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Neurovaskuläre Erkrankungen und Schlaganfall – Potsdamer Forscher Salim Seyfried sucht neue Wege in der Therapie von Gefäßkrankheiten

Prof. Dr. Salim Seyfried wird als Teil eines internationalen Forschungsnetzwerks zu vaskulären Anomalien forschen. Das Netzwerk wird gefördert von der Leducq Foundation. | Foto: Karla Fritze
Foto : Karla Fritze
Prof. Dr. Salim Seyfried wird als Teil eines internationalen Forschungsnetzwerks zu vaskulären Anomalien forschen. Das Netzwerk wird gefördert von der Leducq Foundation.
Vaskuläre, also Blutgefäße betreffende Erkrankungen, zählen zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Vor allem im Alter steigt das Risiko für neurovaskuläre Erkrankungen, wie zum Beispiel den Schlaganfall. Der Physiologe und Entwicklungsgenetiker Salim Seyfried forscht bereits seit vielen Jahren zu krankhaften Veränderungen der Blutgefäße, sogenannten vaskulären Anomalien. Dank einer Förderung der Leducq Foundation in Höhe von rund 7,5 Millionen Dollar wird nun ein Transatlantisches Netzwerk ins Leben gerufen. In diesem soll ein internationales Team aus Nordamerika und Europa untersuchen, wie sich mutierte Gefäßzellen verhalten – und neue Therapiemöglichkeiten für vaskuläre Erkrankungen suchen. Im Interview mit Matthias Zimmermann bespricht Prof. Dr. Salim Seyfried vorab die Pläne des Netzwerks.

Was ist ein Leducq Transatlantisches Netzwerk?

Die Leducq Foundation ist eine internationale Förderorganisation – bestehend aus der Leducq Foundation for Cardiovascular Research in Houston und der Leducq Corporation in Boston –, die weltweite Bemühungen zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf- und neurovaskulären Erkrankungen unterstützt. Dafür hat sie das International Networks of Excellence in Cardiovascular and Neurovascular Research Program ins Leben gerufen. Darüber werden international-kollaborative Grundlagenforschung, sowie translationale und klinische Studien zu kardiovaskulären und neurovaskulären Erkrankungen gefördert. Hauptziel des Programms ist es, herausragende und innovative wissenschaftliche Forschung zu fördern, indem internationale Forscherteams mit komplementärem Fachwissen und Ressourcen zusammengebracht werden. Gemeinsam sollen diese an einem Problem arbeiten, um originelle und herausragende Forschungsansätze voranzubringen. Es sollen neue Erkenntnisse generiert werden, die das Potenzial haben, die Diagnose, Prävention und Behandlung von kardiovaskulären bzw. neurovaskulären Erkrankungen zu ermöglichen. Mit dem International Network of Excellence (INE)-Programm sollen zum Beispiel grundlegende mechanistische Fragen beantwortet oder besonders schwierige Forschungsprobleme angegangenen werden. Das Besondere an diesem Netzwerk ist, dass es den Beteiligten ermöglicht, ohne Ergebnisdruck langfristigen Zielen nachgehen zu können.
Außerdem hat sich das Konsortium das Ziel gesetzt, junge Forscher mit interdisziplinären Strategien und Fähigkeiten vertraut zu machen, damit sie selbst komplexe Fragen in diesem zentralen Forschungsthema bearbeiten können. Dazu betreuen wir einerseits junge Forschende in unseren Teams und geben andererseits externen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, deren Interesse in Gefäßbiologie und Biomedizin liegt, die Möglichkeit, mit uns zu kollaborieren.

Wie funktioniert Ihr Netzwerk?

Unser internationales Konsortium vereint komplementäre Expertisen in Genetik, Zellbiologie, Biochemie, Molekularbiologie und Stammzellbiologie. Wir wollen das abnormale Verhalten mutierter Gefäßzellen untersuchen und Strategien zu ihrer Korrektur entwickeln. Jedes Mitglied des Teams hat entweder an der Identifizierung ursächlicher Mutationen, die die Gefäßarchitektur beeinflussen, oder an der molekularen Charakterisierung von vaskulären Fehlbildungen von der zellulären bis zur organismischen Ebene gearbeitet. Gemeinsam verfügen wir über die Fähigkeit, unser Forschungsthema effektiv anzugehen und grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse in klinische Anwendungen zu bringen.

Welchen Forschungsfragen gehen Sie gemeinsam nach?

Mechanische Kräfte, die durch den Blutfluss entstehen, spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung des Gefäßsystems. Forschende in diesem transatlantischen Leducq Exzellenznetzwerk untersuchen Pathologien, bei denen Gefäßzellen nicht mehr korrekt auf diese biomechanischen Kräfte reagieren können. Dies ist der Fall, wenn genetische Mutationen zu einer Fehlregulierung der RAS-MAPK- oder Stickstoffmonoxid (NO)-Signalkettenwege in Blutgefäßzellen führen. So entwickeln sich Gefäßmissbildungen, sogenannten Gefäßdysplasien. Vaskuläre Fehlbildungen führen zu starken, lebenslangen Schmerzen und anderen verheerenden Auswirkungen, insbesondere nach einem Schlaganfall oder wenn sie sich die Fehlbildungen in inoperablen Regionen des Gehirns befinden. In diesem Netzwerk werden deshalb auch die Arbeiten zu Therapeutika vorangetrieben mit denen die Reaktionen von Gefäßzellen auf den Blutfluss normalisiert werden können. Insbesondere soll dies durch pharmakologische Modulation der RAS-MAPK- und NO-Signalwege erfolgen.

Was werden Sie konkret in Potsdam tun?

Wir werden das Netzwerk mit zellbiologischen, molekularen und genetischen Werkzeugen unterstützen. Hierbei wollen wir genauer untersuchen, welchen Einfluss die Biomechanik auf den Blutfluss hat. Diese Prozesse können wir in den Eiern von Zebrafischen recht gut nachstellen. Auch pharmakologische Untersuchungen lassen sich in diesem Modell sehr gut etablieren.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus Ihrer Forschung für die Praxis?

Unser Ziel ist es, die vielversprechendsten präklinischen Ansätze bis zum Ende der Förderperiode in Patientenstudien zu bringen und Kontakte mit Industriepartnern zu suchen.

Das Projekt

Recalibrating Mechanotransduction in Vascular Malformations – Trans-Atlantic Network of Excellence

Beteiligt: Ondine Cleaver, UT Southwestern Medical Center (USA); Miikka Vikkula, de Duve Institute (Belgium); Luisa Iruela-Arispe, Northwestern University Feinberg School of Medicine (USA); Joseph Penninger, University of British Columbia (Canada); Salim Seyfried, University of Potsdam (Germany); Elisabeth Tournier-Lasserve, Paris University – INSERM U1141 (France)
Laufzeit: 01/2022–12/2028
Förderung: Leducq Foundation

https://www.fondationleducq.org/network/recalibrating-mechanotransduction-in-vascular-malformations/