Zum Hauptinhalt springen

„Nicht warten, bis es knallt“ – Wie Teams für ein gesundes Arbeitsklima sorgen können

Teamwork am Arbeitsplatz
Prof. Dr. Doris Fay
Dr. Tina Urbach
Foto : AdobeStock/Jacob Lund
Wie Teams für ein gesundes Arbeitsklima sorgen können
Foto : Thomas Roese
Arbeitspsychologin Prof. Dr. Doris Fay
Foto : Sandra Scholz
Dr. Tina Urbach ist für die Personalentwicklung der Universität zuständig

Das Arbeiten in Teams ist in vielen Wirtschaftszweigen eine typische Form der Arbeitsorganisation, da viele Aufgaben des 21. Jahrhunderts zu umfangreich und komplex sind, als dass sie durch klassische Einzelarbeit erledigt werden können. Erfolgreiches Arbeiten im Team ist jedoch kein Selbstläufer. Stellen sich Ärger und Frust, gereizte Stimmung und anhaltender Stress ein, ist das kein Klima, in dem gute Arbeit gelingen kann. Kommen dann noch gegenseitige Beschuldigungen oder offene Anfeindungen hinzu, kann das auf Dauer die mentale Gesundheit angreifen. Doch wie lässt sich die Arbeitsatmosphäre wieder verbessern? Was brauchen Teams, um gut zu funktionieren?

„Klare Ziele“, bringt es Doris Fay auf den Punkt und bekräftigt ihre Aussage, indem sie das Gegenteil beschreibt: „Wenn Führungskräfte die Ziele nicht klar definieren, müssen das die Teammitglieder selbst herausbekommen oder miteinander aushandeln. Und das kann zu Reibereien führen“, so die Wissenschaftlerin, die an der Universität Potsdam die Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie leitet. „Wichtig ist, dass eine Führungskraft da ist, die Orientierung gibt und Entscheidungen trifft. Fehlt sie, dann kommt es sehr schnell zu Zeitverlust, weil alle in unterschiedliche Richtungen arbeiten. Es gibt Kompetenzgerangel oder gar ein Agieren durch die Hintertür.“ Das wiederum schaffe den Nährboden für die Ausgrenzung Einzelner oder sogar Mobbing, ergänzt Tina Urbach, die bei Doris Fay promoviert hat und inzwischen für die Personalentwicklung der Universität zuständig ist.

Tina Urbach war in diesem Jahr an der hochschulinternen Umfrage zu Diversität und Diskriminierungserfahrungen beteiligt, in der auch nach Mobbingerfahrungen gefragt wurde. Sie ist überzeugt, dass es soweit nicht kommen muss, wenn Konflikte in Teams als etwas Normales anerkannt würden und alle Beteiligten konstruktiv an deren Lösung arbeiten würden. „Statt Konflikte auf der Beziehungsebene auszutragen, müssen sie auf der Sachebene behandelt werden. Ohne Schuldzuweisungen und Beleidigungen.“  

Eine Ursache für eine schlechte und damit letztlich auch ungesunde Arbeitsatmosphäre sieht die Personalexpertin in fehlender Feedbackkultur. Nicht jede negative Rückmeldung oder Kritik müsse gleich als Angriff auf die eigene Person empfunden werden. Dem Harvard-Konzept zum erfolgreichen Verhandeln folgend fordert Arbeitspsychologin Doris Fay deshalb „hart in der Sache zu sein, aber weich und sorgsam zueinander“. Es komme darauf an, das bestehende Problem anzugreifen und nicht das einzelne Teammitglied.

Zu einer Gruppe zu gehören ist ein existenzielles Bedürfnis des Menschen, erklärt die Professorin. Wird er aus einer Gruppe ausgeschlossen oder gar kaltgestellt, erlebt er dies – auch wenn es sich „nur“ um das Team am Arbeitsplatz handelt – als psychologische Bedrohung. Im schlimmsten Fall folgen Rückzug oder auch Arbeitsausfall.

„Ausgrenzung oder gar Mobbing sind ein Gruppenphänomen“, betont Tina Urbach. Die Hauptinterventionskraft liege deshalb bei der Führung, die ohnehin ihrer Fürsorgepflicht nachkommen müsse. Mitunter sei es ratsam, sich von außen Hilfe zu holen und, eine externe Konfliktmediation einzuschalten, um zu verhindern, dass die Betroffenen kündigen und sich einen neuen Arbeitsplatz suchen. Aber nicht immer handelt es sich gleich um Mobbing, sagt Tina Urbach. „Wo Menschen zusammenkommen, gibt es Konflikte, passieren Fehler. Klug beraten ist, wer zügig aus Fehlern lernt und im Team analysiert, wie es dazu kam, welche Prozesse nicht gut liefen und wie der entstandene Schaden schnell und gemeinsam wiedergutzumachen ist.“ Einzelne Schuldige zu suchen führe hingegen dazu, dass Fehler künftig vertuscht würden, ergänzt Doris Fay.

Um Beschäftigte in Konfliktsituationen zu helfen und sie bei der Analyse der Probleme zu unterstützen, hat die Universität Potsdam inzwischen ihr Netz an Vertrauenspersonen sehr viel dichter geknüpft: Die Zahl der ehrenamtlich Engagierten ist von vier auf 14 erhöht worden, berichtet Tina Urbach. Die Vertrauenspersonen werden regelmäßig geschult, agieren unabhängig von ihren eigenen Bereichen und behandeln jedes Anliegen selbstverständlich vertraulich. Aus einer neutralen Position heraus beraten sie ergebnisoffen, aber immer an einer Lösung orientiert, die den Betroffenen aus ihrer Sackgasse heraushilft.

Und was können Teams dafür tun, dass einzelne ihrer Mitglieder gar nicht erst in eine solche Lage geraten? Respektvoll miteinander umgehen, regelmäßig darüber diskutieren, wie man besser zusammenarbeiten kann, wie Ziele vereinbart und Rollen festgelegt werden, raten die beiden Expertinnen. „Dazu könnte man zum Beispiel einen Teamtag nutzen“, empfiehlt Doris Fay. „Es ist sicher schön, einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen und zusammen Spaß zu haben. Um Probleme zu lösen, der Transfer zum Arbeitsplatz ist dabei aber kritisch zu sehen . Dazu braucht es aber eine andere Art der Veranstaltung, unter Umständen mit externer Unterstützung.“ Mehr miteinander zu reden, Ziele und Rollen zu klären und sich Feedback zu geben, hält auch Tina Urbach für die bessere teambildende Maßnahme. „Oft entsteht Groll über Kleinigkeiten, weil man sie nicht frühzeitig angesprochen hat. Besser ist es, auftretende Spannungen sofort ernst zu nehmen und nicht zu warten, bis es knallt.“

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2023 „Mentale Gesundheit“ (PDF).