Frau Tessmann, Frau Mariassy. Zwei Sätze zu Ihnen …
Leah Teßmann: Ich studiere Geschichte und Jüdische Studien im Bachelor – für mich ein Weg, meinen Interessen zu folgen. Mittlerweile bin ich im 5. Semester und kann sagen, dass meine Erwartungen sich mehr als erfüllt haben. Mehr noch: ich hätte nicht gedacht, im Studium so viel persönlichen Kontakt mit Lehrpersonen zu haben. Aber der recht kleine Studiengang sorgt dafür, dass man sehr schnell andere kennenlernt. Das sorgt für ungeahnte Möglichkeiten.
Sophie von Mariassy: Ich bin im letzten Semester meines Masterstudiums Jüdische Studien, nachdem ich schon ein Bachelorstudium Philosophie und Jüdischen Studien an der Universität Potsdam absolviert habe. Ursprünglich habe ich neben Philosophie mit Politik begonnen, aber ein Sprachkurs Hebräisch hat mich dann auf die Jüdischen Studien gebracht und ich habe das Fach gewechselt. Mir geht es ähnlich: Die sehr kleinen Kurse sorgen dafür, dass wir sehr intensiv an den Themen arbeiten und sehr gut betreut werden. Außerdem gibt es durch die engen Beziehungen zum Selma Stern Zentrum und dem Moses Mendelssohn Zentrum viel Austausch mit anderen Einrichtungen und Forschenden in der Region.
Sie haben ein Praktikum am JMB absolviert. Wie kamen Sie dazu?
Leah Teßmann: Ich habe zwei Seminare zur Bildungsarbeit in jüdischen Museen sowie ein anschließendes Blockseminar von Prof. Dr. Sina Rauschenbach besucht. Wenn man Geisteswissenschaften studiert, hört man nicht selten die Frage „Was macht man damit?“ – das Praktikum (und das Zertifikat, das man damit erwirbt) kann zeigen: sowas! Also bin ich zu einer Infoveranstaltung zum Praktikum im JMB gegangen – und hab mich dann beworben.
Sophie von Mariassy: Bei mir lief es etwas anders, sehr spontan. Ich hatte im Herbst 2023 mein Auslandssemester in Haifa begonnen, bin aber nach den Ereignissen vom 7. Oktober nach Deutschland zurückgekehrt – und stand plötzlich ohne Kurse da. Also habe ich nach Praktikumsplätzen geschaut und Frau Rauschenbach hat mich auf die Kooperation mit dem JMB aufmerksam gemacht. Dann ging alles ganz schnell: Zwischen dem ersten Anschreiben Ende 2023 und dem Beginn des Praktikums im März 2024 lagen nur drei Monate. Da ich parallel dann doch noch Onlinekurse in Haifa belegt habe, war das eine intensive Zeit.
Was haben Sie konkret im JMB gemacht?
Leah Teßmann: In meinem dreiwöchigen Praktikum habe ich zusammen mit vier anderen Praktikantinnen v.a. an einem Projekt zur Evaluierung von Führungen gearbeitet, die insbesondere für Schulklassen. Wir haben geschaut: Welches Vorwissen existiert? Auf welche Themen sprechen die Teilnehmenden an? Was interessiert sie. Dafür haben wir die Führungen begleitet und auch Befragungen durchgeführt. Außerdem konnten wir an der Konzeption von neuen Ausstellungsobjekten mitarbeiten.
Sophie von Mariassy: Ich war insgesamt zwei Monate im JMB und habe bei der Entwicklung der Ausstellung „Sex. Jüdische Positionen“ mitgearbeitet. Das war toll, denn ich durfte spannende Aufgaben übernehmen und habe eng mit der Kuratorin zusammengearbeitet. So war ich für die Aufbereitung von Filmen und Audiodateien verantwortlich und habe mich u.a. um die Untertitelung von Filmausschnitten mit hebräischen Tonspuren gekümmert. Dafür war ich beispielsweise zum ersten Mal in einem Tonstudio. Es war sehr spannend mitzuerleben, wie eine Ausstellung entsteht – von der Planung bis zum Aufbau.
Wie ergänzt das Praktikum Ihr Studium?
Leah Teßmann: Das Praktikum bildet eine hervorragende Ergänzung meines Studiums. Es war eine wohltuende Erfahrung, das theoretische Wissen in der Praxis anzuwenden und zu sehen, wie es bei den Besuchern ankommt. Die beiden Seminare zur Bildungsarbeit im Vorfeld haben diese Erfahrungen sehr sinnvoll eingebettet und mir gezeigt, was möglich ist.
Sophie von Mariassy: Ich fand es bereichernd, die Verbindung zwischen meinem Studienwissen und der praktischen Arbeit im Museum zu erleben. Es war ein schöner Beleg dafür, dass ich das Studium erfolgreich durchlaufen habe und damit wirklich etwas anfangen kann. Und obwohl es nur zwei Monate waren, hat mir das Praktikum einen wertvollen Einblick in die Vielfalt musealer Arbeit gegeben. Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass ich das intensive Forschen, das der akademische Bereich bietet, schon in dieser kurzen Zeit vermisst habe.
Warum würden Sie anderen Studierenden ein solches Praktikum empfehlen?
Leah Teßmann: Die Kooperation eröffnet relativ einfach die Möglichkeit auf ein Praktikum im Jüdischen Museum Berlin – das sonst recht schwer zu bekommen ist. Und obwohl es ein ziemlich großes Haus ist, lernt man recht schnell viele Menschen kennen. Für mich besonders wertvoll war – neben der Arbeit und dem Feedback dazu – die Erfahrung, dass das Wissen, welches ich im Studium erwerbe, wird hier gebraucht.
Sophie von Mariassy: Tatsächlich bietet ein Praktikum im JMB einmalige Einblicke in ein mögliches späteres Arbeitsfeld. Da es am JMB so viele Bereiche gibt, kann (und muss) man sich dabei sogar einen Fokus nach persönlichen Vorlieben suchen. Nicht zuletzt ist es relativ selten, dass ein Praktikum – wie am JMB – auch bezahlt ist.
Wie geht es für Sie weiter?
Sophie von Mariassy: Ich schreibe im Sommersemester 2025 meine Masterarbeit und machen meinen Abschluss. Ich überlege, in der Forschung zu bleiben und zu promovieren. Sollte ich doch in die Arbeitswelt wechseln, wäre die Museumsarbeit wie im JMB auf jeden Fall etwas, das ich mir sehr gut vorstellen kann.
Leah Teßmann: Ich habe im Bachelorstudium bisher viel Sprache gemacht und werde im Sommersemester meinen Jiddisch-Kurs abschließen, ehe ich andere Themen angehe. Gleichzeitig arbeite ich nebenher – zum einen an der Professur von Frau Rauschenbach und zum anderen ehrenamtlich in der Liebermannvilla, eine ganz andere Art von Museumsarbeit, die mir wichtig ist.
Weitere Informationen:
Zur Kooperation der Universität Potsdam und dem JMB: https://www.uni-potsdam.de/de/medieninformationen/detail/2025-03-10-bildung-und-vermittlung-universitaet-potsdam-und-juedisches-museum-berlin-unterzeichnen
Zum Jüdischen Museum Berlin: https://www.jmberlin.de