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Unterwegs in irakisch Kurdistan – Tag 2: Besuch in Lalish, dem Ursprung der Schöpfung

Potsdamer Wissenschaftler auf Forschungsreise im Irak

Das Bild zeigt mehrere Menschen die zu Besuch in Lalish sind, dem Ort, an dem laut jesidischem Glauben der Ursprung der Schöpfung liegt. Das Foto ist von Valentina Meyer-Oldenburg.
Das Bild zeigt im Vordergrund drei Personen die auf einer Mauer sitzen.
Das Foto zeigt das Felsenkloster Rabban Hormzid. Das Foto ist von Valentina Meyer-Oldenburg.
Auf dem Foto sind Tonkrüge für Olivenöl zu sehen. Das Foto ist von Valentina Meyer-Oldenburg.
Das Foto zeigt einen Raum mit vielen gerahmten Bilder an der Wand: Fotos von – wahrscheinlich im Golfkrieg – verstorbenen Jesiden. Das Foto ist von Valentina Meyer-Oldenburg.
Photo : Valentina Meyer-Oldenburg
Zu Besuch in Lalish, dem Ort, an dem laut jesidischem Glauben der Ursprung der Schöpfung liegt.
Photo : Valentina Meyer-Oldenburg
Zu Besuch in Lalish, dem Ort, an dem laut jesidischem Glauben der Ursprung der Schöpfung liegt.
Photo : Valentina Meyer-Oldenburg
Felsenkloster Rabban Hormzid
Photo : Valentina Meyer-Oldenburg
Tonkrüge für Olivenöl
Photo : Valentina Meyer-Oldenburg
Fotos von – wahrscheinlich im Golfkrieg – verstorbenen Jesiden

An unserem ersten vollen Tag in Kurdistan fahren wir mit dem Bus nach Lalish, einem Dorf, das für die Jesiden so heilig ist, dass wir vor dem Betreten die Schuhe ausziehen müssen. Hier befinden sich nach jesidischem Glauben der Ursprung der Schöpfung, die heilige Weiße Quelle und die Zamzam-Quelle, die in Verbindung mit der muslimisch Heiligen Zamzam Quelle in Mekka stehen soll. Dawoud Khatari, der am Buchprojekt über den Genozid – den Ferman – an den Jesiden mitgearbeitet hat, führt uns durchs Dorf. Als Nicht-Jesiden ist uns das Betreten vieler heiliger Stätten nicht gestattet, wobei die Regelungen sich aufgrund der jüngeren Geschichte verschärft haben. Trotz alledem sind die Menschen im Dorf aufgeschlossen, heißen uns willkommen und bewirten uns mit Tee.

Wir besichtigen den Haupttempel der Jesiden. Obwohl sie ihn sich schon mehrfach – etwa von den Osmanen – zurückerkämpfen mussten, verbleibt die Inschrift einer Koransure im Torbogen über dem Eingang. Im Tempel befinden sich die Gräber der berühmtesten Sheikhs, den geistlichen Oberhäuptern. Im hinteren Bereich betreten wir eine Höhle, deren Wände vom Ruß brennenden Öls geschwärzt sind. Zu beiden Seiten sind große Tongefäße für Olivenöl aufgereiht. Beim Auftreten bemerke ich, dass mein Fuß in den Boden einsinkt. Auf Nachfrage erfahre ich, dass es sich dabei um geronnenes Öl handelt. Es wird zum Entzünden von Öllampen genutzt, denn das Feuer spielt im jesidischen Glauben eine wichtige Rolle. Ein weiteres heiliges Symbol ist die Sonne, deren Strahlen durch die Vertiefungen der runden Türmchen symbolisiert werden, die immer wieder in Lalish auftauchen.

Nachdem wir einmal von unten bis oben durch das am Berghang liegende Dorf geführt wurden, treffen wir in einem Versammlungsraum auf die Sheikhs. In unserer Gruppe befinden sich auch einige Studierende der Universität von Dohuk. Beim gemeinsamen Mittagessen an großen Tischen erzählen sie von ihrer Arbeit im Genozid-Zentrum und wir tauschen uns über das Gesehene aus.

Nach dem Mittagessen in Lalish verabschieden wir uns, um weiter nach Alqosh zu fahren, wo wir einen aramäischen Bischof treffen wollen. Auf dem Weg vollbringt unser Fahrer eine kleine Meisterleistung, indem er den Bus steile Serpentinen zum berühmten Felsenkloster Rabban Hormzid hinauffährt. Das Kloster war ursprünglich assyrisch und ist nun Teil der Chaldäisch-Katholischen Kirche. Das beeindruckende Gemäuer ist im 7. Jahrhundert in und an die Steile Felswand gebaut worden und bis heute erhalten geblieben.

Da wir nach dem Anstieg in der Sonne und aus Interesse doch wesentlich mehr Zeit in Rabban Hormzid verbracht haben als geplant, kommen wir fast eine Stunde zu spät zu unserem Treffen mit dem Bischof. Deshalb nehmen wir spontan an der assyrischen Vesper, dem katholischen Abendgebet, teil. Die Besucher des Gottesdienstes rezitieren in einem tiefen Singsang, in der klimatisierten Kirche riecht es stark nach Weihrauch. Vor dem Gotteshaus treffen wir einen jungen Mann mit einem Maschinengewehr. Sein Name bedeutet „Liebe“ und seit den Angriffen durch den Islamischen Staat (IS) beschützt er die Kirche.

Als wir uns von ihm und dem Bischof verabschiedet haben, geht der ereignisreiche erste Tag mit einer kurzen Busfahrt zu Ende. Das Abendprogramm bleibt jedem selbst überlassen, manche sind geschafft und gehen aufs Zimmer. Ein paar von uns gehen mit den Studierenden aus Dohuk noch ein Eis essen, andere wollen sich auf die Suche nach einem Bier begeben. Besonders spät wird es aber bei niemandem.