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Auf den Spuren der Antike – Tag 2: Von kleinen Löchern und großem Theater

Studien- und Forschungsreise nach Sardinien

Das Bild zeigt die Ruinen der punischen Nekropole „Tuvixeddu“ auf Sardinien. Foto: Juliane Seip
Das Bild zeigt eine Statute von in der unterirdischen „Cripta di Santa Restituta“ in Cagliari auf Sardinien. Foto: Juliane Seip
Das Bild zeigt die Potsdamer Studierenden auf einem Aussichtspunkt über der Stadt Cagliari. Foto: Juliane Seip
Das Bild zeigt die Potsdamer Studierenden im Nationalmuseum in Cagliari. Foto: Juliane Seip
Foto : Juliane Seip
Die Ruinen der punischen Nekropole „Tuvixeddu“ auf Sardinien
Foto : Juliane Seip
In der unterirdischen „Cripta di Santa Restituta“ in Cagliari
Foto : Juliane Seip
Die Potsdamer Studierenden auf einem Aussichtspunkt oberhalb von Cagliari
Foto : Juliane Seip
Die Potsdamer Studierenden im Nationalmuseum in Cagliari - geführt von Prof. Piergiorgio Floris von der EDUC-Partnerhochschule von Cagliari

Unser zweiter Tag in Cagliari beginnt mit der Erkundung der punischen Nekropole „Tuvixeddu“. Die Begräbnisstätte mit ihren zahlreichen und kostbaren Grabbeigaben zeigt nicht nur, wie groß, sondern auch wie reich die Stadt im 6. Jahrhundert vor Chr. war. Zu der Zeit war Cagliari das wichtigste (Handels-)Zentrum des karthagischen Machtbereichs. Der Name Tuvixeddu geht auf den Begriff tuvu zurück, der „kleines Loch“ bedeutet. Ein Teil dieser „kleinen“ Löcher, die als Gräber dienten und bis zu elf Meter tief sind, beeindrucken uns sehr. Während des Zweiten Weltkrieges dienten die Gräber als Luftschutzkeller und danach als Zufluchtsort für Vertriebene und Obdachlose.
Unsere Exkursion führt uns weiter durch die Gassen von Cagliari zur „Cripta di Santa Restituta“. Wir steigen die steilen Felsentreppen unter der gleichnamigen Kirche hinab in die Krypta. Von dem unterirdisch gewölbten Grabbau gehen einige Gänge ab, die in weiteren kleinen Räumen enden und mit künstlichem Licht ausgeleuchtet sind. Das Hypogäum wurde teilweise in den Felsen geschlagen, besteht aber auch aus natürlich entstandenen Höhlen. Besonders interessiert uns hier das immer noch erhaltene Bildnis Johannes des Täufers aus dem 13. Jahrhundert n. Chr. an der Wand. Ebenso wie die zuvor besichtigte Grabstätte wurde auch diese Krypta als Luftschutzraum bei Bombenangriffen genutzt.
Nun wartet ein besonderes Highlight Cagliaris auf uns: das Amphitheater. Unsere Vorfreude wird etwas getrübt, denn aufgrund von Restaurierungsarbeiten dürfen wir nicht hinein. Aber auch von außen ist es möglich, in das imposante antike Gebäude zu blicken, je höher wir den Hügel hinaufgehen. Wann das Amphitheater gebaut wurde, ist umstritten, aber wahrscheinlich im späten 1. Jahrhundert n. Chr., als die Straßen und Abwasserkanäle der Stadt großräumig saniert wurden. Heute können wir nur noch einen Teil des Amphitheaters bestaunen, das ursprünglich 120 Meter im Umfang maß und eine 20 Meter hohe Fassade hatte. Wir beobachten die Arbeiter bei der Restaurierung und fragen uns, ob dort in ein paar Jahren Konzerte und Theaterstücke aufgeführt werden können. Auch wenn wir die einstige Kampfstätte nur aus der Entfernung begutachten können, so sind die unterirdischen Räume und Gänge der Gladiatoren noch deutlich sichtbar.
Bevor es zu unserem letzten großen Programmpunkt des Tages geht, gönnen wir uns eine Pause mit Snacks. Und wenn wir uns schon einmal auf den Hügel von Cagliari begeben haben, darf natürlich ein Aussichtspunkt mit Blick auf die gesamte Stadt und ihre rund 150.000 Einwohner nicht fehlen. Ein paar Hundert Meter weiter, vorbei am Mathematik- und Physik-Gebäude unserer Partneruniversität, kommen wir am archäologischen Nationalmuseum von Cagliari an. Hier erwarten uns uralte Skulpturen weiblicher Gottheiten, prähistorische Werkzeuge, Tafelschriften und Keramiken. Dank unserer EDUC-Partnerschaft war schnell Unterstützung für unsere Tour durch das Museum gefunden. Prof. Piergiorgio Floris, Experte im Fachbereich Altertumswissenschaften, Philologie, Literatur und Kunstgeschichte, führt uns zwei Stunden durch das vierstöckige Museum. Prof. Floris bringt auch eine ehemalige Studentin mit. Rebecca Scano ist eine der ersten Studentinnen, die innerhalb des EDUC-Programms eine Abschlussarbeit an zwei Universitäten verfasste und damit ein schönes Beispiel gelungener EDUC-Kooperation darstellt. Unter der Betreuung von Prof. Floris in Cagliari und von Prof. Dr. Filippo Carlà-Uhink in Potsdam schrieb Rebecca ihre Thesis, in der es um den Ruhm der Helden und die heroische Dimension der Berichte über das römische Militär in Germanien geht. Da diese Zusammenarbeit während der Corona-Pandemie fast ausschließlich digital stattfand, bietet das heutige Treffen ein schönes Wiedersehen in Präsenz.
Ein Highlight der Sammlung des Museums ist die sogenannte Inschrift aus Nora, eine phönizische Inschrift auf Sandstein aus der Zeit von ungefähr 850–740 v. Chr. mit der ältesten schriftlichen Erwähnung des Namens der Insel. Diese Stele scheint eines der ersten phönizischen Zeugnisse in diesem Gebiet zu sein und stellt einen der wichtigsten und meist diskutiertesten phönizischen Funde dar. Besonders aufgefallen sind uns zudem die männlichen und weiblichen Figuren aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die den Gesundheitsgott Bes um Heilung bitten. Jede Figur zeigt ein spezifisches Leiden, indem sie den Teil des Körpers, der schmerzt oder von Krankheit betroffen ist, mit ihren Armen oder Hände umgibt.
Nach sieben Stunden Exkursion und mit etwa 14.000 Schritten mehr auf der Uhr geht es am Abend in ein klassisches sardisches Restaurant. Morgen verlassen wir Cagliari vorerst und reisen weiter Richtung Süden nach Sant'Antioco.