Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ich habe mich dazu entschlossen, das 5. Semester meines Psychologiestudiums in England zu verbringen. Schon immer hatte ich großes Interesse an der britischen Kultur – sei es Afternoon Tea, Caramel Shortbread, die königlichen Traditionen, die Musik von Queen oder die ikonischen roten Busse und schwarzen Taxis in London. Mein Wunsch einmal für eine längere Zeit in Großbritannien zu leben, bestand bereits länger, und Auslandssemester bot mir eine großartige Gelegenheit, diesen zu verwirklichen. Daher habe ich mich sehr darüber gefreut, als ich eine Zusage erhielt.
Dabei wichtig zu beachten ist, dass das vereinigte Königreich nach dem Austritt aus der Europäischen Union nicht mehr Teil des klassischen Erasmus-Programms ist. Der Auslandsaufenthalt für Studierende aus der EU verläuft nun unter den Namen „UK Exchange“. Dies hat zur Folge, dass Studierende keine finanzielle Förderung mehr erhalten – im Gegensatz zu Erasmus-Teilnehmenden in Ländern wie Frankreich oder Spanien. Die Studiengebühren werden übernommen, doch sämtliche weiteren Kosten, darunter Unterkunft und Lebenserhaltungskosten, müssen vom Studierenden selbst getragen werden. Die Entscheidung für ein Auslandssemester in England sollte daher meiner Ansicht nach gut durchdacht sein, da die finanzielle Belastung höher ausfallen kann.
Der Bewerbungsprozess gestaltet sich unkompliziert. Die Universität Potsdam erfordert vor allem ein Motivationsschreiben, und die Bewerbungsfrist endet jeweils am 31. Januar für das darauffolgende akademische Jahr. Nachdem ich meine Bewerbung im Januar eingereicht hatte, erhielt ich erfreulicherweise zeitnah eine Zusage.
Nach der Annahme des Angebots nehmen einige Gasthochschulen direkt Kontakt auf, dies muss allerdings nicht der Fall sein. Möglicherweise muss man selbst die Initiative ergreifen und sich an der Gasthochschule melden. In meinem Fall erhielt ich per Mail detailliert hilfreiche Informationen zu der Immatrikulation (Enrollment) sowie zur Bewerbung für ein Zimmer im Studentenwohnheim. Zudem wurde mir direkt mitgeteilt, an welche und Ansprechpersonen ich mich bei Fragen wenden kann. Die Kommunikation verlief stets einfach und reibungslos.
Ich musste vor meinem Aufenthalt unter anderem online meine Student ID beantragen und meine Wunschmodule wählen. Links und Hinweise wurden mir zugesandt, daher war dies ganz einfach zu erledigen. Zusätzlich wurden mehrere Webinare angeboten, darunter ein Safety-Webinar über Windows Teams sowie eine Einführung in die zahlreichen Gemeinschaften, den sogenannten „Societies“, und Studierendenorganisationen der Universität. Auch hat sich das Erasmus Student Network vorgestellt. Durch Vorstellung dieser zahlreichen Unterstützungsangebote, fühlte ich mich während des Vorbereitungsprozesses stets gut informiert und betreut. Da auch vom Studentenleben berichtet wurde, konnte ich mir bereits im Voraus gut überlegen, woran ich vor Ort gerne teilnehmen möchte. Mehr erfährt man jedoch während der Einführungswoche vor Ort.
Studium an der Gastuniversität
Die Universität Southampton zeichnet sich durch eine weitreichende Digitalisierung aus. Relevante Informationen zum Studienalltag – beispielsweise zu Vorlesungszeiten oder campusweiten Veranstaltungen und weiteren Angeboten der Universität – sind über die University of Southampton-App abrufbar.
Ich habe während des Semesters vier Module belegt, zu denen ich jeweils eine Vorlesung pro Woche hatte. In einigen Modulen hatte ich darüber hinaus zu gegebenen Wochen zusätzliche Seminare, während eine meiner Vorlesungen im Hybrid-Format angeboten wurde.
Die Universität benutzt die Plattform „Blackboard“, die an der Universität Potsdam Moodle ersetzt. Dort findet man alle wesentlichen Informationen zu den gewählten Modulen. Dazu gehören Angaben zu den ECTS-Punkten und den Anforderungen zum Bestehen des Kurses, sowie die PowerPoint-Präsentationen und Informationen zur Klausur.
Außerdem besteht immer die Möglichkeit, online Fragen zu stellen, die in manchen Fällen direkt in den Vorlesungen von den Dozierenden angesprochen werden.
Die Lehrveranstaltungen zu meinen Modulen im Fach Psychologie fanden alle auf dem Campus Highfield statt. Dies ist der zentrale Campus der Universität und damit auch der größte. Die Vorlesungsräume, in denen ich war, waren alle modern ausgestattet.
Zwei meiner Module - „Introduction to Health Psychology“ und „Current and Emerging Issues in Psycho-Oncology and Pain Research” - musste ich zur Mitte des Semesters eine Gruppenpräsentation halten sowie einen Aufsatz im Umfang von etwa 1000 Wörtern schreiben, welche mit zu meiner Endnote zählten. Die Dozierenden betonten stets, dass sie für Fragen zur Verfügung ständen, und die Betreuung empfand ich als insgesamt sehr positiv und unterstützend - insbesondere, wenn man sich als internationaler Studierender ausgab.
Das Studienklima empfand ich also insgesamt als äußerst angenehm. Der Campus bietet zahlreiche Möglichkeiten zu lernen, darunter Studenten-Cafés, reservierbare Arbeitsräume und Lernmöglichkeiten in der Bibliothek, im „Centenary-Building“ oder dem SUSU-Gebäude. Mir persönlich hat sehr gefallen, dass die Bibliothek, „Hartley Library“, rund um die Uhr geöffnet hat. Der Eintritt zu all diesen Einrichtungen geschieht über deine Student ID, wodurch ich mich auch zu späteren Zeiten sehr sicher fühlte.
Es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote auf dem Campus, wie die Student Union oder den TechHub Support, an die sich Studierende mit sämtlichen Anliegen und Problemen wenden können. Ich persönlich hatte ein Problem mit meinem Universitäts-Account, nachdem mein Handy kaputt gegangen war, und der TechHub konnte dies schnell für mich lösen. Dieser befindet sich, bequemlicherweise, im Erdgeschoss der Bibliothek.
Weniger vorteilhaft empfand ich das gastronomische Angebot auf dem Campus. Es gibt dort keine richtige Mensa, sondern ausschließlich Cafés und Restaurants, deren Preise mir persönlich zu hoch waren, um regelmäßig dort Mittag zu essen. Dennoch ist die Vielfalt des dort angebotenen Essens super. Es gibt ein vegan/vegetarisches Café, einen Italiener einen Asiaten und weitere Restaurants. Außerdem gibt es auf dem Campus immer wieder Stände, die ebenfalls Essen anbieten, von Subway Sandwiches, zu Brownies bis zu griechischem und indischem Essen, ist für jeden was dabei. Zusätzlich gibt es einen kleinen Supermarkt, der von der Student Union betrieben wird und in dem man guten (auch veganen) Kaffee, Snacks, frisches Obst und Backwaren zu fairen Preisen kaufen kann.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Während meines Aufenthalts in Southampton konnte ich nur wenige Kontakte zu Einheimischen knüpfen. Oft hatte ich das Gefühl, dass britische Studierende bevorzugt, gerne unter sich blieben. Dennoch ergaben sich einzelne Gelegenheiten für mich, sie kennenzulernen – insbesondere durch meine Teilnahme in der Riding Society und den Gruppenarbeiten in den Modulen.
Der Großteil meines sozialen Umfeldes vor Ort, war zu anderen internationalen Studierenden, die ich durch Veranstaltungen des Erasmus Student Network (ESN) kennengelernt habe. Diese Events kann ich sehr empfehlen. Es hat mir persönlich auch geholfen, mich mit Menschen auszutauschen, die gerade möglicherweise denselben Herausforderungen entgegenstehen wie ich.
Eine meiner schönsten Erinnerungen an mein Auslandssemester ist eine vom ESN organisierte Reise nach Edinburgh, bei der Erasmus Studierende aus mehreren Städten in Großbritannien mitgemacht haben. Es bot eine großartige Möglichkeit, Menschen aus aller Welt kennenzulernen. Ich kann euch nur ans Herz legen, die Social-Media- Kanäle des ESN einen Besuch abzustatten, da solche Reisen in der Regel jedes Jahr angeboten werden.
Um Kontakte zu knüpfen kann ich auch nur empfehlen bei den Societies der Universität vorbeizuschauen. In den studentischen Gruppen kam ich gut mit anderen ins Gespräch. Zudem organisieren Societies regelmäßig gemeinsame Aktivitäten für ihre Mitglieder, wie zum Beispiel Pub Crawls. Ich empfand diese als entspannte Gelegenheit um mich mit anderen auszutauschen. Immerhin kannst du dir sicher sein - ein gemeinsames Interesse habt ihr auf jeden Fall!
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Meine Sprachkompetenz war bereits vor dem Antritt meines Auslandsaufenthalts auf gutem Niveau, teilweise dadurch, dass ich viel auf Englisch lese und Englisch in der Schule als Leistungskurs belegt hatte. Dennoch war das Leben und Studieren eine ganz andere, sehr wertvolle Erfahrung für mich. Durch den alltäglichen Gebrauch der Sprache hat sich mein Wortschatz definitiv erweitert. Manchmal saß ich in Vorlesungen und hörte ein Wort zum ersten Mal, habe dies dann nachgeschlagen und habe jetzt eine kleine Sammlung an neu gelernten Wörtern auf meinem Handy. Auch konnte ich neue Ausdrücke der Einheimischen aufnehmen, was ich sehr spannend fand. Rückblickend kann ich feststellen, dass ich meine Englischkenntnisse im Vergleich zu vorher expandiert habe – insbesondere in Hinblick auf mündliche Kommunikation, aber auch die Verwendung der Sprache auf akademischen Niveau.
Wohn- und Lebenssituation
Was die Wohnsituation angeht, habe ich mich - wie die meisten internationalen Studierenden, die für ein Semester in Southampton bleiben - dazu entschieden, mich bei den universitätseigenen Studentenwohnheimen zu bewerben. Man kann sich bereits im Voraus auf der Website der Universität über die verschiedenen Wohnheime informieren, einschließlich der jeweiligen Nähe zum Campus oder Stattzentrum, deren Kosten und mit wie vielen Personen man sich eine Wohnung teilt.
In England ist es meist so, dass alle Studierende zum Beginn ihres Studiums in ein Wohnheim ziehen und sich nach dem ersten Studienjahr eine private Wohngemeinschaft in der Stadt suchen. Daher sind die meisten Bewohner*innen hier Erstsemester-Studierende.
Die Wohnheime sind nicht mit denen in Potsdam vergleichbar. Sie sind beispielsweise deutlich teurer - vor allem wenn man Wert darauf legt ein eigenes Badezimmer zu haben.
Ich habe im Wohnheim Wessex Lane gewohnt und mir eine Wohneinheit mit sechs weiteren Personen geteilt. Eine nicht besonders luxuriöse Option, da ich die Mietkosten möglichst geringhalten wollte. Insgesamt kam ich damit bei etwa 3.000 € Mietkosten für die Dauer meines Aufenthalts raus. Mein Zimmer war leider sehr klein und in keinem besonders guten Zustand, stellte für mich aber dennoch die beste Lösung dar.
Ein großer Vorteil des Wohnens im Studentenwohnheim ist, dass das Busticket mitinbegriffen ist – ein entscheidender Aspekt, da man auf jeden Fall ein Busticket braucht, um in die Innenstadt zu kommen, oder teilweise auch zur Uni.
Es gab in der Nähe zum Wohnheim zwei Supermärkte, Sainsbury´s and Tesco Express. Eine etwas günstigere Alternative ist Lidl, dieser ist etwa zwanzig Minuten mit dem Bus entfernt gewesen.
Ich habe meinen Aufenthalt in Southampton auch dafür genutzt, um naheliegende Städte zu bereisen. Nutzts hierfür möglichst die Busse, da diese meist günstiger sind als die Züge. Sehr gefallen haben mir Oxford und Winchester. Am häufigsten war ich allerdings in London. Da kommt ihr für ca. sechs Pfund mit einem Bus hin, der von der Southampton Harbour Parade Station im Stadtzentrum abfährt und ca. zweianderthalb Stundenspäter seid ihr in London.
Studienfach: Psychologie
Aufenthaltsdauer: 09/24 – 01 /25
Gastuniversität: University of Southampton
Gastland: Großbritannien
Rückblick
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mein Auslandssemester eine wertvolle Erfahrung für mich war. Trotz einiger Herausforderungen würde ich aus eigener Erfahrung jedem, der die Möglichkeit hat, ein Studium im Ausland empfehlen. Ich bin sehr an mir selbst gewachsen, selbstständiger und selbstsicherer geworden.