Der ‚Inverted Classroom‘ als Methode zur anwendungsorientierten Lehre.
Im Sommersemester 2019 wurde die Vorlesung "Einführung in das Public Management" in ein Inverted Classroom Modell überführt. Das heißt die Studierenden haben sich zu Hause mit Hilfe digitaler Medien die Lerninhalte selbst angeeignet. Die Präsenzveranstaltung wird zur gemeinsamen, interaktiven Vertiefung des Gelernten (Diskussionen, gemeinsame Aufgabenbearbeitung, Gruppenarbeiten) genutzt. Hier liegt der Schwerpunkt dann auf der Anwendung des erworbenen Wissens. An der Einführungsveranstaltung nehmen jährlich etwa 120-150 Studierende unterschiedlicher Fächer teil (Bachelor BWL, Politikwissenschaft, Wirtschaftsinformatik). Die Studierenden sind zumeist im 2. Fachsemester.
Die Ziele des Medieneinsatzes in dieser Veranstaltung lassen sich in zwei Blöcke unterscheiden: die Wissensvermittlungsphase zu Hause und die Wissensvertiefungsphase in der Präsenzveranstaltung. Das übergreifende Ziel der Umgestaltung der Lehrveranstaltung und damit auch Ziel des Einsatz digitaler Medien war eine stärkere Anwendungsorientierung in der Lehre.
Wir haben uns für die Einführung dieses Konzepts entschieden, weil wir beobachtet haben, dass die Studierenden die Konzepte die wir in dieser Vorlesung vermitteln zumeist nicht praktisch anwenden können. Durch das Herausziehen der Inhaltsvermittlung aus der Präsenzveranstaltung entsteht mehr Zeit für Anwendungsaufgaben in den Präsenzphasen. In den Präsenzphasen wiederum haben wir digitale Medien zur besseren Gruppeninteraktion und Dokumention von Arbeitsergebnissen genutzt (etherpad auf Pad.UP) oder um in großen Studierenden individuelle Wissensstände oder andere Informationen zu erfragen (classroom response system).
Viele Studierenden taten sich zunächst schwer mit der Umstellung der Vorlesung in dieses Konzept. Wir haben festgestellt, dass dasdisziplinierte Aneignen des Lernstoffs in Eigenregie nicht immer gut geklappt hat und die Studierenden teilweise unvorbereitet in die Präsenzsitzungen kamen. Auch beklagten einige Studierende, dass ihnen eine klassische Präsenzvorlesung besser gefällt. Sie fanden beispielsweise dasVideoschauen anstrengend. Auch fanden einige dasaktive Mitarbeiten in den Präsenzsitzungen anstrengend.
Digitale Medien dienten in dieser Lehrveranstaltung in den Wissensvermittlungsphasen (Studierende zu Hause) zur Bereitstellung entsprechender Informationen. Hierfür verwendeten wir Videomitschnitte vergangener Vorlesungen und ein Vorlesungsskript. Diese Medien wurden unterstützt durch die Möglichkeit den eigenen Wissenserwerb zu überprüfen. Hierfür wurden für jede Wissensvermittlungsphase Quizfragen auf Moodle zur Verfügung gestellt. Die Antworten in diesen Lernkontrollen werden autoamtisch in Moodle ausgewertet. Zusätzlich wurde den Studierenden über Pad.UP die Möglichkeit gegeben für jede Wissensvermittlungsphase Rückfragen zu stellen, die wir dann in den Präsenzsitzungen geklärt haben.
Alle Materialien für die Selbstlernphase werden auf Moodle zur Verfügung gestellt. Die Studierenden können die Lehrvideos auch herunterladen und offline schauen, die Lernkontrolle kann allerdings nur online durchgeführt werden.
In den Wissensvertiefungsphasen (Präsenzveranstaltung) wurden digitale Medien zur Unterstützung der Gruppeninteraktionen und Anwendungsaufgaben genutzt. Etwa wurden hier Classroom Response Systeme eingesetzt.
Für jede Sitzung wurden Lehrvideos vorbereitet, Quizfragen zur Lernkontrolle erstellt und die Lehrmaterialien für die Präsenzsitzungen vorbereitet. In den nächsten Semestern müssen diese Materialien, vor allem die für die Wissensvermittlungsphasen kontinuierlich verbessert werden. Diese Vorbereitung fordert einen erheblichen Zeitaufwand, weshalb sich das Konzept sicher nur lohnt, wenn eine mehrmalige Durchführung der Veranstaltung geplant ist.
Auch stießen wir auf einigen Widerstand der Studierenden, die solch ein Konzept nicht gewohnt waren und für die diese Lernform auch mit mehr Zeitaufwand verbunden war. Einige störten sich an den Videos und wünschten sich eine Präsenzvorlesung.
Andererseits konnten wir feststellen, dass die Studierenden besser in der Lage waren gelerntes Wissen an praktischen Fällen und Aufgaben anzuwenden. Insofern wurde das Ziel der Umstrukturierung erreicht. Für die oben beschriebenen Probleme erwarten wir, dass sich in den nächsten Semestern nach und nach die Akzeptanz für solche Lernformate erhöht.
In Bezug auf die digitalen Medien haben wir festgestellt, dass sich Vorlesungsmitschnitte nicht immer gut eignen, um die Wissensvermittlungsphase zu ersetzen. Wir überarbeiten diese Materialien daher zur Zeit und bauen für jede Sitzung Lernmaterialien, die aus kürzeren Lernpaketen bestehen, die wiederum einen Medienmix aus Text, Grafiken und Video nutzen. Hierfür drehen wir teilweise Videos neu, die dann fokussierter und stärker auf den Punkt sind, als es Vorlesungen sein können.
Als sehr hilfreich haben sich die Quizfragen zur Lernkontrolle herausgestellt. Jedoch nutzten nicht alle Studierenden dieses Angebot. Hier wollen wir im nächsten Semester noch stärker auf die Vorteile für die Studierenden hinweisen und zudem mit einem Auszeichnungssystem über Moodle arbeiten (badges).
Ebenso hat sich der Einsatz digitaler Medien in den Präsenzsitzungen bewährt. Gerade in größeren Gruppen (bis zu 70 Studierende in den Präsenzphasen) lassen sich so Gruppenergebnisse oder Einzelantworten der Studierenden leichter einsammeln und präsentieren (classroom response system oder etherpads).
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