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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Die Vorbereitungen für das Auslandssemester an der Sciences Po Lille verliefen sehr unproblematisch. Durch die von der Uni Potsdam zur Verfügung gestellte Übersicht ließen sich die notwendigen Schritte gut überblicken und planen (https://www.uni-potsdam.de/de/international/outgoing/studium/erasmus/schritte). Nachdem ich von der Uni Potsdam an der Sciences Po Lille nominiert wurde, wurde verlangt, bis zum 23. Juni einige Dokumente für die Zulassung über einen Link hochzuladen. Danach erhielt ich einen Letter of Admission. Es handelt sich also um keine „Bewerbung“, die abgelehnt werden kann. Es war außerdem kein Englisch- oder Französischnachweis notwendig, obwohl die meisten Kurse für Erasmus-Studierende auf Englisch unterrichtet werden und man auch alle französischen Kurse besuchen kann. Das OLA before the mobility habe ich im Juni/Juli fertiggemacht, VOR der Sommerpause in Frankreich und Deutschland. Wichtig ist, dass das OLA vor Antritt des Auslandssemester dem International Office vorliegt. Dabei ist zu beachten, dass die zuständigen Koordinator:innen der Sciences Po ab Ende Juli bis Ende August (also ein paar Tage vor Semesterbeginn in Frankreich) nicht zu erreichen sind. Auf der Internetseite der Sciences Po Lille findet sich eine Kursübersicht des aktuellen Semesters (https://www.sciencespo-lille.eu/international/mobilite-etudiante-entrante/le-choix-des-cours), die gut als Orientierung dienen kann. Wahrscheinlich werden aber nicht alle Kurse genauso im nächsten Semester angeboten, aber das ist auch nicht schlimm, weil man beim OLA during the mobility auch nochmal alle Kurse austauschen kann.


Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Science Po Lille

Gastland: Frankreich

Studium an der Gastuniversität

Die Kurseinschreibung erfolgt an der Sciences Po Lille ein paar Tage vor Semesterbeginn. Man bekommt einen Link gemailt, worüber man dann aus einer langen Liste alle Kurse auswählen kann, die man belegen möchte. Es gab nur sehr wenige Kurse, die schon nach ein paar Minuten voll waren, es haben aber eigentlich alle Erasmus-Studis die Kurse belegen können, die sie eingeplant hatten. Vorher bekommt man von den Koordinator:innen schon einen aktuellen Kurskatalog, damit planen kann, welche Kurse man wirklich belegen möchte. ILeider gab es im Vorfeld kaum ausführliche Kursbeschreibungen und man musste sich in den meisten Fällen nur anhand des Titels entscheiden. Moodle wurde hier nur von einer Handvoll Dozierenden genutzt. Generell war die Bereitstellung von Materialien im Verlauf des Semesters sehr uneinheitlich. In einem Kurs wurden die Präsentationen auf Moodle hochgeladen, in einem anderen per Mail verschickt und im nächsten Kurs über einen OneDrive Ordner geteilt. Woanders wiederum wurden die Folien gar nicht erst bereitgestellt. Literatur musste man sich teilweise auch selbst zusammensuchen. Für Hausarbeiten habe ich später dann meistens einfach das VPN der Universität Potsdam genutzt, um auf möglichst viele Online-Journals/Bibliotheken zugreifen zu können, zu denen die Sciences Po glaube ich keinen Zugriff hatte (z.B. JSTOR, Taylor & Francis, SSRN). Die Lehrqualität in den verschiedenen Veranstaltungen variierte stark. Generell waren alle Erasmus-Studis, mit denen ich gesprochen habe, etwas enttäuscht von der Lehre an der Sciences Po, da mit dem Namen auch hohe Erwartungen einhergehen. Ich werde zunächst die Kurse betrachten, welche (fast) ausschließlich für Erasmus-Studis gedacht waren, danach auf die französischen Kurse. Die Franzosen tun sich schwer mit Englisch. Das musste man leider in den auf Englisch unterrichteten Kursen feststellen. In der Einführungswoche gab es zwei Kurse zur (französischen) Methodik zum Schreiben eines Essays. Diese waren sprachlich dermaßen schlecht, dass man nichts verstanden hat. Die französischen Kurse, die ich hatte, dauerten jeweils drei Stunden. Der erste Kurs (Démocraties et autoritarisme dans les relations internationals) fand alle zwei Wochen statt und ich habe ihn nach zwei Sitzungen doch noch abgebrochen, weil es insgesamt zu viel Arbeitslast gewesen wäre. Hier wurde mir aber die französische Arbeitsweise deutlich, welche ich zugebenermaßen etwas komisch finde. Der Kurs war so gestaltet, dass die Dozentin zwei Stunden ohne Pause Input gibt und die restliche Stunde von einer Gruppe als Diskussion gestaltet wird. Während die Dozentin gesprochen hat, haben die Franzosen versucht, Wort für Wort ALLES mitzuschreiben, was gesprochen wurde, obwohl die Folien hinterher verschickt wurden. In den englischsprachigen Kursen, an denen teilweise auch Franzosen teilnahmen, war es genauso. Der andere Kurs (Communication Politique) ging ebenfalls drei Stunden und fand dafür auch nur sechs Mal statt. Es handelte sich um einen Masterkurs mit 10 Leuten. Abgesehen von der eher weniger befriedigenden Lehre waren die Betreuer:innen sehr nett und immer bemüht zu helfen. Die Bibliothek hat mir wirklich gut gefallen, da sich hier um Wohnzimmerflair bemüht wurde mit Pflanzen, Sofas etc. Für das Drucken habe ich im gesamten Semester nichts bezahlt, da von Anfang an 30€ auf dem Studiausweis waren, die ich dann aufgebraucht habe. Außerdem gab es viele Gruppenarbeitsräume, die man buchen konnte und ein nettes Café im Gebäude. Ein paar Fußminuten von der Uni befand sich außerdem die Mensa. Hier konnte man bequem mit einer App zahlen und bekam auch recht viel für 3,30€, aber das Essen war auch nicht immer so appetitlich und kaum vegetarisch/vegan.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

Es liegt in der Natur eines Erasmus-Semesters, dass man die meiste Zeit mit anderen ausländischen Studis verbringt, da es natürlich schwieriger ist, mit Einheimischen zu kommunizieren, wenn man die Sprache nicht fließend spricht. Gerade in Gruppen kann man dann Gesprächen nur schwierig folgen. So bestand meine Freundesgruppe fast ausschließlich aus ausländischen Studis. Die Franzosen an der Sciences Po können häufig jedoch auch ganz gut Englisch sprechen und machen das (mit ein paar Ausnahmen) gerne. So kommt man schon in Kontakt, aber weil man zum Beispiel kaum Kurse zusammen hat, begegnet man sich auch wenig. Ansonsten ist Lille aber eine sehr junge Stadt mit vielen coolen und sympathischen Leuten, sodass man auch außerhalb der Uni Leute kennenlernen kann.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Meine französischen Kenntnisse haben sich durch die alltägliche Anwendung auf jeden Fall verbessert, auch wenn ich nicht unbedingt sagen würde, dass die Verbesserung enorm war. In meiner WG mit drei Franzosen haben wir meistens einen Mix aus Englisch und Französisch gesprochen und die anderen waren auch sehr geduldig mit mir. Ich habe mich außerdem mit zwei weiteren Franzosen angefreundet, mit denen ich die meiste Zeit Französisch gesprochen habe. Ich würde sagen, dass ich vor allem Redewendungen bzw. die Unterschiede zwischen gelehrtem und gesprochenem Französisch gelernt habe. Mit einem kleineren intensiveren Kurs wäre denke ich mehr drin gewesen.

Wohn- und Lebenssituation

Frankreich ist teuer! Dennoch ist Lille eine wunderbare Stadt, wo es sich wirklich zu leben lohnt, besonders als Studi. Mein WG-Zimmer habe ich über „livein-france.com“ gefunden, wo man dieses praktisch wie ein AirBnB buchen kann. Etwas blöd kam ich mir aber vor, weil ich eine Gebühr von 500€ zahlen musste und die Miete letztendlich über eine lokale Agentur läuft (Colocatère Lille). Diese wird vorher natürlich nicht genannt. Man kann sich aber auch direkt an Colocatère bei der Suche wenden und so die Gebühr sparen. Eine andere bequeme Alternative ist „ChezNestor“. Hier bucht man ebenfalls bequem alles online mit flexiblen Daten. Man muss dann nur einen Monat vorher kündigen und kann ausziehen, wann man will. Man kann es außerdem über „Carte des Colocs“ versuchen, das Pendant zu WG Gesucht, aber das schien mir ziemlich aufwendig aus Deutschland heraus. Ich habe 560€ + 20€ Hausratsversicherung (Pflicht) für mein 11m2 Zimmer bezahlt, was denke ich ungefähr der Durschnitt ist. Dafür war die Wohnung modern eingerichtet und in perfekter Lage. Man sollte natürlich schon früh anfangen zu suchen, aber es gibt dann auch noch nicht viel Angebot. Erfahrungsgemäß gibt es sehr viele Angebote Anfang Juli, die dann schnell weg sind. Stadtteile, die zu empfehlen sind: Vauban (möglichst in der Nähe vom Parc de la Citadelle), Wazemmes (um den Marché de Wazemmes) und Vieux Lille (fast unmöglich, hier was zu finden). Moulins ist ein eher nicht so schöner und unsicherer Stadtteil. Viele Studis sind außerdem in Fives untergekommen, hier ist man aufgrund der Metro noch recht schnell in der Altstadt und die Gegend ist auch in Ordnung. Das Nachtleben spielt sich vor allem an der Ecke Rue Solferino/Rue Nationale ab. In den vielen kleinen Straßen um den Supermarkt Match befinden sich endlos viele Bars, die fast nur von jungen Leuten frequentiert werden. Es sind aber auch nicht gerade die schicksten oder gemütlichen Kneipen in dieser Gegend, sondern eher Tanzbars, wo ab 21 Uhr Reggaeton oder normale Partymusik läuft. Die typischen Erasmus-Kneipen sind Seven, Tcha-Tcha oder Base Camp. Angenehmere Kneipen, wo auch eher Einheimische hingehen, sind Monsieur Le Zinc oder La Café des Six Roses. Das billigste Bier in ganz Lille (3,5€ für 0,5L) gibt es in der Temple’s Bar, dafür läuft da aber auch die schlechteste Musik. Zum Feiern gibt es ein paar Techno Clubs: Le Baron, La Relève, Joy (3. Etage!, meiner Meinung nach der beste Techno Club), ab und zu auch je nach Event Le Start. Im Nox Club läuft eher House. Um nichts zu verpassen, sollte man auf Instagram der Seite „sortir.lille“ folgen (https://www.instagram.com/sortir.lille/?hl=de). Tagsüber hat Lille genauso so viel zu bieten. Es wird einfach nie alt, über den Grand Place oder durch die vielen schönen Straßen in der Altstadt zu schlendern. In Wazemmes gibt es auf den eben genannten Straßen eine gute Auswahl an Vintage-Läden. Die Stadt kann man angenehm in einem Tag ablaufen, auch wenn man mal Besuch hat. Ansonsten habe ich mir vor Ort über Le Bon Coin für 50€ ein Fahrrad gekauft, weil man damit wirklich alles perfekt erreichen kann. Die Öffis fahren nach 1 nicht mehr, auch an den Wochenenden. Mit Fahrrad ist man also deutlich unabhängiger. Es gibt auch Leihräder, wo man sich online für registrieren kann (https://www.ilevia.fr/fr/). Es gibt ein paar Museen in Lille, die man sich angucken kann, allen voran den Palais des Beaux-Arts, den ich persönlich aber nicht so toll fand. Von Lille aus kann man auch sehr gut Ausflüge in Nordfrankreich/Belgien machen. Brüssel, Paris, Gent, Antwerpen, Brügge sind mit Flixbus/Zügen super zu erreichen. Zusätzlich werden von Erasmus Place regelmäßig Ausflüge angeboten (https://erasmusplace.com/region/lille/). Ich kann auf jeden Fall den Ausflug übers Wochenende in die Normandie und Bretagne zum Mont St. Michel und St. Malo sowie Étretat empfehlen. Das Meer ist von Lille auch nicht weit. Mit den Zügen kommt man schnell nach Dunkerque und Calais. Die Städte sind zwar wirklich nicht so schön, von Calais gibt es aber einen Bus, der einen ans Cap Blanc Nez bringt. Man kann sich auch über „OuiCar“ günstig ein Auto von Privatpersonen mieten und damit zum Beispiel ans Cap Griz Nez und dann an den Strand von Écault fahren, um einen Surfkurs zu machen. In den Ferien Ende Oktober/Anfang November kann man dann einen größeren Trip machen, z.B. nach London oder Amsterdam. Die Eurostar Züge nach London sind super schnell, leider auch nicht ganz günstig, besonders in der Ferienzeit.

Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Science Po Lille

Gastland: Frankreich


Rückblick

Insgesamt ist Lille eine unglaublich lebenswerte und schöne Stadt mit super vielen jungen Leuten. Gerade, wenn es draußen noch warm ist, platzen die Bars und Cafés ab 16/17 Uhr aus allen Nähten, weil so viele Menschen unterwegs sind. Ich habe außerdem noch nie eine Stadt gesehen, wo es so viel Angebot an Kneipen und Restaurants dicht beieinander gibt. Die Erfahrung, in dieser Stadt zu leben, hat die mittelmäßige Erfahrung mit der Uni auf jeden Fall ausgeglichen. Das Erasmus-Semester war eine tolle Gelegenheit, eine neue Stadt und viele neue Leute kennenzulernen. Lille eignet sich hervorragend dafür! Ich hoffe, dass andere bessere Erfahrungen mit der Lehre an der Sciences Po machen. Trotz der sehr kritischen Schilderungen waren die Kurse prinzipiell inhaltlich ansprechend, sodass ich auf jeden Fall etwas dazugelernt habe. Ich würde alles genauso nochmal machen.

Frankreich

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