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Erasmus+ Erfahrungsbericht - Bordeaux

Wenn ihr euch für ein Erasmussemester entscheidest, sind die notwendigen ersten Schritte an der Uni Potsdam sehr einfach. Zunächst musst du nur ein kurzes Bewerbungsformular ausfüllen. Ich empfehle euch, sich möglichst früh zu bewerben, dann stehen deine Chancen in deine Wunschstadt zu kommen, nämlich am besten. (Bewerbungsbeginn für’s kommende Wintersemester ist der 1.11./ Bewerbungsende ist am 31.1.)
Ich wollte eigentlich im Sommersemester im Ausland studieren, allerdings würde ich euch das - zumindest in Frankreich - nicht empfehlen. Dort haben die Universitäten einen anderen Studienrhythmus (1. Semester September - Dezember, 2. Semester Januar - April). Wenn ihr nur ein Semester im Ausland verbringen wollt, kommt somit nur das Wintersemester in Frage.
Ich habe mich für die Unis in Bordeaux, Nantes und Rennes entschieden und habe am 1.Februar die Zusage für meinen Studienplatz in Bordeaux erhalten. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn es gibt dort pro Semester nur zwei Studienplätze (vom Institut für Romanistik).


Studienfach: Deutsch und Französisch Lehramt, Sek I und II

Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 12/2017

Gastuniversität:Université Bordeaux Montaigne

Gastland:Frankreich

Studium an der Gastuniversität

Am 7. September fand die erste Veranstaltung für die Erasmusstudenten an, die allerdings wenig aufschlussreich war, nutzt den Tag aber, um erste Kontakte zu euren Mitstudierenden zu knüpfen. Ihr bekommt Zugang zu eurem Unikonto (hier könnt ihr Mails, euren Stundenplan und Dokumente eurer Veranstaltungen abrufen). In den kommenden Tagen findet die administrative Einschreibung statt, bei der man seinen Studentenausweis ausgestellt bekommt, ihr unterschreibt ein attestation d’arrivée und ihr schreibt euch für die Unikurse ein. Besonders die Einschreibung habe ich als sehr umständlich und schwierig empfunden, also helft euch gegenseitig und fragt nach.

Ich fand den Arbeitsaufwand, verglichen mit meinem Studium in Potsdam, nicht sehr aufwendig. Allerdings habe ich auch nur 21 LP gemacht, mein Französischniveau war schon vor meinem Auslandssemester sehr gut und die Erasmusstudierdenden wurden allgemein weniger streng bewertet. Ich habe Kurse aus dem ersten, dritten und fünften Semester belegt.
Insgesamt ist mir aufgefallenen, dass die meisten Veranstaltungen wenig didaktisiert waren. Das französische Universitätssystem ist sehr verschult, Eigeninitiative und ein reger Austausch werden wenig gefördert, im Gegenteil: in Vorlesungen und in den Seminaren ist Mitschreiben angesagt. Darauf muss man sich leider einstellen.
In den ersten Tagen könnt ihr außerdem für nur 18€ einen «pass sport» kaufen. Habt ihr diesen, könnt ihr vom umfangreichen Sportprogramm der Uni profitieren und soviele Sportkurse wie ihr mögt belegen.
Da alle Sportkurse allen Studierenden zugänglich sind, versucht euch direkt zum Semesterstart Plätze zu sichern. Es werden auch wöchentliche Surfstunden angeboten, diese sind allerdings sehr beliebt und schnell vergeben, verpasst also nicht die réunion (liste et horaires des activités)! Des Weiteren werden sportliche Nächte zu verschiedenen Themen organisiert (fitness, skaten..). Auf der Facebookseite Sport U- Bordeaux Montaigne werdet ihr darüber informiert.
Es ist auch möglich zusätzlich für 7€ einen «pass culture» zu erwerben. Habt ihr diesen, könnt ihr zum Beispiel am «ateliers theatre» teilnehmen. Auch der Kurse ist sehr beliebt, also fragt am Besten nach, wann die erste réunion stattfindet.
Die Uni in Bordeaux ist verglichen mit der Uni in Potsdam, „äußerlich“ nicht sehr schön. Die Mensen sind weniger gut und teurer, die Gebäude alt und grau, Technik eher wenig vorhanden und die Veranstaltung meist wenig strukturiert und trocken. Trotzdem kann man, so lange es warm ist, auf vielen Grünflächen draußen sitzen, in der Bibliothek (Etage 3) sehr gut arbeiten und sich in Freistunden Filme ausleihen, in der Mensa Syrtaki Cappuccino für 1€ trinken, Mittagessen in Le Vera Cruz und in den kleinen studentischen Einrichtungen, überall auf dem Campus, Café für nur 40 Cent kaufen - und so hat die Uni dann doch irgendwie ihren ganz eigenen Charme!

Kontakt zu einheimischen und ausländischen Studierenden

Über das Buddysystem könnt ihr euch eine/n französische/n Partnerin zuweisen lassen, der/die euch bei Problemen helfen kann. Dies ist eine gute Möglichkeit um mit einheimischen Studierenden Kontakte zu knüpfen. Bei mir hat das sehr gut funktioniert. Ich habe viel mit meinem „Buddy“ unternommen und wir sind sehr schnell Freundinnen geworden.
Da ich Deutsch und Französisch auf Lehramt studiere, habe ich einige Kurse gemeinsam mit französischen Deutschstudierenden belegt. Dort ist es mir sehr leicht gefallen Anschluss zu finden, da die Deutschlernenden ebenfalls sehr an uns interessiert waren. Im Gegenteil dazu, ist es mir in Kursen aus dem 1. Semester eher schwer gefallen Kontakte zu knüpfen. Meine Mitstudenten waren hier noch sehr jung, denn in Frankreich ist es unüblich, nach dem baccalauréat beispielsweise ein Auslandsjahr zu machen. Aber generell ist es wirklich nicht schwierig Anschluss zu finden und man sollte sich darüber im Vorfeld keine großen Gedanken machen. Da alle Erasmusstudierenden sich praktisch ein „neues Leben“ in der neuen Umgebung aufbauen, gibt es immer jemanden, mit dem man sich treffen kann und der offen für Unternehmungen jeglicher Art ist. Ich wollte zunächst nicht so viel Zeit mit den anderen Erasmusstudierenden verbringen, da ich mich vor allem sprachlich verbessern wollte, aber ich habe so unglaublich tolle und interessante Leute kennengelernt, dass ich am Ende dann doch auch sehr viel mit ihnen unternommen habe. Wir haben auch untereinander viel französisch geredet, deshalb war das auch gar nicht schlimm.
In WGs und über Freunde und deren Freunde und die Sportkurse könnt ihr natürlich auch neue Leute kennenlernen. Seid einfachen offen und freundlich und dann ergibt sich alles von ganz allein.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich studiere seit zwei Jahren Französisch, davor habe ich einen Europäischen Freiwilligendienst an einer Grundschule in der Nähe von Montpellier absolviert. Deshalb war mein Französischniveau auch schon vor meinem Auslandsaufenthalt sehr gut (C1). Allerdings gibt es ja immer Punkte, die man gerne verbessern möchte. Ich wollte vor allem daran arbeiten, noch flüssiger antworten zu können und meine grammatikalischen Kenntnisse zu verbessern. Dies ist mir auf jeden Fall gelungen. Schon allein wegen den sprachlichen Kenntnissen die ihr durch einen Auslandsaufenthalt (eine Sprache wird durch sprechen gelernt) erlangt, lohnt sich  ein Auslandsaufenthalt in jedem Fall.
Wenn ihr Anfänger seid, versucht eure Sprachkenntnisse aktiv zu nutzen und euch nicht hinter den anderen Erasmusstudierenden zu „verstecken“. Französisch ist eine schwierige Sprache und die Gefahr besteht, sich nur mit Erasmusstudierenden in seiner Muttersprache zu unterhalten. Versucht am Besten, ein gutes Mittelmaß zu finden.

Wohn-  und Lebenssituation

Ich habe mich, direkt nach meiner Zusage für den Studienplatz in Bordeaux für ein Wohnheimzimmer beworben, da ich schon wusste, dass die Mieten und die Lebenshaltungskosten höher sind als in Deuschland. Leider habe ich schon sehr zeitnah die Rückmeldung der Uni bekommen, dass ich keinen Wohnheimplatz bekommen könne.
Zu den Wohnheimplätzen:

  • universitättsnah und somit leider eher zentrumsfern (die Uni liegt in Pessac, ungefährer 4,5km vom Zentrum entfernt
  • Von außen haben sie einen sehr guten Eindruck gemacht, jedoch kannte ich keine/n ErasmusstudentIn, die dort einen Platz bekommen hat, deshalb kann ich keine näheren Auskünfte über die eigentlichen Zimmer geben.
  • Von einem französischen Wohnheim in Paris weiß ich, dass Übernachtungäste dort nicht erwünscht waren, meines wissen ist dies in Bordeaux allerdings kein Problem

Ich habe mich dann in diversen Facebookgruppenangemeldet, allerdings ist das Nachrichten-Schreiben sehr frustrierend, da gefühlt 100 Leute eine Wohnung haben möchten. Ich würde es trotzdem weiterempfehlen, da gute Freundinnen von mir so ihre WGs gefunden haben. Ich hatte aber weniger Glück und habe meine Suche dann auf weitere Wohnungsmarktportale ausgeweitet. (Leboncoin, appartager, la carte des collocs) Auch hier hatte ich trotz längerer Suche keinen Erfolg. Im Juni, nach dreimonatiger erfolgloser Recherche, war  ich schließlich ziemlich verzweifelt und habe verschiedene Privatpersonen über Airbnb angeschrieben und gefragt, ob die Anbieter ihre Zimmer aus für längere Zeit vermieten. Durch Glück bin ich auf eine Dame gestoßen, die mir zwar sagte, sie selbst könne mich nicht beherbergen, kenne aber eine Frau die mir weiterhelfen könne. So kam ich an die Telefonnummer einer sehr hilfsbereiten Frau, die mir wiederum zwei Kontakte von Vermietern zugesendet hat.  So kam es, dass ich schließlich ein Zimmer in einer WG mit drei FranzösInnen zugesagt bekommen habe und ich war sehr glücklich und erleichtert. Mitte August, hat sich dies allerdings schlagartig geändert. Die WG war unerwartet aufgelöst worden, da die Vermieter Probleme mit den Untermietern gehabt hatten. Das war ein ziemlicher Schock, eine Woche vor meiner Abreise war ich also immer noch, beziehungsweise schon wieder, zimmerlos.
Ich konnte allerdings auf den zweiten Kontakt zurückgreifen, habe mit meiner zukünftigen Vermieterin geskypt und hatte dann, ganz kurzfristig und nach vielen Hochs und Tiefs, endlich mein Zimmer gefunden. Ich habe in Bègles gewohnt - 2,5km vom Zentrum und 2,5km von der außerhalb gelegenen Uni entfernt. Für mein Zimmer (15m²) in einem kleinen Häuschen mit Garten habe ich monatlich 365€ bezahlt. Ich hatte sehr viele Freundinnen die große Probleme bei der Wohnungssuche gehabt haben und die schließlich über Airbnb für 600€! und mehr ein Zimmer mieten mussten. Deshalb empfehle ich jedem möglichst früh mit der Wohnungssuche anzufangen. Gebt euch Mühe bei den Nachrichten die ihr schreibt, um hervorzustechen. Habt ihr dann erstmal ein Zimmer, versucht in jedem Fall einen Mietvertrag abzuschließen, um eure Rechte und Pflichten abzuklären und versucht ganz klare Absprachen zu treffen, um Missverständnissen vorzubeugen.
Auf keinen Fall solltet ihr den Mut verlieren, denn am Ende findet jeder ein Zimmer und vielleicht macht ihr ja einen Glücksfang und dürft in eine coole WG mit interessanten Menschen einziehen!

In Bordeaux könnt ihr eigentlich alle Stecken mit dem Fahrrad zurücklegen (Universität - Stadtzentrum 25 Fahrradminuten). Ich hatte Glück und habe von meiner Vermieterin ein Fahrrad gestellt bekommen. So musste ich kein monatliches Abo für die öffentlichen Verkehrsmittel abschließen (Monatsbeitrag 29€). Ich habe mir insgesamt drei TBM 10er Karten für den Studententarif von 8€ gekauft und bin damit sehr gut ausgekommen. An den Automaten an den jeweiligen Stationen geht die deutsche Kreditkarte meist nicht und man kann nur mit Münzgeld bezahlen. Deshalb habe ich meine Tickets auch immer am Gare St. Jean gekauft. Dort müsst ihr sowieso hin, um euch einen Lichtbildausweis ausstellen zu lassen,  damit ihr den Studentenpreis nutzen könnt.
Ein Fahrrad könnt ihr beispielsweise für wenig Geld (ca. 25-50€) bei Etu’Récup, einer gemeinnützigen Studentenorganisation auf dem Campus, Haltestelle Doyen Brus, erwerben. Dort gibt’s auch gebrauchte Möbel, Bücher und eine Fahrradwerkstatt. Ein Besuch dort ist deshalb Pflicht.
Zum Einkaufen könnt ihr in den nächsten Supermarkt, dabei ist ALDI am günstigsten. Gemüse und Obst könnt ihr auf einem der vielen Wochenmärkte, wie dem marché des Capucins im Quartier St. Michel kaufen. Dort gibt es auch viele günstige Marrokaner, wo ihr Feta, Oliven und Datteln kaufen könnt. Baguette und Desserts schmecken natürlich am Besten in den vielen boulangerien überall in der  Stadt. Eine weitere Empfehlung ist die App „Too good to go“, über die ihr übrig gebliebene Essen von vielen boulangerien und Restaurants für wenig Geld „retten“ könnt.
Zusätzlich zu meiner normalen Krankenversicherungen habe ich eine Auslandskrankenversicherung für monatlich 16€ abgeschlossen, was jedoch nicht zwingend notwenig ist. Um euch den Auslandsaufenthalt zu finanzieren stehen euch ein Stipendiumsgeld in Höhe von 13€ pro Tag, also ingesamt 1400€ zur verfügen. Darüber hinaus könnt ihr eventuell Auslandsbafög und CAF (Wohngeld in Höhe von 90€ pro Monat) beantragen. Das CAF steht eigentlich jedem Studierenden in Frankreich zu, allerdings braucht ihr dafür u.a. ein französisches Bankkonto und eine, ins französische übersetzte, Geburtsurkunde. Das Geld wird, wenn es bewilligt wird, auch erst im Nachhinein ausgezahlt. Ich konnte weder auf das Auslandsbafög noch auf’s CAF zurückgreifen und konnte deshalb nur durch die Hilfe meiner Eltern im Ausland studieren.
Meine monatlichen Lebenshaltungskosten (inkludiert Miete, Essen, Unternehmungen, Versicherung etc.) haben sich auf ca. 600-650€ pro Monat belaufen.

Studienfach: Deutsch und Französisch Lehramt, Sek I und II

Aufenthaltsdauer: 09/2017 - 12/2017

Gastuniversität:Université Bordeaux Montaigne

Gastland:Frankreich


Rückblick

Mein Erasmussemester war mein schönstes Semester überhaupt. Ich habe so viel neu gelernt, bin so oft über mich hinauswachsen und habe so unglaublich tolle Menschen kennengelernt. Das einzig Negative was ich berichten kann ist, dass die Zeit einfach viel zu schnell vorbeigegangen ist. Leider konnte ich meinen Aufenthalt nicht verlängern, aber ich werde den kommenden März wieder in Bordeaux verbringen. Ich kann nur jeden dazu ermuntern, ein Auslandssemester zu machen und sich selbst aus seiner Komfortzone heraus zu bewegen. Man wird dafür eigentlich immer belohnt!

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