Zum Hauptinhalt springen

Gute Ausbildung, aber weite Wege – Studie von IHK und Uni Potsdam zur Situation Westbrandenburger Azubis

Die Auszubildenden in Westbrandenburg sind mehrheitlich mit ihrer Ausbildung zufrieden, vor allem die Unternehmen haben viel für die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen getan. Gleichzeitig wünschen sich die Azubis aber bessere Verkehrsanbindungen, bezahlbaren Wohnraum sowie mehr finanzielle Unterstützung und auch Bildungsangebote in der Nähe ihrer Ausbildungsstätten. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die an der Universität Potsdam im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Potsdam durchgeführt und heute vorgestellt wurde.

„Viele Azubis äußern sich lobend über ihre Ausbildung, haben aber Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden, die sie sich leisten können.“ Das sagt Studienleiterin Prof. Dr. Uta Herbst von der Universität Potsdam. „Dadurch sind sie gezwungen, weite Wege auf sich zu nehmen, vor allem zu den Ausbildungsstätten.“ Helfen könnten nicht nur bessere Verkehrsanbindungen und überarbeitete Förderinstrumente – etwa Fahrtkostenzuschüsse – die es außerdem gut zu kommunizieren gilt, so die Empfehlung. Auch brauche es bezahlbaren Wohnraum speziell für Azubis und regionale Bildungsangebote. „An dieser Stelle ist die Politik gefragt“, stellt Uta Herbst klar.

„Die bewährten Oberstufenzentren in Westbrandenburg müssen alle erhalten bleiben.“ Das fordert Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam. Schon jetzt seien die Fahrtwege für die Mehrheit der Azubis zu ihren Ausbildungsstätten weiter als zu ihren Betrieben. „Die OSZs in Westbrandenburg lösen gleich mehrere Probleme auf einmal: Die Auszubildenden können dort wohnen, wo ihre Ausbildungsbetriebe sind. Sie haben keine übermäßig weiten Wege und es muss nicht in den wenigen Ballungszentren zusätzlich Wohnraum bereitgestellt werden, wo er ohnehin schon knapp ist. Was den öffentlichen Nahverkehr angeht, fordern wir seit Jahren vergeblich ein echtes, kostenfreies Azubi-Ticket, was jedoch in Brandenburg bisher nicht umgesetzt wurde.“

Die Forschenden um die BWL-Professorin und Marketingexpertin Prof. Dr. Uta Herbst hatten für ihre Studie zur „Wohnraumsituation der Auszubildenden in Westbrandenburg“ insgesamt 261 Auszubildende sowie zehn Ausbildungsleiterinnen und -leiter in den Landkreisen und kreisfreien Städten Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Brandenburg an der Havel, Teltow-Fläming, Havelland, Oberhavel, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin befragt. Die meisten von ihnen waren zwischen 18 und 23 Jahren alt, gut die Hälfte Frauen. Knapp ein Drittel der Teilnehmenden stammte aus Potsdam, 18 Prozent aus Teltow-Fläming, ungefähr ein Zehntel aus den anderen Gebieten.

Die allermeisten von ihnen absolvieren eine Vollausbildung und besuchen eine öffentliche Berufsschule. Dabei gaben 58 Prozent der Befragten an, dass ihre Berufsschule in einem anderen Landkreis angesiedelt ist als ihr Ausbildungsbetrieb. Das sorgt für weite Wege vor allem zur Schule: Während zwei Drittel der Azubis maximal eine halbe Stunde zum Ausbildungsbetrieb benötigen, sind genauso viele mehr als 30 Minuten zur Berufsschule unterwegs. Die Auswertung der Interviews und der Umfrage zeigt an dieser Stelle deutlichen Verbesserungsbedarf. Über 70 Prozent der befragten Azubis wünschen sich, dass Ausbildungsbetrieb und -stätte im selben Landkreis liegen.

Zu den deutlichen Empfehlungen der Studie zählt daher: Regionale Bildungsangebote schaffen und die Auszubildenden dabei unterstützen, in der Nähe ihrer Ausbildung eine Wohnung zu finden. Weit über die Hälfte der Befragten erklärte, sich keine Wohnung leisten zu können, 42 Prozent findet keine bezahlbare Bleibe. Abhilfe schaffen könnten größere bezahlbare Wohnungen, die sich für WGs eignen, oder mehr kleine, bezahlbare Wohnungen speziell für Azubis. Fahrtwege, die unvermeidbar sind, ließen sich durch direktere Verbindungen optimieren. Nicht zuletzt sollte bei der Unterstützung von Auszubildenden nachgebessert werden: Obwohl es bereits verschiedene Förderinstrumente – wie Berufsausbildungsbeihilfe, Fahrtkostenzuschüsse oder Mietbeihilfen – gibt, hat die Umfrage ergeben, dass nur 18 Prozent der Azubis sie auch nutzen. Dies liege, so die Studienautoren, an veralteten Förderkriterien und mangelnder Kommunikation. Zwar gab knapp die Hälfte an, keine Unterstützung zu benötigen. Doch zugleich kannte fast ein Drittel der befragten Azubis die Unterstützungsprogramme gar nicht und einem Fünftel wurde die Förderung verweigert. Es sei daher nötig, die Förderkriterien zu überprüfen und bestehende Programme besser zu kommunizieren.

Veröffentlicht

Online-Redaktion

Silvana Seppä