Zum Hauptinhalt springen

Die Insel der Liebessprache – Mit der App LoveLane wollen Heike Kraft und Carolyn Litzbarski Paare glücklicher machen

Zwei Arme halten jeweils ein Smartphone in der Hand worauf zwei Bilder zu sehen sind, die zusammengesetzt eines ergeben.
Eine Frau und ein Mann halten ein Smartphone in den Händen.
Foto : AdobeStock/AntonioDiaz
Das von Potsdam Transfer unterstützte Start-Up will Paaren helfen, via App spielerisch an ihrer Beziehung zu arbeiten.
Foto : AdobeStock/Drobot Dean
Das von Potsdam Transfer unterstützte Start-Up will Paaren helfen, via App spielerisch an ihrer Beziehung zu arbeiten.

Wer wünscht sie sich nicht, die perfekte, glückliche Beziehung? Die Realität sieht jedoch häufig anders aus: Viele Partnerschaften scheitern, die Scheidungsrate in Deutschland liegt bei rund 40 Prozent. Und nach einer britischen Umfrage aus dem Jahr 2021 sind sogar 60 Prozent aller Paare unglücklich in ihrer Beziehung. „Das sind schon krasse Zahlen“, sagt Heike Kraft, die dieses Thema seit einigen Jahren umtreibt. Sie ist überzeugt: So viel Unglück muss nicht sein. Sie hat einen Plan, wie Paare zufriedener mit der eigenen Beziehung werden können.

Ausgangspunkt war ein kleines Experiment in ihrer eigenen Partnerschaft. „Mir ist aufgefallen, welchen hohen Stellenwert die Kommunikation im beruflichen Umfeld hat: Man macht Kommunikations- und Führungstrainings, achtet sehr darauf, wie man mit anderen redet und wie man mit dem Team umgeht. Eigentlich könnte man das auch total gut in einer Beziehung anwenden“, dachte sich Heike Kraft, die damals bei einem Company Builder und als Coach tätig war. „So ein bisschen wie eine Projektmanagerin habe ich dann damit begonnen, mit meinem Freund monatliche Check-Ins zu machen. Und das war richtig gut“, erinnert sie sich lachend. Ähnliche Methoden könnten vielleicht auch anderen Paaren helfen, dachte sie sich und spann daraus eine Geschäftsidee.

Beziehungsprophylaxe statt Beziehungsreha

Aus den Plänen ist inzwischen ein erstes Produkt geworden: „LoveLane ist die erste Game-App für Paare“, sagt Gründerin Heike Kraft. Ihr Ziel ist es, Paare zu inspirieren, etwas für ihre Beziehung zu tun. Und zwar spielerisch. „Es soll Spaß machen und sich nicht wie Arbeit anfühlen“, betont sie. Carolyn Litzbarski ist als Coachin und Beziehungs-Expertin mit eigener Praxis mit im Boot.

„Die meisten Paare werden erst aktiv, wenn es schon zu spät ist“, weiß Carolyn Litzbarski. Wenn es anfängt zu kriseln, leidet in der Regel erst einmal ein Partner allein: „Die Problemwahrnehmung verläuft nicht synchron: Es gibt oft eine Person, die das Problem zuerst sieht. Die andere muss erst überzeugt werden, dass man etwas tun sollte“, erklärt sie. In der Zwischenzeit kann sich die Unzufriedenheit steigern, die Kommunikation leidet und die Nerven liegen blank. Eine Paartherapie scheint am Ende der letzte Ausweg zu sein, der aber häufig ebenfalls mit hohen Hürden verbunden ist.

„Davor sträuben sich erst einmal viele. Die Paartherapie ist mit einem Stigma verbunden: Ich bin gescheitert und brauche Hilfe von anderen“, erklärt Carolyn Litzbarski. Für diejenigen, die es in die Therapie schaffen, steht harte Arbeit an: „In die Paartherapie kommen nicht die Leute, die sich etwas Gutes tun wollen, sondern die Leute, die eine Beziehungsreha brauchen.“ Carolyn Litzbarski möchte es wie Heike Kraft erst gar nicht so weit kommen lassen und Paaren dabei helfen, ihre Beziehung zu pflegen, damit die Paartherapie überflüssig wird. Prophylaxe statt Reha ist das Motto.

Kleiner Aufwand, große Wirkung

Mit LoveLane schicken die beiden Unternehmerinnen die Paare dafür auf eine gemeinsame Reise. „Wir haben verschiedene Inseln mit bestimmten Themen, die unterschiedliche Aufgaben und Challenges bereithalten“, erklärt Heike Kraft das Konzept. Auf der ersten Insel lernen die App-Nutzenden bei einem Quiz erst einmal die „Liebessprache“ des anderen kennen. „Was brauche ich, um mich geliebt zu fühlen? Das kann bei jedem ganz unterschiedlich sein“, erklärt Heike Kraft. Entwickelt hat dieses Konzept der US-amerikanische Paar- und Beziehungsberater Gary Chapman, der verschiedene „Sprachen der Liebe“ definierte. Während einer der Partner Berührung und Anerkennung als Liebesbeweis benötigt, sind es bei dem anderen vielleicht kleine Aufmerksamkeiten oder Erlebnisse zu zweit.

„Wie wir Liebe fühlen und interpretieren, ist sehr individuell“, erklärt Carolyn Litzbarski. Wenn ein Paar unterschiedliche Liebessprachen spreche, sei das so ähnlich wie mit einer Fremdsprache: Der eine versteht den anderen nicht. „Daraus kann dann schnell das subjektive Gefühl entstehen: Er liebt mich nicht.“ Dabei zeigt der Partner seine Liebe durchaus – aber eben mit seinen eigenen Mitteln, die aber vielleicht nicht als Liebesbeweis verstanden werden. Schon die ersten Minuten in der App führten bei vielen Nutzenden zu einem „Aha-Effekt“: Sie realisieren, dass der Partner eine andere Liebessprache spricht. „Wenn man das weiß, kann man sich öffnen und dann ist wieder Kommunikation möglich“, erklärt Carolyn Litzbarski. „Sprich einen Tag lang die Liebessprache deines Partners“, lautet deshalb auch die erste Aufgabe für die Paare.

Auf einer anderen Insel geht es um „Sex Fantasies“ – um auch „Themen spielerisch miteinander zu teilen, die oft mit Hemmschwellen verbunden sind“, sagt die Gründerin. Nach dem Prinzip „es ist ein Match“ ist für beide anschließend nur sichtbar, was beide Partner mögen. Schritt für Schritt werden die Paare durch verschiedene Stationen ihrer Beziehung geführt, werden immer wieder zu kleinen Interaktionen und Aufmerksamkeiten angeregt: Lade ein Foto hoch, das deinen Gesichtsausdruck zeigt, wenn du deinen Partner vermisst oder wovon du gerade träumst. Mache deinem Partner ein kleines Geschenk. „Das kostet nicht viel Zeit und Aufwand, hat aber großen Einfluss“, betont Heike Kraft.

Die Emotionsfokussierte Therapie bildet die Basis

LoveLane klingt verspielt, basiert aber tatsächlich auf einem Psychotherapieverfahren: der sogenannten Emotionsfokussierten Therapie. Nähe, Verbundenheit und Affekt stehen im Fokus des Verfahrens, das vor allem in den USA sehr beliebt ist und erfolgreich in der Arbeit mit Paaren angewendet wird. „In Deutschland wird bisher vor allem die kognitive Verhaltenstherapie in der Paartherapie genutzt“, erklärt Carolyn Litzbarski. „Dabei geht es eher um die Ebene des Denkens, um Kommunikation, Gesprächsführung und die eigene Wahrnehmung.“ Bei der Emotionsfokussierten Therapie steht das Fühlen im Vordergrund. „Es werden ganz andere Bereiche des Gehirns beansprucht und viele Studien zeigen, dass diese Therapieform sehr erfolgreich ist.“

Bevor die Unternehmerinnen ihr erstes Pilotprodukt entwickeln und in den App-Stores hochladen konnten, wartete viel Recherchearbeit auf sie. In zahllosen User-Interviews ermittelten sie die häufigsten Probleme von Paaren und deren Auslöser, wann Paare aktiv etwas für ihre Beziehung tun und was die Hürden und Hemmnisse sind. Rasch wurde deutlich: Frauen sind offener für das Thema als Männer. Das kannte Carolyn Litzbarski bereits aus ihrer Online-Beziehungspraxis: „Zu mir kommen meistens die Frauen. Sie sind oft ganz frisch in einer Beziehung oder stehen vor besonderen Herausforderungen wie Patchwork-Konstellationen. Einige sind auch unzufrieden mit der Kommunikation in langjährigen Beziehungen. Bei vielen hat sich ein Gefühl der Einseitigkeit eingestellt.“ Wie kann man also die Männer davon überzeugen, aktiver etwas für die Partnerschaft zu tun? Dafür testete das Team Landing Pages, schaltete Werbung auf Social Media, analysierte Performance und Funktionalitäten, wertete Daten und Kundenströme aus.

Am Ende zeigte sich: Es geht darum, mit Leichtigkeit an das schwere und komplexe Thema heranzugehen. „Es ist sehr wichtig, dass der spielerische Aspekt nicht zu kurz kommt“, sagt Heike Kraft. „Die Paare reagieren sehr positiv auf unsere Couple-Challenges“, betont sie. Nun geht es darum, die Gamifizierung ihres Produkts zu festigen und vor allem die positiven Gefühle der Nutzenden anzusprechen. In Kürze möchten sie die Version 2.0 launchen. Unterstützt werden sie von ihrem Team, zu dem ein Produktexperte, ein Gamedesigner, eine Grafikdesignerin und mehrere Entwickler gehören.

Beziehungspflege ist mehr als ein Netflix-Abend zu zweit

LoveLane richtet sich vor allem an digital affine Paare, die offen sind, etwas für ihre Beziehung zu tun, an Eltern, die wenig Paarzeit haben, sehr junge oder in Fernbeziehungen lebende Paare. „Viele unserer Nutzenden haben schon Erfahrungen mit ähnlichen Produkten wie Apps zur Meditation oder Achtsamkeit, erklärt die Gründerin. „Sie begreifen Beziehungen als Teil der eigenen Weiterentwicklung. Das beobachten wir vor allem bei jungen männlichen Nutzern.“

In Zukunft will das Team die wissenschaftliche Seite seines Produkts noch stärker in den Blick nehmen und die Wirksamkeit überprüfen. Haben Paare mit LoveLane an der Seite tatsächlich eine fühl- und messbar bessere Beziehung? Wie lässt sich das quantifizieren, und wie kann man überhaupt die Qualität einer Beziehung messen? Die Liebe gezielt zu pflegen und zu fördern – dafür müsse auch erst einmal ein Bewusstsein geschaffen werden, ist Heike Kraft überzeugt. „Der Markt ist noch jung. Paare sind es gar nicht gewohnt, etwas für ihre Beziehung zu tun. Außer, sie gehen mal zusammen essen oder gucken abends Netflix.“ Mit LoveLane möchte sie zeigen: Das geht auch anders: „Es macht Spaß und die Beziehung ist besser.“

Das Gründungsteam

Heike Kraft studierte BWL an der European Business School in Oestrich-Winkel und ist die Gründerin von LoveLane.
E-Mail: heikelovelaneco

Carolyn Litzbarski studierte Soziale Arbeit in Stuttgart und Management in München. Seit 2021 hat sie eine Online-Beziehungspraxis und ist seit 2022 bei LoveLane.
E-Mail: kontaktlitzbarski-coachingde

Das Projekt

LoveLane ist eine GameApp für Paare, um gemeinsam Spaß zu haben und ihre Liebe zu vertiefen.

www.lovelane.co
https://www.instagram.com/teamlovelane/

Im Mai 2022 hat das Team erfolgreich ein EXIST-Stipendium eingeworben, jetzt steht die Gründung des eigenen Unternehmens kurz bevor. Auch Potsdam Transfer, die zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Gründung, Innovation, Wissens- und Technologietransfer der Uni Potsdam, steht ihnen dabei zur Seite. „Wir haben mit Potsdam Transfer und den anderen EXIST-Teams monatlich einen Austausch, der immer sehr spannend ist: Wo steht jeder, welche Probleme gibt es, welche Feedbacks zum Pitch gibt es und wer kann wen wie connecten? Das ist sehr hilfreich“, erklärt Heike Kraft. Externe Partnerinnen und Partner aus der Wirtschaft kommen regelmäßig dazu, um fachlichen Input zu geben oder auf Fördermöglichkeiten des Bundes hinzuweisen. Veranstaltungen wie der vom Potsdam Science Park und der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Potsdam organisierte „Rooftop Pitch“ bringen Start-ups mit Investorinnen und Investoren zusammen und sorgen für die wichtigen und notwendigen Kontakte in der Startphase.

www.uni-potsdam.de/de/potsdam-transfer

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Wissen - Eins 2023 „Lernen“ (PDF).