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Wie innovativ kann E-Learning sein? – Innovationsexperte Lars Groeger wollte (und musste) es genau wissen

Zur Corona-Pandemie – Beiträge aus der Universität Potsdam

Dr. Lars Groeger vertritt die Professur für Innovationsmanagement und Entrepreneurship und hat sein Fachwissen bei der Entwicklung eines Bachelorkurses angewandt. | Foto: Lars Groeger
Für den Kurs hat das Team um Lars Groeger eine Study Map erstellt, die eine Vorlesungswoche aus der Perspektive der Studierenden zusammenfasst. | Foto: Lars Groeger
Foto : Lars Groeger
Dr. Lars Groeger vertritt die Professur für Innovationsmanagement und Entrepreneurship und hat sein Fachwissen bei der Entwicklung eines Bachelorkurses angewandt.
Foto : Lars Groeger
Für den Kurs hat das Team um Lars Groeger eine Study Map erstellt, die eine Vorlesungswoche aus der Perspektive der Studierenden zusammenfasst.
Als im März immer klarer wurde, dass das Sommersemester 2020 nur als Online-Semester stattfinden würde, standen landauf, landab alle Lehrenden vor den gleichen Fragen: Wie übersetze ich meine Lehrveranstaltungen in digitale Formate? Was lässt sich übertragen, was nicht? Welche zusätzlichen Möglichkeiten bieten die technischen Hilfsmittel? Wie kann ich sicherstellen, dass alle Studierenden teilnehmen können? Und wie mache ich mich selbst auf die Schnelle fit für Lehre online? Lars Groeger ist Experte für Innovationsmanagement und Entrepreneurship und vertritt die gleichnamige an der Universität Potsdam. Er hat die Herausforderungen angenommen und gemeinsam mit seinem Team eine Lehrveranstaltung aus dem Boden gestampft, die Innovation nicht nur lehrt, sondern auch vormachen will.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfuhren, dass Sie Ihre Lehrveranstaltungen online durchführen sollen?

Jetzt geht es richtig los! Um die Vertretungsprofessur für Innovationsmanagement und Entrepreneurship auszuführen, habe ich mich an der Macquarie University in Sydney für zwei Semester beurlauben lassen. Die australischen Universitäten haben sehr früh auf Online-Lehre umgestellt, da die Reisebeschränkungen für internationale Studenten dies erforderten. Dementsprechend war ich zumindest mental auf die großen Herausforderungen bereits vorbereitet und froh über den offiziellen Startschuss – wenngleich ich auch Sorge angesichts der engen Zeitplanung hatte.

Was bieten Sie derzeit für Veranstaltungen an?

Wir decken das komplette Lehrangebot ab: Eine Bachelorveranstaltung mit 300 Studierenden zu dem Thema „Entrepreneurial Thinking“ und zwei Masterveranstaltungen zu Entrepreneurship und Technologiemanagement. Letztere Veranstaltung führen wir in Kooperation mit Prof. Sören Salomo von der TU Berlin und Prof. Katharina Hölzle vom HPI durch, die die Koordination und Realisierung federführend übernommen haben. Herzlichen Dank!

Was haben Sie sich für Formate überlegt?

Die Bachelorgroßveranstaltung haben wir vollständig neu aufgesetzt mit dem Ziel Best Practice der Online-Lehre umzusetzen. In Entrepreneurship und Innovationsmanagement diskutieren wir viel über „human-centred solutions“, also Produkte und Dienstleistungen, die wirklich aus der Perspektive der Menschen heraus entwickelt werden. Deshalb haben wir uns vorgenommen, auch selbst einen studentenzentrierten Online-Kurs zu entwickeln: Im ersten Schritt haben wir eine Vorlesungswoche aus der Perspektive der Studierenden zusammengestellt, eine sogenannte Journey Map (siehe Abbildung), die genau abgebildet, welche Lernaktivitäten wann, wie und mithilfe welcher Lernmaterialien durchgeführt werden. Das Format kombiniert asynchrones Selbststudium und problembasiertes Lernen im Team, unterstützt durch synchrone Coaching Sessions.
Im zweiten Schritt haben wir den Kurs inhaltlich verschlankt. In Zusammenarbeit mit ehemaligen Studenten wurde jeder Themenblock kritisch hinterfragt und im Zweifel gekürzt oder entfernt, wenn dieser den Studierenden nicht eindeutig hilft, die Lernziele besser zu erreichen.

Schlussendlich haben wir die notwendigen und relevanten Inhalte produziert. Mit professioneller Unterstützung drehten wir zunächst fünf- bis achtminütige motivierende Einführungsvideos für jede Vorlesungswoche. Ein Beispiel aus der Einführungswoche finden Sie hier. Zur Vertiefung der Themen erhalten die Studierenden zudem Screencasts und kurze und prägnante Lektüre. Studierende erhalten wöchentlich Feedback über den Erwerb des relevanten theoretischen Grundwissens durch ein Quiz auf Moodle.

Die synchrone Lehre erfolgt auf Zoom. Jedes der 50 Teams hat regelmäßige Zoom Calls mit uns. Damit Studierende auch digital gemeinsam als Team an ihren Start-up Projekten arbeiten können, nutzen wir virtuelle Whiteboards. Somit können wir während des Zoom Calls gemeinsam mit dem Team besprechen, was sie erarbeitet haben, um dann spezifisches Feedback zu geben. Das klappt hervorragend.

Wie funktioniert die Umsetzung mit Ihrem Team?

In der Online-Lehre ist die Unterscheidung zwischen Vorlesung und Übung nicht so eindeutig wie in einer regulären Vorlesung. Entsprechend treten wir auch als ein Teaching Team auf. Wenngleich ich inhaltlich die Richtung vorgebe, entscheiden wir gemeinsam, wie die praktische Umsetzung der Betreuung durchgeführt wird. Um dies zu unterstreichen, haben wir die Studierenden zu Beginn des Semesters als „Teaching Team“ auf Moodle begrüßt. Uns war es wichtig, früh auch online einen persönlichen Bezug aufzubauen und auch gleich das Thema Corona mit aufzunehmen.

Was war besonders herausfordernd?

Als Lehrstuhl für Innovationsmanagement & Entrepreneurship wollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und innerhalb kürzester Zeit einen hoffentlich sehr ansprechenden, interaktiven und lehrreichen Online-Kurs zu entwickeln. Abgesehen von der zeitlichen Herausforderung, die für alle Lehrstühle gilt, war vor allem die Bachelorveranstaltung in dreierlei Hinisicht herausfordernd: Zunächst war es für uns absolutes Neuland, eine Großveranstaltung mit 300 Studenten und 50 Teams interaktiv zu gestalten. Das galt besonders für das Ziel, die Studierenden aktiv in Teams an einer realen Problemlösung arbeiten zu lassen, erfahrungsbasiertes Lernen zu ermöglichen und im Rahmen einer Großveranstaltung hierzu jedes Team auch eng zu betreuen und zu coachen. Und, wie sich zeigte, ist es eine Herkulesaufgabe, 1 und 2 online abzubilden.

Macht so ein Online-Semester mehr Arbeit als ein normales?

Ja! Ich würde schätzen, dass sich bei uns am Lehrstuhl der Aufwand für die Bachelorveranstaltung insgesamt fast verdoppelt hat.

Was macht besonders Spaß?

Wir haben den Kurs wie ein Produkt bzw. Dienstleistung betrachtet, die wir in kürzester Zeit entwickeln mussten und dann zum Semesterstart „auf den Markt“ gebracht haben. Dies war nur möglich aufgrund der großartigen Zusammenarbeit mit meinem Lehrstuhlteam, das unglaublich hart und mit viel Freude gearbeitet hat. Viel Spaß macht der Raum zum Experimentieren. Es ist ein besonderes Semester und so probieren wir immer wieder neue Tools und Vorgehensweisen aus, auf die wir dann unmittelbar Feedback von den Studierenden bekommen. Es ist eine gemeinsame, iterative Lern-und Lehrerfahrung, die viel Spaß mit sich bringt.

Das Semester läuft nun schon einige Wochen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Die harte Arbeit und intensive Vorbereitung haben sich ausgezahlt! Dennoch vermisse ich die direkte und persönliche Interaktion mit den Studierenden.

Was würden Sie sagen, wenn das Wintersemester ebenfalls ohne Präsenzveranstaltungen auskommen müsste?

Wir stellen uns darauf ein, somit wäre ich nicht überrascht. Der Vorteil ist, dass wir aus der Erfahrung nun lernen könnten.

 

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