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Postdoktorand:innen

Name: Dr. Riley Linebaugh

Titel:  “‘Caesar’s Wives’: Secretaries, Secrecy and Violence in the British Empire”

Im Jahr 1962 lobte Geoffrey James Ellerton, damaliger Permanent Secretary des britischen Kolonialministeriums für Innere Sicherheit und Verteidigung in Kenia, die Bemühungen seines Ministeriums, öffentliche Akten in einem geheimen Archiv zu verbergen, um zu verhindern, dass sie die britische Regierung und ihre Vertreter in Verlegenheit brächten – insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten ‘Emergency’. Diese Bemühungen führten schließlich zur massenhaften Verlagerung von schätzungsweise 20.000 Akten nicht nur aus Kenia, sondern aus insgesamt 36 weiteren kolonialen Abhängigkeiten nach London, wo sie über Jahrzehnte hinweg geheim gehalten wurden. In einem Schreiben an das Büro des Gouverneurs rühmte sich Ellerton: “we like to think that in these matters we are as Caesar’s wife”, also über jeden Verdacht erhaben. [1] Namenlos, unentbehrlich, unsichtbar: Cäsars Ehefrau wird hier als Dienerin des Britischen Empire heraufbeschworen – zuständig für das Verschwindenlassen belastender Beweise, um den Anschein von Integrität zu wahren. Die Wendung, die Themen wie Loyalität, Geheimhaltung, Dienstbarkeit und Macht aufruft, ist mehr als bloße Metapher. Bis Ende 1961 waren von den 34 Mitgliedern des kolonialen Dienstes in Kenia mit Sicherheitsfreigabe für die Bearbeitung streng geheimer Akten 15 Frauen, von denen die meisten als persönliche Sekretärinnen männlicher Offiziere tätig waren. [2]

Die Existenz und Bedeutung weiblicher Sekretärinnen im Britischen Empire ist in der Forschung weitgehend unbeachtet geblieben – wie so oft im Fall von Sekretariatsarbeit, die zwar integraler Bestandteil, jedoch häufig übersehen ist. Während weiße Sekretärinnen in den von institutionellen Archiven bewahrten Dokumenten bereits in stark untergeordneter Rolle erscheinen, sind koloniale und rassifizierte weibliche Subjekte noch marginaler im erhaltenen Archivgut repräsentiert. Diese marginale Position innerhalb offizieller Archive verweist weniger auf Inaktivität dieser Frauen, sondern vielmehr auf eine hierarchische Struktur bewahrter Perspektiven. In den „Kontaktzonen“ des Empire waren sie jedoch durchaus präsent. Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, die zusammengesetzten Lebensgeschichten von fünf bis sieben Frauen zu rekonstruieren, die im 19. und 20. Jahrhundert in verschiedenen Regionen des Britischen Empire tätig waren – mit besonderem Fokus auf ihre Praktiken der Geheimhaltung im Zusammenhang mit Gewalt, sei es durch Büroarbeit, Sekretariatstätigkeit oder, wo nachweisbar, im Bereich der Nachrichtendienste.

[1] UK National Archives, FCO 141/6958, “Security of Official Correspondence,” Ministry of Defence: Letter from Ellerton to Hennings, 17 April 1962.

[2] UK National Archives, FCO 141/6969, “Kenya: Security of Documents,” Circular from Thomas Neil, “Security – List of Officers Authorised to see ‘Watch’ Material,” 13 December 1961.

Women's Territorial Service, Kenya. Imperial War Museum: Ministry of Information Album 15, K. 3094.

Name: Dr. Zeynep Turkyilmaz

Titel: The Onerous Odyssey of Hovannes Avetaranian: A Cosmopolite’s struggle for emancipation, agency and equality

Startdatum: 01.10.2021

Projektbeschreibung: Mein GRK-Projekt untersucht das Leben eines Konvertiten, Mehmet Şükrü, der 1861 in einem kleinen Dorf im Osten des Osmanischen Reiches in einer muslimischen Familie geboren wurde, den Namen Hovannes Avetaranian annahm und 1919 als hingebungsvoller evangelischer Missionar in Wiesbaden starb. Auf der Spur von Avetaranian’s aussergewöhnlichem Weg, seinen Weltanschauungen, seiner Neugierde und Selbstbekehrung, seinem missionarischen Leben vom Kashgar-Gebirge in China bis nach Potsdam in Deutschland, hoffe ich, eine Spur kritischer, abweichender und emanzipatorischer Verstrickungen der lokalen Bevölkerung im osmanischen Land mit der modernen Welt aufzudecken. Herstellung. Letztlich jedoch konnte Awetaranians Kampf weder die religiös-politische Richtung seiner Völker neu gestalten, wie er es sich vorgestellt und erhofft hatte, noch das Metanarrativ über sie innerhalb oder ausserhalb des Osmanischen Reiches ändern. Dennoch schlage ich vor, seine Kämpfe anhand von Archivarbeiten und kritischer Literatur über Osmanisches Reich, Kolonialismus, Kosmopolitismus und Religions-/Konversionsstudien als radikale Intervention und unerschütterliche Erinnerung an die komplexen und divergierenden Möglichkeiten der Vergangenheit und an Enklaven alternativer Welten zu untersuchen.