Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Ein, geschweige denn zwei Auslandssemesters zu absolvieren hatte ich zu Beginn meines Studiums nicht eigentlich nicht geplant. Auch aus meinem Umfeld haben nur sehr wenige Freunde von mir am Erasmus-Programm teilgenommen, weshalb ich keine wirklichen Berührungspunkte damit hatte. Geändert hat sich das mit einem Französisch-Sprachkurs über Studium+. Viele meiner Familienmitglieder sprechen Französisch, ich habe viele französische Bekannte in Berlin und mit dem Sprachkurs wurde mein Interesse geweckt auch die Sprache zu erlernen. Im Zuge dessen wurde ich auf das Erasmus-Programm aufmerksam, um mit einem Aufenthalt in Frankreich meine Sprachkenntnisse zu verbessern.
Der Bewerbungsprozess war weitgehend übersichtlich und die Organisation des International Office sowohl in Potsdam als auch in Rennes war sehr hilfreich und haben mir schnell bei Problemen geholfen. Natürlich gab es sehr viel zu beachten, der bürokratische Teil war trotzdem schwierig und lang, doch glücklicherweise wurde mir immer direkt Bescheid gegeben, wenn ich ein Dokument falsch ausgefüllt habe oder vergessen habe, sodass ich schnell eine Lösung finden konnte.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der Université de Rennes war jedoch teilweise problematisch, da es in meinem ersten Semester nur zwei Kurse auf Englisch gab und in meinem zweiten Semester dann garkeinen. Die Voraussetzung der Gastuniversität war ein französisches Sprachniveau B1, welches meines Erachtens nicht ausreichend ist, um den überwiegend drei Stunden langen Vorlesungen zu folgen, v.a. dann nicht, wenn die Professoren keine Präsentation online zur Verfügung stellen. Die Professoren haben auch keine besondere Rücksicht auf Erasmus-Studierende gegeben und extra Material zur Verfügung gestellt. Da ich mehrere Master-Kurse belegen musste, weil sich diese am ehesten mit den Kursen in Potsdam überschnitten haben, erschienen mir die Anforderungen an mich teilweise sehr hoch, v.a. in den abschließenden mündlichen Prüfungen. Infolgedessen konnte ich in meinem ersten Semester in Rennes nicht genügend Kurse belegen um 30 ECTS zu erreichen und habe mir dann erst im zweiten Semester zugetraut auch Kurse auf Französisch zu belegen, wenn auch eher gezwungenermaßen, da es kein einziges Angebot an englischsprachigen Kursen gab.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Durch mehrere Programme der Gastuniversität und fast täglichen Erasmus-Veranstaltung über das Erasmus Student Network (ESN), konnte ich direkt verschiedene internationale Studierende kennenlernen. Der Kontakt mit den französischen Studierenden über die Uni war jedoch eher schwierig und es gab keine Programme o.ä. dafür. In den zahlreichen Bars der Stadt waren die Studierenden jedoch immer sehr interessiert und offen sich zu unterhalten und so habe ich auch meine (französische) Freundin kennengelernt, die letztendlich einer der Gründe war, meinen Auslandsaufenthalt um ein weiteres Semester zu verlängern.
Sprachkompetenz vor und nach dem Aufenthalt
Der Studium+ Sprachkurs in Potsdam hat mir zwar enorm geholfen und mir eine gute Grundlage der Sprache gegeben, war aber noch nicht ausreichend um sich problemlos mit den Franzos*innen zu unterhalten geschweige denn Uni-Kurse auf Französisch zu belegen. Im ersten Semester habe ich einen Sprachkurs der Gastuniversität belegt, welcher mein Niveau aber nicht verbessert hat. Meine Sprachkompetenz im Englischen hat sich durch mein erstes Semester stark verbessert, v.a. durch den Kontakt mit einer großen Gruppe von Brit*innen und den Kursen auf Englisch. Im zweiten Semester belegte ich sechs Kurse auf Französisch, bin in eine WG mit Franzos*innen gezogen und habe angefangen mit meiner Freundin auf Französisch zu sprechen und konnte so meine Sprachkompetenz bis zum Ende meines Aufenthalts enorm verbessern, so dass ich nun weitgehend problemlos Französisch sprechen, lesen und verstehen kann. Dies wäre mir ohne den Erasmus-Aufenthalt nicht möglich gewesen.
Wohn- und Lebenssituation
Zu Beginn bin ich das Studentenwohnheim gezogen, auch da dies einfach und problemlos über die Gastuniversität zu mieten war. Das Zimmer war neun Quadratmeter groß und das mit Badezimmer und Toilette, zudem war es am äußersten Stadtrand gelegen. Die Küche musste ich mir mit ca. 30 anderen Studierenden teilen und auch der Kontakt mit meinen Nachbar*innen war kaum vorhanden. Trotz des niedrigen Preises (250€), kann ich das Studentenwohnheim niemandem empfehlen.
Im zweiten Semester habe ich mir dann ein WG-Zimmer gesucht, was deutlich angenehmer war, wenn auch doppelt so teuer. Ich lebte mit drei Franzos*innen zusammen, die offen waren gemeinsame Aktivitäten zu machen.
Das öffentliche Verkehrsnetz in Rennes ist äußerst effizient, verlässlich und kostet ungefähr 20€ pro Monat für Student*innen. Es gibt zwei Metro-Linien, die fast die ganze Stadt abdecken.
Neben diversen Parks, Museen, Restaurants und Cafés, gab es ein hervorragendes Angebot an Studentenbars und Clubs.
Das Leben in Rennes ist ähnlich teuer wie in Berlin, nur die Preise für alkoholische Getränke und Zigaretten sind deutlich höher.
Studienfach: Geschichte, Politik und Gesellschaft
Aufenthaltsdauer: 09/2024 - 05/2025
Gastuniversität: Université de Rennes 2
Gastland: Frankreich
Rückblick
Alles in allem war mein Auslandsaufenthalt eine große Bereicherung, die ich jedem empfehlen kann. Rennes ist eine gute Adresse für Student*innen, sowohl für einheimische als auch internationale.
Die Stadt ist jung, modern und studentisch, man langweilt sich nicht. Auch das Umland der Bretagne ist wunderschön und Paris ist in 1,5 Stunden mit dem TGV zu erreichen.
Die Größe der Stadt erschien mir als Berliner zu Beginn sehr klein. Dies stellte sich aber dann als Vorteil heraus, da alles gut zu erreichen ist, man kennt alles und ist nicht „verloren“ als internationaler Studierender, wie es evtl. in Paris der Fall sein kann.
Um seine Sprachekenntnisse zu verbessern, kann ich empfehlen den Kontakt zu den einheimischen Studierenden zu suchen und nicht nur im Erasmus-Kreis zu bleiben, auch wenn das am einfachsten erscheinen mag.