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„Die Chance, endlich die technischen Möglichkeiten einzusetzen, die wir schon seit Jahrzehnten haben“ – der Informatiker Dr. Raphael Zender lehrt nicht erst seit der Pandemie digital

Krisenbewältigung und Innovation – Die digitale Universität in Zeiten der Pandemie

Dr. Raphael Zender | Foto: privat
Foto : privat
Dr. Raphael Zender
Digital lehren ist für Dr. Raphael Zender keine Neuerung, die eine zwangsweise in die heimischen vier Wände ausquartierte Universität hervorgebracht hat. Der Informatiker ist schon seit Jahren dabei, die Möglichkeiten digitaler Lehre zu erproben und weiterzuentwickeln. Wie viele macht erst das Mit- und Nebeneinander aller Lebensbereiche im Homeoffice das Wintersemester zur Krise – und ihn selbst zum Krisenmanager. Matthias Zimmermann sprach mit ihm über alte und neue digitale Lehrveranstaltungen, warum ausschließlich positives Feedback nicht nur gut ist und die Sehnsucht nach echtem Urlaub.

Wie heißt das Semester bei Ihnen: Corona- oder Digitalsemester?

Corona-Semester.

Erleben Sie das – inzwischen ja schon zweite – Corona-Semester als Zeit der Krise oder der Innovation?

Ich erlebe das Corona-Semester privat eher als Krise. Aus meiner Lehre heraus empfinde ich es aber eher als Chance, endlich die technischen Möglichkeiten einzusetzen, die wir schon seit Jahrzehnten haben. Von „Innovation“ würde ich daher nicht reden.

Wie haben Sie den Übergang zu digitaler Lehre gemeistert? Ist digitale Lehre für Sie eine große Umstellung?

Das lief recht unkompliziert. Ich habe auch in den Vorjahren schon meine Vorlesungen parallel zur Präsenzlehre aufgezeichnet und den Studierenden zur Verfügung gestellt. Nur dass die Diskussionen nun auch online stattfinden ist neu, aber auch keine große Umstellung.

Was für Lehrformate führen Sie gerade durch?

Eine Vorlesung (aufgezeichnet) mit Diskussion (live über Zoom) und ein Forschungsseminar (primär live über Zoom).

Ist die Online-Lehre bzw. -Studium zeitaufwendiger als die Präsenzlehre? (Warum?)

Nein. Es ist sogar sehr angenehm, da besser mit dem familiären Krisenalltag vereinbar.

Welche Software/Tools nutzen Sie vorrangig?

Zoom, Media.UP, Camtasia.

Wo hakt es noch?

Ich vermisse den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen in Präsenz. Was Lehre angeht, hakt derzeit nichts.

Haben Sie ein ganz neues Format entwickelt oder ausprobiert?

Ja, wir werden im kommenden Sommersemester eine Lehrveranstaltung fast durchgehend in Social Virtual Reality (SocialVR) durchführen.

Wie funktioniert es?

Das kann ich Ihnen nach dem Sommersemester beantworten.

Wie ist das Feedback der Studierenden?

Durchgehend positiv. Allerdings befürchte ich, dass diejenigen, bei denen es Probleme gibt, auch kein Feedback geben, da wir uns dann eher nicht in Zoom sehen.

Wie erleben Sie das zweite digitale Semester? Gibt es Unterschiede zum ersten?

Vergleichbar, ich kann keine nennenswerten Unterschiede erkennen.

Aktuell wird viel über Prüfungen diskutiert, die nach wie vor in Teilen in Präsenz stattfinden, wo sie online schwer zu realisieren sind. Gleichzeitig gibt es Kritik an Onlineprüfungen, da PrüferInnen Webcams und Mikros kontrollieren, um Schummelversuche zu unterbinden. Wie ließen sich diese Probleme Ihrer Ansicht nach lösen?

OpenBook-Klausuren sind aus meiner Sicht die sinnvollste Art, eine E-Klausur durchzuführen. Allerdings müssen wir Lehrenden dafür unsere Aufgabenkonzepte umdenken.

Wie kriegen Sie selbst das Homeoffice & ggf. Familie, Freunde, weitere Verantwortungen parallel unter einen Hut?

Mit einem hohen organisatorischen Aufwand und intensiven Abstimmungen mit meiner ebenfalls vollzeit-berufstätigen Frau.

Wie hat sich Ihr Alltag verändert?

Mein Arbeitsweg von einer Stunde fällt weg, was als Berliner sehr schön ist. Allerdings ist es natürlich recht stressig, das Homeoffice mit der Kinderbetreuung zu vereinbaren.

Woran könnten Sie sich gewöhnen?

Das Homeoffice an sich ist an 2–3 Tagen pro Woche schon angenehm und gut mit dem Familienleben vereinbar. Allerdings erst, wenn Kita und Schule wieder wie gewohnt laufen.

Was vermissen Sie?

Meine Kolleginnen und Kollegen in Präsenz und echten Urlaub.

Was ist Ihr Ausgleich zu Lehre in Corona-Zeiten?

Mein Hobby :-)

 

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