Das Team stattete innerhalb von drei Jahren insgesamt 128 Große Abendsegler (Nyctalus noctula) in der Uckermark mit miniaturisierten Sendern aus und nutzten ein automatisiertes Funkpeilsystem, um die Bewegung der Fledermäuse während ihrer Jagdflüge zu verfolgen. Die intensiv genutzte Agrarlandschaft im Nordosten Deutschlands ist mit kleinen naturbelassenen Lebensräumen wie Grasland, Waldstücken, Gewässern und Feuchtgebieten unterschiedlicher Größe durchsetzt. Diese machen zwar weniger als 5 Prozent der Gesamtfläche aus, die Forschenden nahmen jedoch an, dass diese von großer Bedeutung für die Fledermäuse als Jagdlebensraum sind. Um das Beutespektrum der Fledermäuse zu ermitteln, nutzte das Team die Methode des Metabarcoding, mit dessen Hilfe sich über Reste der Insekten-DNA im Fledermauskot die erbeuteten Insekten identifizieren lassen.
Fledermäuse bevorzugen naturbelassene Lebensräume bei der Jagd – und vertilgen häufig für die Landwirtschaft schädliche Insekten
Die Analyse der Bewegungen der Fledermäuse zeigt, dass Große Abendsegler die Lebensräume in der Landschaft nicht proportional zur Häufigkeit dieser Lebensräume nutzen: 55 Prozent der Orte, an denen sich Fledermäuse während der Jagd aufhielten, wurden über Feldern aufgezeichnet. Alle anderen Lebensräume wie zum Beispiel Gewässer (14 Prozent), Siedlungen (14 Prozent), Grasland (10 Prozent) sowie Wald (9 Prozent) wurden sehr viel seltener bei der Nahrungssuche aufgesucht. „Setzen wir allerdings die anteilige Raumnutzung bei der Jagd ins Verhältnis dazu, wie häufig dieser Lebensraumtyp in der Landschaft vorkommt, so zeigt sich, dass Fledermäuse die anderen Landschaftstypen klar bevorzugen, obwohl sie am häufigsten über Feldern anzutreffen sind“, erklärt Marit Kelling, Erstautorin des Aufsatzes und Doktorandin am Leibniz-IZW und der Universität Potsdam. Die landwirtschaftlichen Flächen machen knapp 95 Prozent der Fläche um die Tagesquartiere aus, während beispielsweise Waldstücke und Gewässer jeweils nur knapp 0,5% der Fläche bedecken. Die Großen Abendsegler nutzen die kleinen Reste naturnaher Landschaft also deutlich überproportional; vermutlich, weil sie dort zuverlässiger Nahrung finden.
Da intensiv bewirtschaftete Agrarflächen sind der dominante Lebensraumtyp in der Uckermark sind, jagen die Abendsegler trotzdem am häufigsten über diesen Flächen. „Wir teilten die Flüge anhand ihrer Charakteristik in Transferflüge und Jagdflüge ein und konnten so sehen, dass 55 Prozent der Jagdflüge dennoch über Ackerland stattfinden – was bedeutet, dass ein erheblicher Teil der Nahrung dort aufgenommen wird“, so Kelling.
Das Team identifizierte 295 unterschiedliche Insektenarten im Kot der Fledermäuse, durchschnittlich 11 unterschiedliche Arten pro Probe. 23 Prozent der identifizierten Insektenarten – 67 Arten – sind als Schadinsekten bekannt: 28 als Agrarschädlinge, 20 als Fortschädlinge und 19 als Insektenarten, die Krankheiten übertragen können. Agrarschädlinge wie der Feldmaikäfer (Melolontha melolontha), die Wiesenschnake (Tipula paludosa) oder der Gerippte Brachkäfer (Amphimallon solstitiale) wurden am häufigsten in den Proben angefunden, im Schnitt fast eineinhalbmal pro Probe.
Kleine naturnahe Habitate – große Wirkung für Tierwelt und Landwirtschaft
„Das Verhalten der Abendsegler bei der Nahrungssuche, das wir in unserer Studie identifizieren konnten, zeigt, wie wertvoll der Erhalt auch kleiner naturnaher Lebensräume innerhalb intensiv genutzter Agrarlandschaften ist“, sagt Prof. Dr. Christian Voigt, Leiter der Abteilung für Evolutionäre Ökologie am Leibniz-IZW, Professor für Evolutionäre Ökologie am Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam und Seniorautor des Aufsatzes. „Die Fledermäuse vermeiden Agrarland, fressen dort aber aufgrund der Landschaftsstruktur am häufigsten. Die starke Bevorzugung der kleinen Reste naturnaher Grasländer oder Gewässer bei der Nahrungssuche deutet darauf hin, dass sie dort zuverlässiger Nahrung finden. Nur in Kombination mit diesen naturnahen Lebensräumen können die Fledermäuse ausreichend Beuteinsekten finden, da die Insektenbiomasse über den Agrarflächen aufgrund des Pestizideinsatzes in der Regel niedriger ist.“ Der Erhalt dieser naturnahen Lebensräume, etwa auf Toteislöchern (Söllen) in der Uckermark, tragen daher nicht nur zum Erhalt der Fledermäuse bei, sie sind auch für den Erhalt der Service-Leistungen der Fledermäuse beim Verzehr von Schadinsekten von großer Bedeutung. Naturnahe Lebensräume in einer Agrarlandschaft fördern somit eine nachhaltige Landwirtschaft.
Publikation:
Kelling M, Scholz C, Roeleke M, Blohm T, Pufelski J, Nathan R, Toledo S, Jeltsch F, Voigt CC (2025): Pest suppression services of insectivorous bats in intensively managed arable land benefit from adjacent near-natural. Agriculture, Ecosystems and Environment 97,2026,110101. DOI: 10.1016/j.agee.2025.110101
Kontakt:
Prof. Dr. Christian Voigt
Leiter der Abteilung für Evolutionäre Ökologie am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Professor für Evolutionäre Ökologie am Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam
Telefon: +49(0)30 5168 511
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