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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Ich studiere Betriebswirtschaftslehre an der Universität Potsdam und habe mich für ein Auslandssemester in Italien entschieden. Ich habe mein Erasmus, in der Länge von zwei Semestern, an der Università di Modena e Reggio Emilia (Unimore) in Modena absolviert. Für mich war schon seit Anfang meines Studiums klar, dass ich ein Auslandssemester machen wollte. Es gab viele Gründe, die mich dazu geleitet haben, in Italien zu studieren. Ich bin zur Hälfte Italiener und schätze die italienische Kultur sehr. Obwohl ich Wurzeln in Italien habe, habe ich noch nie in Italien für einen längeren Zeitraum gelebt und war neugierig zu wissen, wie es ist, in Italien zu studieren. Ich hoffe außerdem, in meinem späteren Berufsleben in Kontakt mit der italienischen Sprache zu sein und habe mir durch den Aufenthalt erhofft, meine Italienischkenntnisse zu perfektionieren. Vor dem Erasmus war ich nur ein Mal als ich klein war in Modena, um einen kleinen Teil meiner Familie zu besuchen, der dort lebt. Die Universität war mir auch schon bekannt, weil meine Mutter an dieser Jura studiert hat. Der Kontrast zwischen einer „Kleinstadt“ wie Modena und einer Hauptstadt wie Berlin, in der ich geboren und aufgewachsen bin, hat mir auch sehr zugesagt.


Studienfach: Betriebswirtschaftslehre

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 09/2023

Gastuniversität: Università di Modena e Reggio Emilia (Unimore)

Gastland: Italien

Die ganzen wesentlichen Informationen zum Erasmus+ Programm habe ich bei den Infoveranstaltungen in der Universität Potsdam bekommen. Nach dem Bewerbungsverfahren wurde ich per Mail von der italienischen Gastuniversität kontaktiert. In der Mail wurde mir etwas genauer geschildert, wie das Studium an der Unimore ablaufen würde und welche Kurse ich an dieser belegen konnte. Außerdem wurde ich einer Facebook-Gruppe mit allen anderen Erasmusstudenten hinzugefügt.

Studium an der Gastuniversität

Wie der Name der Universität bereits vermuten lässt, war die Unimore auf zwei Städte aufgeteilt: Modena und Reggio Emilia. Einige Fakultäten hatten ihren Sitz in Modena und andere in Reggio Emilia. Glücklicherweise war die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät in Modena, welche die etwas größere und belebtere Stadt ist. Das Studienangebot der Universität war sehr vielfältig. Der Großteil von Masterstudiengängen war komplett englischsprachig. Unter den Bachelorstudiengängen war das Angebot zum Großteil Italienisch, was jemanden, der mit der italienischen Sprache nicht sehr vertraut ist, zwingt, die Masterstudiengänge zu belegen. Weil ich Italienisch fließend spreche, war es kein Problem für mich Kurse auf Italienisch zu belegen und hatte die komplette Auswahl an sowohl italienischen als auch englischen Kursen. Die Dozenten, die mich unterrichtet haben, waren im Umgang mit dem Englisch gut genug, dass man alles verstehen konnte und man Spaß am Unterricht hatte. Eine Tatsache, die mir sofort aufgefallen ist, ist, dass es an der Unimore deutlich mehr Vorlesungen pro Modul gibt als in Potsdam. An meiner Fakultät ist es üblich, dass ein Modul aus einer Vorlesung und wenn nötig einer Übung pro Woche besteht. An der Unimore hat ein Modul, das den gleichen Leistungspunkten entspricht, zwei Vorlesungen (die genauso lang waren wie in Potsdam) und wenn nötig eine Übung pro Woche. Dies führte dazu, dass die Anzahl an Vorlesungen, die ich besucht habe, ungefähr doppelt so hoch war wie die in Potsdam. Im Gegensatz zur Uni Potsdam, gab es an der Unimore oft die Möglichkeit „parziali“ (dt. Partielle“) zu absolvieren.  Parziali sind Ersatzleistungen, wie z. B Hausaufgaben, mehrere kleine Klausuren während des Semesters, Präsentationen oder ähnliche Leistungen. Für Studenten, die diese erfolgreich bestehen, entfällt die Klausur zum Ende des Jahres komplett oder wird deutlich vereinfacht. Zu beachten ist außerdem, dass die Unimore Wert darauflegt, dass Erasmus-Studenten keine Vorteile gegenüber den regulären Studenten haben. In Vorlesungen, die ich in Potsdam belegt habe, habe ich zum Beispiel mitbekommen, dass Erasmus-Student einen Zeitbonus von 30 Minuten haben – an der Unimore war das nicht der Fall. Obwohl Erasmus-Studenten keine expliziten Boni bekommen haben, haben sich die Professoren immer sehr hilfsbereit gezeigt und bei sprachlichen Problemen geholfen oder nach dem Unterricht Unverstandenes erläutert. In Italien gibt es eine andere Lehrmethode. Es wird sehr viel mehr Wert auf theoretische Didaktik gelegt. Der Unterricht unterscheidet sich in der Hinsicht, dass es deutlich weniger Möglichkeiten zur praktischen Anwendung des Unterrichteten gibt, dafür aber deutlich mehr abstrakte Theorie. An diese Lehrmethode musste ich mich erstmal gewöhnen. Das hatte auch zur Folge, dass die Klausuren so ausgerichtet waren, dass eher geprüft wurde, ob die Vorlesungsinhalte auswendig gelernt wurden, als dass sie verstanden wurden. Aus den geschilderten Gründen fand ich die Module in Italien deutlich zeitaufwendiger. An der Unimore waren die Teilnehmerzahlen der Module deutlich geringer als in Potsdam, besonders bei den Modulen der Masterstudiengänge. Es gab große Hörsäle wie es sie an der Uni Potsdam gibt, diesen besuchte ich jedoch nur selten, weil ich nur ein Modul belegt hatte, bei dem der große Saal benötigt wurde. Alle anderen Module fanden in kleineren Räumen statt, die Kapazität für ungefähr 30 Studenten hatten. Ich empfand die kleineren Kurse eine angenehme Abwechslung zu den Hörsälen der Uni Potsdam, da sie den Unterricht persönlicher gestalteten und es einfacher war am Unterricht teilzunehmen. Im Großen und Ganzen hat die Betreuung der Erasmus-Studenten funktioniert. Ab und zu war es aber schwierig, mit den Verwaltungsmitarbeitern der italienischen Universität zu kommunizieren. Diese waren oft schwer zu erreichen. Man hat nur selten eine Telefonnummer gefunden, an die dann oft keiner ran gegangen ist. Die Mails wurden nicht selten erst nach mehreren Wochen beantwortet. Mir hat das Buddy Programm sehr geholfen. Bei dem Buddy Programm wurde mir ein italienischer Student zugewiesen, der mir oft bei Problem helfen konnte, da dieser sich besser in der italienischen Universität auskannte. Die Universität war technisch nicht schlecht gut ausgestattet. Die Dozenten haben immer digitales Material zur Verfügung gestellt. Die Vorlesungen wurden aufgezeichnet und kurz vor Anfang der Klausurenphase hochgeladen. Dies fand ich äußerst hilfreich, weil man dadurch Vorlesungen, die man verpasst hat, nacharbeiten oder Vorlesungen erneut schauen konnte, wenn die Stichpunkte, die man sich gemacht hat, lückenreich waren. Die Technik, die die Dozenten benutzt haben, war ein wenig veraltet, hat jedoch einwandfrei funktioniert. Die Bibliothek war sehr hilfreich, um zu lernen - sie war bis auf Samstagnachmittag und Sonntag bis 21 Uhr geöffnet. In der Bibliothek gab es Computerräume, die man für jegliche Recherche benutzen konnte.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

In Modena und Reggio Emilia gab es pro Semester circa 200 Erasmus-Studenten. Von diesen waren 60–70 % in Modena und der Rest in Reggio Emilia. Am Anfang meines Erasmus-Aufenthalts war ich ein bisschen besorgt, weil ich sehr früh nach Modena gekommen bin und in den ersten zwei Wochen niemanden kennengelernt habe. Die ersten Personen, die ich kennengelernt habe, waren meine Mitbewohner in der Wohngemeinschaft, in der ich das erste Semester lang gelebt habe. Als kurze Zeit später die zwei Kennlernwochen angefangen haben, habe ich viele Erasmusstudenten, aber auch ESN-Helfer kennengelernt. Abhängig vom Herkunftsort und Campus haben sich mehrere kleine Gruppen gebildet. Ich war in einer Gruppe, die aus 5 Deutschen /Österreichern zusammengesetzt war. Wegen meiner italienischen Wurzeln habe ich mich aber auch relativ schnell mit italienischen Studenten angefreundet. Eine Sache, die ich unbedingt empfehle, um Leute kennenzulernen, ist ESN beizutreten. Das ist eine "non profit Organisation", die allerlei Aktivitäten für Erasmus-Studenten organisiert. Außerdem habe ich über das Semester hinweg viele Leute kennengelernt, indem ich einfach draußen etwas trinken gegangen bin und mit unterschiedlichen Personen ins Gespräch gekommen bin. Die Tatsache, dass ich mich nur mit nicht Erasmus-Studenten angefreundet habe, hat es dann auch im zweiten Erasmus Semester einfacher gemacht, da ich nicht alle meine Freunde zurück in ihre Heimat gekehrt sind. Dies hatte aber leider zum Nachteil, dass ich im zweiten Semester deutlich weniger Kontakt mit der Erasmusgruppe hatte.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich bin in diesem Fall vielleicht nicht das beste Beispiel für Studenten, die meinen Erfahrungsbericht lesen, denn ich habe seitdem ich klein bin in meiner Familie Italienisch gesprochen und habe somit ein relativ hohes Niveau. Ich habe dementsprechend keinen Einstufungstest vor und nach dem Erasmus gemacht. Trotzdem finde ich, dass mein Umgang mit der italienischen Sprache flüssiger und intuitiver geworden ist. Ich habe mir außerdem die betriebswissenschaftliche Fachsprache aneignen können, die mir vor dem Erasmus fehlte. Die italienische Sprache ist jedoch nicht die Einzige, die ich verbessern konnte. Eine deutlich erwähnenswertere Verbesserung habe ich bei meinem Englisch erzielt. Obwohl ich keine Tests gemacht habe, um dies zu überprüfen, haben ich und andere gemerkt, dass ich meine englischen Sprachfertigkeiten deutlich verbessert habe. Am Anfang meines Aufenthalts habe ich überwiegend Englisch reden müssen, da die meisten Erasmus-Studenten kein Deutsch oder Italienisch gesprochen haben. Ich würde Erasmus-Studenten, die nach Italien gehen, dringend empfehlen, sich schon etwas mit der italienischen Sprache vertraut zu machen, bevor sie nach Italien gehen. Der Grund dafür sind die schlechten Englischkentnisse der Italiener. Ich habe von Erasmusstudenten, die kein Italienisch gesprochen haben, erfahren, dass diese besonders in Umgang mit älteren Italienern Kommunikationsschwierigkeiten hatten. Solche Probleme würden sich beispielsweise bei Vermietern bemerkbar machen.

Wohn- und Lebenssituation

In Modena ist die Wohnungssuche eine Qual. Es gibt wenige Wohnungen und die, die es gibt, haben das Problem, dass die Vermieter die Wohnungen für längere Zeiträume vermieten wollen und nicht nur für ein Semester. Während ich in Modena war, habe ich in den italienischen Nachrichten gehört, dass in Ferrara, eine mit Modena vergleichbare Stadt, spanische Erasmus-Studenten auf Bänken von Zugstationen geschlafen haben, weil sie keine Wohnungen gefunden haben. Von anderen Erasmus-Studenten habe ich auch gehört, dass Vermieter direkt auflegen, wenn jemand für eine Wohnungsbesichtigung anruft, der kein Italienisch kann. Der Grund dafür ist der schon oben erläuterte Punkt: dass die Vermieter, die in der Regel etwas älter sind, kein Englisch sprechen. Ich kannte zwei Erasmusstudenten, die ohne Wohnung nach Modena gekommen sind, um dort eine zu suchen. Ihr Plan war es am Anfang ein Airbnb zu mieten, bis eine Wohnung gefunden war. Nach ein paar Monaten haben die Studenten aufgegeben und den ganzen Erasmusaufenthalt in unterschiedlichen Airbnbs verbracht. Es gibt in Modena unterschiedliche Wege, um nach einer Wohnung zu suchen. Ich z.B. habe die Uni direkt angeschrieben, als ich an der Unimore angenommen wurde. Das hat nicht sofort funktioniert, weil ich durchgängig an andere Mitarbeiter verwiesen wurde. In der von mir verfassten Mail habe ich in Erfahrung bringen wollen, ob es jemanden gibt, der bereit war, sein Zimmer für ein Semester zu vermieten. Die Uni hat mich daraufhin mit einem Studenten in Kontakt gesetzt. Dieser Student hat in Modena gelebt und hat wie ich geplant, ein Auslandssemester zu absolvieren. Ich habe für mein Zimmer 450 € Warmmiete gezahlt, was in Modena nicht unbedingt wenig ist. Der Vorteil dieses Zimmers ist jedoch: die Nähe meiner Fakultät, die Größe (vorher wurde es als Wohnzimmer benutzt) und Nähe zum Zentrum. Eine andere Möglichkeit ist ein Zimmer über die Facebookseite zu finden, zu der die Uni dich hinzufügt, wenn du für das Erasmus angenommen wurdest. Über diese Seite kannst du einzelne Zimmer finden, die Privatpersonen vermieten oder dich für einen Platz im Studentenwohnheim bewerben. In dem Wohnheim gibt es jedoch nicht viel Platz. Die Plätze werden per Los entschieden (falls es zu viele Bewerber gibt). Die Zimmer haben aber auch diverse Nachteile: meistens werden Zimmer in Reggio Emilia angeboten. Zimmer in Modena muss man sich meistens mit Mitbewohnern teilen. Viele Erasmusstudenten haben dementsprechend in Reggio Emilia gelebt, obwohl deren Campus in Modena war. In Modena gibt es Busse, die recht gut funktionieren. Ich persönlich habe diese wegen der Nähe zum Zentrum nicht regelmäßig benutzt. Viele, die etwas weiter entfernt vom Zentrum gewohnt haben, haben diese jedoch täglich benutzt. Ich glaube mich erinnern zu können, dass eine Monatskarte 30 € gekostet hat. Leider gibt es in Modena nicht so viele Fahrradwege wie wir es in Berlin gewohnt sind, jedoch ist das Fahrrad meiner Meinung nach das beste Fortbewegungsmittel für Erasmus-Studenten. Man kann es für ungefähr 50 € beim Fahrradhändler kaufen und wenn man Glück hat, nach dem Erasmus wieder verkaufen. In Italien wurde vor wenigen Jahren ein Gesetz erlassen, welches jedes Geschäft dazu verpflichtet, Kartenzahlungen zu akzeptieren. Aufgrund von diesem Gesetztes habe ich eigentlich nie Bargeld dabeigehabt und immer mit meiner Karte bezahlt. Dadurch, dass ich die italienische Staatsbürgerschaft habe, konnte ich die kostenlose italienische Krankenversicherung benutzen und musste kein Geld für eine zusätzliche bezahlen. Für meine Lebenshaltungskosten hat das Erasmusstipendium nicht gereicht, schon die Miete war höher als das Stipendium. Die Kosten, die ich in Modena zu tragen hatte, waren nicht übermäßig groß. Dies hängt aber auch von dem eigenen Lebensstil ab. Ich fand, dass es in Modena viele Freizeitangebote gab, die man in Anspruch nehmen konnte. Es gab zwei Clubs, die ich in Modena regelmäßig besucht habe. Es gibt ein großes Museum sowie auch ein Kino. Wenn man jedoch das ganze Programm, das die Provinz von Modena anbietet, in Anspruch nehmen will, muss man ein Auto haben, um auch die nahegelegenen Orte zu erreichen.

Studienfach: Betriebswirtschaftslehre

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 09/2023

Gastuniversität: Università di Modena e Reggio Emilia (Unimore)

Gastland: Italien


Rückblick

Abschließend kann ich nur sagen, dass diese Erfahrung unglaublich war und ich sie nicht vergessen werde. Ich habe Freunde gefunden, mit denen ich ein Leben lang in Kontakt bleiben werde. Es fiel mir sehr schwer, nach dem Erasmus in meinen normalen Alltag zurückzukehren. Mittlerweile hatte ich mich an das Erasmusleben gewöhnt, welches spaßgeladen und hektisch war. Mein wichtigster Rat an die zukünftigen Modena-Erasmus-Studenten ist, sich so früh wie möglich nach einem geeigneten Zimmer umzuschauen. Außerdem denke ich, dass es sehr nützlich ist, wenn man zwei Wochen vor dem Vorlesungsbeginn nach Modena kommt. In den zwei Einführungswochen lernen die meisten Erasmusstudenten sich kennen. Falls man diese nicht mitmacht, könnte man riskieren, den Anschluss zu verlieren.

Italien

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