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Bildung mit KI für alle Menschen besser machen – Potsdamer Studierende gewinnen den YERUN-DigiEduHack 2025

Die Zukunft der Bildung hacken – und zwar mit Künstlicher Intelligenz und mit Blick auf die Menschen, denen sie helfen soll. Das war die Aufgabe eines Hackathons, zu dem YERUN, das Netzwerk junger europäischer Forschungsuniversitäten, dem die Uni Potsdam angehört, die Studierenden aller beteiligten Hochschulen eingeladen hatte. Lucia Welther und Kai Speidel, die in Potsdam den Master Cognitive Science studieren, sind der Einladung gefolgt – und haben gemeinsam mit zwei Studierenden aus Großbritannien und Vietnam gewonnen. Ihre Idee: Eine Plattform, die Texte für Menschen mit Beeinträchtigung für ihre Bedürfnisse aufbereitet hat die Jury überzeugt. Matthias Zimmermann sprach mit ihnen über Gründe fürs Mit-Hacken, gute Ideen und warum überraschend gewinnen besonders schön ist.

Warum habt ihr am von YERUN organisierten DigiEduHack teilgenommen?

Kai Speidel: Ich habe auf LinkedIn einen Post der Universität Potsdam dazu gesehen. Ich habe schon mehrfach bei Hackathons mitgemacht und finde, dass man dabei sehr viel lernt – oft mehr als in mehreren Wochen an der Uni. Besonders spannend ist auch, dass man bei solchen Veranstaltungen oft Zugang zu Technologien bekommt, die man sonst nicht nutzen kann. Mich hat vor allem das Thema gereizt: KI und Bildung. Ich fand es großartig und wichtig, Anwendungen von KI zu erkunden, die nicht sofort offensichtlich sind.

 

Wie lief der Hackathon genau ab?

Lucia Welther: Zu Beginn lief vieles über E-Mails, erste Informationen und auch die Zuteilung der Teilnehmer zu Gruppen, danach haben wir im Team über die Plattform Discord kommuniziert. An den ersten beiden Tagen, direkt vor dem eigentlichen Hackathon, gab es Online-Workshops zu Künstlicher Intelligenz (KI), den Möglichkeiten und damit verbundenen Risiken sowie zu den Erwartungen an die Teilnehmenden.

Speidel: Nach den Auftakttagen haben sich die Teams zusammengefunden und ihr Thema gesucht. So lange es in den Bereich „KI und Bildung“ fiel, konnten wir dabei frei wählen.

Welther: Bei unserem ersten Meeting haben wir Ideen gesammelt, immer die Vorgabe der Veranstalter im Hinterkopf: Im Vordergrund sollte nicht KI stehen, sondern Menschen. Sie soll das Leben bereichern und nichts ersetzen.

Speidel: Unser Fokus war schnell klar: Unterstützung für Menschen mit Behinderungen. Wir waren zu viert und wir konnten die Aufgaben so verteilen, dass jeder zu einer bestimmten Form von Beeinträchtigung arbeiten konnte, zu der wir bereits Vorerfahrungen oder persönliche Beziehungen haben.

 

Woraus bestand euer Beitrag?

Welther: Wir haben eine Website entwickelt, die den Menschen mit Beeinträchtigungen Zugang zu Texten erleichtert. Und zwar konkret für solche mit ADHS, Dyslexie und Autismus sowie für Gehörlose. Das funktioniert so: Auf der Website kann man eines von vier Eingabefeldern auswählen und fügt dort den Text ein. Abhängig von den individuellen Schwierigkeiten, mit denen jemand beim Umgang mit Texten konfrontiert ist, werden diese dann entsprechend umstrukturiert und ergänzt – verständlich gemacht. Der Inhalt bleibt dabei unverändert, wird aber in den vier unterschiedlichen Varianten für die Nutzenden zugänglicher.

Speidel: Vorab haben wir ausführlich zu den vier Einschränkungen recherchiert, um unseren Ansatz evidenzbasiert zu gestalten. Für Menschen mit Dyslexie, womit ich mich beschäftigt habe, wird beispielsweise der Text in eine spezielle Schriftart übertragen, die das Lesen erleichtert. Diese besitzt größere Abstände und präsentiert den Text in einer vereinfachten Ansicht. Außerdem werden im Anschluss an den Text Fragen generiert, die dabei helfen, das Gelesene besser zu verstehen.

Welther: Ich habe mich mit ADHS beschäftigt, da ich schonmal in einem Projekt mit betroffenen Kindern zusammengearbeitet habe. In diesem Bereich der Website wird für die Nutzenden eine Übersicht erstellt, mit der sie sich besser auf den Text einstellen können – mit kurzen Informationen zu Fragen wie: „Was kommt auf mich zu?“ und „Wie lange wird es dauern, ihn zu lesen?“ Außerdem wird der Text in Abschnitte unterteilt und mit Zwischenüberschriften versehen, um ihn besser zu strukturieren.

Speidel: Spike Cullen aus Essex hat den Abschnitt für Menschen mit Autismus erarbeitet. Diese haben häufig Schwierigkeiten, die emotionalen Nuancen von Texten zu verstehen, ob etwas positiv oder negativ konnotiert ist. Daher entwickelten wir einen Ansatz, der explizit erklärt, ob ein Textabschnitt positiv oder negativ gemeint ist, um das Verständnis dafür zu stärken.

Welther: Und Tùng Đỗ Duy aus Vietnam hat sich in das schwierige Feld der Gehörlosigkeit vertieft. Für betroffene Menschen enthält unsere Website animierte Strichmännchen, die den Text in Gebärdensprache „vorlesen“.

 

Wie seid ihr auf eure Idee gekommen?

Welther: Wir sind von der Prämisse der Jury ausgegangen: Aufgabe war es, Menschen zu helfen und zu vernetzen, statt nur ein technisch perfekt programmiertes Tool zu erstellen. Wir haben mehrere Szenarien diskutierten und kamen schnell auf die Idee eines Unterrichtsszenarios, insbesondere im schulischen Kontext. Das Tolle: Jeder konnte eigene Ideen und Erfahrungen einbringen.

 

Wie habt ihr euch als Team gefunden?

Speidel: Unser Team setzte sich aus Tùng Đỗ von der Duy Tan University in Vietnam und Spike Cullen von der University of Essex sowie uns beiden zusammen. Die meisten Teilnehmenden des Hackathons kamen von Universität Tor Vergata in Rom, für sie war der Hackathon vermutlich eine Pflichtveranstaltung. Die übrigen Freiwilligen von verschiedenen Universitäten wurden dann wohl in die übrigen Teams gelost. Für uns ein gutes Los.

 

Wie lief die Zusammenarbeit mit den anderen?

Speidel: Anfangs war es etwas chaotisch, doch als wir uns über Discord einmal sortiert hatten, lief es deutlich besser. Zwei Leute unseres ursprünglich sechsköpfigen Teams sind noch abgesprungen, aber alle, die dabeigeblieben sind, waren hochmotiviert und für das Thema begeistert.

Welther: Wir hatten jeden Tag ein dreistündiges Online-Meeting. Wir haben gleich am ersten Tag unsere Idee entwickelt und dann konzentriert an unseren jeweiligen Aufgaben gearbeitet. Der Vorteil der Online-Veranstaltung war, dass viele internationale Teilnehmer dabei waren. Wir vier haben uns super verstanden – und es wäre toll, wenn wir uns irgendwann noch mal persönlich treffen würden.

 

Und dann habt ihr auch noch gewonnen …

Speidel: Bei den Workshops zu Beginn waren insgesamt etwa 100 Teilnehmende dabei, doch das wurden schnell weniger. Am Ende blieben noch 30, aus denen knapp zehn Projektteams entstanden. In einem finalen Event haben alle Teams ihre Ideen und Entwicklungen der Jury vorgestellt. Dafür hatten alle jeweils sieben Minuten Zeit, danach war Zeit für Fragen und Diskussion. Die Jury war sehr anspruchsvoll und stellte hohe Anforderungen an die Teilnehmer.

Welther: Wir waren gleich als erstes Team dran. Die Jury hat wirklich viel erwartet, wollte sehen, wie die Ideen umsetzbar wären. Das kam uns entgegen, denn da wir ein Prototyp gebaut hatten, konnten wir zeigen, dass unsere Idee wirklich greifbar ist – im Gegensatz zu anderen Teams, die diesen Schritt noch nicht erreicht hatten.

Speidel: Tatsächlich gab es mindestens ein anderes Team mit einer wirklich guten Idee, was die Jury ausdrücklich anerkannt hat. Doch wir konnten durch unseren Prototyp überzeugen, und waren insgesamt am weitesten vorangekommen.

 

Wie geht es mit eurer Idee weiter?

Speidel: Von der Jury gab es konstruktives Feedback und wertvolle Impulse, die uns gezeigt haben, was wir weiter verbessern können. Und es geht wirklich weiter, denn mit dem Gewinn des Hackathons haben wir es in die nächste Runde geschafft.

Welther: Was wir tatsächlich nicht wussten, denn das war gar nicht kommuniziert worden. Für uns vielleicht gar nicht so schlecht. Denn ehrlich gesagt haben wir uns vorab darüber keine Gedanken gemacht – weder übers Gewinnen noch was danach kommt. Sondern einfach auf den Hackathon eingelassen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir unsere Idee nun weiterentwickeln können.

 

Weitere Informationen zum

DigiEduHAck: https://digieduhack.com

Zum Gewinnerteam „Team Alpha“ um Lucia Welther und Kai Speidel und ihrer Idee „Adaptly“: https://digieduhack.com/solutions/adaptly