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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Über das Erasmus-Programm hatte ich zuerst auf einer Informationsseite des HPI erfahren. Außerdem hat meine Mutter bereits einen Erasmus-Aufenthalt in Dänemark gemacht, und mich motiviert, so etwas auch zu machen. Da sich auch viele von meinen Freunden am HPI entschlossen haben, das erste halbe Jahr des Masterstudiums im Ausland zu verbringen (Praktika oder auch Erasmus), fiel mir die Entscheidung nicht schwer.
Im Vorfeld meiner Bewerbung habe ich mit dem Erasmus Koordinator des HPI, Professor Naumann, ein persönliches Gespräch geführt. Das war hilfreich, um meine Chancen bei der Bewerbung abzuschätzen und gleichzeitig ein paar Fragen zur Organisation zu stellen, zum Beispiel weil ich bei Start des Aufenthalts erst 17 war, aber das hat später keine Probleme gemacht. Von den Informationsveranstaltungen zu Erasmus der Universität Potsdam habe ich nur die letzte und wichtigste am Neuen Palais besucht, dadurch hatte ich keine Probleme, weil die Informationen die man benötigt auch alle auf der Uni Potsdam Website zu finden sind.
Die Bewerbung bei der BTH hat nichts besonderes erfordert, es mussten die üblichen Dokumente eingereicht werden (Zeugnis, Lebenslauf etc.). Bei den auf dem Learning Agreement angegebenen Kursen gab es zuerst etwas Widerstand, weil für diese Kurse erforderliche andere Kurse noch nicht belegt worden sind (was ja klar ist, weil ich vorher noch nicht bei der BTH war). Ich habe dann einfach von mir absolvierte Kurse meiner Heimatuni rausgesucht, die den gleichen Inhalt wie die geforderten Kurse haben, und das per Email geklärt.


Studienfach: IT-Systems Engineering

Aufenthaltsdauer: 08/2018-01/2019

Gastuniversität: Technische Hochschule Blekinge

Gastland:Schweden

Studium an der Gastuniversität

Die Organisation der Semester läuft an der BTH etwas anders, als es bei deutschen Universitäten üblich ist. Ein Semester besteht aus zwei Teilen, in denen man jeweils zwei Kurse belegt. Der erste Teil im Herbstsemester ist von September bis November, der zweite von November bis Januar. In Deutschland hat man üblicherweise 5 Kurse à 6 LP, in Schweden dagegen 4 à 7.5 LP. Das ist natürlich ungünstig, da die 4 Kurse auch nur als 4 Kurse in Deutschland angerechnet werden, und dann hat man in dem Semester nur 24 LP. Also muss man entweder in Schweden mehr machen als üblich oder dann in Deutschland später ein Semester mit 6 Kursen.
Ich hatte drei Software-Veranstaltungen und den Schwedisch-Kurs für Anfänger. Da Erasmus-Studenten der nächsten Jahre wahrscheinlich auch den Schwedisch-Kurs machen, fasse ich hier mal zusammen, wie dieser war. Die Dozentin spricht hauptsächlich Schwedisch, am Anfang aber so langsam und deutlich, dass Deutsch- und Englischkenntnisse locker ausreichen um mitzukommen. Wenn sie doch mal etwas übersetzt, ist das immer auf Englisch. Das Niveau zieht dann aber relativ schnell an, sodass es sich empfiehlt, in der Freizeit z.B. mit Duolingo selber auch die Sprache zu lernen. Ich hatte das schon in Deutschland gemacht, also war der Kurs für mich nicht so schwer. Die Prüfung ist einfach, weil da nur etwas auswendig gelerntes vorgetragen werden muss (Dialog oder kurzer Text). Fließend schwedisch kann man natürlich allein von dem Kurs nicht, aber er hilft um überhaupt erst mal in die Sprache reinzukommen.
Meine Software-Veranstaltungen wurden alle von ausländischen Dozenten gehalten (z.B. Indien, Bulgarien, arabischer Raum), das liegt wohl daran, dass die schwedische Bevölkerung nicht so riesig ist, und auch viele ausländische Studenten dort sind, die dann später lehren. Diese Dozenten sind fachlich sehr gut aufgestellt, problematisch ist jedoch deren Englisch. Man muss sich die ganze Zeit stark konzentrieren, um zuzuhören und das Gesagte zu verstehen. Daher habe ich zum Ende des Semesters auch weniger Vorlesungen besucht, und die Vorlesungsfolien selber nachgearbeitet.
Die Übungsaufgaben sind größtenteils verpflichtend, und haben einen Arbeitsumfang von einigen ganzen Tagen bei einer Abgabefrist von circa einem Monat. Wenn eine Übung nicht bestanden wurde, muss diese erneut versucht werden. Das Problem dabei ist, dass die Frist zum erneuten Abgeben auch wieder erst einen Monat nach der originalen Abgabefrist ist, und man erst dann Feedback bekommt. Das heißt, wenn man eine Übung einmal nicht bestanden hat, hat man diese Übung noch einen ganzen Monat am Hacken. Eine Anfrage, die Übung früher erneut abzugeben und schon mal Feedback zu bekommen um damit mental fertig zu sein, wurde unfreundlich beantwortet mit dem Vorwurf, dass ich mir einen unfairen Vorteil verschaffen würde. Daher habe ich auch am Ende meines Erasmus-Aufenthalts noch nicht alles fertig und muss noch eine Übung abgeben.
Alles beim ersten Mal richtig zu machen, ist leider auch nicht so einfach, da nicht alle Anforderungen in der Aufgabenstellung stehen, und wegen Formalitäten Übungen als nicht bestanden gewertet werden, was sich angefühlt hat wie in der Schule. Man hat jedoch die Chance, an Fragerunden teilzunehmen um die benötigten Informationen zu bekommen. Insgesamt finde ich es jedoch schade, dass das System so bürokratisch und unangenehm für die Studenten ist. Unter dem Vorwand von Fairness müssen alle Richtlinien ganz genau eingehalten werden, aber am Ende ist es nur für die Übungsleiter entspannt und nicht für uns. Inhaltlich waren die Übungen jedoch interessant und es hat Spaß gemacht sie zu bearbeiten, aber nur bis man angefangen musste, sich mit den exakten Anforderungen herumzuschlagen.
Der beliebteste Arbeitsplatz war ein Teil der Bibliothek mit einem großen Raum für das entspannte Arbeiten unter Leuten und einzelnen kleinen Räumen für fokussierte Gruppenarbeit. Es gibt auch Computerpools mit ordentlichen Rechnern und Logins für alle Studenten, ich schätze aber mal, dass die meisten ihren eigenen Laptop bevorzugen. Als Informatiker hat man sonst nicht eigene Räume im Lehrstuhl, aber die Raumplanungsstudenten haben welche, die wir auch öfter mal zum Filme schauen verwendet haben, also lohnt es sich, zu denen Kontakte herzustellen.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

In meiner Erasmus-Gruppe waren über vierzig Studenten, hauptsächlich Spanier, Italiener, Deutsche und Franzosen. Die Einführungswoche mit den anderen Erasmus-Studenten und viele Veranstaltungen vom ESN-Team haben dafür gesorgt, dass die sozialen Kontakte hauptsächlich innerhalb Erasmus geblieben sind. Die Sortierung nach den Heimatnationen innerhalb der Erasmus-Gruppe passiert naturgemäß relativ schnell, aber ich habe versucht mich davon loszulösen und extra eher mit Studenten aus anderen Ländern Zeit zu verbringen.
Ich schätze, wir haben pro Woche im Schnitt zwei Parties gefeiert, meistens eine in einem der Wohnheime und eine in einer Bar. Am Anfang gab es noch einen Club in Karlskrona, aber der wurde wegen Renovierungsarbeiten (vorübergehend?) geschlossen, sodass man sich jetzt mit den drei Bars im Ort zufriedengeben musste. In der Stadt sind tatsächlich so wenig Leute, dass man immer wieder die gleichen Gesichter dort sieht. Das hat auch geholfen, Kontakte zu knüpfen. Meine Hauptaktivität mit schwedischen Studenten war Sport, vor allem Badminton. Man kann auch Floorball, Basketball und Fußball im Angebot der Uni spielen. Außerdem gibt es einige Beachvolleyballfelder in der Stadt, aber man sollte nicht an der Uni sondern auf Langö spielen, weil einem an der Uni immer der Ball ins Wasser rollt. Wir haben im August und September sehr viel gespielt, aber dann war es zu kalt.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Während des Semesters habe ich hauptsächlich Englisch gesprochen. Das liegt daran, dass man die meiste Zeit mit den Erasmus Leuten verbringt. Besser geworden ist das Englisch aber nicht in dem Sinn, dass ich in einem Vokabel- oder Grammatiktest besser abschneiden würde als vorher. Das liegt daran, dass die anderen Leute nicht viel besser Englisch konnten als ich. Was zwischen Leuten aus verschiedenen Ländern gesprochen wird, ist ein internationales Englisch, wo zum Zweck der besseren Verständlichkeit komplizierte Worte oder Satzstrukturen nicht verwendet werden. Ich denke, dass ich selbstbewusster (und damit schneller) Englisch sprechen und schreiben kann, auch wegen der Uni, aber nicht, dass es unbedingt besser geworden ist. Außerdem kann ich jetzt ziemlich gut Akzente unterscheiden, zum Beispiel spanisches und italienisches Englisch, was ich vorher nicht so einfach fand. Bei dem Erasmus Sprachtest war mein Ergebnis vorher und nachher identisch (C1).

Schwedisch habe ich im Rahmen des oben erwähnten Sprachkurses gelernt, dadurch kann ich einfache Sätze formulieren und Zeitungsartikel lesen. Für eine geistreiche Konversation reicht es dann aber doch nicht, und ich fürchte dass ich die Sprache relativ schnell wieder verlernen werde. Interessanterweise habe ich Schwedisch nicht hauptsächlich mit Schweden gesprochen, da diese immer sofort Englisch angeboten haben. Stattdessen vor allem mit Einwanderern aus Nahost, da diese zwar gut Schwedisch gelernt haben, aber nicht wirklich Englisch sprechen konnten. So habe ich zum Beispiel den Smalltalk mit meinem Friseur auf Schwedisch gemacht. Ein bisschen habe ich noch mein Französisch aufgefrischt, weil wir gute Freunde aus Frankreich hatten und die sich manchmal in ihrer Heimatsprache unterhalten haben.

Wohn- und Lebenssituation

Ich habe die Unterkunft relativ kurzfristig rausgesucht, weil ich mich ehrlich gesagt zu spät damit beschäftigt habe. Aber in Karlskrona gibt es zwei Wohnheime, wo immer Platz ist, nämlich das Boot (Argongatan 5) und das Gefängnis (Norra Smedjegatan 59). Beide sind relativ einfach gehalten, die Küche ist nicht wirklich aufgeräumt oder geputzt, die Zimmer sind klein aber dafür ist die Miete relativ günstig (300 – 400 Euro) und beide liegen zentral. Ich habe mich in dem Boot eingemietet, da sind auch immer ein paar andere Erasmus Studenten, also alleine muss man sich nicht fühlen. Ein Vorteil beim Boot ist, dass man einen richtigen Mietvertrag bekommt, wo man beim Gefängnis nur mündlich das Wohnverhältnis abklärt und dann einfach immer die Miete überweist. Wenn man eine saubere Küche, mehr Platz und seine Ruhe haben will, muss man sich halt eine eigene Wohnung bei einem normalen Vermieter suchen, dann wird die Miete aber schnell teurer und man wohnt weiter draußen.


Öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt habe ich überhaupt nicht genutzt, da ich gerne Fahrrad fahre und mein eigenes Fahrrad mit nach Schweden genommen hatte. Der Bus ist relativ teuer, also ist es auch empfehlenswert sich ein Fahrrad zu besorgen um langfristig Geld zu sparen. Man kann meistens von anderen Studenten vor Ort eins kaufen, der übliche Preis ist 50 Euro. Von der Uni kann man auch für eine Woche kostenlos ein Fahrrad erhalten, aber das ist keine Dauerlösung da diese recht nachgefragt sind und man die jede Woche zurückgeben muss. Der Zug nach Kopenhagen ist schnell und gemütlich, die Fahrt zum Flughafen Kastrup dauert 3 Stunden und kostet 40 Euro. Das ist auch der nächstgelegene große Flughafen, es gibt noch einen kleinen Regionalflughafen in der Nähe (Ronneby), aber da sind die Flüge viel teurer.

Es ist nicht notwendig, sich ein schwedisches Konto zu besorgen, oder sich Swish zu holen (eine Bezahlapp auf dem Handy, die viele Schweden verwenden). Man kann überall mit EC-Karte (Maestro) und Kreditkarte (MasterCard, Visa) bezahlen. Je nach Bank fällt eine kleine Gebühr an, wenn man in schwedischen Kronen zahlt, darum lohnt es sich an den Bezahlterminals Euro statt SEK auszuwählen, wenn das möglich ist. Sonst zahlt man halt ein paar Cent Gebühren. Bargeld kann man in den meisten Geschäften verwenden, aber zum Beispiel in Bars oder im Bus kann man nur mit Karte zahlen. Darum habe ich mir Bargeld nach ein paar Wochen auch abgewöhnt und nur noch mit Karte bezahlt.

Eine deutsche Krankenversicherung greift auch in Schweden, auf der Rückseite von Krankenkassenkarten ist meist die europäische Krankenkassenkarte, die man dann vorzeigen kann. Trotzdem ist es in Schweden nicht üblich, zum Arzt zu gehen wenn man krank ist. Man soll in Eigenverantwortung entscheiden, welche Medikamente man braucht und diese sich selber besorgen. Auch wenn das System Kosten spart, fand ich es nicht gut, weil ich selber mal seit einer Woche krank war und beim Arzt einfach abgewiesen wurde. Die haben mich gefragt ob ich Fieber hab, als ich das verneint hab, meinte die Frau am Schalter einfach ich soll Ibuprofen kaufen. In meinem Fall ist die Krankheit zwar von alleine weggegangen, aber bei einer bakteriellen Infektion hätte das zum Beispiel wahrscheinlich nichts gebracht. Wenn man ein kleineres Problem hat, kann man auch zur Krankenschwester in der Uni gehen, dort kriegt man kostenlos Hilfe. Es gibt nachts in Karlskrona keine Krankenwagen. Auf einer Party ist ein Student gestürzt und hatte eine Platzwunde am Kopf, und dann musste er das Taxi selber zahlen, mit dem er zum Krankenhaus gefahren wurde.

Meine Miete betrug 400 Euro, und ich habe für Essen usw. ungefähr so 300 Euro monatlich ausgegeben, man muss aber dazu sagen, dass ich in der Hinsicht eher sparsam unterwegs war. Lebensmittel sind in Schweden etwas teurer als in Deutschland, also sollte man auf seine Ausgaben in Deutschland nochmal so 30 Prozent draufrechnen. Natürlich hängen die Ausgaben auch davon ab, wie viel man feiern geht, ein Bier in einer Bar kostet zum Beispiel 5 Euro. Es gibt auch Reiseangebote für Erasmus Studenten, zum Beispiel nach Norwegen, Russland, Estland und ins finnische Lappland. Bei der Reise nach Lappland waren die meisten Studenten dabei, das kostet so 600-700 Euro. Ich habe mich finanziert zu gleichen Teilen aus dem Erasmus Stipendium, einem Minijob und Geld von den Eltern (alles ca. 400 Euro), und bin so gut hingekommen.

Studienfach: IT-Systems Engineering

Aufenthaltsdauer: 08/2018-01/2019

Gastuniversität: Technische Hochschule Blekinge

Gastland:Schweden


Rückblick

Insgesamt habe ich von dem Erasmus Semester gemischte Eindrücke. Die Organisation in Schweden, sowohl was die Uni als auch das alltägliche Leben angeht, hat mir schlechter gefallen als in Deutschland. Am positivsten habe ich den Kontakt zu anderen Studenten in Erinnerung, es ist nochmal wie im ersten Semester an der Uni wo sich alle kennenlernen wollen und total offen sind. Was ich in der Uni gelernt habe, war auf dem gleichen Level wie in Deutschland, da gab es praktisch keinen Unterschied vom Anspruch her.

Schweden

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