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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Da ich mein Auslandssemester erst im Sommersemester angetreten habe, hatte ich die Chance, bereits mit Kommiliton*innen, die mit mir das Studium angefangen haben, etwas über die Vorbereitungsphase zu reden. Dies gab mir etwas Orientierung und Sicherheit in Bezug auf bestimmte Abläufe, Fristen und Dauer des Prozesses. Darüber hinaus haben die Infoveranstaltungen sehr geholfen, auch wenn nach dem ersten Mal hören noch nicht alles verstanden oder bereits wieder vergessen war, so sind es vor allem die Checklisten und die Präsentationsfolien, die einem sehr weiterhelfen die Vorbereitungsphase zu strukturieren. Darüber hinaus sieht man die Ansprechpartner*innen zum ersten Mal und kann auch nach der Präsentation im Einzelgespräch auf individuelle Fragen eingehen. Falls Fragen bereits vor der Bewerbung bestehen, zum Beispiel wann es sinnvoll ist, das Erasmus-Semester anzutreten, kann ich empfehlen, sich bei den jeweiligen Beauftragten für Studien- und Prüfungsangelegenheiten rechtzeitig zu melden. In meinem Fall wollte ich wissen, ob ich die Bachelorarbeit und die verbleibenden Kurse in das fünfte Semester vorziehen und dafür das eigentlich für dieses Semester vorgesehene Auslandssemester in das sechste schieben kann. Ich erwähne das hier, weil vielleicht viele nicht wissen, dass man noch lange nicht alle Punkte gesammelt haben muss, um die Bachelorarbeit zu schreiben, sondern nur eine gewisse Mindestanzahl, die zumindest bei meinem Studiengang bei 120 LP lag. Dabei ist es möglich zum Zeitpunkt der Anmeldung der Bachelorarbeit, falls noch Punkte fehlen, die bereits angemeldeten, jedoch noch nicht benoteten Kurse zu berücksichtigen. Meine Intention war, dass ich mein Studium mit dem Auslandssemester und anschließendem Urlaub abschließen wollte, was ich jedem empfehlen kann. Dazu gehört aber auch, dass die Vorbereitungsphase für das Erasmus-Semester doch etwas stressiger wird, da man neben diversen organisatorischen Aufgaben, wie Dokumente zusammensuchen, ausfüllen und absenden, die Reise planen und Unterkunft suchen auch noch die Bachelorarbeit erledigen muss. Darüber hinaus fing das Semester bereits im Februar an, sodass man die letzten Vorlesungen in Potsdam zum Teil nicht mehr mitmachen kann und Abgaben in das Erasmus-Semester fallen. Hat man dies jedoch geschafft und sitzt im Flieger nach in meinem Fall Portugal zum letzten Semester nach geschriebener Bachelorarbeit, ist das ein geiles Gefühl.


Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 02/2023 - 07/2023

Gastuniversität: Universidade Nova de Lisboa

Gastland: Portugal

Studium an der Gastuniversität

Das Studium stellte sich als relativ verschult heraus, indem zum Teil Anwesenheitslisten geführt wurden. Darüber hinaus gab es in der Regel zwei Mal zwei Vorlesungsstunden pro Modul pro Woche. Bei meinen belegten 5 Modulen waren das demnach 20 Stunden die Woche reine Präsenzvorlesungen. Dabei hatte ich zumindest das Gefühl, dass man den Stoff auch hätte besser komprimieren können. Allerdings hatte ich gerade am Anfang, obwohl ich Portugiesisch auf B2-Niveau besaß, sprachliche Schwierigkeiten, sodass mir das entgegenkam. Da die Vorlesungen nicht besonders interaktiv waren, fiel dies auch zunächst nicht weiter auf und ich konnte mich eingewöhnen. Dies gelang mir je nach Lehrkraft mal besser, mal schlechter gegen Ende, jedoch konnte ich allen auf jeden Fall gut folgen. Die Universität hatte ein Buddy-Programm, bei dem ich mich anmeldete. Mein Buddy war zum Anfang nicht häufig in Lissabon und so war sie leider keine so große Hilfe. Mein de facto Buddy war dafür ein Kommilitone, den ich gleich in der ersten Vorlesung kennengelernt habe, der eine Zeit lang in Baden-Württemberg gelebt hat und deshalb Deutsch sprach. Im Allgemeinen waren alle Kommiliton*innen sehr hilfsbereit und ich hatte in allen Kursen schnell Ansprechpartner*innen. Dass ich Portugiesisch spreche, hat aber eindeutig geholfen. Zwar sind eigentlich alle an der Uni in der Lage Englisch zu sprechen, jedoch war es immer ein guter Gesprächseinstieg, wenn ich gefragt wurde, weshalb ich angefangen habe Portugiesisch zu lernen, darüber hinaus sogar die europäische Version, da die meisten sich entscheiden, brasilianisches Portugiesisch zu lernen. Das Klima zwischen den Studierenden war sehr gut und es hat wirklich Spaß gemacht, mit immer neuen Leuten ins Gespräch zu kommen. Vor und nach Präsentationen gab es viel Zuspruch und Lob, dass man es auf Portugiesisch macht, auch von Studierenden, mit denen man weniger zu tun hatte. Es wird sehr wertgeschätzt, wenn man sich Mühe gibt, die Sprache zu lernen. Die Studierendenschaft ist sehr divers und kommt aus den unterschiedlichsten Ecken der lusophonen Welt. Meistens natürlich aus Portugal und Brasilien. Jedoch beispielsweise auch aus Mosambik oder Angola. Gelegentlich kommen gerade zwischen Brasilianer*innen und Portugies*innen freundschaftliche Rivalitäten zum Vorschein, erst recht, wenn es beispielsweise um die sprachlichen Unterschiede oder Fußball geht. Trotzdem ist allen bewusst, dass es eher spaßig gemeint ist. Es gab jedoch zum Beispiel einen Professor, den ich nicht kannte, über den es massive Beschwerden gab, da er als Portugiese regelmäßig sehr abfällig über ehemalige Kolonien geredet hat. Ich habe eine große Diskussionsrunde nach einer Vorlesung mitbekommen, in der sehr fair auch mit denen umgegangen wurde, die ihn nicht so kritisch sahen. Der überwiegende Teil war sich jedoch einig, dass der Professor regelmäßig zu weit geht. Der Umgang unter allen Studierenden war stets sehr herzlich und man hatte, zumindest bezüglich der positiven Aspekte, gelegentlich das Gefühl, Teil einer Schulklasse zu sein. Dass man zwischen zwei Vorlesungen oder danach etwas in einer kleinen Gruppe unternommen hat, war keine Seltenheit.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich hatte zwischenzeitlich nicht das Gefühl ,mich sehr zu verbessern, auch, weil ich außerhalb der Uni mit anderen Erasmus-Studierenden und Mitbewohner*innen viel Englisch und Deutsch geredet habe. Doch mit der Zeit, spätestens nach den ersten Vorträgen auf Portugiesisch, hab ich doch deutliche Verbesserungen bemerkt. Diese bezogen sich nicht so sehr auf den Wortschatz oder grammatikalisches Wissen, sondern eher darauf, dass ich mit mehr Selbstbewusstsein und einer Selbstverständlichkeit anfing zu sprechen. Ich hatte immer weniger blockierende Angst Fehler zu machen, da ich merkte, dass ich trotzdem gut verstanden werde und, wie gesagt, alle dort lebenden einem sehr gut zusprechen und einen motivieren, mehr Portugiesisch zu sprechen. Ich finde es eher schade, dass das Semester gerade dann geendet hat, als ich mich wohl damit fühlte sogar zwischen Deutsch, Englisch und Portugiesisch zu wechseln, was mir am Anfang und noch sehr lange danach wirklich schwergefallen ist.

Wohn- und Lebenssituation

Da ich bereits vor meinem Studium an der Universität Potsdam für knapp neun Monate in Lissabon gelebt und gearbeitet habe, hatte ich keine Probleme mich wieder einzuleben. Neben ein paar alten Freunden, die ich wiedersehen konnte, habe ich in meiner Unterkunft auch gleich neue Bekanntschaften gemacht. Da ich Portugiesisch bereits in meiner Zeit vor dem Studium als auch schon drei Semester lang an der Uni während des Studiums gelernt habe, waren darunter auch schnell Portugiesischsprachige, meistens aus Portugal und Brasilien. Es war schön zu sehen, dass ich seit dem letzten Mal große sprachliche Fortschritte gemacht habe und alte Bekannte, die ich eine Weile nicht gesehen habe, waren darüber sehr positiv überrascht. Das habe ich vor allem den Sprachkursen an der Universität Potsdam zu verdanken. Wer also schon früh genug weiß, in welches Land er oder sie gehen möchte, sollte definitiv früh genug anfangen, die Landessprache zu lernen, um etwas aus der Erasmus-Bubble herauszukommen und mehr über Land, Kultur und Leute zu erfahren. Auch wenn ich super Mitbewohner*innen hatte, muss ich sagen, dass bedauerlicherweise die Wohnsituation die belastendste Erfahrung des ganzen Auslandssemesters war. Dass die Mieten in Lissabon schon seit Jahren dramatisch steigen, wusste ich zwar, jedoch war ich bei der Wohnungssuche überrascht, wie deutlich dies die letzten Jahre geschehen ist und wie wenige Unterkünfte in meinen finanziellen Möglichkeiten lagen. Dabei war ich zunächst auf Internetseiten wie Idealista.pt unterwegs, welche ich noch von der Wohnungssuche für meinen ersten Aufenthalt in Lissabon kannte. Doch auch da musste ich feststellen, dass viele Angebote nicht seriös waren und ich knapp einer Betrugsmasche entgangen war. Durch den Mangel an Vertrauen wechselte ich zu Webseiten wie Uniplaces und co. Letztendlich habe ich mein Zimmer über die Vermittlungsplattform Roomless von der Vermietungsfirma Quarto e Quartos gemietet. Ich kann jedem nur raten, einen großen Bogen um Quarto e Quartos zu machen. Ja, die Wohnung gab es immerhin und soweit war auch das Zimmer einigermaßen wie versprochen. Ich wusste, dass die Wohnung 12 Zimmer hatte und ich daher mit vielen zusammenwohnen würde, bei einer einzigen gemeinsamen Küche und drei Bädern. Ich wusste, dass ich 550 Euro pro Monat für ein relativ kleines Zimmer von geschätzt 9 m^2 zahlen würde (was nur leicht über dem Durchschnitt von dem lag, was andere Studierende bezahlten). Darauf war ich vorbereitet und auch über den Schimmel, sowohl in den Bädern als auch zunächst bei mir im Zimmer konnte ich noch hinwegsehen. Jedoch erfuhr ich schnell von den anderen Mitbewohner*innen, wie sich Quarto e Quartos verhält und versucht, noch mehr Geld aus einem herauszupressen. Sie zahlen Kautionen unter fadenscheinigen Vorwänden nicht zurück und gehen auch teilweise ungefragt ins Zimmer. Meine Wohnung war noch am wenigsten davon betroffen. Ich erfuhr von anderen, die gerade ihr Erasmus beendeten und auch später von Leuten, die mit mir studierten, dass es bei ihnen teils deutlich schlimmer war und die Wohnungen der anderen Standorte von Quarto e Quartos im Allgemeinen nochmal ungepflegter aussahen als bei mir. Es gab sogar eine WhatsApp-Gruppe von den Studierenden, die gerade ihr Erasmus beendet hatten, um sich gegen Quarto e Quartos zu verbünden. Da ich Lissabon vor Ablauf meines Mietvertrags verlassen habe und dieser zum Zeitpunkt meines Erfahrungsberichts noch läuft, kann ich noch nicht sagen, wie es bei mir persönlich bezüglich der Kaution sein wird, jedoch habe ich keine große Hoffnung mehr, angesichts dessen, was ich von anderen gehört habe. Wenn ein Tipp aus meinem Erfahrungsbericht mitgenommen wird, dann, dass keine Wohnung über Quarto e Quartos gemietet werden sollte. Die Wohnsituation hat alle Studierende, die bei Quarto e Quartos wohnten sehr belastet, mich eingeschlossen. Es hat starken Einfluss auf meine allgemeine Bewertung meines Erasmus-Semesters und es hätte ohne diesen Umstand sehr viel besser sein können. Abgesehen davon muss man sagen, dass die finanziellen Mittel seitens des Erasmus-Programms bei weitem nicht ausgereicht haben. Die Miete von 550 Euro alleine übersteigt schon die vorgesehene monatliche Zuwendung von theoretisch knapp 400 Euro. Ich hatte entweder als Erstakademiker oder durch die Aufgabe meiner Arbeit Anspruch auf 250 Euro mehr auf den Monat gerechnet, wobei die Gesamtsumme zu 80 Prozent einmalig am Anfang des Semesters ausgezahlt wird. Den Rest bekommt man erst nach dem Semester. Dazu habe ich noch Kindergeld bekommen. Zum Glück hatte ich noch relativ viel Erspartes, was ich allerdings zu sehr weiten Teilen aufbrauchen musste und nun nach dem Semester ohne Arbeit zunächst einen Studienkredit aufgenommen habe, als Überbrückung, bis ich eine Arbeitsstelle mit meinem Bachelor bekomme. Auch die Preise für Alltägliches sind in Portugal stark angestiegen. Die Lebensmittelpreise sind nicht zwangsläufig günstiger und manche zum Beispiel aus Deutschland importierten Güter sogar deutlich teurer. Auch wenn ich hier sehr detailliert auf die negativen Seiten eingegangen bin, hatte ich dennoch eine schöne Zeit. Die aufgeführten Kritikpunkte sind eher als Warnung zu verstehen, gewisse Fehler zu umgehen oder gewisse Vorstellungen wie zum Beispiel sehr viel geringere Lebenshaltungskosten zu relativieren. Soweit ich informiert bin, werden die Fördersummen auch erhöht, sodass die finanziellen Mittel sich etwas mehr an den tatsächlichen Kosten orientieren. Dennoch sollte, wer kann, etwas gespart haben oder zusätzliche Finanzierungsquellen in Betracht ziehen, um das Erasmus-Semester befreiter genießen zu können.

Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation

Aufenthaltsdauer: 02/2023 - 07/2023

Gastuniversität: Universidade Nova de Lisboa

Gastland: Portugal


Rückblick

Alles in allem kann ich nur sagen, dass ich eine wundervolle Zeit hatte und ich es jedem empfehle, ein Erasmus-Semester zu wagen, am besten natürlich in Portugal. Eine Bitte und Tipp zugleich ist zu versuchen, sich etwas mit der Sprache, der Geschichte und den Leuten vor Ort zu beschäftigen und auch mal raus aus der Erasmus-Bubble zu kommen. Wenn man eine gewisse genannte Vermietungsfirma meidet und eine gute Unterkunft findet, kann es sogar nochmal deutlich besser werden, als meins ohnehin war. Der Rest ergibt sich von allein und dann ist es auch schon wieder vorbei und man fragt sich, wie schnell das Semester vergangen ist. Deshalb genießt jeden Moment und versucht so viel mitzunehmen, wie ihr könnt!

Portugal

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