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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Mein drittes Mastersemester durfte ich an der University of Jyväskylä (JYU) im Rahmen des Erasmus-Programms verbringen. Dabei sei vorweggesagt: Auch wenn Finnland auf den ersten Blick aufgrund der fehlenden Sonne im Winter und den niedrigen Temperaturen abschrecken mag, so war es bis jetzt eines der besten Semester, die ich jemals erleben durfte. Und das sage ich als Freund der Sonne und warmen Temperaturen. Wer an dem Erasmus-Programm teilnehmen möchte, um eine so unvergessliche Erfahrung machen zu können, muss sich bereits recht früh mit dem Auslandsaufenthalt beschäftigen. So werden die Erasmus-Plätze für ein Studienjahr vergeben. Für mich kam die Entscheidung spontan und ich habe nicht direkt mit dem Beginn meines Masterstudiums damit geplant, ein Erasmus-Semester einzulegen. Da ich am HPI IT-Systems-Engineering studiere und somit in der Fakultät Digital Engineering angesiedelt bin, habe ich mich über die Partneruniversitäten des HPIs informiert. Doch auch die Seiten der Universität Potsdam klären über viele Fragen im Vorhinein auf . Hier gibt es alle notwendigen Informationen zum Auslandsaufenthalt, Deadlines und wichtige Termine, die man nicht verpassen sollte. Zusätzlich dazu habe ich am Erasmus-Informationsabend des HPIs teilgenommen, der über den Ablauf des Erasmus-Semesters aufklärt und bereits die meisten meiner Fragen vorab beantwortet hat, beispielsweise, was die Kosten und Anrechnungen der erbrachten Leistungen angeht. In meinem Falle war die Bewerbungsfrist Ende Januar 2022 für das Wintersemester 22/23 und das Sommersemester 23.


Studienfach: IT-Systems Engineering (M.Sc.)

Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022

Gastuniversität: University of Jyväskylä

Gastland: Finnland

Studium an der Gastuniversität

Es gibt keine schriftlichen Prüfungen. Ihr werdet merken, dass in Finnland etwas anders als in Deutschland studiert wird. Entweder ihr müsst kontinuierlich in Projektform über das gesamte Semester Leistung abrufen (z.B. jede Woche Abgaben) oder ihr müsst am Ende des Semesters eine wissenschaftliche Ausarbeitung schreiben (Essay), welche dann bewertet wird (oder im schlechtesten Fall beides). Das variiert jedoch je nach Professor. Generell sind die Kurse deutlich einfacher als an deutschen Universitäten. So werden teilweise Learning-Diaries, in denen ihr euch selbst wöchentlich über das gesamte Semester reflektieren müsst, bereits als Teilnote bewertet. So gesehen könnt ihr also mit ein bisschen Engagement sehr gute Noten erreichen. Zudem sind tatsächlich die 30 ECTS machbar, solltet ihr nicht wie ich noch nebenbei arbeiten gehen. Noch größer ist der Vorteil der Anrechnung: Es werden meistens 5 ECTS-Module angeboten, eine Anrechnung am HPI erfolgt jedoch mit 6 ECTS. Ansonsten setzt die Universität Jyväskylä sehr viel auf Gruppenarbeit und alternative Lernmethoden. So hatte ich beispielsweise einen Kurs, der vollständig auf das Konzept des “flipped classrooms” gesetzt hat. Anforderung war hier, vor jeder Vorlesung den Vorlesungsinhalt mithilfe von Papern zu studieren, um während der Vorlesung lediglich den Inhalt kurz anzusprechen, um ihn dann gemeinsam zu diskutieren. Somit gab es keine Vorlesung im klassischen Sinne, sondern war der Professor lediglich ein Vermittler in einer offenen Diskussionsrunde.

Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden

Die wichtigsten Tage sind die Orientierungstage, sprich die erste Woche. Ihr solltet auf keinen Fall später anreisen! In den Orientierungstagen lernt ihr viele neue Leute kennen, sei es auf den dort veranstalteten Parties oder an der Universität. Zusätzlich habt ihr die Möglichkeit, über Sprachkurse neue Leute kennenzulernen, die bereits vor dem eigentlichen Start des Semesters angeboten werden. Ansonsten seid nicht schüchtern: Alle Erasmus-Studenten suchen neue Kontakte und generell ist jeder sehr freundlich.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Generell sei gesagt: Finnisch ist gar nicht so einfach und ungewohnt zu sprechen. Es ist aber auch überhaupt gar nicht notwendig, Finnisch zu lernen. Alte und junge Leute sprechen sehr gut Englisch. Ich selbst kann nur ein paar Wörter Finnisch und bin sehr gut mit Englisch in der gesamten Zeit ausgekommen. Es ist jedoch nett, den Kurs “survival finish” zu belegen, der am Anfang des Semesters angeboten wird. Einerseits könnt ihr euch diesen anrechnen lassen (3 ECTS), andererseits lernt ihr hier bereits viele neue Leute kennen.

Wohn- und Lebenssituation

Die Universität Jyväskylä bietet allen Erasmus-Studenten die Gelegenheit, sich auf einen Unterkunftsplatz zusammen mit der Bewerbung auf das Erasmus-Semester zu bewerben. Dabei gibt es zwei Institutionen, die ihr bei der Bewerbung auswählen könnt: KOAS und Soihtu. Die KOAS-Unterkünfte sind in ganz Jyväskylä verteilt und teilweise abseits gelegen. Ich habe mich auf einen Unterkunftsplatz in der “Student Village” Soihtu in Kortepohja (Stadtteil von Jyväskylä) beworben. Vorteil an Soihtu: Es ist wirklich eine Student-Village mit vielen Erasmus- und internationalen Studenten. Ihr könnt kostenlos Sauna, Fitnessstudio und Waschmaschinen sowie Trockner verwenden. Der größte Vorteil ist jedoch Rentukka, eine Mensa, in der ihr jeden Tag für wenig Geld (3,20€) essen gehen könnt. Dabei könnt ihr unter mehreren Gerichten und Salaten auswählen, ihr könnt jeweils so viel auf euren Teller aufladen, wie ihr könnt. Jeden Mittwoch wird innerhalb der Common-Rooms unter den Erasmus-Studenten eine Party veranstaltet. Die möblierten Unterkünfte sind teilweise renoviert und für 311€ pro Monat inklusive Strom, Wasser und Internet sehr günstig. Bei Bedarf könnt ihr euch auch auf Studio-Apartments bewerben (Einzelzimmer). Empfehlen würde ich euch jedoch ein WG-Zimmer. Hier werden die Studenten größtenteils nach Geschlecht und Nationalität aufgeteilt: Beispielsweise bin ich mit zwei weiteren Deutschen in einer WG untergekommen. Es gab jedoch auch Studenten, die keinen Unterkunftsplatz, weder bei KOAS noch bei Soihtu, bekommen haben. Diese mussten sich dann selbst um ein Apartment kümmern, wobei die Kosten hier deutlich höher liegen (Ein-Zimmer-Apartment innerhalb der Stadt von Jyväskylä liegt bei ca. 600-700€/Monat). Die Student Village besteht aus mehreren Gebäuden, einige davon sind bereits renoviert, andere sind etwas älter. Ich bin im Q-Gebäude untergekommen, das nicht renoviert und etwas älter ist. Letztendlich jedoch lässt es sich auch in Anbetracht der niedrigen Miete sehr gut leben. Die Unterkunft befindet sich im nördlichen Teil von Jyväskylä und ist ca. 15 Minuten mit dem Fahrrad von der Universität entfernt. Lasst euch nicht von der Entfernung abschrecken: Einerseits fahren mehrmals in der Stunde Busse in die Stadt, andererseits könnt ihr euch auch bequem ein Fahrrad für die Zeit in Finnland mieten, um mobil zu sein. Die Ausstattung in Soihtu inkl. Mensa, Sauna und Fitnessstudio machen das schnell wieder wett. Es gibt extra für Studenten eine App (Kide), in der ihr angezeigt bekommt, welche Veranstaltungen für euch in Jyväskylä angeboten werden. Das reicht vom gemeinsamen Sushi-Essen bis hin zu Techno-Veranstaltungen. Es lohnt sich, hier regelmäßig auf dem Laufenden zu bleiben. Geht auf jeden Fall, falls ihr in Soihtu wohnt, zu den Studentparties am Mittwoch! Über ESN bekommt ihr die Möglichkeit, an vielen Reisen innerhalb und auch außerhalb von Finnland teilzunehmen. Der Veranstalter ist hier oftmals Timetravels. Ich habe hier einen Trip nach Lappland gebucht. Das Geld ist es auf jeden Fall Wert und Lappland ist wirklich ein Muss, falls ihr in Finnland seid.Lappland ist nicht nur wegen der schönen Natur, sondern auch wegen der Polarlichter ein Muss. Finnland ist stark europäisch geprägt. Das heißt, es lebt sich tatsächlich ähnlich wie in Deutschland und ihr werdet keinen Kulturschock erleben. Selbst im Supermarkt lassen sich einige deutsche Produkte finden. Ihr solltet euch jedoch daran gewöhnen, dass Finnland stark digitalisiert ist und Bargeld kaum eine Rolle spielt. Umso wichtiger wird euer Handy und eure Kredit-/Bankkarte sein. Für fast jede Dienstleistung gibt es eine App, sei es für die Bahn, für den öffentlichen Nahverkehr oder sogar für euer Studium an der Universität Jyväskylä, mithilfe ihr euch zum Beispiel auf dem Campus zurechtfinden könnt. So könnt ihr beispielsweise mit der App der Universität euren Lehrplan anschauen und den Ort, wo die Vorlesung stattfinden wird. Zudem zeigt euch die App die genaue Lokation des Raumes innerhalb des Gebäudes an, in dem eure Vorlesung stattfindet. Sehr gut sind die Öffnungszeiten der Supermärkte: Einige haben 24/7 auf, auch am Sonntag.

Studienfach: IT-Systems Engineering (M.Sc.)

Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022

Gastuniversität: University of Jyväskylä

Gastland: Finnland


Rückblick

Auch wenn Finnland nicht meine erste Wahl für ein Auslandssemester gewesen ist, sondern eigentlich gar nicht in Betracht kam, möchte ich diese Erfahrung nicht vermissen. Ich hätte niemals gedacht, dass dieses Auslandssemester letztendlich so gut werden würde. Nicht nur bietet Finnland eine wunderschöne Natur, viele Seen, eine winterliche Landschaft und eine aufgeschlossene und freundliche Kultur, sondern sind auch die zwischenmenschlichen Erfahrungen sowohl mit der finnischen Bevölkerung als auch mit den anderen Erasmusstudenten unvergleichlich. Seid ihr aktuell am Überlegen, ob ihr ein Auslandssemester machen wollt, ganz gleich ob es Finnland oder ein anderes Land ist, dann macht es einfach. Ich würde es bereuen, wenn ich es nicht gemacht hätte.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt des Berichts. Hier können Sie den kompletten Bericht inklusive Fotos herunterladen!

Finnland

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