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Psychologische Methoden und Open Science

Hier finden Sie eine Übersicht über die von der Abteilung (mit-)entwickelten Messinstrumente.

Für eine Übersicht zu den Messinstrumente bei Zwangsstörungen möchten wir auf folgendes Buchkapitel hinweisen:

  • Fink-Lamotte, J. (2023). Klinische Erhebungsmethoden und Instrumente der Zwangsstörung. In: U. Voderholzer, N. Kathmann, & B. Reuter (Hrsg.). Praxishandbuch Zwangsstörung. München: Elsevier.

Entwicklung und Validierung eines Imaginations- und Videobasierten Chain of Contagion Task 

Mit dem CCT wird die Wahrnehmung gemessen, zu welchem Grad Kontamination zwischen vorher neutralen Objekten übertragen wird. Die Versuchsperson benennt zunächst das für sie am stärksten kontaminierte Objekt  (z. B. Toilette, Mülleimer) und bewertet dessen Kontaminationsgrad auf einer Skala von 0–100 %. Anschließend reibt die Versuchsleitung einen neuen unkontaminierten Bleistift an dem Objekt, woraufhin die Versuchsperson den Kontaminationsgrad des Bleistiftes einschätzen soll.
Danach wird ein zweiter Bleistift an den ersten gerieben und wiederum bewertet. Dieses Vorgehen wird mit insgesamt 12 Bleistiften wiederholt, sodass der Abstand zum ursprünglichen kontaminierten Objekt schrittweise zunimmt. In diesem Sinne ist Bleistift Nr. 1 eine Stufe und Bleistift Nr. 12 zwölf Stufen vom kontaminierten Index-Objekt entfernt. Zur Diagnostik von rigidem Kontaminations-/Ekelerleben (Fink-Lamotte, Bieber et al., 2024)  haben wir eine imaginationsbasierte und einen videobasierte Version entwickelt, die in Experimenten und in der klinischen Praxis angewendet werden kann:

Entwicklung und Validierung einer Skala zur Erfassung von Situativem Ekelerleben (MSDQ - Multidimensional State Disgust Questionnaire)

Um die Messung von State-Ekel zu verbessern, haben wir den MDQ entwickelt. Der MDQ unterscheidet im Gegensatz zu früheren eindimensionalen Instrumenten zwischen vier Ekelmechanismen: objektbezogen, selbstbezogen, normbezogen und prozessbezogen. In fünf Studien zeigte er eine robuste Faktorenstruktur, hohe Zuverlässigkeit und gute diskriminante Validität. Der MDQ liegt sowohl in deutscher als auch englischer Sprache vor und stellt ein präzises Messinstrument für die klinische Diagnostik und experimentelle Forschung dar.

Aktuelle Version des Fragebogens sowie zugehörige Daten finden Sie unter: 

https://osf.io/5w8x2/?view_only=f8345d2cebaf492da2412b349f1c4148

 

Entwicklung und Validierung einer ekelbezogenen Scrambled Sentences Task zur Messung von Interpretationsverzerrungen

Die Scrambled Sentences Task (SST) ist ein verbreitetes Verfahren zur Messung von Interpretationsverzerrungen (Würtz et al., 2022). Wir entwickelten eine ekelbezogene Version und übersetzten sie ins Englische. Dabei erhalten die Teilnehmenden Sätze aus sechs zufällig angeordneten Wörtern (z. B. „she - forearm - her - scrab - scratched - on“) und sollen daraus so schnell wie möglich einen grammatikalisch korrekten Fünf-Wort-Satz bilden. Abhängig von der Wortwahl kann der Satzinhalt entweder neutral oder ekelbezogen sein.

In einer aktuellen Studie werden die SST sowie zwei weitere Messinstrumente – die Encoding Recognition Task (Charash & McKay, 2009) und die Ambiguous Scenario Task (Wong et al., 2022) – zur Erfassung ekelbezogener Interpretationsverzerrungen validiert, um das robusteste Instrument für Forschung und klinische Anwendung zu identifizieren.

Validierung und deutsche Übersetzung der Dimensionalen Obsessive-Compulsive Scale (DOCS)

Die Erfassung des Schweregrads der Zwangsstörungen ist aufgrund der Multidimensionalität des Störungsbildes bisher oft nur eingeschränkt darstellbar. So werden zum Beispiel Menschen mit multiplen Symptomtypen in manchen Fragebögen höhere Scores erzielen, einfach, weil mehr Items auf sie zutreffen. Außerdem werden Menschen höhere Scores erreichen, wenn ihre Symptombilder mit den in den Items beschriebenen Symptombildern übereinstimmen. Daneben wird die Zwangsstörung mit einigen aktuellen Screening- und Diagnostikinstrumente oft eindimensional erfasst (z.B. nur Stress). Um diese Limitationen zu reduzieren, wurde die Dimensionale Obsessive-Compulsive Scale (DOCS; Abramowitz et al., 2010) als Instrument zur Erfassung von Zwangsstörungen entwickelt.

Hier geht es zur deutschsprachigen Version der DOCS und zur Validierungsstudie 

Validierung der Dimensional Obsessive-Compulsive Scale - English and German Short Forms (DOCS-SF)

Der DOCS-SF ist ein Kurzfragebogen, der das Vorhandensein von Zwangssymptomen auf vier Dimensionen (bspw. Verunreinigung) erfragt, und anschließend die Ausprägung für den aktuell belastendsten Bereich (bspw. Zeitaufwand, Vermeidung) erfasst (Kühne, Paunov, Fink-Lamotte et al., 2021). Hier geht es zur Version auf Deutsch und Englisch.

Validierung und Übersetzung der Family Accommodation Scale (FAS-Z) für Zwangsstörungen

Die Patient:innenversion der FAS (Wu, Pinto, et al., 2016) basiert auf der Family Accommodation Scale – Interviewer Rated (FAS-IR; Calvocoressi et al., 1999) und erfasst Zwangssymptome und Akkommodationsverhalten, eingeschätzt durch die zwangserkrankte Person. Im ersten Teil der Skala werden anhand einer Liste mit Beispielen die gegenwärtig vorhandenen Zwangssymptome abgefragt. Im zweiten Teil wird durch 19 Items die Häufigkeit von verschiedenen Akkommodationsverhaltensweisen erfasst, welche durch eine Bezugsperson in der vergangenen Woche gezeigt wurden (5-stufige Antwortskala).  Die 19 Items zeigen gute Kennwerte für die Reliabilität und Validität. Eine Validierungsstudie der deutschsprachigen Version der FAS-Z ist derzeit in Arbeit. 

Hier geht es zur deutschsprachigen FAS Patient:innenversion und zur FAS Angehörigenversion.

Entwicklung der Family Accommodation Scale für Depressionen (FAS-DEP)

Für die Untersuchung von Akkommodationsverhalten im Kontext von depressiven Erkrankungen wurden die FAS-SR und FAS-PV für depressive Erankungen adaptiert. Dafür wurden die zwangsspezifischen Items auf depressive Gedanken, Stimmungen und Rückzugsverhalten angepasst, Beispiele entsprechend modifiziert und zwei ungeeignete Items entfernt. Die resultierende FAS für Depressionen (FAS-DEP) umfasst 17 Items in einer Angehörigen- und einer Patient:innenversion. Der Summenwert spiegelt den Umfang des Akkommodationsverhaltens wider. Eine Validierungsstudie der deutschsprachigen Version ist derzeit in Arbeit.

Hier geht es zur deutschsprachigen FAS_DEP Patient:innenversion und zur FAS-DEP Angehörigenversion.

Validierung und Übersetzung des Obsessive-Compulsive Inventory-Revised OCI-12 und Obsessive-Compulsive Inventory Screening OCI-4 

Gemeinsam mit einem nationalen und internationalen Konsortium haben wir das OCI-12 validiert, eine syndromal verfeinerte deutsche Version des Obsessive-Compulsive Inventory (OCI-R), die in einer deutschen klinischen und nicht-klinischen Stichprobe hervorragende psychometrische Eigenschaften aufweist (Müller et al., in press).

Zusätzlich validierten wir das OCI-4, ein ultrakurzes Screening-Instrument, das sich besonders für die Primärversorgung und groß angelegte Studien eignet (Müller, Fink-Lamotte et al., 2025).

Open Science in der Klinischen Psychologie

Wir setzen uns dafür ein, Transparenz, Replizierbarkeit und methodische Innovation in der Klinischen Psychologie zu stärken, indem wir praktische Anleitungen und Projekte entwickeln, die Open-Science-Prinzipien mit den Anforderungen klinischer Forschung verbinden.

Ein wichtiger Schritt dieser Arbeit ist ein Positionspapier (Fink-Lamotte et al., 2024), in dem wir aufzeigen, wie Transparenz, Datenaustausch und methodische Genauigkeit in der Klinischen Psychologie sinnvoll bewertet werden können, ohne ethische Grenzen zu überschreiten.

Außerdem haben wir untersucht, wie sich der RESQUE-Rahmen (Research Quality Evaluation Scheme for Psychological Research) auf die Klinische Psychologie anwenden lässt (Heller et al., in Vorbereitung). Unsere Ergebnisse zeigen, dass RESQUE zwar eine wirksame Differenzierung der Open-Science-Praktiken ermöglicht, jedoch Anpassungen nötig sind, um die besonderen ethischen und rechtlichen Anforderungen klinischer Forschung zu berücksichtigen. Dies verdeutlicht, dass es maßgeschneiderte Standards und Bewertungsinstrumente braucht, um Open Science in der Klinischen Psychologie fair und praktikabel umzusetzen.