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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Ein Erasmus-Semester in Frankreich zu verbringen, habe ich sehr spontan entschieden und habe mich demnach auch außerhalb der bürokratischen Hürden nicht groß auf meinen Auslandsaufenthalt vorbereitet. Lediglich die Veranstaltung zur Vorbereitung eines Auslandsstudiums in Frankreich vom Institut français in Berlin – den Frankreich-Cocktail – habe ich besucht und dort erste Informationen über die Wohngeld-Situation in Frankreich (dazu später mehr) und Versicherungsangelegenheiten bekommen.
Die Université de Nantes schickt sehr umfangreiche Online-Booklets per E-Mail an die ankommenden Studierenden, sodass ihr Euch problemlos damit vorbereiten könnt. Es sind genaue Checklisten angegeben, welche Unterlagen Ihr vorlegen müsst und welche Schritte zu Beginn in Nantes zu tätigen sind: Erst zum Guichet Unique, den Empfangsort aller internationaler Studierenden in der Nähe der Station Hôtel Dieu, dann zum Studi-Wohnheim, später zur Erasmus-Koordinatorin an die Universität usw... Darüber möchte ich hier gar nicht vielmehr schreiben, da Ihr bereits viele Informationen von der Gastuni erhalten werdet.
Ein letzter Satz sei gesagt: Die ersten Wochen an einer neuen Uni, in einem neuen System und mit neuen bürokratischen Herausforderungen können etwas anstrengend und überladend wirken, aber keine Panik – Vor Euch haben das schon viele andere gemeistert und Euch steht Eure Erasmuskoordination an der Université de Nantes stets für Fragen zur Verfügung. Einfach immer durchfragen und Ruhe bewahren!


Studienfach: Französisch Lehramt

Aufenthaltsdauer: 09/2019 - 01/2020

Gastuniversität: Université de Nantes

Gastland: Frankreich

Studium an der Gastuniversität

Das Studium an der Université de Nantes hat mir große Freude bereitet. Auch wenn es, wie viele stets vom französischen Unialltag berichten, viele Vorlesungen gibt, in denen tatsächlich der Dozent oder die Dozentin Ihre Lehre vorliest und die Studierenden Wort für Wort mitschreiben, so habe ich doch in Nantes sehr mitreißende und spannende Lehrvorträge hören dürfen. Zumeist waren die Dozierenden sehr aufgeschlossen und interessiert daran, die Studierbarkeit den Umständen entsprechend zu erhöhen und mehrfach wurden alternative Prüfungsformate für Erasmus-Studierende angeboten. So konnte ich beispielsweise im Kurs Sociologie des mouvements sociaux mit einer deutschen Kommilitonin aus Hamburg statt einer Klausur einen Vortrag über die Fridays For Future-Bewegung in Deutschland halten – mit Mikrofon vor einem Vorlesungspublikum (in Frankreich heißen Vorlesungen übrigens cours magistraux (CM)) und auf Französisch war das eine richtige Herausforderung und gute Alternative zum Klausurenstress. Denn das ist wohl der größte Unterschied zum Potsdamer System: In Frankreich endet quasi jeder Kurs mit einer Klausur – auch in Literaturwissenschaften! Im Wintersemester liegen die zwei Wochen Prüfungsphase meist direkt nach Weihnachten, sodass viele während der Weihnachtsferien in der Heimat lernen mussten und dann einen ganzen Klausuren-Marathon absolviert haben. Wenn Ihr diesem also etwas Abhilfe schaffen wollt, fragt am besten zu Beginn des Semesters Eure Dozierenden, ob Ihr beispielsweise Vorträge halten oder sogenannte Fiche de lecture über wissenschaftliche Artikel schreiben könnt als alternative Prüfungsleistung während des Semesters.
Ihr solltet Euch auch darauf einstellen, dass ausgefallene Kurse nach zeitlichem Belieben der Dozierenden nachgeholt werden können und Studierende hier keinerlei Mitspracherecht haben. Da in meinem Semester die Universität sehr häufig durch studentischen Aktivismus blockiert wurde (um auf die Prekarität studentischen Lebens und die geringe Studierbarkeit in Frankreich aufmerksam zu machen), fielen sehr viele Kurse aus. Diese wurden dann alle sehr spontan in der letzten Woche vor Weihnachten, der sogenannten semaine de révision, nachgeholt. Eigentlich ist diese für das Selbststudium und die Vorbereitung der Klausuren gedacht, daran halten sich jedoch die wenigsten Dozierenden. Entscheidet Euch also am besten dafür, diese Woche als festen Bestandteil der Präsenzzeit einzurechnen und nicht vorzeitig in die Weihnachtsferien nach Deutschland zu reisen. 
Als Studentin des Départements Lettres Modernes musste ich mindestens 50% der Kurse in Literatur wählen, darüber hinaus habe ich Kurse in Philosophie und Soziologie belegt. Dies ist problemlos innerhalb einer Fakultät möglich. Sofern Ihr Kurse aus anderen Fakultäten belegen wollt, solltet Ihr Euch vor Beginn des Semesters über die Einführungstermine informieren, da diese zwischen den Fakultäten variieren können. Ein letzter Satz zu den Klausuren am Ende: Ich hatte vielfach Dissertationen als Prüfungsformat, das heißt, ich musste in zwei bzw. vier Stunden eine Art Erörterung über ein sehr breites Thema des Kurses schreiben. Die Vorbereitung auf diesen Schreibstil kann ich Euch als Prüfungsvorbereitung sehr empfehlen.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

Auch wenn die französischen Studierenden nicht besonders offen wirken und zumeist nicht besonders großes Interesse an ausländischen Studierenden zeigen, habe ich sehr gute französische Freundinnen und Freunde gefunden. Wir hatten einen kleinen Kreis deutsch-französischer Studierender, die jeden Mittag gemeinsam im wunderbaren Café des Théâtre Universitaire gegessen und Kaffee getrunken haben. Dieser Ort war wohl stets unser Lieblingsort; hier gibt’s leckeren Kaffee für einen Euro sowie leckere Sandwiches und Tartes und es ist außerdem möglich, sich sein eigenes Essen mitzubringen.
Außerhalb des Studiums lassen sich die besten Kontakte beim Sport knüpfen: Ich war in einer außeruniversitären Tanzschule eingeschrieben, wo ich ab der ersten Stunde Kontakte knüpfen konnte. Auch die Uni bietet für 50€ an, bis zu drei Kurse des Hochschulsports (SUAPS) gleichzeitig zu belegen. Hier trifft man stets einheimische Studierende und je nach ausgefallenem Sportangebot (Wandern, Surfen oder Stressbewältigung auf der Insel Noirmoutier) verbringt man ganze Tage mit anderen Studierenden.
Da zu Beginn vor allem Erasmus-Treffen sind und der Kontakt zu den französischen Studierenden sich nicht so schnell entwickelt hat, habe ich vor allem am Anfang viel Zeit mit anderen Erasmus-Studis verbracht. Da alle neu in der Stadt sind, konnte man gemeinsam Cafés entdecken, Ausflüge an den Atlantik machen oder auch die Touri-Hotspots der Stadt erkunden. Für mich war die Mischung an Kontakten zu einheimischen und ausländischen Studierenden genau richtig: So konnte ich nicht nur Freundschaften nach Frankreich aufbauen, sondern habe auch die Chance durch Deutschland zur reisen, um meine Freundinnen wiederzutreffen.

Wohn- und Lebenssituation

Ich habe während meines Semesters in einem günstigen und kleinen Zimmer des Studierendenwerks in Frankreich, dem CROUS gewohnt: Hier gibt’s 9m2 Zimmer inklusive Dusche, WC und Kühlschrank für rund 260€, was deutlich unter dem Mietspiegel für private Wohnungen in Nantes liegt. Jedoch solltet Ihr beachten, dass die französischen Studi-Wohnheimsplätze zentral vergeben werden und Ihr keinerlei Mitsprachrecht habt, in welchem Wohnheim Ihr unterkommt. Ich hatte Glück und habe einen Platz in der Cité universitaire Chanzy, direkt im Stadtzentrum, bekommen. Alle anderen Wohnheime liegen jedoch außerhalb des Zentrums und sind deutlich schlechter angebunden. WGs sind in Frankreich weniger üblich als in Deutschland. Falls Ihr dennoch eine sucht, könntet Ihr unter www.lacartedescolocs.fr fündig werden. Dabei solltet Ihr beachten, dass die Zimmervergabe zumeist sehr spontan und innerhalb weniger Tage verläuft, sodass es schwierig sein könnte, von Deutschland aus bereits ein Zimmer zu suchen. Wem also Vorausplanung wichtig ist, sollte womöglich lieber die Wohnheimsalternative wählen. Einmal ein Zimmer gefunden, könnt Ihr das französische Wohngeld von der CAF beantragen. Einmal den Online-Prozess unter www.caf.fr angefangen, solltet Ihr schnellstmöglich die erforderlichen Unterlagen per Post einreichen. So könnt Ihr bis zu einem Drittel der Miete vom französischen Staat erstattet bekommen. Dafür benötigt Ihr ein französisches Bankkonto, das Ihr recht problemlos beispielsweise bei der Crédit Agricole eröffnen könnt.
Um in Nantes von A nach B zu kommen, könnt Ihr entweder das Tram-Netz der Gesellschaft TAN nutzen (ca. 38€ für eine Monatskarte) oder aber am besten jeden Weg mit dem Fahrrad zurücklegen. Die Fahrradwege sind sehr gut ausgebaut, Ihr könnt für ein Semester ein Fahrrad beim Vélocampus der Uni leihen (46€ pro Semester + 200€ Kaution) oder aber ein eigenes Fahrrad auf der ebay-äquivalenten Seite www.leboncoin.fr kaufen. Wenn Ihr zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sein wollt, packt Euch Regenjacke und -hose ein! Klingt uncool, aber ist die einzige Möglichkeit maximal mobil zu sein beim wechselhaften, regnerischen Wetter in Atlantik-Nähe.
Insgesamt lebt es sich in Nantes sehr gut, wenn man erst einmal seine Lieblingsorte entdeckt hat! Ein Frühstück in der Sonne an der Erdre (einem der beiden Flüsse, die durch die Innenstadt fließen) oder am Marché de Talensac (einfach ein Croissant auf dem Markt kaufen und dieses im Café gegenüber bei einem Heißgetränk verspeisen) sind stets ein Highlight gewesen. Nantes ist sehr künstlerisch und reich an kulturellen Veranstaltungen: Eigentlich gibt es jedes Wochenende irgendein Festival rund um Tanz, Musik, Kunst, Essen oder Literatur. Eine gute Übersicht über die Veranstaltungen findet Ihr entweder auf der Seite der Stadt: www.nantes.fr oder auf der Seite von www.lebonbon.fr. Ansonsten schlendert einfach durch das Ausgehviertel Bouffay und genießt den Trubel der vielen Menschen auf der Straße oder aber zieht über die industriell angehauchte und nun zum Tanzen verführende Île de Nantes. Insbesondere Frauen und Transmenschen sollten jedoch beachten, dass man in Nantes häufig verbal oder auch körperlich belästigt wird und vielerorts davor gewarnt wird, nachts allein durch die Stadt zu ziehen. Dieser Umstand hat mich besonders zu Beginn des Semesters stark eingeschränkt und wütend gemacht. Doch mit der Zeit lernt man Leute kennen, mit denen man gemeinsam abends durch die Bars und Clubs flanieren kann.

Besonders zu empfehlen sind die folgenden Orte:

Café du Cinéma

Café & Bar, wo man zu jeder Tages- und Nachtzeit ein günstiges Getränk bekommt und ganz Nantes wiedertrifft

Live Bar

Besonders zu den Jam Sessions zu empfehlen

Le Nid

Oben auf der Tour de Bretagne, in der 32. Etage gibt es weniger günstigen Wein mit großartigem Ausblick

La Cocotte Solidaire

Auf der Île de Versailles gibt es ein solidarisch betriebenes Restaurant, wo Ihr mit Einheimischen kochen (ab 9h30) oder Mittag essen (12h30) könnt. Sehr zu empfehlen!

Le Lieu Unique

Die ehemalige Keksfabrik dient jetzt als Tanzlokal, Café, Bar, Hammam, Bibliothek, Ausstellungsort und Theater zugleich.

Le loup, le renard et la galette
oder auch

Heb Ken

Die wohl außergewöhnlichsten, am schönsten dekorierten Galettes und Crêpes gibt’s beim ‚Loup & Renard‘! Echt bretonisch mit Cidre dazu, Galette als Hauptgang und einem süßen Crêpe als Dessert... Auch Heb Ken ist super lecker.

Rond Point

In einer der vielen Bars und Clubs auf dem Hangar à Bananes auf der île de Nantes ist der kleine Club Rond Point. Hier gibt’s jeden letzten Samstag im Monat die wohl beste Tanzveranstaltung Nantes: den Funky Saturday!

Le Bécot, Chop Chop, Sugar Blue

Diese drei Cafés kommen dem Veganismus entgegen. Auch wenn es sonst in Frankreich eher schwierig ist vegetarisch oder vegan zu leben, gibt’s hier auch einmal Kuchen und Kaffee ohne tierische Produkte.

Kyros

Wohl den besten Falafel der Stadt, der zwar recht seltene Öffnungszeiten hat, aber jeden bei kretischem Wein mit günstigen Schnellgerichten verwöhnt.

Nicht zuletzt lasst Euch gesagt sein, dass Ihr von Nantes aus zahlreiche Ausflugsziele habt: Gen Süden bis nach Bordeaux, über La Rochelle und die Île de Ré, gen Norden Richtung Bretagne, Steilküsten und große Nationalparks, gen Osten Richtung Paris oder auch das kleine mittelalterliche Dorf Clisson oder gen Westen ins schöne Fischerdorf Pornic mit seinen zahlreichen Stränden am Atlantik. Für letzteres am besten den Aléop-Bus nehmen, der kostet lediglich 2,50€ pro Fahrt.

Sonstige Hinweise

Wenn nicht gerade einmal wieder gestreikt und demonstriert wird (auch gern als Hobby der Franzosen und Französinnen genannt, weil eigentlich jeden Samstag Demo ist), kommt man von Berlin aus für rund 60-80€ mit dem Zug nach Nantes.

Studienfach: Französisch Lehramt

Aufenthaltsdauer: 09/2019 - 01/2020

Gastuniversität: Université de Nantes

Gastland: Frankreich


Rückblick

Rückblickend bin ich sehr froh, ein Erasmus-Semester in Anspruch genommen zu haben und würde es allen stets empfehlen! So leicht wird es vermutlich nicht mehr, finanziert im Ausland zu studieren und dabei Einblicke in eine andere Kultur zu bekommen. Ihr solltet Euch dennoch bewusst sein, dass es Eigenengagement und Neugierde bedarf, in einer neuen Stadt „richtig anzukommen“ und neue Menschen kennenzulernen. Die ersten Wochen waren zum Teil hart und auch etwas einsam, aber spätestens nach 2 bis 3 Monaten kommt man so richtig an. Es gibt viel zu erleben und zu sehen, drum geht auch einmal raus aus der Bibliothek und aus Eurem Zimmer, unterhaltet Euch mit Menschen vor Ort und stürzt Euch ins Gewusel dieser jungen, lebendigen und politischen Stadt! Die vielen Parks und Spazierwege (entlang der Loire oder dem kleinen Fluss La Chézine kann man bestens wandern) laden ein, ins Grüne zu gehen. Insgesamt bietet ein Erasmus-Semester die Möglichkeit, einmal aus dem Alltag zu Hause auszubrechen, sich mit sich selbst und seinem Studium auseinanderzusetzen, neue Menschen aus aller Welt zu treffen und die Freiheit, eine Pause einzulegen oder neue Impulse für das Leben zu sammeln.

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