Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Bei ERASMUS handelt es sich um eine Initiative der EU, welche Studierenden Förderung für bildungsorientierte Auslandsaufenthalte verschiedener Variationen zusagt. In meinem spezifischen Fall handelt es sich um einen Semester-Aufenthalt an der Universidad Europea de Valencia in Valencia, Spanien. Während ich an der Universität Potsdam im Master National and International Administration studiere, habe ich, in Absprache mit den International Offices beider Universitäten, in Spanien Kurse im Bachelor International Relations belegt. Dabei wurde mir nahegelegt, Kurse aus den höheren Semestern zu belegen, und letzten Endes konnten wir so eine gute Auswahl an Kursen arrangieren.
Die Kontaktaufnahme mit der Universität erfolgte online, mit der Hilfe des International Office, welche mich auf die Restplätze aufmerksam gemacht hat, da ich erst verhältnismäßig spät entschieden habe, ins Ausland zu gehen. Ich kann empfehlen selbst nach der Bewerbungsfrist beim International Office nachzuforschen, da einige Universitäten häufig noch Plätze frei haben und sich die Mitarbeiter im Allgemeinen sehr bemühen, Aufenthalte möglich zu machen. Danach habe ich mit dem International Office der Universidad Europea via E-Mail kommuniziert. Sowohl die Mitarbeiter des Potsdamer als auch des valencinianischen International Office waren freundlich und haben schnell geantwortet.
Bezüglich der Bewerbungsunterlagen habe ich nicht viel zu vermerken. Das International Office kann zusätzlich zu Online-Guidelines Auskunft über den Prozess geben. Dokumente lassen sich unter dem Move-On-Reiter hochladen.
Studium an der Gastuniversität
Studiert habe ich an der privaten Universidad Europea de Valencia, an welcher ich fünf Kurse belegt habe, um alle erforderlichen Leistungen zu erbringen. Da ich als Masterstudentin anspruchsvollere Kurse gewohnt bin, wurde mir nahegelegt, Kurse aus höheren Semestern zu belegen. In der Regel wird es nötig sein, Kurse aus verschiedenen Semestern zu belegen, weshalb der Stundenplan Unterschiede zu regulären Stundenplänen der heimischen Studenten hat und die Kommilitonen aus verschiedenen Semestern sein können. Prüfungsleistungen können verschiedene Formen haben und sind in der Regel Texte und Präsentationen, obwohl auch Diskussionen und ähnliches erwartet werden können; Für die Teilnahme an der Endprüfung, welche entweder ein Multiple-Choice Examen, ein offenes Examen/Essay oder eine mündliche Prüfung sein kann, braucht es eine gewisse Anwesenheitsquote (50%) sowie Credit-Anzahl um daran teilnehmen zu dürfen.
Bezüglich der Betreuung vor Ort kann ich sagen, dass alle sehr freundlich waren. Meine Mitstudenten waren nett und auch andere Studenten, die an der Universität waren, waren sehr offen und hilfsbereit. Mir wurde von zwei spanischen Studenten geholfen, als ich sie um Hilfe bezüglich von Technikproblemen gefragt habe und ich habe mich sowohl mit einem Studenten, der im Gang Karten gespielt hat, als auch mit einem Mitarbeiter in der Bibliothek angefreundet. Das Personal war ebenfalls stets freundlich und die Dozenten war nett und nachsichtig, wenn man Dinge nicht gleich begriffen hat (und teilweise auch, wenn die Fristen aufgrund des abgeänderten Stundenplans nicht eingehalten werden konnten).
Die Dozenten waren auch freundlich während der Kurse, obwohl potentiell das System des Frontalunterrichts und die mangelnde Teilnahme anderer Studenten an Diskussionen in einigen Kursen zu bemängeln ist. Ebenfalls muss man sagen, dass die Ansprüche der Materie in den meisten Fächern nicht allzu hoch sind. Diese Kritiken könnten allerdings auch teilweise an meinen hohen Erwartungen als Masterstudent liegen. Es ist zu erwähnen, dass es in einigen Kursen Exkursionen und Gäste gab (besonders bemerkenswert ist hierbei das MUN), die das Erlebnis stark bereichert haben. Abgesehen davon, will ich anmerken, dass es relativ viele Kursleistungen gibt, die es zu erledigen gibt, welche beinahe alle Deadlines unterliegen. Während solche, wie gesagt, in der Regel nicht zu anspruchsvoll sind, nehmen sie doch viel Zeit in Anspruch.
Meine Kurse fanden auf dem Campus Turia statt, der ein paar Minuten vom Kern der Stadt entfernt liegt. Der Campus umfasst das Gebäude des ehemaligen San Juan Bautista Asylums und hat historische Elemente im Hauptgebäude. Der Campus besitzt eine Cafeteria, welche allerdings eine sehr viel kleinere und teurere Auswahl an Essen als die Mensen der Universität bietet. Sie ist allerdings mit Microwellen ausgestattet und Snackautomaten und Wasserspender befinden sich in der Nähe. Es ist natürlich auch möglich in die Stadt zu laufen, um sich beispielsweise Bocadillos bei Bäckereien zu holen. Die Bibliothek der Universität ist klein, aber das Personal ist sehr freundlich. Ebenfalls freundlich sind die Rezeptionisten, welche gerne weiterhelfen – es ist im Übrigen auch möglich, dort bis 10 Seiten umsonst ausdrucken zu lassen.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Bezüglich der Leute, die in Valencia leben, lässt sich allgemein sagen, dass die Menschen sehr freundlich sind. Es wird wertgeschätzt, wenn man Spanisch spricht und sich mit der heimischen Kultur auseinandersetzt.
In Hinsicht auf die Studenten kann ich berichten, dass ich vor allem am Anfang Kontakt mit anderen ERASMUS-Studenten hatte, mit welchen ich Unternehmungen unternommen habe. Häufig gibt es organisierte Trips, welche spezifisch für ERASMUS-Studenten geplant werden – ich bin nicht dazu gekommen, an einem solchen teilzunehmen, aber es gibt häufig WhatsApp-Gruppen, denen man sich anschließen kann sowie Webseiten, die spezifisch für ERASMUS ausgelegt sind.
In späteren Monaten habe ich mehr Zeit mit meinen Kommilitonen und anderen Freunden, die ich an der Universität gefunden habe, verbracht. Heimische Studenten sprechen nicht immer perfektes Englisch, aber Spanischkenntnisse und Online-Übersetzer helfen, falls es mal zu Missverständnissen kommen sollte. Ich empfehle es sehr, nicht nur Kontakt mit anderen ERASMUS-Studenten anzustreben, sondern auch spanische und vor allem valencianische Studenten kennenzulernen, da solche Freundschaften es ermöglichen, die Kultur und interessante Tipps vor Ort kennenzulernen (sowie Spanisch zu üben).
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich bin in Spanien mit einem Sprachniveau der Stufe B2 angekommen, welches es in der Regel erlaubt, sich beinahe komplett auf Spanisch zu verständigen und auch komplexere Unterhaltungen zu führen. Während die Kurse in der Universität auf Englisch waren, habe ich im Alltag auf Spanisch kommuniziert. Es mag anfangs etwas stotternd und anstrengend sein aber über die Monate fällt es leichter und leichter und man beginnt ohne Nachdenken und manchmal sogar automatisch auf Spanisch zu reden. Vor allem in typischen regulären Situationen (e.g. Einkaufen, etc.) fügt man sich mit den Valencianern ein. Anders als in Deutschland ist es sehr typisch, dass Spanier nicht zu Englisch wechseln auch wenn man einen Akzent hat, sondern die Unterhaltung weiter auf Spanisch führen.
Bemerkenswert ist zudem, dass neben dem kastilischen („regulären“) Spanisch (Castellano) von einigen auch das valencianische Spanisch (Valenciano) gesprochen wird. Während es Ähnlichkeiten zum „normalen“ Spanisch aufweist, ist es mehr oder weniger eine eigene Sprache mit einem eigenen Vokabular, weshalb man nicht erwarten kann es zu verstehen.
Wohn- und Lebenssituation
Ich habe in der MiCampus Residencia Universitaria an der Avenida del Puerto gewohnt, welche in der Umgebung Cami Fondo liegt. Da mein Auslandssemester eine späte Entscheidung war, habe ich sie erst ein paar Monate vorher organisiert. Mit klimatisierten Einzel- und Doppel-Apartments mit Küche und Bad plus Reinigung sind die Preise von ca. 1000 Euro monatlich für eine solche Unterkunft relativ hoch, aber der Komfort war hoch. Man kann die Apartments online beantragen und buchen. In jedem Fall empfiehlt es sich, die Unterkunft vor dem Aufenthalt organisieren.
Die Residenz liegt ungefähr in der Mitte zwischen dem Stadtkern und der See, weshalb man beide Ziele relativ gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen konnte. Bis zu meiner Universität musste ich ungefähr 45 Minuten einplanen, aber andere Ziele waren schneller zu erreichen – teilweise war es genauso schnell, zu Fuß zu gehen, vor allem, wenn man den Stadtkern (e.g. der Plaza del Ayuntamiento) erreichen wollte. Für die Fortbewegung kann ich trotzdem empfehlen, sich eine Karte für Bus und/oder die Metro zuzulegen. Während es eigentlich einen Studentenversion dafür gibt, war es mir nicht möglich eine zu beantragen, da mir die NIE fehlte – allerdings sind selbst die regulären aufladbaren Karten mit 40 Cent pro Fahrt (nach momentanem Angebot) nicht sonderlich teuer. Diese kann man nicht im Bus selber kaufen, man bekommt sie aber in Tabakläden. Es gibt im Zweifelsfall auch viele Stellen, an denen man sich Fahrräder mieten kann – Valencia ist im Vergleich zu anderen Städten gut mit dem Fahrrad zu erkunden.
Bezüglich der Thematiken von Bankgeschäften und Krankenversicherungen kann ich nicht viel berichten, da ich keines von beiden direkt genutzt habe. Ich kann jedoch empfehlen, in bestimmten Fällen potentiell eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen.
Leben in Valencia ist, abgesehen von der Unterkunft, einigermaßen erschwinglich. Während der Preis für Freizeitaktivitäten preislich variiert, gibt es genug Auswahl an freien oder nicht unendlich teuren Arten der Unterhaltung (sowohl im Tages- als auch Nachtleben). Essen ist auch zumeist nicht allzu teuer. Ich habe diesbezüglich vermutlich geringere Ausgaben gehabt als einige andere, da mir häufig einfaches Gebäck oder Sandwiches gereicht haben, allerdings bin ich schon ein paar Mal Essen gewesen – aber ich würde sagen, dass sich selbst da die Preise nicht allzu sehr von denen in Potsdam nehmen. (Was anders ist, ist die Art des Essens. Ich würde sagen, es ist häufig eher fettig als herzhaft/deftig.) Insgesamt beliefen sich meine Lebenshaltungskosten auf circa 1400 Euro pro Monat – 1000 Euro für meine Unterkunft, 400 Euro für Einkäufe, öffentliche Verkehrsmittel und Freizeitaktivitäten.
In Valencia gibt es eine große Auswahl an Freizeitangeboten, sowohl in Bezug auf Freizeitbeschäftigungen als auch auf Events. Aufgrund der vielen Parks ist es einfach, sich ins Grüne zurückzuziehen und viele Kultureinrichtungen und Freizeiteinrichtungen sind erschwinglich oder sogar gratis. Zudem gibt es sehr viele Feierlichkeiten, die sehr eigen für die Stadt sind, vor allem im Frühling. Besonders die Fallas und die Semana Santa sind große Events, die nicht mit anderen Festen, die ich vorher erlebt habe, vergleichbar sind. Sie finden an mehreren Tagen statt, weshalb ich empfehlen kann, sich vorher über das Programm zu informieren. Ansonsten gibt es noch andere Feierlichkeiten und Events, die im Frühjahr stattfinden – von anderen religiösen Events über Messen und Märkte bis zu Konzerten und Festivals. Man kann häufig auf Online-Webseiten nachsehen, was in der Stadt passiert, aber auch in den Bussen gibt es häufig Anzeigen mit kommenden Events (allerdings in Valenciano) und es ist anzumerken, dass Valencianer Tipps geben können, welche lokalen Besonderheiten es in Bezug auf Veranstaltungen gibt.
Studienfach: National and International Administration and Policy
Aufenthaltsdauer: 01/2025 - 06/2025
Gastuniversität: Universidad Europea de Valencia
Gastland:Spanien
Rückblick
Abgesehen von den Tipps, welche ich zuvor gegeben habe, würde ich hinzufügen, dass es klug ist, früh mit der Planung des Auslandssemesters zu beginnen, weil dies sowohl die Auswahl der Partneruni als auch der verfügbaren Unterkünfte erweitert. Gleichzeitig ist es allerdings nicht zu spät selbst nach dem Ablauf der ersten Frist ein ERASMUS-Semester zu planen, es lohnt sich immer noch einmal nachzufragen.
Ich kann ebenfalls mitgeben, dass es zu empfehlen ist, gut zu packen. Während keine Minustemperaturen zu erwarten sind, kann man nicht nur Sommertemperaturen erwarten. Es ist wichtig, sich Kleidung für verschiedene Wetterlagen einzupacken. T-Shirts/Tops und Shorts braucht man für wärmere Tage, aber auch Sweater/Pullover/Langarmshirts sollte man mitnehmen. Auch wenn das Wetter in Valencia sonniger ist, ist es sinnvoll, immer noch regenfeste Schuhe mit Profil mitzunehmen, vor allem, da die valencianische Infrastruktur nicht auf Regen abgestimmt ist.
Ansonsten kann ich im Allgemeinen sagen, dass es sich lohnt sich auf die Kultur einzulassen und die lokalen Besonderheiten mitzunehmen. Man sollte keine Angst haben, auf Spanisch mit den Valencianern zu kommunizieren, weil sie in der Regel sehr geduldig und offen sind. Es ist in meinen Augen einfach, Freunde und Anschluss zu finden, wenn man sich darauf einlässt, aber man kann auch alleine gut schöne Erfahrungen erleben. Auch kleinere Events und Festivals können wundervolle Erfahrungen sein. Größere Events wie die Fira del Llibre de Valencia, die zweitgrößte Buchmesse Spaniens, können genauso interessant sein wie kleiner lokale Festivals wie die Feria de la Tomaca in El Perelló.Man kann auch immer ein Auge auf freie Konzerte und Filmabende haben und verschiedene Stadtviertel locken mit einer eigenen lokalen Kultur (z.B. Cabanyal), die man erkunden kann. Vor allem zu empfehlen sind natürlich auch die zuvor erwähnen Fallas und die Semana Santa, die einzigartige kulturelle Erlebnisse darstellen.
Ich persönlich habe beinahe nur gute Erfahrungen gemacht – die einzigen Dinge, die ich potentiell bemängeln könnte, sind der Fakt, dass viele italienische Imbisse nur Pizza und keine Pasta haben und die Tatsache, dass ich ein großes Workload in der Uni hatte. Im Kontext des Letzteren kann ich nur sagen, dass es sich bei ERASMUS eben nicht um einen Urlaub handelt, und man sich darauf einstellen sollte, auch Arbeit investieren zu müssen. Dies sollte jemanden allerdings nicht davon abhalten, sich genug Zeit für die Auskostung des Lebens in Valencia zu nehmen.
Sonstige Hinweise
Allgemeine Hinweise belaufen sich wieder auf gute Vorbereitung des Auslandaufenthalts. Abgesehen von frühem Planen der Unterkunft, sorgfältigem Packen und Einhalten der Deadlines bezüglich akademischer Organisation, ist es wichtig zu prüfen, ob alle wichtigen Dokumente vorhanden sind und ärztliche Beschwerden vorher abzuklären.
Links für eigene Internet-Recherche:
ERASMUS-Events:
Webseiten für valencianische Feiertage und Events: