Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Über die Hochschulpartnerschaft der Universität Potsdam mit der Tel Aviv University habe ich zum ersten Mal durch einen Kommilitonen erfahren und mich dann für ein Semester an der Tel Aviv University (TAU) und der Hebrew University of Jerusalem als Plan B beworben. Ausschlaggebend für die Länderwahl war bei mir vorrangig mein Zweitfach Jüdische Studien und mein Wunsch, meine Hebräischkenntnisse zu verbessern. Während des International Day und des Auswahlgesprächs habe ich dann vom PROMOS-Stipendium erfahren und mich auch dort auf einen Platz beworben. Dies würde ich auch allen anderen Studierenden empfehlen, da es eine finanzielle Sicherheit bietet und den Alltag definitiv erleichtert. Der Bewerbungsprozess war sowohl auf Seiten der Uni Potsdam, als auch der TAU unkompliziert und ich fühlte mich gut informiert. Nach der Nominierung durch die Uni Potsdam stand ich sehr schnell mit dem International Office der TAU in Kontakt. Um meine Bewerbung an der TAU abzuschließen, musste ich die notwendigen Dokumente, wie ein Transcript of Records, einen Lebenslauf, ein Empfehlungsschreiben, Dokumente den Reisepass betreffend und Sprachnachweise auf einem Portal hochladen und später dann per Mail meine Auslandskrankenversicherung schicken.
Studium an der Gastuniversität
Am ersten Tag des Semesters veranstaltete die TAU einen Informationstag, an dem wir nicht nur den Campus (der vom Aufbau an US-amerikanische Unis erinnert und deshalb schon ein paar Tage zum Eingewöhnen braucht), sondern auch die Bibliotheken kennenlernten, Angebote speziell für Studierende und einen Überblick über Israel und Tel Aviv im Allgemeinen erhielten. Die Studienorganisation ist zwar anders als in Potsdam, aber das International Office der TAU stellt eine große Unterstützung dar. Die Kurswahl fand vorab per Mail und über Online-Formulare statt. Das Kursangebot ist sehr breit gefächert, es gibt die empfohlenen und meist kürzer dauernden Kurse spezifisch für Exchange Students, sowie internationale Bachelor- oder Masterkurse, die auch auf Englisch stattfinden. So habe ich bspw. Philosophie-Kurse über den B.A. Liberal Arts besucht. Zusätzlich dazu habe ich während des Semesters einen Uni-internen Ulpan (intensiver Hebräischkurs) besucht, die Sprachkurse - egal ob Hebräisch oder Arabisch - sind jedoch kostenpflichtig und nicht im Studienaustausch enthalten. Die Organisation ähnelt dem US-amerikanischem Lehrsystem, die meisten Kurse werden mit dem Bestehen von Midterms, Finals und teils zusätzlichen wöchentlichen Assignments abgeschlossen. Außerdem besteht bei allen Kursen eine sehr strenge Anwesenheitspflicht. Das Klima innerhalb der Kurse unterscheidet sich zu deutschen Unis in dem Sinne, dass die Unterteilung zwischen Vorlesung und Seminar nicht so streng ist, und immer eine entspannte Atmosphäre zwischen Studierenden und Dozierenden herrscht, die oft zu einer aktiven Teilnahme anregen. Mein persönlicher Eindruck war, dass die Exchange-Kurse oft kulanter als die Internationalen B.A.-Kurse bewertet werden, dies ist jedoch offensichtlich auch immer abhängig von den jeweiligen Dozierenden. Das Studienklima ist sehr entspannt, man hat schnell Kontakt mit vielen internationalen Studierenden und der Campus bietet viele Möglichkeiten zum Lernen, mit mehreren Bereichsbibliotheken und einer guten technischen Ausstattung.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Egal welche Kurse man belegt (Exchange oder Internationale Bachelor-Kurse), man hat schnell Kontakt zu internationalen Studierenden. Der Kontakt zu israelischen Studierenden ist hingegen etwas schwieriger, da die Kurse für internationale Studierende streng von den hebräischen getrennt sind und die israelischen Studierenden verständlicherweise ihr eigenes Leben und ihren eigenen bestehenden Alltag haben. Durch meine bereits existierenden Hebräischkenntnisse habe ich mich schnell über studentische Projekte informiert und bin so bspw. dem Drama Club der Uni beigetreten. Spätestens über außeruniversitäre Aktivitäten oder in einem der zahlreichen Cafés auf dem Campus kommt man sehr schnell mit Israelis ins Gespräch.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Vor Beginn meines Auslandssemesters hatte ich bereits einige Sprachkurse abgeschlossen und wollte mein Hebräisch dann in Tel Aviv verbessern. Es ist möglich, vollkommen ohne Sprachkenntnisse durch den Alltag zu kommen, aber um zumindest ein paar Schilder und Zeichen entziffern zu können, würde ich zu einem kurzen vorherigen Sprachkurs raten. Außerdem zeugt, ein paar geläufige alltägliche Sätze zu kennen, nicht nur von Höflichkeit, sondern erleichtert auch den Alltag doch ein wenig. Beruhend auf meiner persönlichen Erfahrung und den Berichten von Kommiliton_innen kann ich den Ulpan der TAU nur teilweise empfehlen. Für Studierende, die noch keinerlei Sprachkenntnisse haben ist es bestimmt hilfreich, jedoch kam es bei der Einstufung oft zu Problemen, all das war bei einem Preis von 500 USD etwas enttäuschend. Für alle, die ihre Sprachkenntnisse hauptsächlich mit Blick auf Kommunikation im mündlichen Bereich verbessern möchten, kann ich deshalb einen normalen Ulpan in der Stadt empfehlen, da dort der Fokus oft eher auf dem Sprechen und Verstehen, als auf grammatikalischen Einzelheiten liegt.
Wohn- und Lebenssituation
Mit der Wohnungssuche habe ich ca. 2-3 Monate vorher angefangen, hauptsächlich findet dieser Austausch über Facebook-Gruppen statt. Kein leichtes Unterfangen, aber wo ist das bei Wohnungssuchen schon der Fall - mit genügend Geduld und den richtigen Kontakten klappt es jedoch. Die Wohnungspreise unterscheiden sich, wie die Lebenshaltungskosten generell, von denen in Deutschland. Die Mieten für Zimmer sind um einiges teurer als in Deutschland (meist 600-800€). Sie variieren allerdings je nach Lage: außerhalb des Zentrums, in der Nähe der Uni, dafür aber weit ab vom Stadtzentrum oder in Vororten Tel Avivs (Ramat Gan, Holon, Givatayim etc.) sind WGs günstiger als bspw. im Süden der Stadt (Jaffa, Florentin), wo es dafür aber ein lebendiges Nachtleben und viele Bars, Cafés etc. gibt. Eine Sache hingegen ist auffällig günstig: öffentliche Verkehrsmittel. Mit dem Studierenden- Rabatt ist eine Semesterkarte für ganz Tel Aviv sehr bequem, und auch spontane Tagesausflüge nach Jerusalem sind schon ab 4 Euro möglich. Bei der Suche nach einer Krankenversicherung habe ich mich an das Partnerangebot meiner deutschen Krankenkasse gehalten und dann sehr einfach eine Versicherung abgeschlossen. Für Bankgeschäfte habe ich keine zusätzlichen Vorkehrungen getroffen, mit Kreditkarte kann überall gezahlt werden und Geld abheben ist auch überall bequem möglich (jeweils abhängig von der Deutschen Bank und deren Bestimmungen). Bezüglich Lebenshaltungskosten muss wohl nicht dazugesagt werden, dass das jeweils von den individuellen Bedürfnissen abhängt, sowohl Essen gehen als auch ein wöchentlicher Supermarkt-Einkauf sind teuer und (für israelische Verhältnisse) günstig möglich. Für frische Sachen und Gewürze kann ich einen Einkauf auf dem Shuk (Carmel-Markt) oder dem Levinsky Markt empfehlen. In Bezug auf Freizeitangebote kann jede_r etwas für sich finden, und der Strand ist auch immer in der Nähe. So habe ich mich für ein paar Monate in einem Sportstudio (Studio Naim, sehr zu empfehlen, es gibt ein breites Angebot von Tanz über Yoga zu Boxen und der Monatspreis liegt bei rund 78€) angemeldet, wo ich unbegrenzt oft pro Woche Kurse belegen konnte. Generell sollte man einfach versuchen, die Gegend, in der viele Studierende wohnen zu erkunden, dort finden sich meist günstige Alternativen zu den Restaurants im Zentrum sowie kleine Independent-Kinos und viele entspannte Bars.
Studienfach: B. A. Philosophie und Jüdische Studien
Aufenthaltsdauer: 10/2019 - 02/2020
Gastuniversität:Tel Aviv University
Gastland: Israel
Rückblick
Als Rückblick lässt sich sagen, dass Tel Aviv an sich eine sehr lebenswerte, wenn auch teure Stadt ist. Durch die Kurse an der TAU habe ich eine neue Perspektive auf mein Studium erhalten, vor allem durch das Kursangebot und die themenübergreifenden Seminare. Außerdem war es sehr interessant, ein anderes Lehrsystem kennenzulernen. In Tel Aviv gibt es viele spannende Veranstaltungen und die Atmosphäre war immer sehr angenehm. Dank des PROMOS-Stipendiums hatte ich, was viele Bereiche angeht mehr Freiheiten und konnte meine Zeit in Israel genießen, weshalb ich auch allen anderen Studierenden empfehle, sich auf dieses Stipendium zu bewerben.