Hybride Lehrkonzepte stellen eine gute Möglichkeit dar, um noch stärker auf die Bedürfnisse der Studierenden einzugehen. Etwa dann, wenn es um die Gestaltung diversitätsgerechter(er) Lehr-Lernsettings geht, die auch jenen Studierenden die Teilnahme und Teilhabe ermöglichen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht immer in Präsenz an einer Veranstaltung teilnehmen können. Oder auch dann, wenn sie beispielsweise im Rahmen internationaler Lehrkooperationen Lehrveranstaltungen anbieten, in denen Ihre Studierenden mit Studierenden anderer Universitäten zusammenkommen, ohne dabei gänzlich in den Online-Raum zu wechseln. Auf dieser Seite finden Sie eine Übersicht darüber, was man unter hybriden Lehrkonzepten versteht, was es bei der Umsetzung zu bedenken gilt, welche Lehr-Lernszenarien sich für die Praxis anbieten und welche Erfahrungen Lehrende mit dieser Form des Lehrens gemacht haben.
Erfahrungsberichte, Praxisbeispiele und weiterführende Literatur
Was sind hybride Lehrkonzepte?
Der Begriff "hybride Lehrformate" beschreibt Lehr-Lernszenarien, bei denen einige Studierende die Lehrveranstaltung besuchen, während andere per Zoom oder einer anderen Konferenztechnologie aus der Ferne teilnehmen können. Diese Konzepte stellen eine neue Kombination von Präsenz- und digitaler Lehre dar, die sich von bisherigen Konzepten wie integriertes Lernen (vormals: Blended Learning) oder Flipped bzw. Inverted Classroom unterscheidet.
Eine Kombination aus allen Konzepten, die Präsenz- und Online-Teilnahme mit der Möglichkeit der asynchronen Lehre kombiniert, wird als "HyFlex"-Modell bezeichnet. Bei diesem Modell wird jeder Kurstermin mit allen dazugehörigen Lernaktivitäten in einem realen Raum auf dem Campus und synchron online angeboten. Jeder Kurstermin wird zusätzlich aufgezeichnet, so dass die Studierenden auch asynchron “teilnehmen” können. Entwickelt wurde das Kursformat unter anderem an der San Francisco State University (ausführlich dazu siehe ELI, 2020) und wurde mittlerweile an anderen Hochschulen umgesetzt und weiterentwickelt. Um allen Studierenden Chancengleichheit zu ermöglichen, stellt das HyFlex-Modell ein passendes Umsetzungskonzept dar. Auf diese Weise können Studierende sowohl synchron in Präsenz als auch online als auch asynchron das Lehr-Lern-Angebot wahrnehmen. An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass dieses Modell zwar anspruchsvoll erscheinen mag, die Einrichtungen und Mitarbeiter*innen der Universität Potsdam Sie jedoch bei der Umsetzung der von Ihnen gewünschten Szenarien bei Bedarf gerne unterstützt.
Kurz:
Hybride Lehre: Präsenzsituation und Onlinelehre finden synchron statt
HyFlex-Modell: Aktivitäten in Präsenz und synchron im Online-Raum und gleichwertiges Angebot zum asynchronen Lernen
Rahmenbedingungen, Lehr-Lernszenarien und Aufbaupläne
Welche Rahmenbedingungen sind wichtig?
Alle Studierenden können synchron, in Präsenz oder online, teilnehmen. Können Studierende aus verschiedenen Gründen nicht synchron teilnehmen, sollte ein adäquates digitales Lernangebot gemacht werden (siehe HyFlex-Modell).
Die synchrone Teilnahme setzt die entsprechenden Rahmenbedingungen bei den einzelnen Studierenden voraus, wie ein störungsfreier Arbeitsplatz, eine stabile Internetverbindung oder ein überschneidungsfreier Stundenplan.
Für die Durchführung der hybriden Formate wird in der Regel eine Unterstützung / Assistenz benötigt. Sollen die Präsenzteilnehmenden sich aktiv beteiligen, sind 2 zusätzliche Personen zu empfehlen.
Es sollte ein textbasierter Kommunikationskanal (z.B. Zoom-Chat) für Studierende verfügbar sein, falls Audio- oder Videoübertragung nicht verfügbar ist.
Sollen die Studierenden in Präsenz an online-Aktivitäten teilnehmen (gemeinsames Bearbeiten von Dokumenten, Abstimmungen etc.) müssen mobile Geräte und eine ausreichende Internetverbindung vorhanden sein.
Lehr-Lernszenarien im hybriden Lehrformat
Um einen Überblick zu erhalten, wie Sie hybride Lehr-Lernszenarien realisieren können, werden nachfolgend ausgewählte Möglichkeiten vorgestellt. Darüber hinaus finden Sie Aufbaupläne, die Ihnen aufzeigen, welche technischen Voraussetzungen bei der Planung und Umsetzung hybrider Lehrformate bedacht werden müssen.
Vortrag / Präsentation mit Rückfragen
Ein*e Sprecher*in hält einen Vortrag, in der Regel mit einer Präsentation, ggf. ergänzt durch Tafelanschrieb, Anschauungsobjekte und ähnliches. Meist wird im Anschluss an den Vortrag die Gelegenheit für Rückfragen und Anmerkungen durch das Auditorium gegeben.
Wie kann es im hybriden Format umgesetzt werden?
Die Präsentation und der Sprecher*innenton und ggf. -bild wird im Raum und gleichzeitig in einer Videokonferenz (bspw. Zoom.UP) übertragen.
Rückfragen der online-Teilnehmenden können per Chat gestellt werden und werden durch eine Assistenz moderiert. Bei Bedarf wird der Beitrag / die Frage im Raum mündlich wiederholt.
Optional können online-Teilnehmende per Videokonferenz mündliche Beiträge leisten, diese werden mit Ton und Bild im Raum übertragen (bspw. in Zoom).
Tafelanschriebe oder Anschauungsobjekte können per zweiter Kamera, schriftliche Notizen mittels eines Tablets und Bildschirmfreigabe oder Visualisierungswerkzeug (######) für alle sichtbar gemacht werden. Insbesondere die saubere Videodarstellung von Tafelanschrieben und den zugehörigen Ton erfordert eine angepasste Lösung (Ansteckmikrofon, Kontrolle der Lesbarkeit im Video etc.).
Erweiterungsoption: Studierende haben ein mobiles Gerät in der Präsenz verfügbar (Notebook, Tablet, Mobiltelefon)
Bei nicht zu großen Gruppen möglich (##).
Gemeinsame Notizen, Annotationen oder Visualisierungen
Abstimmungen und Quiz (für Mobiltelefone geeignet)
Möglichkeiten für die HyFlex Erweiterung
Vorträge können direkt in Zoom aufgezeichnet und über die Videoplattform für ausgewählte Gruppen zugänglich gemacht werden.
Aufzeichnungen von Teilnehmenden sind nur mit ausdrücklicher, dokumentierter Einverständniserklärung erlaubt.
Was wird dafür benötigt?
Aufnahmetechnik Bild und Ton für Direktübertragung und ggf. Aufzeichnung
Präsentationstechnik für den Hörsaal / Seminarraum
leistungsfähiges Notebook für Präsentationssoftware und Videokonferenzsoftware
Assistenz(-en) für Unterstützung bei der inhaltlichen Moderation der Videokonferenz und ggf. technische Hilfe
Für die Moderation ist es hilfreich, mit zwei Notebooks zu arbeiten: Einen für die Moderation und einen zur Überprüfung der Teilnehmenden-Ansicht
Gruppengespräch
Im Gruppengespräch sollen alle TN die Möglichkeit haben, sich spontan einzubringen um bspw. auf die Beiträge der Vorredner*innen zu reagieren. Alle Redner*innen sollen für alle TN hör- und sichtbar werden können.
Wie kann es im hybriden Format umgesetzt werden?
Ton und Bild der Videokonferenz wird in den Hörsaal / Seminarraum übertragen
Beiträge der Personen im Präsenzraum werden ebenfalls in die Videokonferenz übertragen (Raumkamera, Raummikrophon)
Beiträge aus dem Präsenzraum können auch per Chat oder im gemeinsamen Dokument für die Online-Teilnehmenden verfügbar gemacht werden.
Erweiterungsoption: Studierende haben ein mobiles Gerät in der Präsenz verfügbar (Notebook, Tablet, Mobiltelefon)
Gemeinsame Notizen, Annotation oder Visualisierungen sind möglich
bei wenigen Teilnehmenden und ausreichender Bandbreite können die Präsenzteilnehmenden sich individuell in die Videokonferenz einwählen
dabei ist eine hohe Verbindlichkeit bei der Freischaltung von Mikrophon (nur beim Sprechen) und Lautsprecher (aus, nur ein Raumlautsprecher) erforderlich
Möglichkeiten für die HyFlex Erweiterung
Gruppendiskussionen im hybriden Format aufzuzeichnen ist aufwendig: Die Raumkamera und -mikrophone müssen hochwertig aufzeichnen, die Aufnahmen aus Raum und Videokonferenz müssen zusammengeführt und nachbearbeitet werden.
Aufzeichnungen von Teilnehmenden sind nur mit ausdrücklicher, dokumentierter Einverständniserklärung erlaubt.
Was wird dafür benötigt?
Aufnahmetechnik Bild und Ton für Direktübertragung und ggf. Aufzeichnung
Raumlautsprecher und Präsentationstechnik für die Übertragung der Online-Teilnehmenden
leistungsfähiges Notebook für Videokonferenzsoftware
Assistenz(-en) für Unterstützung bei der inhaltlichen Moderation von Raum- und Videokonferenz und ggf. technische Hilfe
Gruppenarbeit
Studierende arbeiten in Teilgruppen synchron an der Lösung von Aufgabenstellungen und erstellen und präsentieren ein Arbeitsgruppenergebnis. Je nach Aufgabenstellung können Arbeitsgruppen ad hoc für einen kurzen Zeitraum oder an komplexen Fragen über einen längeren Zeitraum zusammenarbeiten.
Wie kann es im hybriden Format umgesetzt werden?
Es kann sich anbieten, präsenz- und online-Teilnehmende in getrennten Arbeitsgruppen zusammen arbeiten zu lassen und Ergebnisse später im hybriden Vortrags- oder Gruppendiskussionsformat zusammen zu führen.
Es können verschiedene Möglichkeiten der Gruppenarbeit wie Paararbeit, Gruppenpuzzle oder Klassendiskussion (Fishbowl-Format) durchgeführt werden.
Erweiterungsoption: Studierende haben ein mobiles Gerät in der Präsenz verfügbar (Notebook, Tablet, Mobiltelefon)
Gemeinsame Notizen, Annotation oder Visualisierungen sind möglich
bei wenigen Teilnehmenden und ausreichender Bandbreite können die Präsenzteilnehmenden sich individuell in die Videokonferenz einwählen.
Möglichkeiten für die HyFlex Erweiterung
Die Möglichkeiten der Aufzeichnung der Gruppenarbeit sind sehr aufwendig (Aufzeichnung, Nachbearbeitung, rechtliche Fragen) und sollte nur in Ausnahmefällen vorgesehen werden.
Für die Darstellung von Gruppenarbeitsergebnisse sind verschiedenste mediale Formate denkbar, die nach Fertigstellung direkt verfügbar gemacht werden können.
Komplexere Aufgabenstellungen können in asynchronen Arbeitsphasen in den Gruppen weiterbearbeitet werden.
Was wird dafür benötigt?
Aufnahmetechnik Bild und Ton für Direktübertragung in Videokonferenz
Raumlautsprecher und Präsentationstechnik für die Übertragung der Online-Teilnehmer
leistungsfähiges Notebook für Videokonferenzsoftware
Assistenz(-en) für Unterstützung bei der inhaltlichen Moderation von Raum- und Videokonferenz und ggf. technische Hilfe
Auf einen Blick: Aufbaupläne für hybride Lehrformate
Erfahrungsberichte, Praxisbeispiele und weiterführende Literatur
In den vergangenen Semestern haben Lehrende wiederholt über erfolgreich durchgeführte Hybrid-Veranstaltungen berichtet. Dabei reichen die Erfahrungsberichte und Praxisbeispiele von Herausforderungen in der Anfangszeit bis hin zur Umsetzung sogenannter Experimentierräume. Nachfolgend erhalten Sie anhand von ausgewählten Erfahrungsberichten und Praxisbeispielen einen Einblick in hybrid durchgeführte Lehrveranstaltungen.
Hybride Lehre?: Klar! Aber wie? Konzeption und technische Umsetzung interaktiver Hybrid-Lehre am Beispiel eines synchronen Tutoriums (2022)
Dieser Beitrag stellt ein hybrides Lehrkonzept vor, das im Rahmen einer (synchronen) Lehrveranstaltung an der PH Ludwigsburg erprobt und evaluiert wurde. Das hier beschriebene Hybrid-Konzept ermöglicht allen Teilnehmenden vor Ort sowie den online zugeschalteten Teilnehmer*innen eine interaktive Beteiligung an der (synchronen) Lehrveranstaltung:
Hybride Lernräume für die HAW Hamburg - die 5 Top Learnings (2022)
An der HAW Hamburg werden neue, hybride Lernraumkonzepte entwickelt und in sogenannten Experimentierräumen prototypisch umgesetzt. Katrin Schillinger, Projektmanagerin im fakultätsübergreifenden Projekt „Hybride Lernräume“ berichtet in diesem Erfahrungsbericht über die Lernraumentwicklung an der HAW Hamburg und schildert die wichtigsten Erkenntnisse, die sie aus dem Gestaltungsprozess mitnimmt.
Hybride Lernräume - ein Angebot des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) (2024)
In dieser Sammlung stellen wir Ihnen kleine, aber auch umfassendere Lösungen für die Gestaltung hybrider Lernräume in der Hochschullehre vor. Gestaltungselemente werden dabei jeweils detailliert erläutert und anhand von Beispielen veranschaulicht. Mit den Filtermöglichkeiten können Sie das Repositorium zudem gezielt entsprechend Ihrer Interessen durchsuchen.
„Gamification trifft Hybride Lehre“ Über ein Lehrprojekt in der mathematischen Statistik - TH Ingolstadt (2023)
Unter dem Titel „Gamification trifft Hybride Lehre“ wurde im Sommersemester 2023 ein Lehrprojekt im Fach Statistik des Studiengangs Wirtschaftsmathematik-Aktuarwissenschaften der Technischen Hochschule Rosenheim durchgeführt. Unterschiedliche hybrid-synchrone Lernsettings wurden in einem technisch entsprechend ausgestatteten Lehr-Experimentierraum mit den Studierenden erprobt. Als Ansatz zur Vor- und Nachbereitung der hybriden Lehre kam Gamification bzw. Gameful Motivation zum Einsatz.
Von safe spaces und der Möglichkeit, von Wissenschaftler*innen aus aller Welt zu lernen
Ein Beispiel für ein hybrides Setting haben Dr. Ulaş Şener, Julia Strutz, Prof. Dr. Christoph Schröder auf dem E-Learning-Praxistag 2019 vorgestellt. Die Off-University setzt sich dafür ein, politisch verfolgten Wissenschaftler*innen die Gelegenheit der Teilhabe am akademischen Diskurs zu bieten und ihre Expertise, welche in zunehmend autoritären Kontexten als gefährlich und unerwünscht gilt, weiterhin an Studierende und Interessierte weiterzugeben. Dafür arbeitet die Off-University mit verschiedenen Universitäten zusammen.
"Die Präsenzveranstaltung richtet sich an Studierende der Universität Potsdam und unterliegt den inhaltlichen Vorgaben des Mastermoduls. Gleichzeitig wird die Veranstaltung per Video aufgenommen und auf der Plattform www.off-university.de (s.o.) für externe Studierende und Interessierte (aus der Türkei in diesem Fall) verfügbar gemacht. Während der/die beteiligte ausländische Wissenschaftler/in per Livestream mit den Studierenden im Seminarraum kommuniziert, ist die/der Lehrende der UP persönlich anwesend. Neben den Studierenden der UP nehmen externe Studierende an der Veranstaltung über die Plattform teil; sie können über diese entweder direkt in das Kursgeschehen intervenieren oder die Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt verfolgen. Veranstaltungsbegleitende Leistungen werden sowohl von den ‚internen‘ als auch von den ‚externen‘ Studierenden erfüllt, die externen Studierenden werden hier über digital einzureichende Leistungen, auch Prüfungsgespräch über den Livestream der Plattform o.ä., beteiligt."
Nachfolgend finden Sie aktuelle Handreichungen und Aufsätze zum Thema "Hybride Lehrformate". Diese gehen inhaltlich über die zuvor beschriebenen Inhalte hinaus und dienen als Möglichkeit, sich tiefergehend mit der Thematik auseinanderzusetzen. Zudem können die beiden Handreichungen "Hybride Lehrkonzepte" und "HyFlex-Modelle" als Hilfestellung für die Planung und Durchführung Ihrer Lehrveranstaltungen genutzt werden.