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Ästhetische Bildung im Freien – Ivette Widmann über das innovative Lehrprojekt „Draußenschule“

Zwei Studentinnen auf dem Uni Potsdam Campus
Aufnahme eines Baumes von unten / Nahaufnahme der Baumrinde
Foto : Ivette Widmann
Anna DÁuria (links) und Solveig Orlowski (rechts) waren Teilnehmerinnen der Draußenschule.
Foto : Ivette Widmann
Die Verbindung zwischen Natur und Kunst konnten die Studierenden im Botanischen Garten erfahren und filmisch umsetzen.

Wahrnehmen, reflektieren, sich auseinandersetzen – wo geht das besser als an einem Ort, der Natur und Mensch vereint? Ivette Widmann, Akademische Mitarbeiterin in der Ästhetischen Bildung, entwickelte bereits 2021 das innovative Lehrprojekt der „Draußenschule“. Erfolgreich durchgeführt, ebnete es den Weg für ein Blockseminar im November 2022. In diesem erlebten Lehramtsstudierende gemeinsam den Botanischen Garten und setzten ihre ästhetischen Erkenntnisse filmisch um. Wie bringt man Kunst und Naturwissenschaft im Unterricht in Einklang? Wie setzt man das Wahrgenommene kreativ um? Ivette Widmann erzählt im Interview, was die Studierenden in der „Draußenschule“ lernten.

Was ist die Draußenschule? Was unterscheidet sie von einer – klassischen – Drinnenschule?

Die Draußenschule wurde im Bereich der Ästhetischen Bildung begonnen und nun – unabhängig von pandemiebedingten Einschränkungen – weitergeführt. Die Idee ist in der Corona-Zeit entstanden: Es geht darum, die Lehre draußen durchzuführen und die eigene reflexive Dokumentationspraxis filmisch festzuhalten.

Im November gab es die Draußenschule im Botanische Garten. Warum dort?

Ziel war, sich einen Ort sinnlich wahrnehmend zu erschließen und die eigene ästhetische Praxis zu vertiefen. Der Botanische Garten bot dafür immens viele Möglichkeiten, da die Studierenden sowohl Zugang zu den Gewächshäusern, als auch zu dem gesamten Gelände bekamen. Dr. Michael Burkhard und Steffen Ramm vom Botanischen Garten haben uns dabei sehr unterstützt.

Was wurde genau gemacht?

Die Studierenden sollten das im Seminar erarbeitete Konzept „Ästhetische Forschung“ künstlerisch-praktisch erproben. Dafür haben wir mit dem naturwissenschaftlichen Fachbereich Sachunterricht, der von Prof. Björn Egbert geleitet wird, zusammengearbeitet und ein Einstiegsprogramm zur filmischen Arbeit entwickelt. So konnten sich die Teilnehmenden zwei Wochen vor der Draußenschule auf die Technik und ihre Funktionsweisen einstimmen – und sogar Geräte ausleihen, um sich zeitnah mit dieser Seite der Arbeit vertraut zu machen. Am ersten Tag der Draußenschule haben alle das Gelände zunächst ohne Technik und dafür mit allen Sinnen erkundet. Erst nachdem der passende Ort und die eigene Forschungsfrage gefunden waren, kam die technischen Hilfsmittel hinzu. Aufgabe war es, die eigenen Prozesse und ihre Verläufe, Entscheidungen, Verwerfungen, Highlights zu dokumentieren und beispielsweise Momente des Staunens oder der Kontemplation einzufangen. Am zweiten Tag hielten die Studierenden weitere Prozessdokumentationen filmisch und auditiv fest. Sie sichteten das Filmmaterial vom Vortag erneut, sprachen es auf und korrigierten es vor Ort. Einige begannen am dritten Tag zum Teil schon, den Filmschnitt vorzubereiten. Im Nachgang des Seminars unterstützte Herr Schlossnickel beim Schneiden des Films und beantwortete Fragen.

Wie kam die Kooperation zwischen den Bereichen Sachunterricht und der Ästhetischen Bildung zustande?

Studierende aller Fächer (Deutsch, Musik, Sachunterricht, Englisch, Mathematik, Sport) belegen jeweils drei Seminare in der Ästhetischen Bildung. Der Abschluss des Moduls durch eine Modularbeit bedeutet immer eine tiefere Auseinandersetzung mit einer Thematik. Oft kommt dabei die Verknüpfung zwischen einem lebensweltlichen Zugang und der ästhetischen Bildung zusammen, die sehr nah beieinander liegen, da jegliches Wahrnehmen ästhetische Zugänge einschließt.

Warum sensibilisieren Sie angehende Lehrkräfte für die Verbindung besteht zwischen Natur und Kunst?

Die Idee dabei war, die, beiden innewohnenden lebensweltlichen Themen in Einklang zu bringen. Die Studierenden sollten sie zum einen von der künstlerisch-forschenden, zum anderen von der naturwissenschaftlich-fachlichen Seite betrachten und dabei sowohl kognitiv-objektives als auch emotional-subjektives Herangehen erproben. Als Lehrkraft eine Situation gut beobachten und einschätzen zu können, erfordert eine gewisse Sensibilität und einen professionellen Umgang mit der eigenen Wahrnehmung. Die reflexive Praxis und deren Möglichkeiten der Dokumentation sind wichtige Bausteine auf dem Weg zur eigenen Haltung.   

Wird die Draußenschule fortgeführt?

Das hängt stark von den Ressourcen der Fächer, vor allem von denen der Ästhetischen Bildung ab. Wünschenswert wäre es sicher für alle, vor allem für die angehenden Lehrer*innen der Grundschulpädagogik.

Veröffentlicht

Online-Redaktion

Sabine Schwarz