Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ich hatte schon seit längerer Zeit den Wunsch, die nordischen Länder besser kennenzulernen und insbesondere die Natur dort zu erleben. Daher erschien mir ein Erasmus-Semester in Norwegen als ideale Möglichkeit, Studium und persönliche Interessen zu verbinden. Die Entscheidung, mich zu bewerben, fiel leicht, und ich kann rückblickend sagen, dass sie absolut richtig war.
Die Bewerbungsphase an der Gasthochschule verlief reibungslos. Die Universität Potsdam bot hilfreiche Informationsveranstaltungen sowie gut aufbereitetes Material zum Bewerbungsprozess. Auch wenn der gesamte Ablauf anfangs etwas komplex und unübersichtlich wirken kann, fand ich die Struktur insgesamt sehr gut nachvollziehbar – besonders durch die schrittweise Begleitung durch das International Office und die klare Kommunikation per E-Mail.
Die Website der Gasthochschule war in dieser Phase äußerst hilfreich: Sie bietet eine sehr übersichtliche Darstellung des Kursangebots – alle Informationen sind auf Englisch verfügbar. Über praktische Filterfunktionen konnte ich gezielt nach für Erasmus-Studierende geeigneten Kursen suchen, die in englischer Sprache angeboten werden, und dabei sehen, ob ich die jeweiligen Teilnahmevoraussetzungen erfülle und wie viele ECTS-Punkte die Veranstaltungen bringen.
Die eigentliche Kurswahl und Anmeldung erfolgte über das Online-Portal „Studentweb“, das benutzerfreundlich aufgebaut ist. Dort konnte ich mich problemlos für die gewünschten Kurse anmelden und habe zeitnah Rückmeldungen erhalten – entweder eine Zusage oder eine Absage. Das gab mir Planungssicherheit, sodass ich bereits vor Beginn meines Aufenthalts einen vollständigen Stundenplan und ein vorläufiges Transcript of Records zusammenstellen konnte.
Im weiteren Verlauf wurde ich über das Portal „Mobility Online“ durch alle administrativen Schritte begleitet. Ich empfehle sehr, sich frühzeitig mit dieser Plattform vertraut zu machen – sie ist im Großen und Ganzen selbsterklärend, aber es lohnt sich, sich proaktiv mit den Anforderungen und Fristen auseinanderzusetzen.
Als zusätzlichen Vorbereitungsschritt habe ich eine spezielle Auslandskrankenversicherung abgeschlossen – das war rückblickend sehr sinnvoll. Ich musste die Versicherung in Norwegen tatsächlich einige Male in Anspruch nehmen, und war froh, diesen Aspekt im Vorfeld organisiert zu haben.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem an der Universität Bergen war dem an der Universität Potsdam sehr ähnlich und insgesamt leicht verständlich. Die Organisation der Lehrveranstaltungen sowie die Kommunikation mit Lehrenden und Mitstudierenden erfolgte hauptsächlich über die Plattform Mitt UiB (vergleichbar mit Moodle), während administrative Abläufe – wie Kursanmeldungen, Prüfungsübersicht oder das Einsehen von Leistungsnachweisen – über Studentweb (ähnlich zu PULS) abgewickelt wurden.
Die meisten Kurse umfassen entweder 5 oder 10 ECTS, was bei der Anrechnung in Potsdam zu beachten ist, da dort üblicherweise 6 LP vergeben werden. Wichtig: Nur benotete Kurse können an der Universität Potsdam anerkannt werden. Einige Kurse in Bergen schließen jedoch nur mit "bestanden/nicht bestanden" ab – hier ist es entscheidend, sich frühzeitig mit dem Prüfungsausschuss abzustimmen. In meinem Fall konnte ich für einen geologischen Feldkurs eine Einzelnote direkt vom Dozenten erhalten, was die Anerkennung in Potsdam ermöglichte. Bei anderen Kursen war dies leider nicht möglich. Mein Tipp: Frühzeitig nachfragen und mögliche Sonderregelungen individuell klären.
Das Studienklima war insgesamt sehr angenehm. Ich habe sowohl mit norwegischen als auch internationalen Studierenden zusammen studiert, was durch viele Gruppenarbeiten und gemeinsame Projekte zu einer guten Integration und einem offenen, respektvollen Miteinander beigetragen hat.
Auch die Betreuung durch Lehrende und Verwaltungsmitarbeitende war überwiegend positiv, wenngleich von Kurs zu Kurs sehr unterschiedlich. Einige Module waren hervorragend organisiert und inhaltlich anspruchsvoll, andere empfand ich als oberflächlicher und weniger gewinnbringend.
Die technische Ausstattung der Universität war solide – es war alles vorhanden, was man braucht. Ein kleiner Wermutstropfen waren einige fensterlose Seminarräume, was gerade in der dunklen Jahreszeit etwas schade war. Die Bibliotheken boten grundsätzlich gute Arbeitsbedingungen, wenn auch mit einem höheren Geräuschpegel als in Deutschland gewohnt. Während der Prüfungsphasen war es teils schwierig, spontan einen Platz zu finden, doch über ein Reservierungssystem konnten Arbeitsplätze im Voraus gebucht werden.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Während meines Aufenthalts in Bergen hatte ich sowohl mit internationalen als auch mit einheimischen Studierenden Kontakt. Der Austausch mit anderen internationalen Studierenden ergab sich dabei ganz natürlich und unkompliziert – besonders zu Beginn des Semesters. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen und Angebote speziell für Austauschstudierende, bei denen man schnell Anschluss findet. Ich hatte das Gefühl, dass man sich da überhaupt keinen Stress machen muss – die passenden Menschen findet man fast automatisch.
Vieles lief am Anfang über WhatsApp-Gruppen, in die man je nach Interesse eingeladen wird oder selbst beitreten kann. Ich war z. B. in Gruppen für Outdoor-Aktivitäten und kreative Hobbys, aber es gibt wirklich alles – von Musikgruppen über Sport-Communities bis hin zu Kochabenden. Oft organisiert einfach jemand spontan eine Wanderung, einen Bastelabend oder einen Spieleabend, und wenn man Lust hat, macht man einfach mit – eine tolle Möglichkeit, Menschen mit ähnlichen Interessen kennenzulernen.
Auch das Leben im Studierendenwohnheim oder in einer WG bietet viele Gelegenheiten, mit anderen ins Gespräch zu kommen – oft entstehen hier Freundschaften mit Menschen aus der ganzen Welt.
Sehr cool war für mich der „Student Group Fair“ zu Semesterbeginn – ein Basar, auf dem sich die zahlreichen studentischen Initiativen und Gruppen an der Uni vorstellen. Dort habe ich zum Beispiel ein analoges Fotokollektiv entdeckt, in dem ich Zugang zur Dunkelkammer hatte und an Workshops teilnehmen konnte. Außerdem habe ich eine politische Gruppe für Klimagerechtigkeit kennengelernt, in der ich mich engagiert habe und aus der auch enge Freund*innenschaften entstanden sind.
Gerade in solchen Gruppen – egal ob Sport, Kultur oder politisches Engagement – trifft man oft auch norwegische Studierende, was sich im Uni-Alltag sonst etwas schwieriger gestalten kann. Ich habe viele tolle Begegnungen über meine Hobbys gemacht – vor allem durch das Klettern und meine politische Arbeit. Mein Tipp: Geht den Dingen nach, die euch interessieren, und nutzt das studentische Angebot vor Ort – so entstehen die wertvollsten Kontakte ganz von selbst.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Während meines Aufenthalts in Bergen hat sich vor allem mein Englisch deutlich verbessert – insbesondere im akademischen Kontext. Da die meisten Kurse, Vorlesungen und Prüfungen auf Englisch stattfanden, entwickelt man schnell mehr Sicherheit im wissenschaftlichen Ausdruck und Fachvokabular. Auch im Alltag wird fast alles auf Englisch kommuniziert, sodass man sehr schnell „reinkommt“ und die Sprache ganz selbstverständlich nutzt.
Norwegisch habe ich hingegen kaum gelernt – das war aber auch eine bewusste Entscheidung meinerseits. Mir liegt das Sprachenlernen nicht besonders, und ich wollte meinen Fokus stärker auf die Inhalte meines Studiums legen. Abgesehen von ein paar grundlegenden Floskeln (z. B. Begrüßungen, Danken, Einkaufen) habe ich daher kein Norwegisch gesprochen.
Die Universität bietet allerdings verschiedene Norwegisch-Sprachkurse für internationale Studierende an. Wer Interesse daran hat, hat auf jeden Fall die Möglichkeit, die Sprache vor Ort intensiver zu lernen – ob im Kurs oder durch den Kontakt mit einheimischen Studierenden.
Wohn- und Lebenssituation
Internationale Studierende haben in Norwegen grundsätzlich Anspruch auf einen Platz im Studierendenwohnheim – vorausgesetzt, man bewirbt sich rechtzeitig über die Plattform SAMMEN. Die Bewerbungsfrist wird frühzeitig und klar kommuniziert, sodass man sie gut einhalten kann. Bei der Bewerbung kann man Präferenzen angeben, allerdings werden die meisten Austauschstudierenden, die nur für ein Semester bleiben, dem Wohnheim Fantoft zugeteilt, oft in einem geteilten Zimmer.
Ich war anfangs etwas skeptisch, wie es wohl sein würde, mit jemand Fremdem ein Zimmer zu teilen – letztlich war das aber überhaupt kein Problem. Ich hatte Glück mit meiner Mitbewohnerin, wir haben uns gut verstanden, und für die relativ kurze Zeit war das absolut in Ordnung. Fantoft ist ein großer Wohnkomplex mit Gemeinschaftsküchen, Freizeitmöglichkeiten und vielen anderen internationalen Studierenden – dadurch fällt das Kontakteknüpfen sehr leicht.
Insgesamt lebte ich mit 13 anderen Personen in einer großen WG. Das war einerseits schön, weil man sofort Anschluss hatte und häufig etwas zusammen unternommen hat (z. B. Koch- oder Filmabende). Andererseits war es zum Teil auch anstrengend, da einige meiner Mitbewohner:innen jünger waren und ein sehr partylastiges WG-Leben führten, was manchmal laut wurde und nicht immer besonders rücksichtsvoll war. Ich denke, hier spielt auch einfach Glück (oder Pech) eine Rolle.
Wer lieber alleine wohnen möchte, kann sich auf Einzelzimmer bewerben – die Vergabe wirkt allerdings etwas zufällig. Ich habe von einigen gehört, dass sie sich in Einzelzimmern auch einsam fühlten und sich rückblickend doch eher eine WG gewünscht hätten. Es hängt letztlich vom persönlichen Typ ab.
Eine Alternative ist das Suchen eines privaten WG-Zimmers über finn.no oder Facebook-Gruppen. Das ist nicht immer einfach, aber ich habe Leute kennengelernt, die darüber schöne Wohnungen gefunden haben – oft mit mehr norwegischen Mitbewohner:innen und weniger „internationale Bubble“.
Mobilität & Verkehr: In Bergen gibt es zwei Straßenbahnlinien und ein gut ausgebautes Bussystem. Fahrradfahren ist (vor allem im Winter) eher unüblich. Von Fantoft aus fährt man mit der Bahn etwa 20 Minuten bis in die Innenstadt oder zur Universität. Ich empfehle, sich direkt ein Semesterticket für die Zone A über die App Skyss Billett zu holen. Damit kann man nicht nur die Stadt gut erkunden, sondern auch Fähren zu nahegelegenen Inseln nutzen.
Krankenversicherung: Ich kann sehr empfehlen, vorab eine private Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Die medizinischen Leistungen in Norwegen sind teils teurer, und nicht alles wird von der heimischen Krankenkasse übernommen. Ich habe meine Versicherung mehrfach in Anspruch genommen und war sehr froh, gut abgesichert zu sein.
Freizeit & Natur: Ein großer Teil meiner Freizeit spielte sich in der Natur ab. Rund um Bergen gibt es fantastische Wandermöglichkeiten – die berühmten „7 Berge“ sind gut erreichbar und sehr abwechslungsreich. Besonders hilfreich war die App UT.no, die Wanderwege (auch auf Inseln in der Umgebung) übersichtlich darstellt. Einige Touren lassen sich gut mit Zelt oder Hängematte als Wochenendausflug gestalten.
Ich war Mitglied bei BSI Friluft, der Outdoorgruppe der Uni. Dort gab es regelmäßig Veranstaltungen wie Wanderungen, Skitouren oder Segeltrips. Besonders schön fand ich das wöchentliche Klettern am Dienstagabend, bei dem man leicht andere Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernen konnte – im Winter meist in der Halle, im Sommer draußen am Fels.
Auch eine Mitgliedschaft bei DNT (ähnlich dem DAV) lohnt sich: Man kann an geführten Touren teilnehmen und in gemütlichen Hütten mitten in der Natur übernachten – als Mitglied deutlich günstiger. Eines meiner Highlights war eine Winter-Camping-Skitour, bei der wir zwei Nächte im Schnee gezeltet haben – inklusive Ausrüstung, Verpflegung und Guides für gerade einmal 10 Euro.
Die Natur in Norwegen ist unglaublich zugänglich, und über BUA kann man sich kostenlos Ausrüstung wie Zelte, Ski oder Kletter-Equipment ausleihen – das macht viele Aktivitäten einfach und günstig umsetzbar. Wer gerne draußen unterwegs ist, wird in Bergen absolut auf seine Kosten kommen!
Studienfach: Geoökologie
Aufenthaltsdauer: 01/2025 - 06/2025
Gastuniversität: Universitetet i Bergen
Gastland: Norwegen
Rückblick
Das Semester in Bergen war für mich eine unglaublich wertvolle und prägende Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin. Natürlich gab es nicht nur Höhen – auch herausfordernde Momente gehörten dazu. Gerade das Wetter in Bergen, das oft grau, nass und trüb sein kann, war manchmal eine Belastung für die Stimmung. Ich würde daher allen empfehlen, sich mental darauf einzustellen – und trotzdem offen zu bleiben für all das, was einem begegnet.
Trotzdem überwiegt für mich ganz klar das Positive: Ich habe unglaublich viele neue Eindrücke gesammelt, neue Perspektiven gewonnen und bin in dieser Zeit auch persönlich stark gewachsen. Ich habe viel über mich selbst gelernt, tolle Menschen kennengelernt und mich in einem neuen Umfeld ausprobieren können – das war bereichernd auf so vielen Ebenen.
Mein Tipp an zukünftige Erasmus-Studierende: Geht offen und neugierig in das Abenteuer, lasst euch auf Unbekanntes ein und seid geduldig mit euch selbst, wenn nicht alles sofort klappt. Nutzt die Angebote vor Ort, vernetzt euch, bringt euch ein – ob in studentischen Gruppen, beim Sport oder draußen in der Natur. So entsteht ein Austausch, der weit über das Fachliche hinausgeht.
Ich kann ein Erasmus-Semester in Bergen wirklich nur empfehlen – es ist eine Stadt, die durch ihre Lage, ihre Menschen und ihre Atmosphäre etwas ganz Besonderes ist.