Hintergrund
Wasser ist die Grundlage für das Leben auf der Erde, dem blauen Planeten. Existenz und Wohlergehen der Menschheit hängen von der Verfügbarkeit von Süßwasser ab. Gewässer sind Lebensraum für unzählige Lebewesen, die in komplexen Ökosystemen wie Flüssen, Seen und Feuchtgebieten leben. Die Bewegung von Wasser, sowohl in flüssiger Form als auch als Eis, formt Landschaften durch Erosion, Transport und Sedimentablagerung. Flussnetze durchziehen unsere Landschaften und bilden die Haupttransportwege für Wasser und Sedimente.
Im Laufe der Geschichte haben die Menschen überall Wege gefunden, Wasser für den täglichen Gebrauch zu gewinnen. Wasser ist eine wichtige Ressource, nicht nur für den direkten Verbrauch und die persönliche Hygiene, sondern auch für die Nahrungsmittelproduktion. Es erbringt eine Vielzahl von Ökosystemleistungen, auf die sich Natur und Gesellschaft verlassen. Haushalte und Gemeinschaften haben eine Vielzahl einzigartiger Beziehungen zum Wasser aufgebaut, die über rein physische Bedürfnisse hinausgehen und oft eine kulturelle Bedeutung haben. Parallel dazu haben Gesellschaften strukturelle und nicht-strukturelle Maßnahmen ergriffen, um sich vor Überschwemmungen zu schützen, sei es durch Dämme oder durch die Vermeidung von Gefahrenzonen. Diese hydro-sozialen Interaktionen sind äußerst dynamisch und reagieren auf Veränderungen der hydrometeorologischen Bedingungen, der Landnutzung, der Wasserwirtschaft, der Gesellschaft und der Infrastruktur.
Extreme
In den ersten 20 Jahren dieses Jahrhunderts waren drei Viertel aller Naturkatastrophen auf Wasserextreme zurückzuführen, von denen jährlich über 100 Millionen Menschen betroffen sind. Überschwemmungen und Dürren sind jedoch keine rein natürlichen Phänomene, sondern entstehen durch komplexe Wechselwirkungen zwischen der Umwelt und menschlichen Aktivitäten. Diese Wechselwirkungen führen zu sich ständig verändernden Risikolandschaften, die wir noch nicht vollständig verstehen und daher nur schwer in die Zukunft projizieren können. Überschwemmungen und Dürren verursachen bei weitem die größten finanziellen Verluste aller wetterbedingten Katastrophen - allein in Europa in den letzten 40 Jahren rund eine halbe Billion Euro. Wasserextreme und ihre kaskadenartigen Auswirkungen gehören zu den einflussreichsten und wahrscheinlichsten systemischen Risiken für die Menschheit. Schon heute haben fast 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu ausreichendem und sicherem Trinkwasser. Der Schutz der Bevölkerung vor Wasserüberschuss und Wasserknappheit ist heute und in Zukunft eines der wichtigsten Anliegen unserer Gesellschaft. Der vom Menschen verursachte Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Verstädterung und Umweltzerstörung führen dazu, dass mehr Menschen in gefährdeten Gebieten leben.
Europa, Deutschland und Brandenburg
Das Klima in Europa erwärmt sich schneller als in jeder anderen Region der Welt. Während die globale Durchschnittstemperatur pro Jahrzehnt um etwa 0,2 °C steigt, sind es in Europa fast 0,5 °C. Diese beschleunigte Erwärmung hat schwerwiegende Folgen für Wasserressourcen und Wasserextreme. Hitzewellen treten häufiger und intensiver auf, und Extremereignisse wie Dürren und starke Regenfälle nehmen erheblich zu. Für Europa erwarten wir, dass sich bei einem Anstieg der atmosphärischen Temperatur um 2°C die wirtschaftlichen Verluste durch Überschwemmungen verdoppeln und die wirtschaftlichen Verluste durch Dürren verdreifachen. Während Regionen in Südeuropa und im Mittelmeerraum bereits jetzt häufig von Dürren betroffen sind, werden feuchtere Regionen wie Deutschland besonders dramatische Veränderungen der hydroklimatischen Bedingungen erleben.
Die Herausforderungen für das Wassermanagement in Trockenperioden sind in Brandenburg besonders deutlich. Geringe Jahresniederschläge und sandige Böden mit geringer Wasserspeicherkapazität kennzeichnen diese Region, die aus gutem Grund gleichzeitig als „wasserreich und wasserarm“ gilt. Die zunehmenden Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels werden voraussichtlich zu veränderten Niederschlags- und Verdunstungsmustern führen, mit Folgen für die Wasserversorgung von Böden, Flüssen und Grundwasserspeichern. Es ist zu erwarten, dass aquatische Ökosysteme aufgrund der sich ändernden Abflüsse belastet werden, während sich die veränderte Bodenfeuchtigkeit und der Grundwasserspiegel negativ auf die Landwirtschaft, Wälder und terrestrische Ökosysteme auswirken werden. Darüber hinaus müssen große Teile Südbrandenburgs in den kommenden Jahrzehnten ein massives Wasserdefizit ausgleichen, das durch die jahrzehntelange Grundwasserentnahme im Rahmen des Braunkohlebergbaus entstanden ist.
Die heutigen und zukünftigen Herausforderungen im Bereich Wasser sind das Ergebnis komplexer, voneinander abhängiger politischer, technologischer, biologischer und physikalischer Prozesse und Faktoren, die eine ungewisse „Wasserzukunft“ schaffen. Der Potsdam WaterHub bietet eine dynamische Gemeinschaft und Plattform, um Brandenburgs Wasserforscher über Institutionen, Fakultäten und Disziplinen hinweg bei ihren Bemühungen zu unterstützen, sich zu vernetzen, Ideen auszutauschen und innovative und interdisziplinäre Kooperationen zu entwickeln. Nur gemeinsam können wir die zunehmend komplexen Wasserprobleme der Welt verstehen und angehen.
Wir wollen auch mit der interessierten Öffentlichkeit, Medienvertretern, politischen Entscheidungsträgern und Verantwortlichen in Wirtschaft und Industrie in einen Dialog über relevante Wasserfragen treten. So wollen wir mit unserer Forschung und unseren Innovationen zu nachhaltigen Lösungen und zur Anpassung an den globalen Wandel im Zusammenhang mit Wasser beitragen.