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Unterwegs in den Anden – 2. März 2019: Rio de las Conchas

Reisetagebuch: Doktoranden auf Exkursion in Nordwestargentinien

Sedimentfilter. Foto:Malte Stornow.
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Sedimentfilter. Foto:Malte Stornow.

Wir beginnen den Tag mit einem Vortrag von Dr. Dirk Sachse, der uns eine Einführung zu Erosionsprozessen im Gebirge und ihrer Beziehung zur Speicherung organischer Materie in rezenten Sedimenten sowie zum globalen Kohlenstoffkreislauf gibt. Anschließend machen wir uns wieder auf den Weg zum Rio de las Conchas. Hier wollen wir mit unserer Doktorandenkollegin Marisa Repasch und Dirk die Sedimentfracht des Flusses beproben. Das Einzugsgebiet des Flusses umfasst eine Fläche von 9.000 Quadratkilometern und schließt Höhenbereiche zwischen 6.000 und 1.700 Metern ein. Aber nicht nur die Sedimentfracht als solche interessiert uns, sondern vor allem die Charakteristika der organischen Materie, deren Isotopenzusammensetzung später im Labor analysiert werden soll. Daraus lässt sich dann viel über die Art der ehemaligen Vegetationsbedeckung und der hydrologischen Bedingungen der geologischen Vergangenheit ableiten.

Der erste Stopp ist jedoch ein Aufschluss, der uns nochmals die geologischen Prozesse der Region deutlich macht und die Entwicklung des Flusssystems im Lichte der tektonischen Heraushebung verdeutlicht. Dabei helfen uns herausgehobene und verbogene, jetzt inaktive Flusstäler, die wir hoch über dem derzeitigen Niveau des Rio de las Conchas beobachten. Wir fragen uns, wie einige dieser Verbiegungen alter Flussterrassen zustande kommen können, denn wir sehen die dafür verantwortlichen Störungen nicht. Wir erfahren, dass offenbar ein Großteil der tektonischen Deformation dieser Region durch sogenannte blinde Verwerfungen bewerkstelligt wird. Nähere Informationen dazu eröffnen sich durch seismische Reflexionsprofile, die im Rahmen der Erdölexploration sowie durch unsere eigenen Drohnenflüge in den Valles Calchaquíes durchgeführt wurden.

Kurz darauf steigen wir wieder in die Busse, um uns unserer eigentlichen Tagesaufgabe zu widmen: die Probennahme der Sedimentfracht des Rio Santa Maria. Manfred Strecker verdeutlicht uns, dass diese Art von Verwerfungen äußerst gefährlich ist. Oft sind ihre Auswirkungen nicht sofort ersichtlich, da sie durch Erosionsprozesse schnell modifiziert oder nahezu vollkommen erodiert werden können und somit möglicherweise einen geringeren Grad der Gefährdung durch Erdbebenprozesse vortäuschen. Zugleich sind sie wichtige Komponenten, die in die seismische Gefahren- und Risikoabschätzung eingehen müssen. Das Northridge-Erdbeben (1994) nördlich von Los Angeles und das Spitak-Erdbeben (1984) sind dramatische Ereignisse, die auf die Aktivierung solcher Störungszonen zurückgehen.

Unter Anleitung von Dirk und Marisa beproben wir mit einem Eimer das trübe Wasser. Wir stehen auf einer Brücke oberhalb des Flusses und lassen den Eimer mit einem Seil mehrmals in die braungefärbten Fluten hinab. Die Probenbeutel, in die das Wasser-Sediment-Gemisch zum Transport abgefüllt wird, erinnern an Weinballons mit Zapfhahn. Aufgrund des schönen Wetters und der spürbaren Kühle des Flusswassers hält es uns aber nicht lange am Ufer und schließlich stürmen wir barfuß in den Fluss, um die Wasserproben eigenhändig zu nehmen. Zu unserem Leidwesen müssen wir irgendwann abbrechen, denn die Proben müssen für die späteren Analysen noch weiter bearbeitet werden. Ausgerüstet mit einer vom GFZ Potsdam eigens konstruierten Filterapparatur, in der mittels Standluftpumpe ein Überdruck erzeugt wird, kann anschließend das Sediment vom Wasser getrennt werden. Man erhält ein feinkörniges Konzentrat, dessen organische Bestandteile genauer untersucht werden sollen.

Gegen Abend fahren wir wieder zurück zu unserer Basis in die Vieja Posada und bereiten uns auf die Gelände-Exkursion vor, die wir am Sonntagmorgen beginnen wollen. Wir haben eine Menge nützlicher Techniken erlernt und viel über die geologischen und klimatischen Prozesse von Nordwestargentinien erfahren – nun sind wir bestens vorbereitet auf die Exkursion sowie auf die Durchführung der Dissertationsprojekte im Gelände.

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Text: Malte Stoltnow, Gregor Lauer-Dünkelberg
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde