10 Fragen zum Thema Waldbrände an PD Dr. Kirsten Thonicke (Geoökologin am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung und der Uni Potsdam) & Dr. Till Francke (Hydrologe an der Uni Potsdam)
- Was sind Ursachen für Waldbrände? Sind alle Waldbrände menschengemacht?
Zwar gibt es auch natürliche Waldbrandursachen wie Blitzschlag und Vulkanausbrüche, die meisten Waldbrände werden aber durch den Menschen verursacht. Dies umfasst Unachtsamkeit, z.B. durch weggeworfene Zigarettenstummel, aber auch Brandstiftung oder in anderen Teilen der Welt gezieltes Abbrennen. Spezialfälle wie die Selbstentzündung von Altmunition spielen bei uns in Brandenburg auch eine Rolle.
- Wie viele Waldbrände gibt es jedes Jahr in Deutschland?
In Deutschland liegt die durchschnittliche Anzahl der Waldbrände pro Jahr seit den frühen 1990er Jahren bei etwa 1.000 bis 1.150 Bränden jährlich. Je nach Wetterlage (besonders Trockenheit) kann die Zahl aber leicht signifikant höher oder niedriger ausfallen. Das Jahr 2022 war z.B. ein extremes Brandjahr (2397 Brände) während 2024 nur rund 560 Brände erfasst wurden.
- Wovon hängt es ab, wie schnell sich ein solches Feuer ausbreitet?
Gelände, Witterungsbedingungen (Wind, Trockenheit, Lufttemperatur), Feuchtigkeit und Zusammensetzung der abgestorbenen und lebenden Biomasse, die dann quasi als Brennstoffvorrat dienen, beeinflussen die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Waldbränden. Feine Streu, wie trockene Blätter, Baumnadeln, kleine Äste und insbesondere trockene Gräser tragen zur schnellen Feuerausbreitung bei. Nur letzteres kann der Mensch - in Grenzen - beeinflussen, z.B. durch Waldmanagement oder Waldumbau.
- Welche Waldarten sind besonders anfällig für Waldbrände?
Für Entzündbarkeit und Feuerausbreitung spielen die Zusammensetzung und Struktur der potenziellen Brandlast eine große Rolle. Nadelwälder gelten dabei wegen ihrer harzhaltigen Hölzer und der oft erheblichen Streuauflage als besonders gefährdet. Darüber hinaus kann die Bewirtschaftung (Bestandsdichte, Unterwuchs, Streuauflage, Zuwegungen und Schneisen) eine große Rolle spielen. Generell gelten Monokulturen mit gleichaltrigen Bäumen, wie z.B. die Kiefer, bevor sie zu Großbeständen ausgedünnt werden, als sehr gefährdet im gesamten Bestand abzubrennen. Später trifft durch die offenen Baumkronen viel Licht auf den Waldboden, aber meist wächst auf den vorherrschenden sandigen Böden nur eine leicht brennbare Grasschicht, was Oberflächenbrände begünstigt. Laubwälder oder auch schon gemischte Laub- und Nadelwälder haben ein besseres Mikroklima. So speichern die Laubbäume mehr Wasser in ihrem Stamm, Zweigen und Blättern, wodurch sie die Ausbreitung des Feuers dämpfen können. Schon ein höherer Anteil an Laubbäumen in den unteren Baumschichten, wie sie durch den Waldumbau in Brandenburg jetzt häufiger zu sehen sind, erhöht den Anteil an krautigen Pflanzen auf dem Waldboden, was ebenfalls das Risiko der Feuerausbreitung reduziert.
- Welche Folgen haben Waldbrände für die Gesellschaft?
Zunächst ergeben sich unmittelbare Folgen durch direkte Gefährdung von Siedlungen und Verkehrswegen, aber auch die Auswirkungen der Rauchbelastung. Unmittelbar nach dem Brand kommt es üblicherweise zu verstärkter Auswaschung von Nährstoffen und Sedimenten, sodass Grundwasser und Gewässer betroffen sein können. Mittel- und langfristig kann der zerstörte Wald seine Funktionen für Erholung, Klimaregulation, Holzproduktion und CO2-Speicherung für uns nicht mehr erfüllen.
- Gibt es natürliche Schutzmechanismen gegen Waldbrände?
Einzelne Pflanzen- oder Pilzarten haben sich speziell an Waldbrände angepasst und können brandresistente Samen bilden oder kommen sogar nur auf abgebrannten Flächen vor. Einen echten Schutzmechanismus gibt es jedoch nicht - abgesehen von der schon genannten unterschiedlichen Anfälligkeit der Waldtypen.
- Sehen wir schon das der Klimawandel zu mehr Waldbränden in Deutschland führt? Was können wir in Zukunft erwarten?
Besonders hier in Nordostdeutschland äußert sich der Klimawandel vor allem in erhöhten Temperaturen und ausgeprägteren Trockenphasen. Beides verstärkt die Austrocknung der Waldvegetation, bis hin zu deren Absterben. Zusätzlich können verstärkt auftretende Baumschädlinge oder Pilzerkrankungen die Baumgesundheit weiter schwächen und großflächig abgestorbene Bestände erzeugen, die wiederum besonders anfällig sind, oder auch während der Brandbekämpfung zusätzliche Schwierigkeiten darstellen können. Ein konkreter Nachweis, dass der Klimawandel bereits zu mehr Waldbränden in Deutschland führt, gibt es noch nicht. In der Zukunft können wir erwarten, dass die Waldbrandsaison länger gehen wird und die Tage mit extremer Waldbrandgefahr zunehmen werden. Dadurch ist zu erwarten, dass es vermehrt zu extremen Waldbrandsituationen kommen wird, die die Waldbrandbekämpfung vor neue Herausforderungen stellt, da das Feuerverhalten unter extremer Hitze und bei Wind sich sehr schnell stark verändert.
- Welche Strategien existieren, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen?
Der Deutsche Wetterdienst gibt mit dem Waldbrandgefahrenindex eine flächenhafte Einschätzung der Waldbrandgefahr. Zusammen mit der bekannten örtlich ausgewiesenen Waldbrandwarnstufe hilft dies, vorbereitende Maßnahmen und gegebenenfalls Einschränkungen zu bestimmen. In Brandenburg gibt es seit 2001 das FireWatch-System mit Sensoren zur automatisierten Raucherkennung, das die herkömmliche personengebundene Überwachung von Beobachtungstürmen abgelöst hat.
- Wie müssen Wälder künftig gestaltet/behandelt werden, damit das Waldbrandrisiko verringert wird?
Kiefernmonokulturen gelten aus den o.g. Gründen bei uns als besonders brandgefährdet und sind - nicht nur deshalb - seit langem im Fokus eines Waldumbaus hin zu strukturierteren und artenreicheren Mischwäldern. Je mehr sich unsere Waldvegetation durch den Klimawandel verändert, umso wichtiger wird es für uns, auch vom Waldbrandmanagement z.B. in mediterranen Ländern zu lernen, die traditionell schon lange mit diesen Problemen kämpfen. Besondere Konstellationen wie Entmunitionierung kann für betroffene Gebiete weitere Entlastung schaffen.
- Worauf sollte ich persönlich – im Zusammenhang mit Waldbränden – achten?
Brandursache Nummer 1 bleibt der Mensch. Die richtigen Verhaltensregeln lernt jedes Kind: kein offenes Feuer und im Wald nicht rauchen . Lagerfeuer sollten nur an dafür vorgesehenen Stellen außerhalb des Waldes gemacht werden, und diese sind anschließend mit Wasser gründlich zu löschen, um Glut als ruhenden Brandherd zu verhindern. Auch ist die Entsorgung der Zigarettenkippe aus dem Autofenster noch viel zu oft zu beobachten. Leider ist in dieser Situation selten ein klärendes Gespräch möglich. Auf jeden Fall brauchen wir einen sensibleren Umgang mit der Natur, um Waldbrände während langer Trockenphasen oder Hitzewellen durch erhöhte Aufmerksamkeit zu verhindern.