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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Vor meinem bevorstehenden Auslandsaufenthalt habe ich mich umfassend mit dem Erasmus+ Programm beschäftigt. Dank meiner bereits im Bachelor gemachten Auslandserfahrung in Norwegen war ich mit den Abläufen bereits vertraut, dennoch war es von Vorteil, frühzeitig mit den Vorbereitungen zu beginnen. Die Bewerbung ist unkompliziert, aber es ist ratsam, sie frühzeitig zu starten, da verschiedene Dokumente eingereicht werden müssen, wie bspw. ein Motivationsschreiben. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar für das jeweils nächste Wintersemester und das darauffolgende Sommersemester. Die Bewerbung erfolgt an der jeweils eigenen Fakultät - bei mir war das die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät. Die Bewerbungsanforderungen können sich deswegen auch unterscheiden. Die spezifischen Anforderungen lassen sich jedoch auf den entsprechenden Websites finden (bspw. https://www.uni-potsdam.de/de/wiso/internationales/studierendenmobilitaet/outgoing-studium-im-ausland/erasmus). Die Kontaktaufnahme mit der Gasthochschule in Gent verlief unproblematisch. Die Betreuung internationaler Studierender ist dort hervorragend organisiert, sowohl vom International Office als auch von den einzelnen Fakultäten. Die Ansprechpartnerinnen an der politischen Fakultät zeichnen sich durch ihre Aufgeschlossenheit, Zuverlässigkeit, Engagement und Freundlichkeit aus.


Studienfach: Lehramt Deutsch und Politische Bildung (M.Ed.)

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 02/2023

Gastuniversität: Universität Gent

Gastland: Belgien

Für die Bewerbung an der Gasthochschule war es notwendig, einen Nachweis für ein ausreichendes Englisch-Sprachniveau (B2) vorzulegen. Hierfür konnte ich den DAAD-Sprachtest machen, der an der Uni Potsdam (gegen Gebühr) angeboten wurde. Bevor die Uni Gent meine Nominierung akzeptierte, musste ich bereits eine Fülle von Dokumenten einreichen, darunter das Learning Agreement (before mobility) und ein Motivationsschreiben. Die Plattform OASIS, auf der man sich registrieren muss, ist nicht besonders intuitiv zu bedienen, aber die Ansprechpartnerinnen helfen bei Problemen.

Studium an der Gastuniversität

Das Kursangebot in Gent ist spannend gestaltet und an der politischen Fakultät werden zahlreiche Bachelor- und Master-Kurse auf Englisch angeboten. Ich habe dabei das Angebot als sehr international ausgerichtet wahrgenommen. Grundsätzlich besteht das Studium in Gent aus Veranstaltungen, in denen die Studierenden passiv zuhören und alles Gesagte emsig mitschreiben. In der Regel sind die Sitzungen drei Stunden lang, mit einer 10-minütigen Pause, einige Dozierende haben aber die Problematik daran erkannt und teilen deswegen ihre Veranstaltungen in zwei Teile, sodass die Vorlesung dann zweimal die Woche stattfindet. Einer meiner Professor:innen hat auch versucht, die Studierenden durch Fragen, Gruppenarbeiten und Fallstudien zu aktiver Mitarbeit zu motivieren. Der Kontakt mit den Dozierenden weist flache Hierarchien auf, der E-Mail-Kontakt ist unkompliziert und schnell und die Dozierenden hatten häufig Interesse an mir und meinen Erfahrungen als internationale Studentin. Die Anforderung der von mir belegten Veranstaltungen waren alle sehr hoch: Während des Semesters wurde grundsätzlich erwartet, dass Texte in Vorbereitung gelesen und evtl. auch Übungen gelöst werden. Mitte Dezember beginnt dann die in Belgien allgemein bekannte und gefürchtete Prüfungsphase „de block“. In den meisten meiner Kurse musste ich noch vor Weihnachten eine Hausarbeit abgeben und/oder einen Vortrag halten. Im Januar folgten dann weitere Abgaben, Klausuren und mündliche Prüfungen. Der Prüfungsaufwand ist also höher als an der Uni Potsdam. Die Bibliotheken eignen sich zum Lernen, es sind viele Arbeitsplätze vorhanden. Die Öffnungszeiten sind jedoch aufgrund von Personalmangel eingeschränkt und während der Prüfungsphase bekommt man selten einen Platz. In der öffentlichen Bibliothek „De Krook“ können weit im Voraus Plätze über das Reservierungssystem „Bookaplace“ gebucht werden - am Ende des Semesters ist das empfehlenswert. 

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

Kontakte mit internationalen Studierenden zu knüpfen ist gut möglich, da alle am Anfang des Semesters großes Interesse daran haben, wenn sie ebenfalls neu in der Stadt sind. Anhaltspunkte bieten auch die „Welcome-Days“ oder die Buddy-Gruppen, die in der Regel von den Fakultäten organsiert werden. Es ist allerdings deutlich schwieriger, wenn das eigene Wohnheimzimmer nicht in den sogenannten „Erasmus-Häusern“ ist, da in den anderen Wohnheimen deutlich weniger internationale Studierende wohnen und die belgischen Studierenden wenig Interesse gezeigt haben und am Wochenende in der Regel nach Hause fahren. Über die Studierendenorganisation in meinem Wohnheim „Home Vermeylen“ habe ich dennoch auch einige Belgier:innen kennengelernt, die alle sehr offen und nett waren. Ich kann dabei nur empfehlen, sich zu trauen und an den Angeboten der Gruppe teilzunehmen. Sie organisieren beispielsweise jeden Dienstagabend einen offenen Barabend im Gemeinschaftsraum. Ich hatte jedoch auch das „Glück“, dass ich mit einigen belgischen Studierenden über meine Vorlesungen in Kontakt gekommen bin, von denen einige gute Freund:innen von mir geworden sind.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Meine Sprachkompetenz im Englischen war auch vor meinem Aufenthalt in Gent bereits sehr gut. Da jedoch die Anforderungen der Veranstaltungen hoch waren, konnte ich sie insbesondere im schriftlichen Bereich weiter ausbauen. Da ich in meinem Studium in Potsdam (leider) nie in Berührung mit englischen Kursen komme, brauchte es ein bisschen, bis ich mich wieder an die Vorlesungen auf Englisch gewöhnt hatte. Nach meiner Erfahrung kann man sich aber recht schnell umstellen. Wer ein bisschen mehr Übung braucht, dem kann ich den Kurs „Academic English“ empfehlen, auch wenn er etwas aufwendiger ist. Ich habe außerdem die Gelegenheit genutzt und begonnen, Niederländisch zu lernen. Das ist möglich über eine Organisation, die auch an die Universität geknüpft ist; die Kurse sind allerdings kostenpflichtig und werden reduziert für internationale Studierende angeboten. Sie finden in der Regel abends von 19-22 Uhr statt. Die Uhrzeit habe ich, insbesondere im Winter, als anstrengend empfunden, aber die Lehrerin war sehr nett und hat sich wirklich viel Mühe gegeben, uns in den wenigen Wochen möglichst viel Niederländisch beizubringen. Als deutsche Muttersprachler:in ist die Sprache auch recht einfach. Es gibt am Ende eine mündliche und schriftliche Prüfung, die bereits vor Weihnachten stattfinden.

Wohn- und Lebenssituation

Ich habe mich, sobald ich die Zusage aus Potsdam hatte, beim Studierendenwohnheim in Gent beworben. Dieses ist ebenfalls an die Uni Gent geknüpft. Sie bieten dabei für die internationalen Studierenden günstigere Zimmer im „Home Vermeylen“ mit Gemeinschaftsbadezimmer sowie teurere Zimmer in den „Erasmus-Häusern“ an, in welchen ein eigenes Badezimmer vorhanden ist. Einige Monate nach meiner Bewerbung bekam ich die Zusage für meine zweite Wahl „Home Vermeylen“. Da viele Studierende jedoch jedes Jahr abgelehnt werden, war ich glücklich darüber, überhaupt einen Platz ergattert zu haben. Dennoch kann ich das Wohnheim leider nicht empfehlen: Die Zimmer fühlen sich eher nach Gefängniszellen an und sind schlecht isoliert, sodass es an den Fenstern ständig schimmelte. Es gibt zwar Waschbecken auf den Zimmern, aufgrund der Energiekrise drehten sie uns jedoch das warme Wasser ab. Das Teilen der Badezimmer und der Küche ist normalerweise erträglich, da unter der Woche jeden Tag geputzt wird; am Wochenende sieht das hingegen anders aus. Geschirr, Töpfe, Besteck etc. sowie eine Bettdecke muss alles selbst mitgebracht werden, in der Küche selbst ist nichts vorhanden bis auf ein paar wenige Herdplatten und zwei Mikrowellen. Der Hauptgrund, die Unterkunft zu verlassen, war für mich jedoch der Lärm, der jede Nacht von der Partystraße „Overpoort“ kam und durch den ich kaum schlafen konnte. Wer also hinsichtlich Lautstärke empfindlich ist, dem würde ich von diesem Wohnheim abraten. Zudem hat man leider nur wenig Kontakt zu anderen Studierenden. Durch einen glücklichen Zufall hatte ich dann die Möglichkeit, in ein möbliertes Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu ziehen, in welchem ich mich deutlich wohler gefühlt habe.  Gent ist eine absolute Fahrradstadt, weshalb ich es nur empfehlen kann, sich bereits am Beginn des Semesters ein Fahrrad zu leihen (über https://fietsambassade.gent.be/en/rent-bike/rent-student-bike-or-extend-your-contract, Kosten: ca. 60 €). Öffentliche Verkehrsmittel gibt es in Gent ebenfalls zahlreiche (Bus und Tram), aber insbesondere ab 23 Uhr und am Wochenende fahren diese selten und unzuverlässig. Es bietet sich jedoch an, eine 10-er Karte am Automaten (oder über https://www.delijn.be/en/) zu kaufen. Diese kann man dann einfach pro Fahrt im Bus/in der Tram an das Kartenlesegerät halten. Für den Fernverkehr bietet es sich an, sich ebenfalls eine 10-er Karte Youth zu kaufen (https://www.belgiantrain.be/de/tickets-and-railcards/gopass10). Diese berechtigt den:die Eigentümer:in, 10 Fahrten in ganz Belgien anzutreten.  Die Lebenshaltungskosten sind insbesondere in Bezug auf Lebensmittel höher als in Deutschland. Ich empfehle dabei die Supermarktkette Okay, die vom Aufbau und Angebot an Aldi oder Lidl erinnert. Fürs Auswärtsessen bieten viele Cafés und Restaurants Rabatte für Studierende an, generell sind die Preise jedoch auch hier höher als in Deutschland. Mittags kann auch in der Mensa De Brug gegessen werden; die Preise liegen hier zwischen 4-5 €.

Studienfach: Lehramt Deutsch und Politische Bildung (M.Ed.)

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 02/2023

Gastuniversität: Universität Gent

Gastland: Belgien


Rückblick

Gent ist eine großartige Studierendenstadt, die historisch, kulturell und architektonisch so einiges zu bieten hat. Die Stadt lebt mit und von ihren Studierenden, was sich in den zahlreichen Angeboten für Studierende widerspiegelt. Besonders genossen habe ich die zahlreichen Museen in Gent (https://visit.gent.be/de/wissenswertes/praktische-auskuenfte/inspiration/kunststadt-gent), meine zahlreichen Spaziergänge in Gent sowie nächtliche Fritten mit Zwiebeln, Ketchup und Käsekroketten. Zwar sollte man sich bewusst sein, dass die Anforderungen in den Kursen insbesondere gegen Ende des Semesters sehr hoch sein können und dass der angespannte Wohnungsmarkt in Gent dazu führen kann, dass man Kompromisse machen muss. Dennoch kann ich einen Erasmus-Aufenthalt in dieser wunderschönen Stadt nur aus vollem Herzen empfehlen. Jeden ersten Donnerstag des Monats haben die Museen in Gent bis 22 Uhr geöffnet (https://visit.gent.be/de/veranstaltungskalender/spaete-donnerstage-den-genter-museen). Im Museum für Schöne Künste (MSK) werden dabei beispielsweise „Date-Fragen“ angeboten, mithilfe derer man verschiedene Kunstwerke im Museum einmal aus einer anderen Perspektive bertrachten kann.

Belgien

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