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30 Jahre Uni Potsdam – 4 Studierende erzählen: Viktoria Kaina

„Es gibt Wissenschaft nur im Plural“

Viktoria Kaina | Foto: Jakob Studnar
Photo : Jakob Studnar
Viktoria Kaina
Vier Mensch, vier Jahrzehnte, vier Studienfächer und alle haben etwas gemeinsam: Sie waren oder sind Studierende der Universität Potsdam. Sie schauen auf die Vergangenheit ihrer Universität und wagen einen Blick in die Zukunft. Hier stellen wir die vier Persönlichkeiten – stellvertretend für die Tausenden, die seit ihrer Gründung an der Uni Potsdam studiert haben – mit ihren ganz individuellen Geschichten vor…

Viktoria Kaina, Professorin für Politikwissenschaft an der FernUniversität in Hagen, studierte, promovierte und habilitierte in den 1990er Jahren an der UP. Im Anschluss an das Studium entschied sie sich für eine wissenschaftliche Karriere (trotz einer seinerzeit sehr kleinen Bibliothek am Campus Griebnitzsee).

Sie haben 1991 an der UP studiert, kurz nach der Gründung der Hochschule. Was für ein Geist, war seinerzeit an der Uni spürbar?

Der Begriff „Aufbruch“ trifft es ganz gut! „Euphorie“ auch, denn bei der Gründung der Fachbereiche war eine gewisse Improvisation im Spiel. Alle schätzten die Möglichkeiten zur Mitgestaltung, mit denen die UP locken konnte, obwohl ihre monetäre Ausstattung nicht gut war.

Inwiefern machte sich bemerkbar, dass die Uni noch ganz neu war?

1991 waren die meisten Lehrstühle noch vakant. Einer der ersten, die besetzt wurden, war der meines Doktorvaters Wilhelm Bürklin. Es gab viele Gastlehrende, die diese Leerstellen auffingen. Letztlich bedeutete dies für uns auch ein Privileg, da wir fachlich breit studieren konnten. Chaos oder Raumprobleme gab es nicht – wir hatten ja zwei Standorte. Schwierig gestaltete sich hingegen die Bibliothekssituation mit zu wenig Platz bei an sich kleinem Buchbestand. Für die ersten Lehrveranstaltungen haben die Lehrenden Bücher aus ihrem Privatbesitz kopieren lassen …

Warum haben Sie sich damals das Fach an der Uni Potsdam entschieden?

Ich war zuvor in der DDR Presse-Volontärin, dann Redakteurin und hatte mich damals gegen ein Studium entschieden. Dann kam die Wende und ich dachte, ein Volontariat sei kein vernünftiger Abschluss. Ein Studium der Politikwissenschaft erschien mir eine gute Idee, um das neue politische System richtig kennenzulernen. Nachdem ich dann zufällig über einen Artikel einer Tageszeitung gestolpert war, in dem der Diplomstudiengang an der UP vorgestellt wurde, reifte mein Entschluss, mich in Potsdam einzuschreiben.

Hat die UP Sie in irgendeiner Weise geprägt?

Ohne die Erfahrungen an der UP wäre ich sehr wahrscheinlich heute nicht Professorin. Ursprünglich wollte ich nach dem Studium zurück in den Journalismus und nicht in der Wissenschaft bleiben. Doch die Zeit hat mich nachhaltig geprägt. Die Atmosphäre unter den Studierenden war besonders; wir lebten alle auf dem Campus und ich habe dort wichtige Freundschaften geschlossen. Es gab immer wieder offene, breite und anspruchsvolle Diskussionen. Vor allem aber verstand ich im Studium, was Wissenschaft ist und wie sie funktioniert. Politikwissenschaft ist eine Wissenschaftsdisziplin – es gibt Wissenschaft nur im Plural. Ihre Erkenntnisse sind immer nur vorläufig. Irrtümer sind nichts Schlimmes und gehören dazu.

Sie haben in Potsdam anschließend promoviert und habilitiert. Wie hat sich die Uni in dieser Zeit weiterentwickelt?

Es gab, so mein Eindruck, eine Normalisierung, die mit einer Professionalisierung einherging. Die Lehrstühle waren besetzt und die Fakultät strebte eine Ausrichtung auf eine Kombination mit den Verwaltungswissenschaften an. Das Miteinander der Fächer war produktiv: Soziologie, Wirtschafts- und Politikwissenschaften in einer Fakultät fand ich gut, weil inspirierend.

Ihre schönste Erinnerung an die UP?

Mein Habilitationsvortrag.

Was wünschen Sie der UP bzw. dem Bildungsbereich in Zukunft?

Ich wünsche allen nie versiegende Neugier. Es geht nicht nur darum Antworten zu finden, sondern Fragen zu stellen. Peter Bieri sagt: „Bildung beginnt mit Neugierde. Man töte in jemandem die Neugierde ab und man stiehlt ihm die Chance sich zu bilden.“ Das bringt auch meine Mission zum Ausdruck. Ich will Studierende inspirieren.

Viktoria Kaina

Geboren: 1969
Herkunft: Guben in Brandenburg
Studienfach an der UP: Diplom Politikwissenschaft
Studienzeit: 1991–1996
Wohnte während des Studiums: Studentenwohnheim (erst Babelsberg, dann Griebnitzsee)
Lieblingsort an der UP: Park Babelsberg und dort besonders in einem Seminargebäude den Studentenclub, wo es Partys gab
Heutige Tätigkeit: Professorin für Politikwissenschaft an der FernUniversität in Hagen

 

Als nächstes stellen wir eine radioeins-Moderatorin vor, die an der UP studiert hat…
... zum Artikel mit Kathrin Wosch

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2021 „30 Jahre Uni Potsdam“ (PDF).