Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (ECRML)ist ein Europarats-Abkommen zum Schutz historisch gewachsener Minderheiten- und Regionalsprachen. Sie verpflichtet Staaten, Sprachen aktiv zu fördern, von der Kita über Verwaltung bis zu Medien und Kultur.
“Im Sinne dieser Charta bezeichnet der Ausdruck "Regional- oder Minderheitensprachen" Sprachen, i. die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und ii. die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden; er umfaßt weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen von Zuwanderern” (ECRML)
Neben den allgemeinen Bestimmungen in Teil I unterscheidet die Charta zwei Ebenen: Teil II (allgemeine Grundsätze für alle anerkannten Sprachen) und Teil III (konkrete, sektorspezifische Zusagen). Die Charta gilt nur für traditionell im Staatsgebiet verwendete Sprachen.
Deutschlands Zusagen
Deutschland hat die Charta 1998 ratifiziert; sie trat am 01.01.1999 in Kraft. Geschützt sind die Minderheitensprachen Dänisch in Schleswig-Holstein, Obersorbisch in Sachsen, Niedersorbisch in Brandenburg, Nordfriesisch in Schleswig-Holstein, Saterfriesisch in Niedersachsen und Romanes (geschützt nach Teil 2 seit 1999, später Hinzufügung nach Teil 3 in Hessen). (Gesley, 2018; Land Hessen & Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen, 2017)
Für Niederdeutsch gilt: Fünf Nordländer wenden Teil III an (Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein), während u. a. Brandenburg Niederdeutsch im Rahmen von Teil II schützt.
“Unter Berücksichtigung des Verbreitungsgrades der Sprache schützen die Länder Plattdeutsch entweder nach Teil II oder III der Charta. Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bieten einen Schutz nach Teil III und damit wesentlich umfänglicher als Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, die jeweils Teil II der Charta gezeichnet haben.” (Landtag Schleswig-Holstein, Sprachenchartabericht 2019)
In Brandenburg ist die Lage besonders. Das Land garantiert in Artikel 25 seiner Verfassung die Rechte des sorbischen/wendischen Volkes (“Rechte des sorbischen/wendischen Volkes und seiner Angehörigen”), einschließlich Sprache im öffentlichen Leben und zweisprachiger Beschilderung im angestammten Siedlungsgebiet. Seit der Verfassungsänderung vom 5. Juli 2022 heißt es zudem in Artikel 34(4): „Das Land schützt und fördert die Pflege der niederdeutschen Sprache.“ Das Sorben/Wenden-Gesetz (SWG) konkretisiert die Rechte, von Kita und Schule über Verwaltung bis Medien und wurde zuletzt am 5. März 2024 novelliert.
Quellen
Europarat. (1992). Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (SEV Nr. 148) [Nichtamtliche Übersetzung]. https://rm.coe.int/168007c089
Europarat. (2017). Erläuternder Bericht zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (deutsche Übersetzung). https://rm.coe.int/explrpt-german2017/1680716148
Land Brandenburg. (1992). Verfassung des Landes Brandenburg (GVBl. I/92, S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Juli 2022 (GVBl. I/22, Nr. 19). Brandenburgisches Vorschriften- und Rechtsprechungsportal (BRAVORS). https://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212792
Land Hessen & Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen. (2017). Vertrag zwischen dem Land Hessen und dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen [unterz. 6.09.2017; in Kraft seit 1.01.2018]. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma. https://zentralrat.sintiundroma.de/wp-content/uploads/2018/03/vertrag-zwischen-dem-land-hessen-und-dem-verband-deutscher-sinti-und-roma-landesverband-hessen.pdf
Gesley, J. (2018, September 26). The Protection of Minority and Regional Languages in Germany. In Custodia Legis – Law Librarians of Congress. https://blogs.loc.gov/law/2018/09/the-protection-of-minority-and-regional-languages-in-germany/
Schleswig-Holsteinische Landesregierung. (2019, 3. September). Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein Sprachenchartabericht 2019 (Drucksache 19/1683). Schleswig-Holsteinischer Landtag. https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/01600/drucksache-19-01683.pdf
Diese Seite wurde inhaltlich erstellt von Tim Eisert erstellt.