Niederflämisch / Flämische Bruchkolonisten
Im Rahmen der mittelalterlichen Ostexpansion des Heiligen Römischen Reiches spielte die Einwanderung flämischer Siedler eine zentrale Rolle bei der Erschließung und Entwicklung der Mark Brandenburg. Besonders unter Albrecht dem Bären wurde gezielt
eine Einwanderungspolitik betrieben, um das dünn besiedelte und wirtschaftlich unterentwickelte Gebiet zu kolonisieren und aufzubauen.
Die Flamen, die im 12. Jahrhundert nach Brandenburg kamen, stammten aus den von Überschwemmungen bedrohten Gebieten in Flandern, Seeland und Holland. Sie folgten gezielten Einladungen deutscher Fürsten, die für die Rodung und Urbarmachung von
Sumpf- und Feuchtgebieten versierte Bauern suchten.
Die flämischen Siedler ließen sich vor allem im südwestlichen Teil der heutigen Mark Brandenburg nieder – einem Gebiet, das bis heute „Fläming“ heißt, ein Hinweis auf ihre Herkunft (Asche & Brechenmacher, 2010, S. 55). Bei dem Begriff „Fläming“ handelt es sich jedoch um keine historisch belegte Eigenbezeichnung, sondern um eine historisch rückblickende, die sich zwar an den flämischen Kolonisten orientiert, aber erst im 19. Jh. zur Gebietsbezeichnung wurde. Dort gründeten sie zahlreiche Dörfer, erschlossen landwirtschaftlich nutzbares Terrain und etablierten frühe Marktorte wie beispielsweise in Jüterbog. Die Flamen galten nicht nur als tüchtige Bauern, sondern auch als geschickte Entwässerungsspezialisten (Asche & Brechenmacher, 2010, S. 52).
Während die flämischen Siedler zunächst ihre niederfränkischen Dialekte mitbrachten, verschmolzen diese mit der Zeit mit der deutschen Umgebungssprache. Der direkte Einfluss des Flämischen ist heute in der Alltagssprache nicht mehr aktiv vorhanden, doch
es existieren einige bleibende Spuren:
Toponyme (Ortsnamen) wie „Fläming“ oder einzelne Ortsbezeichnungen mit niederländischen oder flämischen Wortstämmen zeugen noch heute von der Siedlungsbewegung (Asche & Brechenmacher, 2010, S. 55).
Flurbezeichnungen und historische Urkunden, etwa der Verweis auf eine „Brücke der
Flamen“ (lat. pons Flamingorum) in Jüterbog im Jahr 1174, sind konkrete linguistische Zeugnisse (Asche & Brechenmacher, 2010, S. 55).
Kulturelle Traditionen sowie bestimmte ländliche Bauweisen oder Siedlungsmuster (z. B. Angerdörfer) lassen sich ebenfalls auf flämischen Einfluss zurückführen.
Ein direkter Einfluss der flämischen Sprache auf das heutige Brandenburgische ist linguistisch kaum noch nachweisbar, da sich der niederfränkische Sprachbestand im Laufe der Jahrhunderte nahezu vollständig dem Hochdeutschen angeglichen hat. Dennoch lassen sich sprachliche Relikte dieser frühen Zuwanderer bis heute erkennen. Insbesondere in der regionalen Namenslandschaft und in der ländlichen Umgangssprache des Fläming und des mittelmärkischen Raums. Einige heute noch bekannte Dialektwörter gehen auf mittel-niederfränkische bzw. niederländische Wurzeln zurück. Diese Lehnwörter haben sich über Generationen hinweg erhalten, wurden jedoch im Laufe der Zeit morphologisch und phonetisch angepasst. Allerdings sind viele dieser Ausdrücke mittlerweile vom Aussterben bedroht. Das sogenannte „Flämingplatt“ wird heute fast ausschließlich von älteren Menschen gesprochen und ist im alltäglichen Sprachgebrauch kaum noch präsent.
Literaturverzeichnis
Asche, M., & Brechenmacher, T. (Hrsg.). (2010). Hier geblieben? Brandenburg als
Einwanderungsland vom Mittelalter bis heute. Universitätsverlag Potsdam. -102
Literaturverzeichnis (Tabelle)
[1] Landesheimatbund Brandenburg (o.J.). Wörterbuch Fläming-Platt.
[2] Lexikon der brandenburgischen Dialekte, Historische Kommission zu Berlin.