bot mehrmals wöchentlich Online-Sprechstunden speziell für internationale Studierende an, wodurch ich auch mal Wartezeiten auf E-Mail-Antworten umgehen konnte.

Trotz vieler altehrwürdiger Vorlesungssäle und Seminarräume war die technische Ausstattung modern. Einige Bibliotheken wirkten dagegen deutlich abgenutzt und waren zur Prüfungsphase oft ausgelastet, sodass man manchmal länger nach einem freien Platz suchen musste, z. B. bei der zentralen Universitätsbibliothek. Teilweise wurden die Plätze auch mit Platzkarten zugewiesen. Daneben gab es kleinere Study Rooms, die mit langen Öffnungszeiten bis Mitternacht punkten konnten, im Sommer allerdings oft warm und stickig waren. Bereichsspezifische Bibliotheken, wie z. B. die erziehungswissenschaftliche hatten hingegen kürzere Öffnungszeiten zwischen 9 Uhr und 18:30 Uhr. Eine Möglichkeit, eigene Dokumente direkt in den Universitätsbibliotheken zu drucken, gab es leider nicht, sodass man auf einen der zahlreichen Copy-Shops (copisteria) im Universitätsviertel ausweichen musste. Im Sommer boten zudem Le Serre in den Giardini Margherita oder verschiedene Cafés angenehme Arbeitsmöglichkeiten mit WLAN.

Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden

Kontakte knüpfen zu anderen internationalen Studierenden wird einem in Bologna mit dem Erasmus Student Network sehr erleichtert. Das ESN bietet zahlreiche vergünstigte Veranstaltungen und Kurztrips mit einer 10€-Mitgliedskarte an, z. B. gemeinsame Museumsbesuche, Tastings, Sprachcafés, Partyabende, Tagesausflüge in Bolognas Umgebung oder mehrtägige Trips in andere Regionen. Für meinen Jahrgang wurde eine WhatsApp-Community mit zahlreichen thematischen Gruppen (Kultur, Wandern, Ballsport, Unterkunft usw.) erstellt, wobei auch eigeninitiativ neue gegründet wurden. So gab es eigentlich fast jeden Abend die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen und etwas zu erleben.

Ich war persönlich nicht so sehr daran interessiert, viele Kontakte zu knüpfen, nahm aber beispielsweise an einer Stadtführung und einigen Sprachcafé-Abenden teil, zu denen auch italienische Studierende kamen. Für die deutsche Studierendencommunity sind auch Veranstaltungen vom Goethe-Institut in Bologna eine gute Möglichkeit, einheimische Studierende kennenzulernen. Während meines Aufenthalts gab es dort eine aktive Praktikantin, die regelmäßig Deutsch-Italienische Tandemabende organisierte. Dabei lernte ich einige nette Italiener:innen kennen. Während der Lehrveranstaltungen hätte sich auch die Möglichkeit geboten, da die italienischen Studierenden grundsätzlich aufgeschlossen waren, aber da fehlte mir persönlich manchmal der Mut, die Kapazitäten und nach meinem Empfinden auch die Sprachsicherheit, um sich besser kennenzulernen – obwohl mir oft Englisch angeboten wurde und einige Kommiliton:innen eben auch Deutsch lernten. Mein erstes Seminar bestand nur aus internationalen Studierenden, vermutlich da es auf Englisch stattfand. Wir wurden eine Gemeinschaft, organisierten uns auf WhatsApp und gingen im Anschluss an das Seminar manchmal zusammen ins Café. Darüber hinaus bot für mich auch das WG-Leben die Chance, Anschluss zu finden.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich hatte vor Beginn meines Erasmus bereits einige Jahre Italienisch gelernt und UNIcert II erreicht. Ich wollte das Sprachenlernen in Bologna fortsetzen und meldete mich für die Sprachkurse für internationale Studierende an. Das Einstufungsverfahren erschien mir sehr umfangreich. Dazu gehörten ein mehrstündiger Online-Einstufungstest und ein Online-Gespräch, wonach dann das Niveau für die Kurswahl festgelegt wurde. Trotz der Uni-Sprachkurse konnte ich vor allem im Mündlichen noch kein B2-Niveau nachweisen, weshalb ich dann auch wieder für einen solchen Kurs eingestuft wurde. Auf dem Papier hat sich meine Sprachkompetenz also nicht verändert, aber dank des Sprachkurses und der kleinen alltäglichen Interaktionen im Italienischen konnte ich meine Ausdrucksfähigkeit und das spontane Sprechen etwas verbessern. Wenn man nicht in einer WG mit italienischsprachigen Personen lebt oder Kontakte zu italienischen Studierenden knüpft, aber trotzdem die Sprache üben will, sollte man diszipliniert sein und im Alltag konsequent versuchen, Italienisch zu sprechen – auch wenn das Gegenüber schneller ins Englische wechselt, als einem lieb ist.

Wohn-  und Lebenssituation

Ich habe mich entschieden, zusätzlich zu meiner europäischen Krankenversicherungskarte, eine Kranken-, Haftpflicht- und Unfallversicherung für das Ausland abzuschließen. Einige Versicherungen haben spezielle Angebote für Auslandsaufenthalte wie Erasmus. Zum Glück musste ich von den Versicherungsleistungen keinen Gebrauch machen.

Die Suche nach einer Unterkunft habe ich im September/Oktober 2024 begonnen und sie war für mich ein relativ aufwendiger Prozess. In Foren und Erfahrungsberichten wurde oft vor Scams gewarnt, daher war ich sehr vorsichtig. Von Bekannten, die bereits für ein Erasmus in Bologna waren, erhielt ich mehrere Tipps. Ich konnte mich auch über den Moodle-Kurs des International Office mit einer Studentin vernetzen, die zu diesem Zeitpunkt noch in Bologna lebte. So landete ich in WhatsApp-Gruppen und Telegram-Kanälen (z. B. Bologna Parvenza, postet auch viele Veranstaltungstipps). Zudem trat ich mehreren Facebook-Gruppen mit Wohnungsangeboten in Bologna bei und aktivierte die Push-Benachrichtigung dafür, da man bei neuen Angeboten schnell reagieren musste. Ich schaute auch regelmäßig auf italienischen Portalen wie Idealista, Subito oder Immobiliare.it. Studierendenwohnheime werden über die Universität Bologna nicht für Austauschstudierende angeboten, aber es gibt private Anbieter wie Camplus. In Bologna ist es üblich, Doppelzimmer mit zwei Betten zu vermieten, die dann mit 300­­–500€ um einiges preiswerter als Einzelzimmer sind. Für eine zentrale Lage innerhalb der Stadtmauern sollte man für Einzelzimmer mit 600–800€ rechnen. In den umliegenden, ruhigeren Vierteln, z. B. Murri oder Saragozza, kann es etwas preiswerter werden und mit Fahrrad oder Bus kann man in 20­–30 Minuten in der Innenstadt sein.

Im Herbst war ich noch etwas früh dran, viele Angebote werden erst kurzfristig veröffentlicht. Da ich die Wohnungssuche aber gern frühzeitig abschließen wollte, entschied ich mich, einen Aufruf in den Facebook-Gruppen mit einem Foto und kleinen Text zu mir zu veröffentlichen. Das brachte mir um die 20 Anfragen ein, unter denen viele Scams waren (meist keine Italiener:innen und die Forderung, vor Mietbeginn Geld zu überweisen), aber auch einige seriöse Anfragen von privaten Vermieter:innen und schließlich auch mein späteres WG-Zimmer. Ich achtete darauf, schnell Fotos oder Videos sehen zu können und ein gutes Zeichen war auch, wenn der Kontakt zu den aktuellen Mieter:innen für eine Online-Besichtigung vermittelt werden konnte. Außerdem gab es mir ein sicheres Gefühl, wenn eine italienische Steuernummer verlangt wurde, da Mietverträge in Italien ab einer bestimmten Dauer beim Finanzamt registriert werden müssen. Die Steuernummer lässt sich im Vorhinein unkompliziert über die italienische Botschaft mit einem Formular per E-Mail beantragen.

Meine Wohnung lag zentral im Norden 10 Minuten vom Hauptbahnhof entfernt und ich erreichte das touristische Zentrum auch innerhalb von 10 Minuten zu Fuß, die große Parkanlage Giardini Margherita im Süden in etwa 30 Minuten. Innerhalb der Mauern lässt sich Bologna also gut fußläufig erschließen, ansonsten fahren Busse und man sieht viel Bikesharing in der Stadt. Während meines Aufenthalts gab es mehrere Baustellen für das neue Straßenbahnnetz, das 2026 eröffnet werden soll. Ich habe selten den ÖPNV genutzt, da ich mir ein eigenes Rad von einer anderen Erasmus-Studentin gekauft habe. Es gibt aber die Möglichkeit für etwa 150€ ein Studierenden-Abo für den Busverkehr abzuschließen.

Die Lebenshaltungskosten in Bologna erscheinen mir etwas günstiger als in Deutschland. Sparen kann man vor allem beim Essen und Klassikern wie Pizza oder Cappuccino. Besonders erstaunt war ich zu Beginn, als ich ein klassisches Frühstück in einer italienischen Bar aus Cappuccino und Brioche für nur 2,80€ bekam. In der Universitätsgegend gibt es auch preiswerte Pizzerien mit Stücken für nur 1,50€. Bologna bietet verschiedene Supermarktketten wie Aldi, Lidl, Coop, Ecu oder Conad. Conad zählt zu den sortierten Supermärkten mit größerem Angebot, insbesondere die Obst- und Gemüsepreise waren hier aber teurer als in deutschen Supermärkten. Restaurantbesuche, Eintrittspreise oder der Gang zum Friseur waren für mich vergleichbar oder etwas günstiger. Für Studierende gibt es auch oft Rabatte und Museen oder Galerien bieten kostenlosen Eintritt, wobei aber manchmal die Fachrichtung eingeschränkt wird. Sehr angenehm war für mich, dass ich überall mit Karte bezahlen konnte. Eine Ausnahme war Làbas, einer der Kulturorte mit Bar und kostenloser Live-Musik und Veranstaltungen.

Die Kulturszene ist in Bologna sehr ausgeprägt. Es gibt viele dritte Orte und Räume, um sich zu treffen, Gemeinschaft zu erleben oder kreativ zu sein, was sicherlich durch die politisch linke Ausrichtung der Stadt und Region begünstigt wird. Schon im kälteren Winter und Frühling saßen die Menschen am liebsten draußen vor Cafés und in Parks, ob zum Frühstück oder Aperitivo. Das steigerte sich dann mit wärmeren Temperaturen noch einmal und es gab viele belebte Orte, z. B. die Via Pratello mit zahlreichen Bars oder den Piazza Aldrovandi. Vor allem im Sommer wurde in der Stadt viel kostenloses Programm mit kreativen Workshops, Lesungen, Filmabenden und Live-Musik angeboten. Ein beliebter Ort dafür war das Porta Pratello im Süden der Stadt, in dem ich einige Abende verbrachte, aber auch im Norden lud die Kinotto Bar mit Biergarten zum Treffen oder sogar Swing tanzen ein. Empfehlen kann ich auch den Parco della Montagnola oder die Giardini Margherita für Veranstaltungen und Flohmärkte. Ein Highlight im Sommer ist auch das große Freilichtkino auf dem zentralen Piazza Maggiore vor beeindruckender Kulisse, das immer gut besucht war. Neben zahlreichen Bars und Cafés gibt es auch einige Clubs ins Bologna, für die man meist eine saisonale Mitgliedskarte über Kultur- und Sportvereinigungen wie AICS für 8–10€ kaufen muss. Zu meinen liebsten Entdeckungen zählten der Sghetto Club für kleine Konzerte und der Tank – Serbatoio Culturale als Techno-Club. In den Sommermonaten werden auch kostenlose Sportprogramme wie Yoga oder Fitness in Bolognas Parkanlagen angeboten und es gibt einen Running Club. Vom Hochschulsport habe ich abgesehen, da ich terminlich flexibel bleiben wollte und man hierfür eine medizinische Untersuchung mit anschließendem Attest benötigt. Schließlich ist Bologna auch ein guter Ausgangspunkt für Tages- oder Wochenendausflüge in umliegende Städte oder ans Meer nach Ravenna oder Rimini. In der Umgebung Bolognas behalte ich Ausflüge zur Madonna di San Luca entlang der Portici di San Luca, in den Parco di Villa Ghigi und nach Marzabotto zum Baden im Fluss Reno in bester Erinnerung.

Studienfach: Linguistik im Kontext: Erwerb – Kommunikation – Mehrsprachigkeit

Aufenthaltsdauer: 02/2025 - 07/2025

Gastuniversität: Università di Bologna

Gastland: Italien

Rückblick

Rückblickend war Bologna genau die richtige Entscheidung für mein Auslandssemester und meine Vorhaben. Da ich mit der Datenerhebung meiner Masterarbeit und mehreren Seminaren von Anfang an ein intensives Programm hatte, war ich unglaublich froh, mich so schnell einleben und in meiner WG und der Stadt ankommen zu können. Die Kombination aus prächtigen italienischen Bauten und Geschichte sowie Subkultur und der Kreativität junger Menschen begeisterte mich sofort. In meinem Zimmer fühlte ich mich direkt wohl und mit meinen zwei Mitbewohnerinnen konnte ich die ersten Wochen die Stadt gemeinsam erkunden. Bologna ist insgesamt eher hektisch und laut, in manchen Ecken auch dreckig und hat nicht die beste Luftqualität, aber wirklich wahnsinnig viel zu bieten. Da ich dieses Stadtgefühl durch mein Bachelorstudium in Berlin gewohnt war, störte mich das kaum. Vielmehr war ich froh, direkt so viele Freizeitmöglichkeiten vor der Tür zu haben, um einen Ausgleich zum Studium und Arbeiten zu schaffen. Es war toll, auch spät abends noch auf die Straße zu gehen, durch die wunderschönen Portici zu wandeln und ein gelato in einer der vielen guten Eisdielen zu essen (meine Favoriten sind die Cremeria Santo Stefano und Maritozzi e Gelato di Barbara e Renato). Manchmal gab es stattdessen einen Aperol Spritz, der auch da portare via (‚zum Mitnehmen‘) bestellt werden kann. Von einem Italiener bekam ich den Tipp, nicht „un Aperol spritz“, sondern „uno spritz Aperol“ zu bestellen. Da auch in Bologna die Aperitivo-Kultur sehr ausgeprägt ist, bieten manche Cafés ab 17 Uhr keine Kaffeegetränke, sondern nur noch Softgetränke, Bier, Wein und Cocktails an. Oft werden dazu direkt ein paar salzige Snacks wie Oliven oder Taralli gereicht.

 

Was etwas Umstellung verlangte, war das von mir anders wahrgenommen Distanzgefühl der Menschen in Bologna. Auf Abstände zueinander in Schlangen oder beim Vorbeigehen auf dem Fußweg wurde meines Erachtens nicht so viel Wert gelegt, weshalb ich meine persönlichen Grenzen zu Beginn manchmal überschritten sah. Auch die Teilnahme im Straßenverkehr als Radfahrerin war für mich erst ungewohnt, z. B. wurde ich an roten Ampeln oft überholt. Irgendwann entdeckte ich dann die Schilder mit eccetto (‚ausgenommen‘) und einem Radsymbol unter den Ampeln. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass Radfahrende sich weniger an die Verkehrszeichen hielten, sodass ich den Verkehr eher behinderte, wenn ich den lokalen, ungeschriebenen Regeln nicht folgte. Auch musste ich lernen, dass in Restaurants meist nicht am Tisch gezahlt wird, sondern die Gäste selbstständig zur Kasse an der Theke gehen und um Zahlung bitten. Trinkgeld ist eher unüblich, da meist schon ein coperto (‚Gedeck‘) zwischen 1€ und 2,50€ als Pauschale berechnet wird.

Unter den zahlreichen Erlebnissen, die ich mit meinen neu gefundenen Freundinnen in Bologna teilen konnte, waren die schönsten die kleinen Routinen, die wir uns aufbauten. Mit meiner Mitbewohnerin hielt ich morgens auf dem Weg zur Bibliothek in der Pasticceria um die Ecke für einen Cappuccino und ein brioche alla crema – ein perfekter Start in den Tag– und für die Mittagspause gingen wir zusammen in das Caffè Floriano im Universitätsviertel für einen einfachen, aber sehr leckeren Mozzarella-Salat – vor allem aber für das nette Besitzer-Paar, mit dem wir Italienisch üben konnten und das uns schon bald zu seinen Stammgästinnen zählte. Zwar meistere ich noch lange nicht die Kunst des dolce far niente, aber die vielen neuen Herausforderungen und Erfahrungen haben mich ein bisschen mehr Gelassenheit lernen lassen … irgendwie findet sich eine Lösung, irgendwie geht es immer weiter und vor allem muss man da nicht allein durch.


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