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Europas Kulturerbe - Eine neue Hochschulpartnerschaft widmet sich der digitalen Erschließung und Präsentation historischer Texte und Artefakte

Kaspar Renner (li.) und Vinzenz Hoppe. Foto: Iwan-Michelangelo D'Aprile
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Kaspar Renner (li.) und Vinzenz Hoppe. Foto: Iwan-Michelangelo D'Aprile

Um die „Zukunft des Kulturellen Erbes im Modernen Europa“ geht es in einer neu bewilligten Strategischen Hochschulpartnerschaft im Rahmen des Erasmus+ Programms. Potsdam wird in den kommenden drei Jahren mit den Universitäten Krakau, Bologna, Riga, Bordeaux, Athen, Kopenhagen und Luxemburg sowie den dortigen Bibliotheken, Literaturarchiven und Museen zusammenarbeiten. Das an der Philosophischen Fakultät angesiedelte Projekt, das von Iwan-Michelangelo D’Aprile und seinen Mitarbeitern an der Professur „Kulturen der Aufklärung“ koordiniert und betreut wird, ist im September 2019 gestartet und läuft bis Ende August 2022. Sommerschulen, Ausstellungs- und Digitalisierungsprojekte, Langzeitdozenturen im Ausland sowie der wechselseitige Lehrendenaustausch zwischen den beteiligten Standorten sind geplant. Damit bietet das Projekt sowohl den Dozierenden Perspektiven für Lehr- und Forschungsaktivitäten wie auch den Studierenden die Möglichkeit für ein Auslandsstudium oder Praktikum an einer der Partnerinstitutionen. Jana Scholz sprach mit den Projektmanagern Vinzenz Hoppe und Kaspar Renner über die neue Hochschulpartnerschaft.

Wie entstand die Idee zur neuen Hochschulpartnerschaft?

Kaspar Renner: Die Idee zum neuen Projekt entstand in Kooperation mit den Universitäten Bordeaux Montaigne, Riga und Tartu im Rahmen des Vorgänger-Projekts „Medienpraktiken der Aufklärung“, das im September 2019 abgeschlossen wurde. In diesem Kontext beschäftigten wir uns nicht nur mit klassischen Aufklärungsmedien wie Predigten und Zeitschriften, sondern auch mit protoromantischen Medien wie Volksliedern, die gerade im baltischen Raum eine besondere Bedeutung für die nationalkulturelle Identitäts- und Gedächtnisbildung haben: Auf den sogenannten Sängerfesten kommen jedes Jahr viele tausende Menschen zusammen, um gemeinsam traditionelle Lieder zu singen. Folklore ist hier ein Massenphänomen. Neben dieser lebendigen oralen Kultur werden im Baltikum modernste digitale Techniken eingesetzt, um Quellen der Folklore wie Lieder, Sagen und Märchen zu sammeln, zu edieren und zu kommentieren, so insbesondere an den Archiven der Lettischen Folklore in Riga. Von diesen Feldforschungen ausgehend entstand die Idee, in einem größeren Kontext nach der sozialen und politischen Bedeutung des kulturellen Erbes im modernen Europa zu fragen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf literarischen Quellen des Kulturerbes und ihren hand- und druckschriftlichen Überlieferungsträgern.  

Welche Partner sind am Projekt beteiligt und welchen Beitrag sollen sie leisten?

Vinzenz Hoppe: Schon im Erasmus+ Projekt zu den „Medienpraktiken der Aufklärung“ war es uns wichtig, neben den beteiligten Hochschulen auch Praxispartner auf dem Feld des Bibliotheks-, Archiv- und Museumswesens einzubeziehen. Für das Forschungsfeld des Kulturerbes ist dieser Ansatz besonders zentral: Bibliotheken, Archive und Museen entscheiden darüber, welche Texte und materiellen Artefakte als Teil des kulturellen Erbes überliefert, gedeutet und wahrgenommen werden. Neben der Universität Lettlands in Riga sind daher auch in diesem Projekt die Archive der Lettischen Folklore sowie die Lettische Nationalbibliothek in Riga beteiligt. Die strategische Partnerschaft wurde zugleich deutlich ausgeweitet: Als wichtige Partner sind nun auch die Jagiellonen-Universität und -Bibliothek in Krakau, die Universität Bologna sowie die dortige Universitätsbibliothek, die Universität Athen und die Griechische Nationalbibliothek am Projekt beteiligt. Zugleich intensiviert die Universität Potsdam die bestehende Kooperation mit der Staatsbibliothek zu Berlin und der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität. Wie im letzten Projekt ist mit der Université Bordeaux Montaigne erneut ein französischer Partner an Bord, außerdem das dortige Musée d’Aquitaine und die Bibliothèque de Bordeaux. Durch die Beteiligung exzellenter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Kopenhagen wird schließlich ein besonderer Fokus auf die materiellen Überlieferungsbedingungen hand- und druckschriftlicher Quellen des Kulturerbes gelegt, die konstitutive Mehrsprachigkeit des gesamteuropäischen Erbes wird von unseren Projektpartnern an der Universität Luxemburg erforscht.

Welche Möglichkeiten eröffnet die Partnerschaft Studierenden und Forschenden?

Kaspar Renner: Im Projekt werden zunächst besonders relevante Quellenbestände des europäischen Kulturerbes wie handschriftliche Quellen des 18. und 19. Jahrhunderts, die an der Jagiellonen-Bibliothek in Krakau aufbewahrt werden, in länderübergreifender Kooperation weiter erschlossen und für eine größere Öffentlichkeit präsentiert. Idealtypisch geschieht dies im Rahmen von Sommerschulen in Krakau 2020, in Bologna 2021 und in Athen 2022, an denen Forscher, Studierende und Praktiker der beteiligten Bibliotheken, Archive und Museen gemeinsam daran arbeiten, neue Erschließungs- und Darstellungstechniken für die jeweils lokalen Quellenbestände zu erarbeiten. Durch Langzeitdozenturen und wechselseitigen Lehrendenaustausch auf dem Feld, insbesondere zur Handschriftenkultur im gesamteuropäischen Kontext, werden diese Themen über den gesamten Projektzeitraum verfolgt. Ein Praxis-Workshop in Bordeaux 2021 zielt explizit darauf, die berufsfeldspezifischen Kompetenzen der Studierenden auf dem Feld des Kulturerbes zu fördern, indem den beteiligten Studierenden Einblicke in die Museums-, Bibliotheks- und Öffentlichkeitsarbeit vermittelt und entsprechende Praktika angebahnt werden. Von Workshops in Kopenhagen und Luxemburg 2022 ausgehend wird darüber hinaus die internationale Betreuung von BA- und MA-Studienarbeiten auf dem Feld angestrebt, mit besonderem Blick auf die Materialität, Interkulturalität und Mehrsprachigkeit literarischer Quellen des europäischen Kulturerbes.


Die Auftaktveranstaltung zur Hochschulpartnerschaft findet am 7. November um 17 Uhr im Audimax am Campus Neuen Palais statt. Eine Arbeitssitzung folgt am 8. November ab 9 Uhr in Haus 9, Raum 14 am Campus Neues Palais.

Weitere Informationen: www.uni-potsdam.de/fucuhe

Text: Jana Scholz
Online gestellt: Jana Scholz
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde