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Zellphysik im Land der aufgehenden Sonne – Japanische Forschungsprofessur für Carsten Beta

Prof. Dr. Carsten Beta
Prof. Dr. Carsten Beta
Foto : Kirsten Sachse
Prof. Carsten Beta wird in den kommenden fünf Jahren eine Forschungsgruppe aufbauen.
Foto : Kirsten Sachse
Prof. Dr. Carsten Beta

Ende September bricht Prof. Carsten Beta, Biophysiker am Institut für Physik und Astronomie, zu einem mehrwöchigen Forschungsaufenthalt am Nano Life Science Institute (NanoLSI) der Kanazawa University in Japan auf. Als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der zellulären Biophysik ist er durch die japanische Forschungsinitiative WPI ausgewählt worden, um die Möglichkeiten der Hochgeschwindigkeits-Rasterkraftmikroskopie für die Erforschung der Zellbeweglichkeit zu erkunden.

Herr Beta, wie kam die Kooperation mit dem Nano Life Science Institute (NanoLSI) in Japan zustande und wie wird sie gestaltet sein?

Die japanische Forschungsinitiative „World Premier International Research Center Initiative“ (WPI) hat das NanoLSI 2017 gegründet. Um die Internationalisierung des Instituts zu fördern, werden international ausgewiesene Wissenschaftler als Principal Investigators (PIs) eingeladen, am NanoLSI zu arbeiten. Ich habe das Institut bereits 2019 anlässlich einer Tagung besucht und war beeindruckt von der Expertise und den technischen Möglichkeiten, die dort aufgebaut wurden. Nun wurde ich als PI auf dem Gebiet der zellulären Biophysik ausgewählt, womit eine Professur am NanoLSI für die nächsten fünf Jahre verbunden ist. Diesen Winter werde ich ein Forschungssemester nehmen, um die Kooperation mit dem NanoLSI zu etablieren. In den kommenden Jahren werde ich dann ungefähr 30 Tage pro Jahr in Japan verbringen, um dort eine Forschungsgruppe aufzubauen und zu leiten.

In ihrer Arbeitsgruppe hier an der Universität Potsdam untersuchen Sie die Dynamik des Aktin-Zytoskeletts – Was kann man sich darunter vorstellen?

Das Aktin-Zytoskelett ist ein Netzwerk im Inneren von Zellen, das aus dem Strukturprotein Aktin besteht und den Zellen ihre Form und ihre mechanischen Eigenschaften verleiht. Die Dynamik dieser Netzwerkstruktur ist für zahlreiche Funktionen der Zelle verantwortlich und steuert beispielsweise die Fortbewegung von Zellen oder die Zellteilung. Wir untersuchen die Dynamik des Aktin-Zytoskeletts in Einzelzell-Experimenten, die mit der Amöbe Dictyostelium discoideum durchgeführt werden, einem etablierten Modellorganismus. Das Aktin-Zytoskelett ist sehr dynamisch und kann durch Selbstorganisation verschiedene Arten von funktionellen Strukturen hervorbringen. Dabei interessiere ich mich besonders für die sogenannten Aktinwellen, die unter anderem für die Organisation der einzelnen Komponenten des Zytoskeletts während der Zellbewegung verantwortlich sind.

Gibt es konkrete Anwendungsbeispiele für Ihre Forschung?

Wir betreiben Grundlagenforschung, die jedoch relevant ist für viele im Körper ablaufende Prozesse, wie die Wundheilung oder die Reaktionen des Immunsystems. Auch die Ausbreitung von Krebszellen wird von Bewegungsprozessen gesteuert, deren Grundlagen wir erforschen. Am NanoLSI gibt es Biomediziner und Pathologen, die auf dem Gebiet der Krebsforschung arbeiten. Ein anderes System, das wir untersuchen, sind bakterielle Schwimmer, die für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten im Körper eine wichtige Rolle spielen.

Welche Art von Experimenten werden Sie am NanoLSI durchführen?

Ein großer Teil unserer Forschung basiert auf quantitativen Beobachtungen auf der Ebene der einzelnen Zellen. Die Forscherinnen und Forscher am NanoLSI haben eine hochmoderne Technologie, die High Speed Atomic Force Microscopy (Rasterkraftmikroskopie mit sehr hoher Zeitauflösung), entwickelt, um die Dynamik biologischer Prozesse zu untersuchen. Damit lassen sich Oberflächen auf der Nanometerskala abtasten und zum Beispiel die Struktur von Proteinen abbilden. Die Japaner sind weltweit führende Spezialisten darin, mit dieser Technik biologische Proben mit sehr hoher Geschwindigkeit abzubilden. Wir möchten nun klären, was mit dieser Technik für die Erforschung von zellulären Bewegungsprozessen erreicht werden kann. Das ist ein schrittweiser Prozess und ich hoffe, dass es durch die Zusammenarbeit mit dem NanaoLSI möglich sein wird, neue Einblicke in das dynamische Geschehen im Aktin-Zytoskelett auf der Nanometer-Ebene zu erhalten.

Worauf freuen Sie sich noch, wenn Sie wieder nach Japan reisen?

Es ist spannend, ein so fremdes, andersartiges Land kennenzulernen, eine kulturell sehr bereichernde Erfahrung. Obwohl ich leider kein Japanisch spreche, habe ich mich unter den Menschen dort, die sehr freundlich und hilfsbereit sind, sehr wohl gefühlt. Kanazawa liegt außerdem in Küstennähe und ist berühmt für die japanische Küche, die ich sehr schätze.

Vielen Dank für das Gespräch!


Link zum NanoLSI: https://nanolsi.kanazawa-u.ac.jp/en/

Link zur Arbeitsgruppe von Prof. Beta: https://www.uni-potsdam.de/de/biophysik/
 

Kontakt: Prof. Dr. Carsten Beta, Institut für Physik und Astronomie
Telefon: 0331 977-5653
E-Mail: carsten.betauni-potsdamde